Perspektive

Polizeimord an George Floyd löst rund um die Welt Massenproteste aus

An diesem Wochenende erreichten die Proteste gegen den Polizeimord an George Floyd einen neuen Höhepunkt. Rund um die Welt demonstrierten Hunderttausende Arbeiter und Jugendliche – nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Australien, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Ungarn, Brasilien, Südkorea und vielen weiteren Ländern.

Schon im Verlauf der letzten Woche fanden trotz der Corona-Pandemie in Tausenden von Städten und Gemeinden auf allen bewohnten Kontinenten Demonstrationen statt. Auch wurde weltweit vor zahlreichen US-Konsulaten protestiert.

In Süd- und Mittelamerika demonstrierten in Brasilien viele Tausende vor dem Regierungssitz in Rio de Janeiro, in Sao Paulo, im nordbrasilianischen Recife und vor der Hochschule Universidade Federal do Paraná. Große Demonstrationen fanden auch in Argentinien, in fast allen lateinamerikanischen Ländern und selbst auf den Bermudainseln statt. In Mexiko heizte ein brutaler Polizeiangriff auf eine 16-Jährige die Proteste in Mexiko-Stadt weiter an.

Hunderte von Protesten gab es auch in Australasien, darunter in Sydney, Perth, Melbourne, Brisbane, Adelaide und andern australischen Städten, sowie in Auckland (Neuseeland). Allein in Brisbane wurde die Zahl der Teilnehmer am Samstag auf 10.000, in Sydney auf über 20.000 geschätzt. Transparente trugen die Aufschrift: „Es ist der Regierung egal! Wir, das Volk, müssen uns gegenseitig helfen“, und: „Australien ist nicht unschuldig“.

In Asien und dem Nahen Osten gab es Demonstrationen in Indien, Japan, auf den Philippinen, in der Türkei, in Israel und im Iran. Weitere Demonstrationen wurden aus Tokio und Seoul gemeldet.

In Afrika wurden Kundgebungen in Ghana, Kenia, Liberia, Nigeria, Südafrika und vielen weiteren Ländern organisiert.

In Kanada demonstrierten schon vor dem Samstag Tausende in mindestens 19 Städten, darunter Halifax, Montreal, Ottawa, Toronto und Vancouver.

In Europa gab es am Wochenende erneut Proteste mit Hunderttausenden Teilnehmern. In Deutschland fanden die größten Demonstrationen in München, Berlin und Hamburg statt (siehe Berichte auf dieser Seite!). Tausende demonstrierten in Italien und Spanien, in den Niederlanden, in Griechenland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Polen, Litauen, der Slowakei und der Schweiz. Auch in Reykjavik auf Island gingen Jugendliche auf die Straße. Wichtige Slogans waren: „Dein Schmerz ist mein Schmerz, dein Kampf ist mein Kampf“.

Im Vereinigten Königreich gab es schon letzte Woche mindestens 25 Demonstrationen. Über 15.000 Menschen versammelten sich am Mittwoch im Hyde Park und marschierten zur Residenz des Premierministers in der Downing Street. Sie trugen Plakate mit der Aufschrift: „Wer vor der Ungerechtigkeit neutral bleibt, steht auf der Seite der Unterdrücker“, und, wie in Australien: „Großbritannien ist nicht unschuldig“.

Tausende demonstrieren am 2.Juni in Paris (Foto APTOPIX)

In Frankreich gab es Massendemonstrationen mit über 25.000 Menschen in Paris, die einem Demonstrationsverbot der Behörden trotzten, neben weiteren großen Demonstrationen in zahlreichen französischen Städten. Ein Sprecher verkündete: „Was in den Vereinigten Staaten geschieht, zeigt nur, was heute auch in Frankreich geschieht!“

Von besonderer Bedeutung war die riesige Demonstration von 50.000 Menschen am Donnerstag in Wien. Wenn ein ähnlicher Prozentsatz der Stadtbevölkerung von New York auf die Straße ginge, käme dies einer Versammlung von über 200.000 Menschen gleich.

Die internationale Solidarität entzündet sich am Widerstand gegen US-Präsident Donald Trump, der die friedlichen Proteste von Menschen verschiedenster Herkunft brutal unterdrückt.

Das Ausmaß der Proteste deutet darauf hin, dass die amerikanische Arbeiterklasse die Gefahr der Errichtung einer Präsidialdiktatur zu erkennen beginnt. Darüber sehen Arbeiter aller Länder in den Szenen, die sich in den USA abspielen, ihre eigenen sozialen Bedingungen ausgedrückt: Die extreme und wachsende Ungleichheit führt auf der ganzen Welt immer deutlicher zu faschistischen Herrschaftsformen.

In Paris wenden sich die Demonstrationen nicht nur gegen die staatliche Gewalt in den USA, sondern auch in Frankreich selbst. Besonders geht es um den Tod des französischen Jugendlichen Adama Traoré, den die Polizei im Jahr 2016 zusammengeschlagen und erstickt hatte. Schon seit über zwei Jahren sind die Gelbwesten-Proteste, die sich gegen soziale Ungleichheit richten, mit brutalen Misshandlungen konfrontiert. Auch ist Präsident Emmanuel Macron dafür bekannt, dass er versucht hat, den Nazi-Kollaborateur Marshall Pétain zu rehabilitieren.

Brasilianische Arbeiter demonstrierten unterdessen gegen eine Welle von Morden, welche die Polizei unter Aufsicht des faschistischen Präsidenten Jair Bolsonaro in den Favelas von Rio de Janeiro verübt.

In Deutschland müssen Arbeiter und Jugendliche seit sechs Jahre mitansehen, wie sich im Staatsapparat und an den Universitäten eine Verschwörung entfaltet. Sie zielt darauf ab, das Dritte Reich zu rehabilitieren, der faschistischen Alternative für Deutschland (AfD) Vorschub zu leisten und eine Rückkehr zum ungehemmten imperialistischen Militarismus den Weg zu ebnen. Trump droht damit, Demonstranten wie „Terroristen“ zu behandeln, und der deutsche Verfassungsschutz hat die Sozialistische Gleichheitspartei auf seine Extremismus-Watchlist gesetzt. Sie wird des „Verbrechens“ beschuldigt, den Kampf gegen diesen faschistischen Revanchismus aufzunehmen.

Die weltweiten Proteste, die der Polizeimord an Floyd ausgelöst hat, treffen auf eine seit fast drei Monaten anhaltende Pandemie, die aufgrund der bewussten und kriminellen Politik der herrschenden Klasse verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Arbeitsplätze von Milliarden hat. Hunderttausende sind gestorben und Millionen haben ihren Arbeitsplatz verloren. Gleichzeitig schleusen die Regierungen im Interesse der Finanzoligarchie Billionensummen in die Kassen der Großkonzerne. Jetzt werden Arbeiter unter Androhung von Hunger und Armut gezwungen, unter unsicheren Bedingungen wieder zur Arbeit zu gehen.

Die Ermordung von George Floyd durch die Polizei und die täglichen Szenen hemmungsloser staatlicher Gewalt gegen schwarze, weiße und hispanische Jugendliche sind ein auslösendes Ereignis der Weltpolitik. Sie haben die schwelenden Klassenspannungen angefacht.

Im vergangenen Jahr kam es weltweit zu einer massiven Eskalation des Klassenkampfs. Millionen Menschen haben gegen die soziale Ungleichheit und die verschärften Angriffe auf demokratische Rechte protestiert.

Bei ihrer internationalen Online-Maikundgebung im vergangenen Monat verwies die WSWS auf einen besorgten Bericht des führenden imperialistischen Think-Tanks CSIS (Center for Strategic and International Studies). Darin heißt es:

„Wir leben in einem Zeitalter globaler Massenproteste, die in ihrer Häufigkeit, ihrem Ausmaß und ihrer Größe historisch beispiellos sind … Das Coronavirus dürfte die Proteste kurzfristig unterbinden – zum einen aufgrund der staatlich verordneten Beschränkungen im städtischen Raum und zum anderen aufgrund der Tatsache, dass Bürger aus eigenem Antrieb große öffentliche Versammlungen meiden werden. Je nach dem künftigen Verlauf dieser Pandemie könnten die Reaktionen der Regierungen selbst jedoch neuerliche politische Massenproteste auslösen.“

Die WSWS und das Internationale Komitee haben in Erwartung just eines solchen Wiederaufflammens des Klassenkampfs alles daran gesetzt, die Arbeiterklasse politisch zu alarmieren und ihr eine revolutionäre Perspektive und Orientierung zu bieten.

Sobald nun der Lockdown beendet wird, löst der erste Akt mörderischer Polizeigewalt in Amerika sofort eine soziale Explosion aus. Selbst unter Bedingungen, unter denen Millionen Menschen zu Recht befürchten, dass das Coronavirus eskaliert, kehren die erwähnten „globalen Massenproteste“ zurück und kommen mit dem Widerstand gegen die Brutalität des kapitalistischen Staats zusammen.

Die amerikanischen Medien nehmen von diesen Ereignissen kaum Notiz, die vom tatsächlichen Zustand der Klassenbeziehungen und des Kräftegleichgewichts in den USA und in der ganzen Welt zeugen. Sie beweisen, dass die amerikanische Arbeiterklasse im Kampf um Trumps Absetzung unermesslich mächtige Verbündete hat. Trump ist als schurkische Personifizierung der Oligarchenherrschaft auf der ganzen Welt verhasst. Der Kampf gegen ihn wird unter Arbeitern und Jugendlichen, die in jedem Land mit ihren eigenen Herrschern in Konflikt geraten, auf große Unterstützung treffen.

Arbeiter und Jugendliche müssen Trumps Offensive mit einem internationalistischen Kampfprogramm entgegentreten, um Trump, Mike Pence und ihre Mitverschwörer aus dem Amt zu entfernen. Auf dieser Grundlage wird sich eine Weltbewegung der Arbeiterklasse herausbilden. Am Kampf für den Sozialismus werden Trumps Plänen für eine Militärdiktatur zerbrechen.

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