Demokraten verstärken Aufruf zur „Einigkeit“ nach faschistischem Aufstand in Washington

Zwei Tage vor Bidens Amtseinführung und weniger als zwei Wochen nachdem Präsident Donald Trump in Washington einen faschistischen Aufstand angezettelt hat, forcieren die Demokraten ihre Forderungen nach „Einigkeit“ und „parteiübergreifender Zusammenarbeit“ mit der Republikanischen Partei.

Am Sonntag betonten führende Vertreter des künftigen Präsidenten Joe Biden in Interviews, ihre oberste Priorität sei es, gemeinsam mit Trumps Mitverschwörern aus der Republikanischen Partei „voranzukommen“.

Vor allem will die designierte Biden-Regierung schnell handeln, um diejenigen Kabinettsposten zu besetzen, die für die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse am wichtigsten sind. Nominiert sind u.a. der ehemalige General und Befehlshaber im Irak, Lloyd Austin, der auch im Vorstand von Raytheon sitzt, als Verteidigungsminister und die ehemalige Vorsitzende der Federal Reserve, Janet Yellen, als Finanzministerin.

Trump-Anhänger vor dem Kapitol (Quelle: Flickr.com/Tyler Merbler)

Bidens künftiger Stabschef, Ron Klain, machte am Sonntag in einem Interview in der CNN-Sendung „State of the Union“ deutlich, dass alle, die Trump bei der Verschwörung zur Annullierung der Wahl unterstützt haben, bei der Amtseinführung am 20. Januar willkommen sein werden. Dazu gehören auch die republikanischen Senatoren Josh Hawley (Missouri) und Ted Cruz (Texas).

Klain erklärte gegenüber Moderator Jake Tapper, es sei „wichtiger“, dass die Teilnehmer an der Amtseinführung „die Botschaft hören, die Joe Biden für das Land haben wird ... und diese Botschaft wird sein, das Land voranzubringen. Es ist eine Botschaft der Einigkeit, ein Aufruf, Dinge anzupacken.“

Klain fügte hinzu: „Es gibt in beiden Parteien Personen, mit denen wir daran arbeiten können, diesen Kurs zu forcieren.“ Er erklärte, die Republikaner seien „mit uns in vielen Dingen nicht einer Meinung, u.a. bei Steuerpolitik oder Gesundheit. Aber wir werden uns intensiv bemühen, mit Leuten aus beiden Parteien zusammenzuarbeiten.“

Während Klain Einigkeit fordert, bestätigen immer neue Enthüllungen, dass eine Abstimmung auf höchster Ebene zwischen der Capitol Police, des FBI und des Militärs stattgefunden hat, um den Sturm auf das Kapitol zu erleichtern. Am Wochenende berichtete die Washington Post über ein 12-seitiges Geheimdienstdokument der Capitol Police vom 3. Januar, in dem detailliert das Szenario beschrieben wurde, das drei Tage später eintrat.

In dem Bericht heißt es: „Im Gegensatz zu früheren Protesten nach Wahlen sind die Ziele der Trump-Anhänger am 6. Januar nicht notwendigerweise wie bisher die Gegendemonstranten, sondern vielmehr der Kongress selbst.“

Der Bericht weist auf die einzigartige Gefahr hin, die die Kundgebung vom 6. Januar aufgrund ihrer Größe, der massiven Präsenz von tödlichen Waffen und der beträchtlichen staatlichen Unterstützung darstellt. Dazu heißt es, Präsident Trump selbst habe Werbung für die Proteste unter dem Motto „Stop the Steal“ gemacht, zudem verfügten sie über „mehrere hochkarätige Redner, darunter Kongressabgeordnete“.

Zum Schluss des Berichts heißt es: „Stop the Steal könnte weiße Rassisten, Milizen und andere anziehen, die aktiv zur Gewalt aufrufen, und zu einer hochgefährlichen Situation für die Strafverfolgungsbehörden und die Bevölkerung führen.“

Zwei anonyme Quellen bestätigten gegenüber der Post, dass „das Dokument des Geheimdienstes von dessen Direktor Jack Donohue an alle leitenden Beamten der Capitol Police verschickt wurde“. Der Sturm von Faschisten auf das Kapitol mit dem Ziel, Geiseln zu nehmen, war nur möglich, weil sich die Polizei an diesem Tag praktisch zurückgezogen hatte.

Bis zum Montagmorgen wurden etwa 32 aktive Polizeibeamte aus 17 Bundesstaaten identifiziert, die an der Kundgebung teilgenommen haben. In Washington wurden mindestens drei Menschen wegen Waffenbesitz verhaftet, nachdem sie versucht hatten, in die militarisierte „Green Zone“ um das Kapitol einzudringen. Am Sonntag versammelten sich bewaffnete Rechte und Faschisten, darunter Angehörige der Boogaloo-Bewegung, in kleineren Zahlen in den Bundesstaatshauptstädten des mittleren Westens, u.a. in Lansing (Michigan) und in Columbus (Ohio).

Um seine Aufforderung zu „parteiübergreifender Zusammenarbeit“ und „Einigkeit“ zu rechtfertigen, wies Klain auf die Ergebnisse der Wahl im November hin. Obwohl Biden mehr Stimmen geholt hatte als irgendein anderer Präsidentschaftskandidat in der Geschichte des Landes und obwohl die Demokraten die Kontrolle über das Repräsentantenhaus behalten haben und jetzt auch den Senat kontrollieren, betonte er, die Wahlergebnisse hätten die Notwendigkeit gezeigt, „einen Weg zu finden, wie Demokraten und Republikaner die Dinge anpacken können“.

Der künftige Senatsfraktionsführer Dick Durbin (Illinois) erklärte in der gleichen Sendung, er werde keinen Druck auf Demokraten ausüben, Trump in dem im Repräsentantenhaus beschlossenen Amtsenthebungsverfahren schuldig zu sprechen. Es bleibe „den Mitgliedern überlassen ... ihrem Gewissen zu folgen“. Durbin nannte Präzedenzfälle und erklärte, dass er auch in früheren Amtsenthebungsverfahren, an denen er teilgenommen hat, keinen Druck ausgeübt habe. In diesen früheren Amtsenthebungsverfahren ging es allerdings nicht um den Versuch, eine Präsidentschaftswahl – und damit demokratische Herrschaftsformen – zu kippen.

Tapper fragte, ob Durbin und die Demokraten irgendwelche Pläne hätten, Trumps Mitverschwörer im Repräsentantenhaus und im Senat zu rügen oder auszuschließen. Durbin antwortete darauf, er habe keinen derartigen Vorschlag gehört, und erklärte, die Angelegenheit solle an den Ethikausschuss des Senats übergeben werden. Dieser solle „unter Berücksichtigung der Tatbeteiligung der einzelnen Personen die notwendigen Maßnahmen treffen“.

Der ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidat Cory Booker nutzte ein anderes Interview in der NBC-Sendung Meet the Press ebenfalls dazu, seine „republikanischen Kollegen“ zu unterstützen. Er erklärte dem Interviewer, es gäbe „hier im US-Senat gute Leute, mit denen ich zusammenarbeite ... Wir neigen in diesem Land dazu, Leute, die nicht unserer Partei angehören, zu sehr zu verunglimpfen.“

Da die Demokraten eine Partei der Wall Street und des Militärs sind, versuchen sie, die Komplizenschaft der Republikaner beim Putschversuch zu vertuschen. Auf diese Weise wollen sie ein Übereinkommen mit Trumps Mitverschwörern erzielen, um ihre gemeinsamen Klassenziele durchzusetzen und eine massive soziale Explosion von unten zu verhindern.

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