Weltweiter Anstieg der Corona-Todesfälle erreicht Tageshöchstwert von über 9.000

Am Donnerstag verfolgte die Welt gebannt die Meldungen in den sozialen Netzwerken und den Medien und wartete auf die Entscheidung in der hart umkämpften US-Wahl zwischen dem Faschisten Donald Trump und seinem rechten demokratischen Gegner Joe Biden. Am selben Tag erreichte die Zahl der weltweiten Covid-19-Todesopfer mit 9.057 beinahe unbeachtet einen Tageshöchstwert. Er lag über dem bisherigen Rekord vom 17. April 2020.

Alles deutet darauf hin, dass es sich um das Vorspiel zu einer katastrophalen Gesundheitskrise handelt, der gegenüber die vergangenen zehn Monate verblassen könnten. Die herrschende Klasse steht dem Schicksal derjenigen, die über tage- oder wochenlang nach Luft ringen und schließlich sterben, gleichgültig gegenüber.

Eine Pflegerin führt am 5. November vor dem Gesundheitsamt von Salt Lake City County (Utah) einen Covid-Test durch. (AP Photo/Rick Bowmer)

Trotz der mehr als 9.000 Todesfälle stieg der Aktienindex Dow Jones am Donnerstag um 542 Punkte und schloss mit 28.390 Punkten. Die Woche war damit die beste an der Börse seit April, als die Politik der Herdenimmunität mit der Wiedereröffnung der Wirtschaft und der erzwungenen Rückkehr an die Arbeit ihren Lauf nahm. Während die Zahl der Infizierten in den USA am Donnerstag um den Rekordwert von mehr als 113.000 stieg, jubelte das Wall Street Journal über die Kürzung der Arbeitslosenhilfe.

Gleichzeitig gab der Vorsitzende der US-Notenbank bekannt, er werde die Zinssätze noch mindestens drei Jahre lang bei nahezu null halten. Diese Entwicklungen sind darauf zurückzuführen, dass das Weiße Haus ausdrücklich erklärt hat, es werde keine weiteren Lockdowns geben – was die Märkte angekurbelt hat.

Laut der unabhängigen Tracking-Plattform Worldometer sind schätzungsweise 1.246.280 Menschen an Covid-19 gestorben. Der gleitende Sieben-Tages-Durchschnitt ist auf 7.110 angestiegen und hat damit den bisherigen Höchstwert von 7.047 Toten pro Tag Mitte April überstiegen. Am 5. November gab es bereits 8766 neue Todesopfer innerhalb von 24 Stunden. Die Infektionen breiten sich in ganz Europa rapide aus. Die USA lagen beim Anstieg der Todesopfer durchgängig an erster Stelle, mit mittlerweile mehr als 1.000 pro Tag.

Die Gesamtzahl der weltweiten Covid-19-Fälle seit Beginn der Pandemie nähert sich rapide der Marke von 50 Millionen. Jeden Monat steigt die Rate der täglichen Neuinfektionen weiter an. Am 5. November erreichte die Zahl der neuen Fälle mit über 612.000 einen neuen Rekordwert. Der gleitende Sieben-Tages-Durchschnitt ist in weniger als zwei Wochen von 400.000 auf 500.000 Fälle gestiegen. Mit anderen Worten: Bei gleichbleibender Geschwindigkeit wird die Zahl der Neuinfektionen um 15 Millionen pro Monat steigen. Am Donnerstag stieg die Zahl der Neuinfektionen innerhalb nur eines Tages um über 600.000.

Die Gesundheitsbehörden haben immer wieder gewarnt, das Virus sei hochgradig ansteckend und tödlich. Wenn es sich ungehindert ausbreiten kann, werden Krankenhäuser und Intensivstationen schnell überlastet sein. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Zustand der nationalen Gesundheitssysteme und den Todesfällen durch Covid-19.

Als die Fallzahlen in ganz Europa explodierten, musste ein Land nach dem anderen irgendeine Form von Einschränkungen einführen, um die Übertragungsraten zu verringern. Gleichzeitig sollten jedoch die Betriebe geöffnet bleiben, weshalb es nur zu halbherzigen Maßnahmen wie Ausgangssperren, Sperrstunden und der Schließung von Bars und Restaurants kam. Am Donnerstag verzeichnete Europa mit über 317.000 neuen Fällen einen Rekordanstieg.

Griechenland hat, genau wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland, einen dreiwöchigen landesweiten Lockdown angekündigt. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gab zu, dass er befürchtet, ohne diese Einschränkungen werde das Gesundheitssystem in kürzester Zeit zusammenbrechen. Griechenland verzeichnete einen exponentiellen Anstieg der Fälle um mittlerweile fast 3.000 pro Tag, d.h. einen Anstieg um nahezu das Zehnfache innerhalb eines Monats. Das Land hat die geringste Zahl an Intensivpflegebetten pro Kopf in ganz Europa.

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte hat eine landesweite nächtliche Ausgangssperre verhängt und strengere Einschränkungen für Regionen eingeführt, in denen die Zahlen der Infizierten stark ansteigen und die verfügbaren Krankenbetten knapp werden. Am Donnerstag verzeichnete Italien 34.505 neue Fälle und 428 Tote. Die höchste Zahl an Todesopfern an einem Tag waren 921 Tote am 27. März.

Länder wie Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Spanien und Großbritannien haben angesichts der zunehmenden Auslastung der Krankenhäuser und Intensivstationen halbherzige Maßnahmen eingeführt, um die Mobilität der Bevölkerung zu begrenzen, doch die Frustration wächst. In Spanien kam es am letzten Wochenende zu Demonstrationen gegen die Einschränkungen und zu Zusammenstößen mit der Polizei. Gesundheitsminister Roberto Speranza, der einen landesweiten Lockdown befürwortet, erklärte: „Die epidemiologische Kurve ist noch immer sehr hoch. Was mir Sorgen bereitet, sind die absoluten Zahlen, die in einer beängstigenden Kurve ansteigen. Entweder wir flachen sie ab, oder wir stecken in Schwierigkeiten.“

In Frankreich organisieren Schüler und Lehrer Streiks und Proteste gegen Macrons Plan, die Schulen offen zu halten, wodurch sie der allgegenwärtigen Gefahr des Virus ausgesetzt sind. In Frankreich gab es am Donnerstag fast 60.000 neue Fälle und 363 Todesopfer. In Deutschland wurde die Zahl der Intensivbetten zwar um 25 Prozent erhöht, doch das Land befürchtet trotzdem, dass seine Kapazitäten im Dezember ausgelastet sein werden. Frankreich und die Schweiz befürchten, diesen Punkt bereits in den nächsten zwei Wochen zu erreichen. In Belgien, das mit 1.735 Fällen auf 100.000 Menschen das am stärksten betroffene Land Europas ist, befindet sich das Krankenhaussystem bereits jetzt kurz vor dem Zusammenbruch.

Selbst Schweden hat seinen Kurs geändert und verhängte angesichts eines plötzlichen Anstiegs der Fallzahlen neue Einschränkungen. Die Regierung rechnet mit einem brutalen und düsteren Winter. Der schwedische Premierminister Stefan Lofven erklärte am Dienstag vor der Presse: „Davon, wie wir jetzt handeln, wird es abhängen, welche Art von Weihnachten wir feiern können und wer daran teilnehmen kann.“ Selbst der staatliche Epidemiologe Anders Tegnell musste zugeben: „Insgesamt bewegt sich die Entwicklung in vieler Hinsicht in die falsche Richtung.“

Am schlimmsten ist die Lage in den USA, wo die Zahl der Toten sich noch vor Ende des Monats einer Viertelmillion nähert und das politische Establishment alles in seiner Macht Stehende tut, um jede Form eines Lockdowns zur Eindämmung der Pandemie zu verhindern.

In Wisconsin und Texas wurden mittlerweile Feldlazarette errichtet, weil die Krankenhäuser die Grenzen ihrer Kapazität erreicht haben. Texas ist der erste Bundesstaat, in dem es mehr als eine Million Fälle von Covid-19 gibt. Obwohl allgemein behauptet wird, das Virus breite sich immer mehr in den ländlichen Gebieten aus, taucht es auch im dicht besiedelten Nordosten des Landes erneut auf. In Maine, Rhode Island und Connecticut steigen die Zahlen auf Rekordniveau. Laut Prognosen werden in den USA im Dezember durchschnittlich 1.700 Menschen pro Tag sterben.

Die Krankenhäuser setzen auf kurzfristig einsetzbare Pflegekräfte, um die fehlenden Stellen zu besetzen. Viele Klinikbeschäftigte haben angesichts der monatelangen schweren und emotional zermürbenden Arbeit bereits gekündigt. Ländliche Regionen leiden unter chronischem Mangel an medizinischem Personal und stehen vor einer Katastrophe, da Krankenhäuser Insolvenz anmelden. Viele ihrer Patienten in kritischem Zustand werden in große Intensivpflegezentren verlegt, was zu einer verlangsamten Reaktion in der Gesundheitsinfrastruktur führt und das landesweite Chaos noch weiter vergrößert.

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