Trump fordert US-Truppen für „Krieg“ gegen Drogenkartelle in Mexiko

Donald Trump hat am Dienstag mit der Stationierung von US-Soldaten in Mexiko gedroht, nachdem am Montag bei einem Angriff von Banden im nordmexikanischen Bundesstaat Chihuahua neun amerikanisch-mexikanische Staatsbürger getötet wurden. Unter den Todesopfern befanden sich sechs Kinder aus einer Mormonenfamilie, die scheinbar aufgrund einer Verwechslung überfallen wurden.

Trump twitterte: „Es ist Zeit, dass Mexiko mit Hilfe der Vereinigten Staaten KRIEG gegen die Drogenkartelle führt und sie vom Angesicht der Erde tilgt. Wir warten nur auf einen Anruf Ihres großartigen neuen Präsidenten!“ Damit meinte er den mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO).

Trump stößt hier keine leeren Drohungen aus. An der US-mexikanischen Grenze sind etwa 5.000 US-Soldaten stationiert, und Trump benutzt das Gespenst der Bandengewalt immer wieder als Rechtfertigung für seine faschistischen Angriffe auf Immigranten. Er fügte hinzu: „Die Kartelle sind so groß und so mächtig geworden, dass man manchmal eine Armee braucht, um eine Armee zu besiegen.“

Seine Äußerungen werden Wut in der mexikanischen Bevölkerung auslösen, die dem US-Imperialismus und Trumps rassistischen Angriffen mit erbitterter Feindschaft gegenübersteht. Trump hat Mexikaner als „Vergewaltiger“ und „Verbrecher“ bezeichnet und seine Angriffe auf die eingewanderten Arbeiter in den USA verschärft. Zwischen 1846 und 1848 waren die USA unter verlogenen Vorwänden in Mexiko einmarschiert und hatten die Hälfte seines Staatsgebiets geraubt.

Beamte der Staatspolizei von Chihuahua bewachen am 5. November 2019 einen Kontrollpunkt im nordmexikanischen Janos. Einen Tag zuvor überfielen bewaffnete Killer eines Drogenkartells auf einem Feldweg drei SUVs. Bei diesem grauenvollen Überfall wurden sechs Kinder und drei Frauen getötet, allesamt US-Staatsbürger, die in Nordmexiko lebten. Laut den Behörden blieb eines der Fahrzeuge als ausgebranntes, von Kugeln durchlöchertes Wrack zurück. (AP Photo/Christian Chavez)

Als Reaktion auf Trumps Drohungen ging AMLO am Dienstag bei einer Pressekonferenz vor dem US-Präsidenten in die Knie: „Ich werde mit Präsident Trump sprechen und ihm für seine Unterstützung danken.“ Er fügte hinzu, seine Regierung werde abwägen, „ob es im Geiste der Kooperation eine Möglichkeit gibt, uns auf die Hilfe der USA zu verlassen, falls sie benötigt wird“. Weiter erklärte er, er werde keine Stationierung von US-Truppen auf mexikanischem Boden anfordern.

Ein Verwandter der ermordeten Frauen und Kinder twitterte, wenn Trump „helfen“ wolle, solle er etwas gegen den Drogenkonsum in den USA tun und verhindern, dass „die Schlupflöcher beim ATF [US Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives] und Waffenrecht systematisch schwere Sturmgewehre nach Mexiko bringen“.

Trumps Drohungen sind nicht nur darauf ausgerichtet, Militarismus an der US-Südgrenze zu schüren. Sie sollen auch eine sich anbahnende Krise auf den höchsten Ebenen des mexikanischen Staats verschärfen. Letzte Woche erklärte der einflussreiche Ex-General Carlos Gaytán Ochoa in einer Rede vor Militärkommandanten, darunter dem Verteidigungsminister, AMLOs Präsidentschaft habe das Militär „als Soldaten gekränkt“.

Die in den Medien ausführlich behandelte Rede war ein Testballon für einen Militärputsch.

Gaytán erklärte: „Wir machen uns Sorgen um das heutige Mexiko.“ Er kritisierte AMLO für das demütigende Versagen der Sicherheitskräfte bei der gescheiterten Verhaftung von Ovidio Guzman, dem Sohn des inhaftierten Kartellbosses Joaquin „El Chapo“ Guzman, während einer Razzia in Culiacan (Sonora) im Oktober. Gleichzeitig machte er deutlich, worum sich das Militär in Wirklichkeit Sorgen macht: dass AMLO nicht die notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Unterdrückung des auflebenden sozialen Widerstands in der Arbeiterklasse vorzubereiten.

Er erklärte: „Wir leben momentan in einer politisch polarisierten Gesellschaft, weil die dominante Ideologie, die von der angeblichen Linken kommt, jahrelang großen Unmut angestaut hat.“

Gaytáns Äußerungen stehen im Kontext einer Reihe von sozialen Explosionen in ganz Lateinamerika, u.a. in Chile und in Ecuador, bei denen Millionen gegen Austerität und soziale Ungleichheit demonstrieren.

Welche Motivation Gaytán und seine Hintermänner antreibt, zeigte die Washington Post am 23. Oktober in einer Kolumne mit dem Titel „Die Gewalt in Chile hat eine beunruhigende Botschaft für die Welt“. Darin war zu lesen: „Wenn es in Santiago passieren kann, dann kann es überall passieren. Das ist die unangenehme Botschaft, die der Rest der Welt aus dem plötzlichen Zusammenbruch der zivilen Ordnung in Chile ziehen sollte. Und leider ist das korrekt.“

Die Kontroverse um General Gaytáns Rede hat breite Diskussionen in den Mainstreammedien über die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit eines Putsches ausgelöst. El Universal veröffentlichte am 3. November eine Erklärung der Redaktion mit dem Titel „Mexiko: Ein Staatsstreich ist unmöglich“, der nicht geschrieben worden wäre, wenn die Aussage wahr wäre. Die konservative Presse veröffentlichte Kommentare, in denen das Militär in den höchsten Tönen gelobt wurde.

Am Samstag twitterte AMLO, Mexiko werde „keinen weiteren Putsch erlauben“. Damit bezog er sich auf den Putsch gegen Francisco Madero 1913 während der mexikanischen Revolution, der von den USA unterstützt wurde und den rechten General Victoriano Huerta an die Macht brachte. Madero wurde später mit Unterstützung der USA ermordet.

Unter stillschweigender Anspielung auf Gaytáns Rede schrieb AMLO auf Twitter: „Es gibt hier nicht die geringste Chance für die Huertas, Francos, Hitlers oder Pinochets. Heute gibt es keinen fruchtbaren Boden mehr für Völkermord oder die Verbrecher, die für ihn werben.“

Er deutete an, dass der Vergleich mit 1913 nur bedingt möglich sei, weil Madero keine „soziale Basis besaß, die ihn beschützt und unterstützt hätte“. Seine Regierung hingegen „genießt die Unterstützung einer freien, bewussten und gerechten Mehrheit, die Rechtsstaat und Frieden liebt und keinen weiteren Putsch zulassen wird“.

Obwohl AMLOs Worte die reale Gefahr eines Putsches einräumen, unterstreicht sein Versuch, den Ernst der Lage herunterzuspielen, die extreme Gefahr für die mexikanische Arbeiterklasse.

Bei einer Pressekonferenz in dieser Woche erklärte AMLO, Gaytán sei von der „Meinungsfreiheit“ geschützt und bezeichnete das Militär als „Volk in Uniform“. Genau diese Formulierung hatte auch der ermordete chilenische Präsident Salvador Allende in den Wochen vor dem Militärputsch am 11. September 1973 benutzt. Allende und die Unidad-Popular-Regierung versuchten, die Gefahr eines Militärputsches herunterzuspielen, um den sozialen Widerstand zu beschwichtigen und die Massenkämpfe der chilenischen Arbeiterklasse zu demobilisieren.

Es gibt immer noch Meinungsverschiedenheiten innerhalb der mexikanischen und amerikanischen herrschenden Klasse über die Frage, ob AMLOs Regierung ein Hindernis für die Interessen der amerikanischen und mexikanischen Oligarchien darstellt oder ein notwendiges Instrument zur Ableitung von sozialem Widerstand.

Die Washington Post schrieb am 23. Oktober in ihrer Kolumne, einer der Gründe für die soziale Explosion in Chile sei, dass es „in Chile keine populistische Bewegung und keinen schlauen populistischen Caudillo-Politiker gibt. Eine solche Figur hätte die breite Wut für ihre eigenen Zwecke benutzen, aber sie auch besser kontrollieren können. Der linkspopulistische mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador führte beispielsweise oft öffentliche Proteste an, hat seine Anhänger aber erfolgreich davon überzeugt, nicht zu Gewalt zu greifen.

In Chile, wo es in der üblichen Politik keine Partei oder Persönlichkeit gibt, die die Probleme der Menschen kanalisieren, sind die Demonstranten zu selbstzerstörerischem Vandalismus übergegangen. Das soll heißen, charismatische lateinamerikanische Populisten machen die westlichen Regierungschefs zwar nervös, aber Chile zeigt, dass sie eine entscheidende Funktion erfüllen können.“

Um der Gefahr einer imperialistischen Intervention und einer Militärdiktatur entgegenzutreten, muss die mexikanische Arbeiterklasse die Lehren aus dem 20. Jahrhundert ziehen.

Die Katastrophe in Chile 1973 hat gezeigt, dass die Arbeiterklasse ihre immense soziale Macht aktivieren muss, indem sie sich unabhängig von allen Fraktionen der mexikanischen herrschenden Klasse mobilisiert. Dazu gehören auch AMLO, die Gewerkschaften und die Bewegung für die Nationale Erneuerung (Morena). Stattdessen muss sie für den Sozialismus kämpfen. Von Deutschland und den USA bis nach Chile und Mexiko steuert die herrschende Klasse erneut auf Diktatur zu, um sich auf das zunehmende Anschwellen des sozialen Widerstands gegen den Kapitalismus vorzubereiten.

Es würde zu einer Katastrophe führen, wenn sich die Arbeiterklasse darauf verlässt, dass AMLO und die mexikanische herrschende Klasse sie vor einer Invasion und einer Militärdiktatur schützen. Vielmehr hat die mexikanische Arbeiterklasse mächtige Verbündete in Süd- und Nordamerika, einschließlich der USA: Der Kampf gegen Diktatur und den US-Imperialismus erfordert die Mobilisierung einer Bewegung der Arbeiterklasse in der gesamten Region, deren Ziel die Errichtung der Vereinigten Sozialistischen Staaten auf dem amerikanischen Kontinent ist.

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