Trump noch sechs Wochen im Amt:

USA drohen dem Iran und Venezuela mit Krieg

Keine zwei Wochen nach dem Mord an dem iranischen Physiker Mohsen Fachrisadeh (eine kriminelle Tat des israelischen Geheimdiensts Mossad in Kooperation mit Washington) drohen die USA in den letzten sechs Wochen von Donald Trumps Amtszeit erneut mit massiver militärischen Aggression.

Fachrisadeh galt als renommiertester iranischer Wissenschaftler. Er hatte eine führende Stellung im iranischen Atomprogramm inne. Seine Ermordung war eine gezielte Provokation, die den Iran zu Vergeltungsmaßnahmen verleiten sollte, die dann als Vorwand für einen Krieg hätten dienen sollen.

Tarnkappenbomber vom Typ B-2 Spirit (Quelle: Wikimedia Commons)

Die bürgerlich-klerikale Führung des Iran hat jedoch von einer derartigen Reaktion abgesehen. Sie wird einerseits durch den „maximalen Druck“ der Sanktionen und andererseits durch die wachsende Unruhe der Arbeiterklasse bedrängt. Die herrschende Fraktion unter Führung von Präsident Hassan Ruhani scheint darauf zu bauen, dass die kommende Biden-Regierung die Sanktionen lockern und dem Atomabkommen wieder beitreten wird. Trump hatte das Abkommen vor zwei Jahren einseitig aufgekündigt. Andere Fraktionen des iranischen Staatsapparats fordern jedoch Vergeltungsmaßnamen, etwa die Ausweisung der IAEA-Atominspektoren oder sogar Militärschläge gegen Israel.

Die Gefahr einer erneuten Provokation ist weiterhin groß. Die Trump-Regierung verfolgt eine aggressive Außenpolitik und hat nicht nur eine ganze Reihe von neuen Sanktionen gegen den Iran, China und Venezuela verhängt, sondern sie inszeniert im Persischen Golf, dem Südchinesischen Meer und der Karibik gefährliche Militäroperationen.

Die USA haben es vor allem auf die Beziehungen zwischen dem Iran und Venezuela abgesehen. Gegen beide Länder hat die noch amtierende Trump-Regierung Sanktionen verhängt, um „maximalen Druck“ auszuüben, was einem Kriegszustand schon sehr nahe kommt.

Der US-„Sonderbeauftragte für den Iran und Venezuela“, Elliott Abrams, ein berüchtigter und gewiefter US-Kriegsverbrecher, machte dies erst letzte Woche deutlich. Abrams' Karriere begann unter der Reagan-Regierung als Kontaktmann zu den Militärdiktaturen in Mittelamerika, die in den 1980ern mit US-amerikanischer Unterstützung mehrere nahezu völkermörderische Kriege führten. Später kam Abrams vor Gericht und wurde im Zusammenhang mit der Iran-Contra-Affäre in mehreren Punkten schuldig gesprochen. Die Iran-Contra-Affäre war eine geheime und illegale Operation zur Finanzierung einer rechten Guerilla-Armee, die in Verbindung mit der CIA einen terroristischen Krieg gegen Nicaragua führte.

Im September wurde Abrams gleichzeitig zum Sonderbeauftragten für den Iran und für Venezuela ernannt. Das muss als eine deutliche Warnung vor den Absichten der Trump-Regierung verstanden werden.

Am 3. Dezember hat Abrams offen mit einem Militäreinsatz gedroht, falls der Iran Raketen an Venezuela liefern werde. Er sprach in einem Onlineseminar am National Security Institute der George-Mason-Universität.

Abrams erklärte: „Wir werden es nicht hinnehmen oder tolerieren, dass sich in Venezuela iranische Raketen befinden, die die USA erreichen können (...) Wir werden es nicht hinnehmen, und wenn sie es versuchen, werden wir – zumindest unter dieser Regierung – versuchen es zu verbieten. Falls sie in Venezuela eintreffen, werden wir sie dort zerstören. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich in Venezuela iranische Raketen befinden, die die USA erreichen können.“

Tatsächlich gibt es keinerlei Beweise für eine solche Behauptung, der Iran würde Raketen per Schiff nach Venezuela transportieren. Das schließt jedoch nicht aus, dass Washington eine angebliche „Venezuela-Raketen-Krise“ als Vorwand für einen Krieg benutzen könnte.

Der Befehlshaber des US Southern Command (SOUTHCOM), Admiral Craig Faller, hatte sich letzte Woche ähnlich über eine angebliche iranische Bedrohung in Venezuela geäußert.

Bei einer Rede vor dem Pressekorps des Pentagon erklärte Admiral Faller: „Wir erleben, dass der Einfluss des Iran in Venezuela zunimmt. Beunruhigender Weise ist auch die al-Quds-Einheit daran beteiligt. Dazu kommen einige Waffengeschäfte.“

Er fügte hinzu: „Es handelt sich nicht nur um Öllieferungen, sondern auch um Waffenlieferungen. In diesem Bereich haben wir dieses Jahr einen Aufwärtstrend erlebt. Wir überwachen die Veränderungen sehr genau, um zu prüfen, ob ein Zusammenhang mit anderen iranischen Machenschaften im Rest der Welt besteht.“

Nicht allein angebliche Raketenlieferungen könnten den USA zum Anlass für eine militärische Provokation dienen. Denselben Zweck könnten die tatsächlich stattfindenden Treibstofflieferungen erfüllen. Laut Bloomberg befindet sich eine Flotte von etwa zehn iranischen Tankern mit Benzin und anderen Treibstoffprodukten, die Caracas zur Raffinierung seines Rohöls braucht, auf dem Weg nach Venezuela. Als Gegenleistung sollen die Tanker venezolanisches Erdöl aufnehmen, das auf dem Weltmarkt verkauft werden soll, vermutlich an China.

Diese Flotte ist wohl doppelt so groß wie die fünf Tanker, die im Mai Treibstoff aus dem Iran nach Venezuela gebracht hatten. Als Reaktion darauf verhängte die US-Regierung damals Sanktionen gegen die Kapitäne der Schiffe.

Washington hat vier weitere Tanker abgefangen, die angeblich auf dem Weg nach Venezuela waren. Ihre Treibstoffladungen wurden auf dem Meer abgezapft und später für 40 Millionen Dollar verkauft. Der Iran dementierte, dass ihm die Tanker oder das Öl gehörten. Schiffsreeder in Oman, Großbritannien und den VAE haben Klage gegen diese Piraterie eingereicht.

Unter dem Deckmantel des Kampfs gegen Drogenschmuggel hat das US-Militär die größte Marinestreitmacht seit dem Überfall auf Panama 1989 in die Region entsandt. Eine ähnliche Operation gegen die aktuelle iranische Flotte wie damals könnte eine eskalierende Spirale militärischer Vergeltungsschläge in Gang setzen.

Die Trump-Regierung hat wiederholt erklärt, die Option eines Militärschlags gegen Venezuela liege „weiterhin auf dem Tisch“.

US-Außenminister Mike Pompeo, der im September eine provokante dreitägige Reise durch alle Länder unternommen hat, die an Venezuela grenzen, verschärfte im Vorfeld der venezolanischen Parlamentswahlen am letzten Sonntag seine Angriffe auf die Regierung von Präsident Nicolas Maduro. Das Wahlbündnis hinter Maduros Vereinigter Sozialistischer Partei Venezuelas (PSUV) gewann die Wahl mit 67 Prozent, allerdings lag die Wahlbeteiligung nur bei 32 Prozent.

Die US-Marionette Juan Guaidó, ehemaliger Vorsitzende der Nationalversammlung, der sich im Januar 2019 zum „Interimspräsidenten“ ausgerufen hatte, war von den USA und Europa sofort als die „legitime“ Regierung Venezuelas anerkannt worden. Die jetzige Wahl hat Guaidó boykottiert und behauptet, die Regierung habe betrogen. Ein weiterer Flügel der rechten Opposition, zu dem die traditionellen venezolanischen Regierungsparteien COPEI und Accíon Democrática gehören, trat mit eigenen Kandidaten an und gewann etwa 18 Prozent der Stimmen.

Das Zerwürfnis der rechten Opposition verdeutlicht das Scheitern von Guaidós Versuch, mit Unterstützung der USA einen Regimewechsel zu erzwingen. Im April 2019 hatte er ohne Erfolg versucht, einen Militärputsch zu lancieren, und im Mai dieses Jahres scheiterte ein versuchter Söldner-Überfall auf das Land ebenfalls.

Die massive Wahlenthaltung am Sonntag war ein Ausdruck der wachsenden Wut der Arbeiterklasse über den Umgang der Maduro-Regierung mit der tiefen Wirtschaftskrise. Maduros Reaktion besteht darin, dass er die Interessen der Kapitalisten schützt und gleichzeitig den Widerstand der Bevölkerung unterdrückt. Die Zerstörung der venezolanischen Wirtschaft, noch gesteigert durch die Sanktionen der USA, hat Massenarbeitslosigkeit und Hyperinflation hervorgerufen. Gleichzeitig eskaliert auch die Corona-Pandemie weiterhin.

Guaidós Boykott kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in der venezolanischen Bevölkerung kaum Unterstützung genießt. Vielmehr stoßen seine Forderungen nach verschärften Sanktionen und einer Intervention des Auslands, um einen Regimewechsel herbeizuführen, auf beinahe einhellige Ablehnung.

Statt zur Wahl anzutreten, inszeniert Guaidó mit Unterstützung der USA seine eigene Pseudowahl. Die Bevölkerung soll im Rahmen einer „Volksbefragung“ (vor allem online) darüber abstimmen, ob Maduro abgesetzt und „internationale Unterstützung“ bei der „Rettung unserer Demokratie“ angefordert werden soll. Die USA könnten die Ergebnisse einer solchen Umfrage als Rechtfertigung für eine Intervention benutzen.

Pompeo erklärte am Montag auf Twitter, die Parlamentswahl in Venezuela sei „keine Wahl, sondern ein Betrug und eine Farce“ und „nichts anderes als ein Versuch, Venezuela seine demokratische Zukunft zu stehlen“.

Da Pompeo eine Regierung repräsentiert, die offen versucht, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl für nichtig zu erklären und eine Präsidialdiktatur zu errichten, wurde diese Äußerung sofort kritisiert und ins Lächerliche gezogen. Pompeo selbst hat vor Kurzem auf die Frage eines Reporters nach einer geordneten Machtübergabe im Außenministerium erklärt, es werde einen „geordneten Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung“ geben.

Die Mainstreammedien interpretieren die Drohungen, Provokationen und Sanktionen der Trump-Regierung als einen Versuch, einer künftigen Biden-Regierung verbrannte Erde zu hinterlassen und eine Rückkehr zum iranischen Atomabkommen oder einen Abbau der Spannungen schwierig oder unmöglich zu machen.

Allerdings gibt es auch eine viel bedrohlichere Möglichkeit. Falls es der Trump-Regierung gelingt, einen Krieg heraufzubeschwören, hätte sie einen Vorwand, um ihre wiederholten Drohungen wahrzumachen. Sie hat bereits damit gedroht, das Aufstandsgesetz (Insurrection Act) anzuwenden, das Militär im Inneren einzusetzen und die Präsidentschaftswahl auf diese Weise für null und nichtig zu erklären. Da Trump noch sechs Wochen im Amt ist, bleibt dies eine reale und allgegenwärtige Gefahr.

Unabhängig vom Ergebnis der Putschpläne Trumps und unabhängig davon, wer nach dem 20. Januar im Weißen Haus sitzt, wird sich der Kurs auf Krieg und Diktatur weiter verschärfen. Seine Ursache ist die unlösbare Krise des US- und des Weltkapitalismus.

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