Schulöffnung beruhte auf bewussten Lügen und Täuschungen

Am Donnerstag vermeldete das Robert-Koch-Institut (RKI) erneut fast eintausend Todesfälle und weit über 30.000 Neuinfektionen. Während Kühlhallen und Krematorien in mehreren Städten bereits von Leichnamen überwältigt werden, stehen Kliniken bundesweit vor Triage-Entscheidungen oder drohendem Kollaps. Unter der Gesamtbevölkerung ist die Übersterblichkeit im November kontinuierlich auf 14 Prozent angestiegen – in Sachsen liegt sie mittlerweile gar bei 55 Prozent.

Dieses Massensterben, das in der deutschen Nachkriegsgeschichte ohne Beispiel ist, wurde von den Bundes- und Landesregierungen bewusst herbeigeführt, um die Betriebe offenhalten und so die Profite der Banken und Konzerne auf Kosten der Gesundheit der Arbeiter sichern zu können.

Schulen und Kitas spielten weltweit seit Beginn der Pandemie eine Schlüsselrolle im Ausbruchsgeschehen – doch die Regierung griff immer wieder auf pseudowissenschaftliche Daten und offene Lügen zurück, um ihre Politik der offenen Schulen, Betriebe und Kitas inmitten der Pandemie zu rechtfertigen: Angefangen bei „Studien“ über ausbleibende Ausbrüche in menschenleeren Einrichtungen – wie in Sachsen – über die Berechnung der „Humankapitalkosten“ der „entgangenen Bildung“ bis hin zur Förderung rechter Propagandisten der „Herdenimmunität“.

Gleichzeitig weigerten sich Schul- und Gesundheitsbehörden, die Maßgaben des RKI an den Schulen umzusetzen und Mitschüler von infizierten Kindern zu testen. Das „diffuse Ausbruchsgeschehen“, das ein Ergebnis dieser Politik war, diente wiederum als Vorwand, um die Betriebe, Schulen und Kitas als zentrale Treiber der Pandemie zu verschleiern. Ohne die bewusste Vertuschungspolitik der Regierungen und ihrer Kultusminister wäre die massenhafte Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung nicht möglich gewesen.

Mit welch krimineller Energie diese Kampagne geführt wurde, zeigte zuletzt die bewusste Unterdrückung einer seit Monaten existierenden Studie aus Hamburg, derzufolge auch in Deutschland innerhalb von Schulen massive Ausbrüche stattfinden. Die Studie wurde weder vom Hamburger Kultusminister noch von einem seiner Kollegen erwähnt. Stattdessen logen die Minister unisono, dass die Schulen sicher seien.

Dabei sind die Ergebnisse der Studie eindeutig. Das Heinrich-Pette-Institut und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), die den Fall eines Massenausbruchs an der Heinrich-Hertz-Schule untersuchten, waren zu dem Ergebnis gekommen: „Infektionen/Übertragungen haben an der Schule stattgefunden.“ Aus den fast durchwegs „identischen Genomsequenzen“ sei zu schließen, dass „die überwiegende Mehrzahl der Übertragungen höchstwahrscheinlich auf eine einzige Infektionsquelle zurückzuführen“ sei. „Die Möglichkeit, dass der Ausbruch aus unabhängigen Einträgen resultiert kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.“

Die Studie der Forscher wurde offenbar bereits im September erstellt, doch ihre Existenz wurde erst kurz vor den Weihnachtsfeiertagen bekannt, als sich die Hamburger Sozialbehörde gezwungen sah, auf eine gezielte und juristisch begründete Auskunftsanfrage einer Privatperson zu antworten.

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD), der seit Beginn der Pandemie ohne jede Faktengrundlage behauptet hatte, die Schulen seien „infektionssicher“, hat diese Studie offenbar seit Monaten zurückgehalten.

Noch im November hatte Rabe auf der Grundlage einer behördenintern vorgenommenen „Zahlenauswertung“ behauptet, dass sich 85 bis 90 Prozent der Schüler außerhalb der Schule, im Elternhaus oder in der Freizeit infiziert hätten.

Rabe, der als Sprecher alle SPD-geführten Kultusministerien vertritt, kannte diese Studie längst, als er kurz vor der Bund-Länder-Konferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Ende November immer noch vehement für die Offenhaltung der Schulen im Präsenzunterricht eintrat: „Schule und Unterricht sind wesentlich sicherer als die Freizeit und das Zuhause“, schrieb Rabe, „das gilt für Schülerinnen und Schüler genauso wie für die Schulbeschäftigten.“

In Wirklichkeit zeigen sogar die offiziellen Daten der Regierung, dass Lehrer und Erzieher Tag für Tag einem großen Risiko ausgesetzt sind. So ist etwa den Zahlen der Landesschulbehörden in Nordrhein-Westfalen zu entnehmen, dass sich die Coronavirus-Inzidenz unter Lehrern im Oktober und November mehr als verdoppelt hat – sowohl in absoluten Zahlen, als auch im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Zugleich zeigen Arbeitsunfähigkeitsdaten der Versicherungen Barmer und AOK, dass Erzieher, medizinische Fachangestellte und Pflegekräfte besonders häufig an Covid-19 erkranken. Unter Erziehern liegt die Betroffenheit sogar um mehr als das 2,2-fache über dem Durchschnittswert der Versicherten.

Doch obwohl ihnen diese Zahlen ebenso bekannt sein mussten, wie die Hamburger Studie und viele weitere wissenschaftliche Untersuchungen, die das Infektionsgeschehen an Schulen belegen, behaupteten die Kultusminister immer wieder, dass die Schulen sicher seien.

Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres hatte noch Mitte November schamlos die Lüge verbreitet, dass „Schulen und Kitas die sichersten Orte sind, um Infektionsketten zu durchbrechen“. Am 30. November bekräftigte sie, die unter anderem vom RKI registrierten, massenhaften Ansteckungen von Schülern und Lehrern „finden außerhalb der Schule statt“. Zu diesem Zeitpunkt lag der junge Lehrer Soydan A. aus Kreuzberg bereits mit tödlichem Covid-19-Verlauf im Krankenhaus, nachdem er sich höchstwahrscheinlich an der Schule infiziert hatte.

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte Mitte November wahrheitswidrig, es gebe „keinerlei Anzeichen dafür, dass Schulen in dieser Situation Infektionstreiber sind“. Zuletzt hatte sie die Forderung nach vorgezogenen Beratungen über eine Verlängerung des Distanzunterrichts zurückgewiesen und erneut betont, es sei das „Ziel“ ihrer Regierung, „die Schulen als ersten gesellschaftlichen Bereich wieder zu öffnen“.

Die Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz, Stefanie Hubig (SPD) ging soweit, Wissenschaftlern falsche Zitate unterzuschieben, um die Offenhaltung der Schulen zu rechtfertigen. Nach einer Anhörung verschiedener epidemiologischer und medizinischer Experten vom 7. Dezember veröffentlichte sie eine Pressemitteilung, in der sich eine ganze Reihe Anwesender unredlich und falsch zitiert fanden.

Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum Halle, der in den Wochen zuvor „schwerste Ausbrüchen an weiterführenden Schulen“ konstatiert hatte und in der Mitteilung sinnentstellend zitiert wurde, schrieb an das Bildungsministerium: „Die beiden Sätze sind nicht von mir. Bitte nur zitieren, was ich tatsächlich gesagt habe.“ Der Epidemiologe Professor Markus Scholz aus Leipzig protestierte gegen „diese Art der Vereinnahmung und Verfälschung“ und sprach von „reiner Propaganda“ – ein Begriff, den auch der Philologenverband Rheinland-Pfalz in einer gemeinsamen öffentlichen Protesterklärung der Beteiligten verwendete.

Das Statement des Verbands zitiert neben Kékulé und Scholz die Fachärztin Dr. Jana Schroeder: „Ihre Presseerklärung suggeriert, ich hätte dieser als Expertin inhaltlich zugestimmt, was nicht der Fall war und ist, [daher] erwarte ich, dass Sie dies entweder richtigstellen oder meinen Namen unter Ihrem Statement entfernen.“ Sie frage sich, „ob Sie in einer anderen Konferenz waren als ich?“ Im Namen der beteiligten Wissenschaftler und Mediziner folgert der Verband: „Da der Widerstand gegen unliebsame Expertenmeinungen im Bildungsministerium sehr stark zu sein scheint, ruft der Philologenverband zur Weitergabe des ungekürzten (!) Mitschnitts an die Presse auf“.

Scheeres, Prien und Hubig sind die neuen Vizepräsidentinnen der Kultusministerkonferenz (KMK). Auch die neue Präsidentin aus Brandenburg, Britta Ernst (SPD), hat in der Vergangenheit über sichere Schulen gelogen und kündigte bereits an, die Schulen rasch wieder öffnen zu wollen.

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte bereits an, ab dem 11. Januar „Kitas und Grundschulen in jedem Fall wieder in Präsenz öffnen“ zu wollen und zwar „unabhängig von den Inzidenzzahlen“. Dasselbe solle auch für „Klasse 5, 6 und 7 sowie die Abschlussklassen“ angestrebt werden. Der lebensgefährliche Präsenzunterricht sei inmitten der Pandemie „durch nichts zu ersetzen“, erklärte die Ministerin im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur.

Mit ihren dreisten Lügen und gefälschten Daten wollen Bund und Länder ihre Politik der offenen Schulen und Betriebe gegen den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung durchsetzen. Längst organisieren sich Schüler in unabhängigen Aktionskomitees, um ihre Schulen bei Wiederöffnung zu bestreiken. Unter Eltern und Lehrern wächst angesichts zehntausender Toter und hunderttausender Neuinfektionen die Wut und Empörung. Diese wird mit der Aufdeckung des kriminellen Betrugs durch die Kultusminister umso schärfere Formen annehmen.

Loading