Edelstahlkonzern Outokumpu kündigt Abbau von 1000 Arbeitsplätzen an

Der finnische Edelstahlkonzern Outokumpu will bis Ende des kommenden Jahres weltweit jede zehnte Stelle abbauen, insgesamt 1000 Arbeitsplätze. Die IG Metall und ihre Betriebsräte haben bereits signalisiert, dass sie dem Abbau in Deutschland zustimmen.

Die Outokumpu AG mit Sitz in Helsinki ist seit der Übernahme der Edelstahlproduktion von Thyssenkrupp im Jahr 2012 einer der international größten Hersteller von rostfreiem Stahl. Dem jetzt angekündigten Arbeitsplatzabbau sollen in Finnland 270, in Deutschland 250 und in Schweden 190 Beschäftigte zum Opfer fallen. Weiterer Personalabbau sei in anderen Werken in Europa und Amerika geplant. Anfang 2022 will der Konzern weltweit weniger als 9000 Menschen beschäftigen. Er erhofft sich allein dadurch jährliche Einsparungen von 60 Millionen Euro.

Outokumpu-Werk in Krefeld

Die erneute Vernichtung von Arbeitsplätzen folgt dem Abbau von knapp 400 Stellen in Deutschland, den IG Metall und Betriebsrat erst Ende des letzten Jahres abgesegnet hatten. Danach sollten bis Ende 2021 374 Arbeitsplätze gestrichen werden, 250 davon im größten deutschen Produktionswerk in Krefeld. Dort sollen 220 Arbeitsplätze in der Produktion und über 30 in der Verwaltung wegfallen, die nach Litauen verlagert werden.

Der Standort im nordrhein-westfälischen Wilnsdorf wird geschlossen, ebenso das Plate Service Center im baden-württembergischen Heidenheim. Gemeinsam mit dem Arbeitsplatzabbau im hessischen Dillenburg stehen an diesen drei Standorten insgesamt etwa 120 Arbeitsplätze auf der Streichliste.

Nun geht der Angriff auf die Arbeitsplätze weiter. Der Konzern stellt dies einmal mehr als alternativlos dar. „Wir haben mehrere andere Kosteneinsparungsmaßnahmen im Unternehmen eingeleitet, aber zusätzlich zu diesen sind die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich, um unsere Kostenstruktur anzupassen“, erklärte Konzernchef Heikki Malinen.

War der Abbau des letzten Jahres mit dem erhöhten Konkurrenzdruck begründet worden, dient nun die Corona-Pandemie mit ihren Folgen als Rechtfertigung für weitere Kürzungen. Die schwächere weltweite Nachfrage habe den Gewinn auf 22 Millionen Euro halbiert, die gesamten Edelstahllieferungen seien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent niedriger gewesen, berichtete der Konzern.

Im Frühjahr und Sommer waren aufgrund der Corona-Pandemie allein in Krefeld rund 600 Beschäftigte in Kurzarbeit, mehrere Beschäftigte hatten sich mit dem Coronavirus infiziert.

Wo die jetzt angekündigten zusätzlichen 250 Stellen abgebaut werden, will der Konzern in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat aushandeln. Der Abbau folgt dabei demselben Muster wie in den gesamten letzten Jahren: Der Konzern kündigt den Abbau an und droht mit betriebsbedingten Kündigungen. Die IG Metall protestiert, stimmt dem Abbau zu und bezeichnet es hinterher als Erfolg, dass sie betriebsbedingte Kündigungen verhindert habe.

Nun droht der Konzern nicht nur mit dem Abbau weiterer Arbeitsplätze, sondern auch mit Lohnkürzungen und dem Wegfall der Übernahmegarantie für Auszubildende. Falls in der Stahlindustrie 2021 eine Tariferhöhung ausgehandelt wird, soll sie für Outokumpu nicht gelten, das tarifliche Weihnachtsgeld soll im kommenden Jahr gestrichen werden.

Die IG Metall bereitet sich darauf vor, die von der Konzernführung verlangten Angriffe durchzusetzen. „Wie viele von den aktuell rund 1200 Beschäftigten im Krefelder Werk ihren Arbeitsplatz verlieren sollen, ist noch nicht bekannt“, beruhigte Gewerkschaftssekretärin Zanda Martens. Die IG Metall Krefeld werde in den nächsten Tagen mit dem Betriebsrat und den Vertrauensleuten über die aktuelle Lage diskutieren und gewerkschaftliche Aktionen planen.

Solche „Aktionen“ dienen dazu, „Dampf abzulassen“, während IGM und Betriebsrat hinter verschlossenen Türen den Abbau mit dem Management vereinbaren.

Die Gewerkschaft fordert einen neuen, sogenannten „Zukunfts-Tarifvertrag“, der durch eine Vereinbarung zwischen Outokumpu und dem Konzernbetriebsrat ergänzt wird. Wichtigste Forderung sei es, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Ein Verzicht auf das Weihnachtsgeld und auf die Tariferhöhung 2021 werde nicht akzeptiert.

Mit anderen Worten: Der Stellenabbau wird hingenommen. Dabei ist die Produktion in Krefeld wegen des seit Jahren laufenden Stellenabbaus nur noch durch Überstunden aufrechtzuerhalten, die der dortige Betriebsrat unter Hasim Cantürk stets genehmigt.

Welchen perfiden Druck der Konzern und der Betriebsrat auf die Belegschaft ausüben, zeigt der Umgang mit schwerbehinderten Beschäftigten und Auszubildenden.

Auszubildenden, die kurz vor der Abschlussprüfung im Winter 2020/21 stehen, teilte das Unternehmen schriftlich mit, dass man ihnen keine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung anbieten könne. Als Begründung werden auch hier notwendige „Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen“ bemüht.

Die Auszubildenden hatten sich auf den vom IGM-Betriebsrat im letzten Jahr vereinbarten Sozialplan verlassen, der ihre tarifliche Übernahme vorsieht. Die IGM-Betriebsräte hatten jedoch wie üblich eine Öffnungsklausel eingebaut, die es dem Unternehmen ermöglicht, sich im Falle „akuter Beschäftigungsprobleme“ von der Verpflichtung zur Übernahme zu befreien.

Die Auszubildenden blicken jetzt inmitten der Prüfungszeit einer ungewissen Zukunft entgegen. Selbst wenn der Betriebsrat schließlich eine Einigung zu ihren Gunsten abschließen würde, dürften sich viele bereits woanders beworben und für andere berufliche Wege entschieden haben.

So ähnlich verlief auch der Druck, den das Unternehmen auf schwerbehinderte Beschäftigte ausübte. Anfang September hatte die Geschäftsführung in Krefeld mitgeteilt, den Betrieb der Technischen Service- und Dienstleistungsagentur (Outokumpu TSD) zum Jahresende aufzugeben. Zwanzig von 29 Beschäftigten sollten ihren Arbeitsplatz ersatzlos verlieren, die restlichen neun sollten im regulären Schichtbetrieb der Adjustage eingesetzt werden, was aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Betroffenen unmöglich war. Nun hat der Konzern mitgeteilt, dass davon abgesehen werde.

Doch viele Betroffene haben sich aufgrund ihrer Verunsicherung entschlossen, über verschiedene Altersregelungen aus dem Betrieb auszuscheiden. Zuvor hatten sie sich in einem Offenen Brief verbittert an die IG Metall, namentlich an deren nordrhein-westfälischen Bezirksleiter Knut Giesler gewandt, „um euch unseren Unmut über die Untätigkeit der Industriegewerkschaft Metall kundzutun“.

Sie berichteten von ihren „großen Zukunftsängsten“, nachdem Outokumpu angekündigt hatte, ihre Arbeitsplätze wegzurationalisieren. „Uns alle eint, dass wir die Anforderungen des Regelbetriebs in der Produktion kaum mehr erfüllen können“, betonten sie. Die Gewerkschaft habe sie enttäuscht: „Bisher gab es keinerlei Stellungnahme seitens der IG Metall zu diesem Stellenabbau, nicht ein kritisches Wort der Industriegewerkschaft Metall an das Unternehmen Outokumpu.“

Das hätten sie, die „teilweise seit Jahrzehnten Mitglieder der Gewerkschaft“ seien, nicht erwartet. „Wir hätten nicht zu träumen gewagt, so von unserer IG Metall hängengelassen zu werden, wir sind sehr enttäuscht. Daher werden einige von uns ihre Mitgliedschaft in der IG Metall in den kommenden Tagen kündigen“, erklärten sie in ihrem Offenen Brief.

Protest von Outokumpu-Arbeitern

Um dieser schleichenden Vernichtung von Arbeitsplätzen Einhalt zu gebieten, muss die Verteidigung der Arbeitsplätze unabhängig von der IG Metall und ihren Betriebsräten angegangen werden. Dazu müssen die Arbeiter unabhängige Aktionskomitees gründen, in denen diese Bürokraten, die alle finanziell abgesichert sind, keinen Platz haben.

In den acht Jahren seit 2012, als Outokumpu die Edelstahlsparte von ThyssenKrupp übernahm, sind in Deutschland mit dem Segen von IG Metall und Betriebsräten mehr als zwei Drittel der einst 6000-köpfigen Belegschaft abgebaut worden – ohne eine einzige „betriebsbedingte Kündigung“. Die Betroffenen wurden unter Druck gesetzt und auf andere Weise aus dem Betrieb getrieben.

Die Werke in Bochum und Düsseldorf sind geschlossen worden, nun trifft es Wilnsdorf, Heidenheim und weitere Standorte. Gehen die Kürzungen so weiter, ist auch das größte Werk in Krefeld dem Untergang geweiht.

Der Unmut über die IG Metall und ihre Betriebsräte in den Werken ist groß. Doch der Bruch von der Gewerkschaft darf nicht bei der organisatorischen Konsequenz, dem Austritt aus der Gewerkschaft, stehen bleiben. Der politische Bruch mit den gewerkschaftlichen Konzepten der Klassenzusammenarbeit, der Mitbestimmung und der Hinnahme „marktwirtschaftlicher Sachzwänge“ muss folgen.

Die Corona-Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist und seine Profiteure nicht gewillt sind, die elementaren Interessen der Arbeiter zu gewährleisten. Das ist nur in einer sozialistischen Gesellschaft möglich, in der nicht der Profit der Kapitalbesitzer die Grundlage des Wirtschaftens ist, sondern die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung.

Es ist an der Zeit, diese Perspektive zu diskutieren und umzusetzen. Nehmt dazu Kontakt mit der Sozialistischen Gleichheitspartei auf.

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