Treffen des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Bildung

Schüler, Lehrer und Arbeiter diskutieren eine sozialistische Perspektive gegen Covid-19 und Kapitalismus

Vor dem Hintergrund einer bedrohlichen Öffnungskampagne in Politik und Medien und einer „dritten Welle“ der Covid-19-Pandemie fand am vergangen Montag ein Online-Treffen des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Bildung statt. Unter den Teilnehmern waren Schüler, Lehrer, Eltern und Arbeiter.

„Wir sind mit einer enorm gefährlichen Situation konfrontiert, weil Bund und Länder die Schleusen für eine erneute katastrophale Ausbreitung der Pandemie geöffnet haben“, betonte Gregor Kahl, SGP-Kandidat zu den Bundestagswahlen, in seinem einleitenden Bericht: „Wissenschaftler sprechen angesichts der ansteckenderen Virusvarianten bereits von ‚mehreren Pandemien‘, mit denen die Weltbevölkerung konfrontiert ist“.

Kahl verwies auf Tschechien, wo die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen verheerende Höchststände erreichten, und fügte hinzu: „In dieser Situation sprechen Politiker aller Parteien davon, dass wir lernen müssten, ‚mit dem Virus zu leben‘ – also an dem Virus zu sterben.“

Bereits eine Woche nach Öffnung der Grundschulen, Kitas und Oberstufen hatten sich Berichte über neue Covid-19-Ausbrüche gehäuft, die immer häufiger mit den neuen Virusstämmen in Verbindung gebracht wurden. Wie Gregor Kahl feststellte, wird diese Öffnungspolitik von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt, „deren ‚Forderungen‘ alle darauf abzielen, Präsenzunterricht inmitten der Pandemie durchzusetzen, anstatt ihn zu verhindern.“

Notwendig sei daher der Aufbau unabhängiger Aktionskomitees an Schulen und Betrieben: „Sie müssen – gestützt auf wissenschaftliche Tatsachen und auf ein genaues Verständnis der Politik der herrschenden Klasse – der Öffnungspolitik entgegentreten und Schulen und Betriebe schließen, bis die Pandemie unter Kontrolle gebracht ist.“

Als Mitglied des „Educators Rank and File Committee“ sprach Tom Pearce, ein Lehrer aus Großbritannien. Wie er berichtete, hat die Johnson-Regierung trotz anhaltend hoher Infektions- und Todesfälle ein „endgültiges“ Ende des Lockdowns verkündet: „Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese kriminelle Politik zu einer katastrophalen Zunahme der Ausbreitung von Covid-19 führen wird. Zahlreiche Studien haben detailliert aufgezeigt, welche große Rolle der Schulunterricht vor Ort bei der Übertragung spielt.“

Mit der geplanten Schulöffnung, so Pearce, sollen 10 Millionen Schüler und Lehrkräfte und mehrere Millionen weitere College-Studenten im Alter von 16 bis 18 Jahren ab dem 8. März wieder in unsichere Klassenzimmer zurückkehren: „Das gefährdet die Sicherheit und das Leben der Kinder, Lehrer und ihrer Angehörigen.“ Weniger als 1,5 Prozent der Bevölkerung habe bislang die zweite benötigte Impfdosis erhalten.

Tom Pearce betonte, dass diese Politik – ebenso wie in Deutschland – vom gesamten Parlament unterstützt wird: „Die faktische ‚Nationale Einheitsregierung‘ aus Tories und Labour tut alles dafür, dass die Eltern zur Arbeit gezwungen werden und das Großkapital weiter Gewinne einfährt. Die National Education Union (NEU) bezeichnet Johnsons ‚Big Bang‘-Schulöffnung zwar als ‚unverantwortlich‘, hat aber keinen Arbeitskampf ausgerufen, um sie zu verhindern.“ Stattdessen lobe sie die Landesregierungen von Schottland und Wales, die noch vor Johnson die Schulen wieder aufgesperrt haben.

„Diese politischen Verbrecher sind für den sozialen Mord an über 135.000 Menschen in Großbritannien verantwortlich und haben unzählige Kinder ihrer Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel beraubt“, stellte Pearce fest. Zuvor hatte auch die angesehene medizinische Fachzeitschrift BMJ (British Medical Journal) unter Bezugnahme auf Friedrich Engels die herrschende Politik Großbritanniens als „sozialen Mord“ bezeichnet.

Im Anschluss berichtete Joshua, ein Schüler aus Nürnberg, von den gefährlichen Schulöffnungen in Deutschland und dem Druck, den dies auf viele Schüler ausübt: „Schüler werden regelrecht erpresst. Man zwingt sie, entweder mit dem Präsenzunterricht ein gesundheitliches Risiko für sich und ihre Familien einzugehen, oder sich dem Präsenzzwang zu widersetzen und damit möglicherweise die Chance auf einen adäquaten Schulabschluss zu verlieren.“ Auch der Prüfungsdruck sei durch den nicht abgeänderten Lehrplan inmitten der Pandemie für die Schüler extrem hoch. Er folgerte:

„Der Widerstand muss unabhängig von den bürgerlichen Parteien und den Gewerkschaften organisiert werden. An Schulen und Betrieben müssen Aktionskomitees aufgebaut werden, die ein Programm vertreten, das sich gegen den Kapitalismus und die Pandemie-Profiteure richtet.“

Tamino, der im Herbst an einer Schule in Karlsruhe ein Aktionskomitee für sichere Bildung ins Leben gerufen hatte, ging auf den Zusammenhang zwischen den Schulöffnungen und der nahenden dritten Welle ein: „Bereits die zweite Welle hat im Sommer mit der Öffnung der Schulen begonnen – und die Infektionszahlen der ersten und zweiten Welle haben auch erst mit dem Schließen der Schulen abgenommen“, stellte er fest. „Die Schulen werden geöffnet, damit wir Schüler verwahrt sind und die Arbeitskraft unserer Eltern verfügbar ist. Um die Profite der Großkonzerne zu sichern, nehmen die Regierungen eine dritte Welle in Kauf, die aller Voraussicht nach noch tödlicher sein wird, als die beiden vorangegangenen.“

Auf besonderen Zuspruch stieß ein ausführlicher Beitrag von WSWS-Autorin Marianne Arens, die in Hessen für die SGP zu den Bundestagswahlen kandidiert. Sie berichtete von dem Hungerstreik der Arbeiter von WISAG in Frankfurt. Dort waren kurz vor Weihnachten 230 Arbeiter entlassen worden, die im Betrieb schon 20 Jahre oder länger gearbeitet hatten. „Diese Arbeiter sind nicht bereit, sich zu Sklaven machen zu lassen“, sagte sie. „Als sie am letzten Mittwoch ihren Hungerstreik begannen, sagten sie: Heute wir, morgen ihr. Trotz des Schweigens der Medien hat sich die Nachricht über den Hungerstreik rasend schnell über das Internet verbreitet und wird von anderen Flughafenarbeitern sowie Busfahrern in London und Berlin unterstützt."

Wie Marianne Arens betonte, müssen Schüler und Arbeiter gemeinsam kämpfen, um ihre Forderungen durchzusetzen: „Wendet euch an die Arbeiterklasse! Sie hat als einzige soziale Kraft das Potential, die Gesellschaft zu ändern. Sie ist wirklich ‚systemrelevant‘, sie trägt die Kosten der Pandemie und der ganzen Wirtschaft und sie ist mit Angriffen konfrontiert, auf die sie nur mit kollektivem Widerstand reagieren kann.“

IYSSE-Mitglied Clemens brachte anschließend die Kämpfe von Arbeitern und Schülern mit der enormen Verschärfung der sozialen Ungleichheit in Verbindung. „Die offizielle Zahl der Arbeitslosen beträgt 2,9 Millionen. Das ist eine Steigerung von 475.000 Menschen im Vergleich zum Januar 2020. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,3 Prozent – alleine im Januar 2021 ist sie um 0,4 Prozent gestiegen.“ Die Angriffe auf den Lebensstandard von Arbeitern, so Clemens, seien internationale Probleme: „In Detroit hat der Stellantis-Konzern mithilfe der Gewerkschaften den acht-Stunden-Tag – die historische Errungenschaft der Arbeiterklasse – in einem Werk abgeschafft und stattdessen den zwölf-Stunden-Tag bei einer sieben-Tage-Woche eingeführt.“

Florian, der in Baden-Württemberg zur Schule geht, betonte erneut die Notwendigkeit des Aufbaus von Aktionskomitees und erinnerte an die Streiks von Oberstufenschülern in Bremen, die sich erfolgreich gegen die Rückkehr in die Schulen zur Wehr gesetzt hatten: „Das verdeutlicht, über welche Macht die Schülerschaft und die Arbeiterklasse verfügen. Um diese Macht auszuüben, ist es notwendig, dass sich Schüler und Arbeiter in den Aktionskomitees gemeinsam und unabhängig organisieren.“

Gegen Ende des Meetings erläuterte Martin Mauer, Erzieher aus Sachsen und SGP-Kandidat zu den Bundestagswahlen, die Rolle der Kitas in der Öffnungspolitik. Er wies die monatelange systematische Lügenkampagne der Landesregierungen, wonach Kinder angeblich „Bremsklötze der Pandemie“ seien, minutiös zurück und richtete einen Appell an alle Erzieher: „Unsere berechtigte Wut muss einen progressiven Ausdruck finden. Erzieher, Lehrer, Eltern und Schüler müssen sich zusammentun, um dem Durchseuchungskurs entgegenzutreten, den Widerstand dagegen zu organisieren und eine dritte Welle zu verhindern.“

Das Abschlusswort hatte SGP-Spitzenkandidat Christoph Vandreier, der die Ergebnisse der Diskussion zusammenfasste: „Ein wirklicher Lockdown, der Zehntausende Menschenleben gerettet hätte, wurde nicht durchgeführt, weil dies die schnöden Profitinteressen der Unternehmer angetastet hätte. Anstatt die sozialen Folgen abzumildern, wurde die Pandemie genutzt, um immer mehr Familien abzuhängen.“ Der Klassencharakter der Politik der Bourgeoisie werde jetzt überdeutlich sichtbar: „Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, im Sinne der Bedürfnisse der Menschen mit der Pandemie umzugehen. Während bei Bildung und Gesundheit gespart wird, werden Milliarden zusätzlich ins Militär gesteckt.“

Der zunehmende Widerstand gegen diese Politik gewinne eine enorme internationale Bedeutung: „Arbeiter und Schüler müssen in allen Betrieben auf der Welt Aktionskomitees aufbauen und sich zur Wehr setzen. Die Logik dieser Kämpfe läuft notwendigerweise darauf hinaus, die Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage neu aufzubauen.“ Seinen Beitrag beendete Christoph Vandreier mit dem Aufruf, sich mit dem Programm der SGP vertraut zu machen und Unterschriften unter Freunden, Familie und Kollegen zu sammeln, damit sie zur Bundestagswahl antreten kann.

Die Onlinetreffen des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Bildung finden jeden zweiten Montag um 19:30 statt. Werdet Mitglied unserer Facebook-Gruppe und registriert euch für den Aufbau von Aktionskomitees an euren Schulen und Einrichtungen!

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