USA: Kongress der Millionäre beraubt die Arbeitslosen

Der US-Kongress rührte keinen Finger, als letzte Woche für bis zu 30 Millionen Amerikaner der Corona-Zuschuss für Arbeitslose auslief. Das zeigt deutlich, welche Gesellschaftsschicht in den Vereinigten Staaten das politische Sagen hat. Der durchschnittliche Kongressabgeordnete ist Millionär und macht sich nicht die geringsten Sorgen um das massenhafte Leid, das der Arbeiterklasse durch den Wegfall der Leistung zugefügt wird.

Zig Millionen Menschen und ihre Familien beginnen, die Auswirkungen dieses Aktes unverhohlener Klassenherrschaft zu spüren. Ihr wöchentliches Einkommen wird um 60 bis 90 Prozent gekürzt, abhängig von der Höhe des staatlichen Arbeitslosengeldes, das sie weiterhin erhalten dürfen. Fast 20 Millionen Haushalte werden sich ihre monatliche Miete nicht leisten können, und das unter Bedingungen, unter denen ein begrenztes Räumungsmoratorium am selben Tag, den 31. Juli, auslief. Millionen weitere werden unter den Bedingungen einer landesweiten Covid-19-Pandemie nicht in der Lage sein, ausreichend Lebensmittel zu kaufen, geschweige denn, sich eine Krankenversicherung und medizinische Versorgung zu leisten.

Die Abschaffung des Arbeitslosengeldes ist weder das Nebenprodukt eines „Stillstands“ in Washington noch die unbeabsichtigte Folge von Konflikten zwischen den Demokraten und der Trump-Regierung im Wahljahr, wie es in den Leitmedien dargestellt wird. Dies ist eine bewusste Politik. Trotz aller Schlammschlachten und gegenseitiger parteipolitischen Grausamkeiten verfolgen die Demokratische und die Republikanische Partei sowie die Trump-Regierung die gleichen Klasseninteressen und haben das gleiche Ziel. Sie wollen die drohende Armut, Hunger und Obdachlosigkeit zu nutzen, um Millionen von Arbeitern zu zwingen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren und Gewinne für die Kapitalistenklasse zu erwirtschaften, ungeachtet der sich ausbreitenden Gefahr durch die Coronavirus-Pandemie.

Parlamentssprecherin Nancy Pelosi mit Senator Chuck Schumer, Washington, 1.August 2020 (AP-Foto/Manuel Balce Ceneta)

Nach einer dreistündigen Verhandlungssitzung am Samstag erklärten die Parlamentssprecherin Nancy Pelosi (privates Nettovermögen 120 Millionen Dollar), die für die Demokraten sprach, und US-Finanzminister Steven Mnuchin (privates Nettovermögen 300 Millionen Dollar), der für die Trump-Regierung sprach, dass das Arbeitslosengeld des Bundes von 600 Dollar pro Woche in seiner bisherigen Form nicht verlängert würde.

In der ABC-Sendung „This Week“ griff Mnuchin das Arbeitslosengeld scharf an und beschrieb arbeitslose Arbeiterinnen und Arbeiter, die die Zahlung von 600 Dollar pro Woche erhielten, wiederholt als „überbezahlt“. Er klagte, dass die staatliche Leistung zu einer weit verbreiteten Weigerung der Arbeitnehmer geführt hätten, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, wenn sie nach dem Ende der wegen Covid-19 verhängten staatlichen Sperren zurückgerufen würden.

Als sein Gesprächspartner sich skeptisch äußerte, dass „zusätzliche 600 Dollar“ von der Arbeitssuche abschrecken, antwortete Mnuchin: „Es steht außer Frage, dass wir in bestimmten Fällen den Leuten mehr dafür zahlen, dass sie zu Hause bleiben, als sie durch Arbeit verdienen würden. Das hat zu Problemen in der gesamten Wirtschaft geführt.“

Mnuchin, der ehemalige Hollywood-Finanzierer, dessen persönliches Vermögen die Kosten der Zusatzleistungen für 10.000 Arbeiter für ein ganzes Jahrdecken würde, gibt den Forderungen der Republikaner im Senat und zahlreicher Arbeitgeber aus der Wirtschaft eine Stimme. Sie argumentieren, dass es aufgrund der staatlichen Leistungen von 600 Dollar pro Woche schwierig sei, Arbeiter dazu zu bewegen, an schlecht bezahlte Arbeitsplätze in den Bereichen Gastronomie, Einzelhandel und anderen Ausbeutergewerben zurückzukehren.

In derselben Sendung versuchte Pelosi, Sympathie für Arbeitslose zu heucheln, indem sie die Republikaner dafür kritisierte, dass sie Arbeitslose einer noch genaueren Prüfung unterziehen wollen als die Unternehmer. Diese erhalten ihrerseits im Rahmen des fälschlicherweise so genannten Paycheck Protection Program Bundesmittel in Höhe von zig Millionen Dollar, um gut durch die Krise zu kommen.

Aber Pelosi machte sich den Vorschlag des demokratischen Fraktionssprechers im Kongress Steny Hoyer zu eigen, der letzte Woche die Zusatzleistung als verhandelbar erklärte und sagte, dass die republikanische Forderung, das wöchentliche Arbeitslosengeld zu kürzen, „nicht zum Abbruch der Verhandlungen führen“ müssten.

Pelosi schlug eine gleitende Staffelung der Zahlungen vor, wie vom Sprecher der Demokraten im US-Senat Charles Schumer vorgeschlagen, bei der „der Geldbetrag, der als Aufstockung des Arbeitslosengeldes gegeben wird, sich auf die Arbeitslosenquote beziehen sollte. Also, wenn diese runter geht, dann können Sie etwas weniger als die 600 Dollar in Betracht ziehen.“

Der Sprecher der Mehrheitsfraktion im US-Senat Mitch McConnell hat den 7. August als effektive Frist für die laufenden Verhandlungen festgelegt. An diesem Tag beginnt die Sommerpause des Senats, und für das Repräsentantenhaus und den Senat ist es natürlich kein Problem, diese einmonatige Pause einzulegen. Für Abgeordnete ist das eine Periode üppig bezahlten Urlaubs, die für die meisten amerikanischen Arbeiter außerhalb jeder Reichweite liegt. So werden sich die Abgeordneten in den Urlaub verabschieden, nachdem sie die Leistungen für Arbeitslose entweder drastisch gekürzt oder überhaupt ganz abgeschafft haben.

Am selben Tag, an dem das staatliche Arbeitslosengeld auslief, verabschiedete das Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf, mit dem das US-Verteidigungsministeriums sowie die Ministerien für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Bildung, Justiz, Transport, Energie und mehrere anderer Behörden insgesamt 1,3 Billionen US-Dollar an zusätzlichen Mitteln erhielten.

Die militärische Komponente dieses Beschlusses hat einen Umfang von fast 750 Milliarden Dollar, damit allein hätte das Arbeitslosengeld für mehr als 40 Wochen weitergezahlt werden können. Dazu gehören Ausgaben für überseeische Notfalloperationen (Schmiergeldfonds für die Deckung der Pentagon-Ausgaben in den Kriegen im Irak, in Syrien und Afghanistan) sowie für Drohnenangriffe in weit größeren Gebieten.

Die jüngste Rechnung für ein einziges Waffensystem, das F-36-Kampfflugzeug, in Höhe von 34 Milliarden Dollar würde für zwei Wochen Zusatzleistungen zahlen. Ein einziger Flugzeugträger der Ford-Klasse von Gerald R (es sind fünf bestellt und insgesamt 10 geplant) beläuft sich auf 18 Milliarden Dollar – was für eine Woche zusätzliches Arbeitslosengeld reichen würde, um 30 Millionen amerikanische Familien durchzubringen.

Man kann auch andere Vergleiche anstellen. Der Vorstand von General Motors Mary Barra verdiente im vergangenen Jahr 21 Millionen Dollar oder 420.000 Dollar pro Woche - genug, um das Arbeitslosengeld für 700 Arbeitslose zu finanzieren.

Das persönliche Vermögen von Amazon-Chef Jeff Bezos ist allein seit März dieses Jahres um 74 Milliarden Dollar gestiegen - genug, um die Zusatzleistungen für vier Wochen abzudecken. Tesla-CEO Elon Musk hat im gleichen Zeitraum mehr als 50 Milliarden Dollar gewonnen. Er könnte die Leistungen für weitere drei Wochen bezahlen. Amerikanische Milliardäre haben insgesamt in den letzten vier Monaten 565 Milliarden Dollar an Vermögen zugelegt - genug, um das zusätzliche Arbeitslosengeld bis März 2021 zu finanzieren.

Und noch nicht eingerechnet sind hier die restlichen Investoren an der Wall Street, die unterhalb der Milliardärsklasse spielen. Für sie waren die vier Monate seit der Verabschiedung des CARES-Gesetzes Ende März die lukrativste Zeit in der Geschichte des Weltkapitalismus.

Senator McConnell behauptete, dass 15 bis 20 Mitglieder seiner republikanischen Fraktion gegen überhaupt jede Verlängerung des zusätzlichen Arbeitslosengeldes seien. Mehrere dieser Hartliner beklagen die kolossale Kreditaufnahme auf Bundesebene, seitdem die Coronavirus-Pandemie das vorübergehende Herunterfahren der US-Wirtschaft erzwungen hat.

Die oben angeführten Zahlen zeigen jedoch, wie falsch die Behauptung ist, dass „es kein Geld gibt“, um den Arbeiterinnen und Arbeitern die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie und ihre Familien überleben und nicht an Arbeitsplätze zurückgezwungen werden, die schnell zu Brennpunkten der gefährlichen Infektionskrankheit werden.

Es gibt eine Fülle von Ressourcen, die durch die Arbeit der Beschäftigten geschaffen wurden. Nichts wäre angemessener, als diese Ressourcen aus der Hand der Kapitalisten zu nehmen und sie zu nutzen, um das Überleben der wichtigsten produktiven Klasse in der modernen Gesellschaft, des Proletariats, zu sichern.

Um für eine solche Perspektive zu kämpfen, müssen die Arbeitnehmer mit den beiden Parteien, den Demokraten und Republikanern, brechen und ihre politische Unabhängigkeit herstellen. Die Arbeiterklasse muss ihre eigene politische Partei aufbauen, die auf einem revolutionären sozialistischen Programm basiert und zum Ziel hat, dem Profitsystem ein Ende zu bereiten. Das ist die Perspektive der Socialist Equality Party.

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