„Super Tuesday“ der US-Demokraten: Parteiführung organisiert Bidens Sieg in den meisten Bundesstaaten

Der ehemalige US-Vizepräsident Joe Biden hat am Dienstag die Vorwahlen der Demokraten in den meisten Bundesstaaten gewonnen, die am „Super Tuesday“ gewählt haben. In neun der 14 Staaten – in Alabama, Arkansas, Massachusetts, Minnesota, North Carolina, Oklahoma, Tennessee, Texas und Virginia – bekam er die meisten Stimmen.

Präsidentschaftskandidat der Demokraten und ehemaliger Vize-Präsident Joe Biden spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung am 3. März 2020 in Los Angeles. (AP Photo/Marcio Jose Sanchez)

Senator Bernie Sanders erzielte nur in Colorado, Utah und Vermont einen eindeutigen Sieg. Im größten Bundesstaat Kalifornien liegt er ebenfalls deutlich vorne, doch im zweitgrößten Bundesstaat Texas sowie in Maine hat er nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen knapp verloren.

Wie die 1.350 Delegierten aus den 14 Bundesstaaten aufgeteilt werden, wird erst in den nächsten Tagen bekannt werden. Kalifornien und Texas stellen die Hälfte dieser Delegierten, die Briefwahlergebnisse in Kalifornien werden möglicherweise erst am Freitag bekanntgegeben. Allerdings scheint es möglich, dass Biden die Mehrheit der Delegierten auf dem Parteitag der Demokraten erhalten wird. Noch letzte Woche sah es so aus, als ob Sanders mit einem Vorsprung von mehreren hundert Delegierten aus dem Super Tuesday hervorgehen wird.

Am Wahlabend erklärte Sanders bei einer Veranstaltung in Burlington (Vermont), er schlage sich gut und rechne mit einem Sieg im Vorwahlkampf der Demokraten sowie mit einem Sieg über Präsident Trump im November. Allerdings erfolgte sein Auftritt vor dem Bidens, der traditionellen Position des Wahlverlierers.

Das Ergebnis widerlegt Sanders’ Behauptung, man könne die Demokratische Partei in ein Werkzeug für eine „politische Revolution“ oder nennenswerte Sozialreformen verwandeln. Stattdessen beweisen die Ergebnisse das Gegenteil: Die Demokraten sind eine rechte politische Organisation, eine der beiden führenden Parteien der amerikanischen Kapitalistenklasse und untrennbar mit der Wall Street und dem US-Imperialismus verbunden.

Statt sich Sanders’ offensichtlichem Erfolg bei den Vorwahlen in Iowa, Nevada und New Hampshire zu beugen, hat die Parteiführung massiv interveniert, um den stagnierenden Wahlkampf des rechtesten Hauptbewerbers um die Präsidentschaftskandidatur zu stärken.

Als erstes hat sie Biden bei der Vorwahl in South Carolina am Samstag einen Sieg ermöglicht. Die Unterstützung durch den schwarzen Kongressabgeordneten James Clyburn, der unter den Demokraten im Repräsentantenhaus die dritthöchste Stelle einnimmt, hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Nach diesem Vorbild organisierte Biden seine Siege am Dienstag in den sechs Bundesstaaten im Süden, wo er unter afroamerikanischen Wählern mit großer Mehrheit gewann – in Alabama sogar mit 72 Prozent.

Danach wurden Bidens Rivalen, Senatorin Amy Klobuchar und der ehemalige Bürgermeister von South Bend (Indiana), Pete Buttigieg, dazu gebracht auszusteigen. Bevor die beiden beschlossen, kurz vor dem Super Tuesday zur Wahl von Biden aufzurufen, hatte Buttigieg einen Anruf von Ex-Präsident Barack Obama und Klobuchar einen von dem ehemaligen Senats-Mehrheitsführer Harry Reid erhalten.

Klobuchars Rückzug sicherte Biden den Sieg in ihrem Heimatstaat Minnesota. In Massachusetts, Texas und den anderen Super-Tuesday-Staaten konnte sich Biden durch die Unterstützung von Klobuchar, Buttigieg, Beto O’Rourke und mehreren anderen führenden Demokraten den Sieg sichern.

Diese Kampagne, die Demokraten hinter Biden zu vereinen, hat sich auch auf den Wahlkampf der übrigen Kandidaten ausgewirkt. Der Milliardär Michael Bloomberg hat zwar 500 Millionen Dollar für Werbung ausgegeben, konnte aber in der Hälfte der Super-Tuesday-Staaten die 15-Prozent-Hürde nicht überwinden, sodass er keine Delegierten bekam. Allerdings schaffte er es in Kalifornien und Texas. Gestern kündigte er dann aber auch an, seine Kandidatur zugunsten Bidens zurückzuziehen.

Senatorin Elizabeth Warren fuhr ein besonders schlechtes Ergebnis ein. Sie erreichte in ihrem Heimatstaat Massachusetts nur den dritten Platz, in einem halben Dutzend kleinerer Staaten erhielt sie zwar genug Stimmen, um Delegierte zu bekommen, nicht jedoch in Texas und Kalifornien. Sie diskutiert ebenfalls mit ihrer Kampagnenleitung, ob sie ihre Kandidatur zurückziehen soll.

Es sind zwar noch keine Endergebnisse für alle 14 Staaten vorhanden, doch angesichts der langen Verzögerungen in Kalifornien scheint die Wahlbeteiligung hoch gewesen zu sein. Dies deutet auf die zunehmende Politisierung der amerikanischen Bevölkerung und die allgemeinen Opposition gegen die rechte Politik der Trump-Regierung hin.

Die Wahlbeteiligung in North Carolina ist beispielsweise im Vergleich zu 2016 deutlich gestiegen. Als Sanders damals gegen Hillary Clinton antrat, beteiligten sich knapp 1,1 Millionen Menschen, dieses Jahr waren es mehr als 1,3 Millionen. In Virginia stieg die Zahl der Wähler von nur 781.000 im Jahr 2016 auf 1,2 Millionen. Berichten zufolge gab es lange Schlangen vor den Wahllokalen, sowohl in den Gebieten, in denen Sanders die Mehrheit gewann, als auch in den Innenstadtgebieten, in denen sich Biden durchsetzte.

Doch im Rahmen der Demokratischen Partei wird der Widerstand gegen Trump in rechte pro-imperialistische Kanäle gelenkt. Die demokratische Parteiführung will im Wahlkampf 2020 die antirussische Mueller-Untersuchung und das Amtsenthebungsverfahren weiterführen. Sie stellt Trump als russische Marionette dar und appelliert an die Unterstützung der Wall Street und des Militär- und Geheimdienstapparats für Trumps Absetzung.

Identitätspolitik spielt dabei eine besonders üble Rolle. Clyburn und andere Führer des Congressional Black Caucus, der Vereinigung afroamerikanischer Kongressmitglieder, sprechen für die Afroamerikaner der oberen Mittelschichten und der Bourgeoisie und nutzen ihren Einfluss über die Kirchen, um an Millionen arme schwarze Arbeiter zu appellieren. Sie mobilisieren Opposition gegen Sanders, indem sie gegen Sozialismus auftreten und die Solidarität unter Schwarzen hochhalten, wobei sie auch Bidens Verbindung zu Barack Obama betonen.

Diese Tatsache ist ein Armutszeugnis für pseudolinke Organisationen wie die Democratic Socialists of America, die zu den entschiedensten Unterstützern von Sanders und der Identitätspolitik gehören. Sie sind in ihre eigene Falle gegangen. Sie verherrlichen Rassenpolitik und verteidigen die Autorität schwarzer Demokraten, doch diese torpedieren Sanders und stellen sich hinter den ehemaligen Vizepräsidenten Biden.

Die New York Times schrieb am Dienstag in einer Analyse des Wahlkampfs: „Führende Demokraten glauben mittlerweile, dass es nur zwei realistische Wege im Rennen um die Präsidentschaft gibt: ein klarer Sieg von Sanders am Dienstag, der ihm einen großen Vorsprung bei den Delegierten gibt, oder ein monatelanger Kampf um die Delegierten bei den Vorwahlen, der es Biden ermöglichen könnte, die Oberhand zu gewinnen oder die Nominierung beim Parteitag in Milwaukee im Juli zu erzwingen.“

Es sieht jetzt so aus, dass Biden in die Vorwahlen der nächsten beiden Wochen in großen Staaten wie Michigan, Florida, Ohio und Illinois mit einem Vorsprung bei den Delegierten und der vollen Unterstützung des Demokratischen Parteiapparats in diesen Staaten gehen wird. Außerdem wird er viel Geld für den Wahlkampf von Spendern aus dem Großkapital erhalten, die sich bisher zurückgehalten und darauf gewartet haben, dass sich ein einzelner rechter Kandidat durchsetzt.

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