Trotz Bidens Betteln um Einigkeit: Mehrheit der Republikaner im Senat lehnt Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ab

Am Montagabend legten führende Demokraten aus dem Repräsentantenhaus dem Senat einen Antrag auf Amtsenthebung gegen Donald Trump vor, mit dem formell das Verfahren gegen ihn beginnt. Darin wird ihm vorgeworfen, den faschistischen Mob aufgestachelt zu haben, der am 6. Januar das Kapitol gestürmt hat.

Einen Tag später machten die Republikaner im Senat ihre Verachtung für konstitutionelle Normen und demokratische Rechte deutlich, indem sie sich mit überwältigender Mehrheit hinter Trump stellten und einen Verfahrensantrag des rechtsextremen Republikaners Rand Paul aus Kentucky unterstützten.

Trump spricht vor der Presse (Offizielles Foto des Weißen Hauses von Joyce N. Boghosian)

Für Pauls Antrag, in dem die Einstellung des Amtsenthebungsverfahrens wegen Verfassungswidrigkeit gefordert wird, stimmten u.a. der republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell, der von Präsident Joe Biden zuletzt wegen seiner angeblichen Treue zu den Prinzipien der Verfassung mit Lob überschüttet wurde. In Wirklichkeit hat McConnell als ehemaliger Mehrheitsführer im Senat eine zentrale Rolle bei Trumps Versuchen gespielt, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl für nichtig zu erklären. Obwohl sich Biden sowohl bei den Wählerstimmen als auch im Wahlmännerkollegium deutlich gegen Trump durchgesetzt hatte, weigerte sich McConnell wochenlang, Trumps Lügen über Wahlbetrug zurückzuweisen.

Außer McConnell stimmten weitere 44 republikanische Senatoren gegen das Amtsenthebungsverfahren, nur fünf Republikaner sowie alle 50 Demokraten stimmten dafür.

Paul, ein rechter Libertärer, bezeichnete das Amtsenthebungsverfahren als verfassungswidrig, weil Trump nicht mehr Präsident ist. Die Abstimmung machte deutlich, dass die Demokraten weniger als die notwendigen 17 Stimmen der Republikaner bekommen werden, die sie brauchen, um Trump schuldig zu sprechen und dafür zu sorgen, dass er in Zukunft kein öffentliches Amt mehr bekleiden kann. Paul bezeichnete das Amtsenthebungsverfahren daraufhin als „Totgeburt“.

Das Hauptsacheverfahren in diesem Prozess soll am 9. Februar beginnen, doch die Abstimmung über das Verfahren zeigt bereits jetzt, dass die Demokraten dabei auf ein zweites Fiasko zusteuern.

Bidens endlose Appelle an „Einigkeit“ und „Heilung“, die zwei Tage nach dem Putschversuch am 6. Januar mit der Forderung nach einer „starken Republikanischen Partei“ begannen, haben die faschistischen Kräfte ermutigt, die von den Republikanern und Trump gefördert werden. Trump ist zwar nicht mehr im Amt, bleibt aber weiterhin die dominierende Figur der Republikaner.

Führende Republikaner und Beamte auf Bundes- und Bundesstaatsebene wissen, dass sie von der neuen Regierung nichts zu befürchten haben. Sie und ihre Mitverschwörer in Militär, Polizei, Geheimdiensten und der Wirtschafts- und Finanzoligarchie, die an dem vom Weißen Haus organisierten Komplott beteiligt waren, wissen, dass sie nicht zur Verantwortung gezogen werden und ihre Bestrebungen zum Aufbau einer faschistischen Bewegung gegen die Arbeiterklasse fortsetzen können.

Im Vorfeld des Angriffs auf den Kongress am 6. Januar stimmten insgesamt 147 republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses und Senatoren dafür, das Wahlergebnis zu kippen. Die faschistischen Aufständischen, die Trump mobilisierte, waren kurz davor, Geiseln zu nehmen und vermutlich auch Abgeordnete und Senatoren zu töten, darunter sogar Trumps ehemaligen Verbündeten Mike Pence. Ihr Ziel war es, die Bestätigung des Wahlergebnisses vom 3. November zu verhindern und auf die eine oder andere Weise die Wahl zu kippen.

Die gleichen Republikaner, die den faschistischen Mob politisch gedeckt haben, hätten zweifellos auch dessen Forderungen an die Demokraten unterstützt – unter dem Vorwand, „Menschenleben zu retten“. Und die Demokraten hätten zweifellos enorme Zugeständnisse gemacht.

Nur zehn der 211 republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus stimmten für den Antrag auf Amtsenthebung, der vom Repräsentantenhaus am 13. Januar gestellt worden war. Dieser Antrag, über den jetzt der Senat abstimmen soll, wirft Trump vor, er habe während seiner Rede am Ellipse-Park den Mob bewusst dazu aufgehetzt, den Kongress anzugreifen, und zu Aufruhr angestiftet.

Für Pauls Resolution stimmten auch jene Republikaner, die eine führende Rolle dabei gespielt hatten, Bidens Sieg zu unterminieren, darunter die Senatoren Josh Hawley (Missouri), Ted Cruz (Texas) und Tommy Tubberville (Alabama).

Zu den Republikanern im Repräsentantenhaus, die das Komplott des Weißen Hauses unterstützt haben, gehören Jim Jordan aus Ohio, die bekannten Organisatoren der Kampagne „#StopTheSteal“, Andy Biggs und Paul Gosar aus Arizona und Mo Brooks aus Alabama. Weitere Unterstützer sind Lauren Boebert (Colorado) und Marjorie Taylor Greene (Georgia), die offen die faschistische Verschwörungstheorie QAnon befürworten.

CNN meldete am Dienstag, Greene habe sich auf ihrer persönlichen Facebook-Seite in den Jahren 2018 und 2019 in mehreren Kommentaren für die Hinrichtung demokratischer Politiker ausgesprochen. In einem Post vom Januar 2019 hatte sie einen Kommentar geliked, in dem gefordert wurde, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, „eine Kugel in den Kopf zu jagen“.

Biden und die Demokraten haben bereits deutlich gemacht, dass der Prozess im Senat eine bedeutungslose Alibiaktion sein wird. Biden hat sich selbst auf Nachfrage von Reportern mehrfach geweigert, seine Meinung dazu zu äußern, ob Trump schuldig gesprochen werden sollte, und erklärt, das müsse der Kongress entscheiden.

Bei seiner ersten Pressekonferenz seit der Amtseinführung am Montag erwähnte er das Amtsenthebungsverfahren nicht. Nachdem die führenden Politiker des Repräsentantenhauses dem Senat den Antrag auf Amtsenthebung vorgelegt hatten, erklärte er am Montagabend auf CNN, der Prozess „muss stattfinden“, es sei jedoch unwahrscheinlich, dass die Demokraten die notwendigen Stimmen von 17 Republikanern bekommen, um ihn schuldig zu sprechen.

Senatsmehrheitsführer Charles Schumer erklärte, der Prozess werde kurz sein. Er wollte die Frage nicht beantworten, ob sich die Demokraten auch nur bemühen werden, Zeugen aufzurufen.

Obwohl der faschistische Sturm auf das Kapitol ein in der Geschichte der USA beispielloses Ereignis war, geben sich Biden und die Demokraten größte Mühe, den Vorfall und die monatelangen Versuche, das Wahlergebnis zu kippen und eine Diktatur unter Trump zu errichten, zu vertuschen.

Die Vertuschungsversuche der Demokraten und der Widerstand der Republikaner fallen zusammen mit neuen Enthüllungen über das Ausmaß der Verschwörung und die Beteiligung von wichtigen staatlichen Behörden und hohen Regierungsvertretern. Sie machen deutlich, dass nicht nur ein rechter Mob außer Kontrolle geraten ist, sondern dass es sich um eine vom Weißen Haus geleitete koordinierte Operation handelte.

Der Putsch war finanziell gut abgesichert. Das Center for Responsive Politics schrieb, Trumps Wahlkampfteam habe mehr als 2,7 Millionen Dollar an die Gruppen gezahlt, die die Kundgebung am Ellipse-Park am 6. Januar organisiert haben, wo Trump seine Anhänger aufrief, zum Kapitol zu ziehen und zu „kämpfen wie die Hölle“.

Ein Bericht der Washington Post vom Dienstag weist darauf hin, dass sich Trump bei der Durchführung des Putschversuchs mit den höchsten Ebenen des Pentagon abgesprochen hat. Der Kommandant der Nationalgarde von Washington D.C., General William J. Walker, erklärte in einem verblüffenden Interview, das Pentagon habe ihm die Befugnis entzogen, Truppen zur Sicherung des Kapitols zu entsenden.

Er sagte gegenüber der Post: „Alle Militärkommandanten haben normalerweise die Befugnis zu einer sofortigen Reaktion, um Eigentum, Menschenleben und, in meinem Fall, Funktionen der Bundesregierung – Eigentum der Bundesregierung und Menschenleben – zu schützen. Doch in diesem Fall hatte ich diese Befugnis nicht.“ Stattdessen musste er auf die Bestätigung des Secretary of the Army, Ryan McCarthy, und des neu ernannten Verteidigungsministers Christopher Miller warten.

Miller ist ein rechtsextremer ehemaliger Kommandant der Special Forces und hat an den Überfällen auf Afghanistan (2001) und dem Irak (2003) teilgenommen. Er wurde von Trump vor Kurzem im Rahmen einer umfassenden Säuberung der zivilen Führung des Pentagon nach Trumps Niederlage am 3. November als Verteidigungsminister eingesetzt. Im Rahmen dieser Säuberung wurde auch Millers Amtsvorgänger Mark Esper abgesetzt, der im Juni Trumps Versuch abgelehnt hatte, das Militär bei Protesten gegen Polizeigewalt einzusetzen.

Walker machte in seinem Interview mit der Post deutlich, dass seine Vorgesetzten im Pentagon ihn stundenlang daran gehindert haben, Truppen zum Schutz des Kapitols zu entsenden.

Vor Kurzem hatte die New York Times bereits enthüllt, dass Trump den amtierenden Justizminister Jeffrey Rosen absetzen wollte, nachdem sich dieser geweigert hatte, das Parlament von Georgia zu zwingen, die Bestätigung des Wahlergebnisses vom 3. November zu kippen und die Wahlmännerstimmen des Bundesstaats Trump zuzuschreiben. Trump wollte Rosens Untergebenen, Jeffrey Clark, zu seinem Nachfolger ernennen. Sein Plan scheiterte, weil das Personal des Ministeriums mit Massenrücktritten gedroht hatte.

Zuvor waren weitere Berichte erschienen, laut denen Angehörige des Militärs und der Polizei an dem faschistischen Aufstand teilnahmen. The Appeal hat eine noch unvollständige Liste zusammengestellt, laut der mindestens 39 Polizeibeamte an der Kundgebung teilgenommen haben. Einer davon wurde angeklagt, weil er gedroht haben soll, die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez zu ermorden.

Warum weigern sich Biden und die Demokraten, Trump und seine Mitverschwörer zur Verantwortung zu ziehen? Tatsache ist, dass beide Parteien der gleichen Finanzoligarchie verpflichtet sind, die von einer enormen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise erschüttert wird. Die mörderische Corona-Politik der Herdenimmunität verschärft ihre Krise. Beide Parteien fürchten zu Recht ein massives Anwachsen des Widerstands der Arbeiterklasse, der sich u.a. in Streiks der Großmarktarbeiter bei Hunts Point in New York und der Lehrer in Chicago und Montgomery (Alabama) äußert.

Wenn Biden zur „Einigkeit“ aufruft, um „besser wiederaufzubauen“, fordert er in Wirklichkeit Einigkeit innerhalb der herrschenden Klasse und dem kapitalistischen Staat gegen die Arbeiterklasse.

Eine Politik der Einheit mit den Republikanern steht im diametralen Gegensatz zu einer ernsthaften Untersuchung des Putsches. Beiden Parteien ist bewusst, dass eine echte öffentliche Abrechnung und Enthüllung der Fakten – darunter Textnachrichten, E-Mails und Kommunikationen zwischen der Polizei, der Wall Street, dem Pentagon und dem Weißen Haus – die Republikaner schwächen und große Teile der Arbeiterklasse und der Jugend radikalisieren sowie sozialen und politischen Widerstand entfachen würde. Dies jedoch fürchten die Demokraten viel mehr als die Gefahr von Faschismus und Diktatur.

Man darf weder den Demokraten noch der Biden-Regierung oder irgendeiner anderen Fraktion der herrschenden Elite und ihren politischen Vertretern vertrauen, dass sie die Verbrecher zur Rechenschaft ziehen, die für die Ereignisse am 6. Januar verantwortlich waren.

Es geht nicht nur darum, dass Trump vom Senat schuldig gesprochen wird, was in der Praxis ohnehin kaum Auswirkungen hätte. Trump und seine Mitverschwörer müssen ihrer Ämter enthoben, verhaftet, vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt werden.

Dies ist jedoch nur möglich durch die massive unabhängige Intervention der Arbeiterklasse im Kampf für die Verteidigung demokratischer Rechte auf der Grundlage eines sozialistischen Programms. Dieser Kampf muss verbunden werden mit der Forderung nach einer vollständigen und öffentlichen Untersuchung von Trumps Verschwörung und des Putschversuchs vom 6. Januar, mit live im Fernsehen und Internet übertragenen Anhörungen, bei denen die Namen genannt und die politischen Motive und finanziellen Hintermänner der Verschwörer enthüllt werden.

Dies wiederum wird die Arbeiterklasse im Kampf gegen die Biden-Regierung, die faschistische Bedrohung und das kapitalistische System, der Quelle für die Gefahr einer Militär- und Polizeidiktatur, stärken.

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