Europa verhängt gemeinsam mit den USA Strafsanktionen gegen China

Am Montag verhängte die Europäische Union (EU) gemeinsam mit den USA, Großbritannien und Kanada untereinander abgestimmte Sanktionen gegen Vertreter der chinesischen Regierung wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang. Die Entscheidung stellt eine bewusste Verschärfung der geopolitischen Spannungen dar.

Die zunehmende Verteufelung Chinas orientiert sich an dem Modus Operandi, mit dem der US-Imperialismus und seine Verbündeten in den letzten drei Jahrzehnten im Nahen Osten, dem Balkan und Zentralasien einen Krieg nach dem anderen vorbereitet haben.

US-Außenminister Antony Blinken (Creative Commons/Bureau of Educational and Cultural Affairs)

 

Im Vorfeld der Sanktionen war es am letzten Freitag in Alaska zu einem konfrontativen Treffen zwischen amerikanischen und chinesischen Regierungsvertretern gekommen. Gleich zu Beginn hatten die amerikanischen Repräsentanten China öffentlich und provokant verurteilt, u.a. wegen der Behandlung der Uiguren. China wies die Vorwürfe zurück, und die Gespräche endeten nach zwei Tagen ohne Einigung oder gemeinsame Erklärung.

Zur Vorbereitung des Showdowns in Alaska hatten die USA wegen eines neuen Gesetzes, das das Wahlsystem in Hongkong einschränkt, Sanktionen gegen chinesische Regierungsvertreter verhängt. Die neuen Sanktionen richten sich gegen Wang Junzheng, den Sekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) für das Produktions- und Baukorps von Xinjiang, und gegen Chen Mingguo, den Direktor des Amts für Öffentliche Sicherheit von Xinjiang wegen „schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen“ gegen uigurische Muslime. Die Sanktionen umfassen das Einfrieren von Vermögen und Reisebeschränkungen.

In einer vor Heuchelei triefenden Stellungnahme warf US-Außenminister Antony Blinken China vor, es würde „in Xinjiang Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verüben“. Er rief Peking auf, „alle willkürlich inhaftierten Insassen von Internierungslagern und Haftanstalten freizulassen“.

Zweifellos setzt das KPCh-Regime in Xinjiang Polizeistaatsmaßnahmen ein, die es auch allgemein gegen die chinesische Arbeiterklasse benutzt. Doch Washington, das selbst u.a. in Afghanistan und im Irak Kriegsverbrechen verübt hat, benutzt das Thema „Menschenrechte“ wieder einmal selektiv für die Durchsetzung seiner imperialistischen Interessen.

Blinkens Vorwurf, China würde „Völkermord“ an den Uiguren verüben, war eine bewusste Provokation. Bisher hatte sich nur der ehemalige Außenminister Mike Pompeo in den letzten Tagen der Trump-Regierung so geäußert. Der Begriff beschwört zwar Bilder von Massenmorden herauf, beruht aber ausschließlich auf stark verzerrten und größtenteils unbewiesenen Behauptungen, wonach Chinas Geburtenkontrollmethoden in Xinjiang angeblich einen „Völkermord“ darstellen.

Die Europäische Union hat sich zynisch der US-amerikanischen „Menschenrechts“-Kampagne angeschlossen, um den USA Zugeständnisse abzuringen, während die Biden-Regierung versucht, die unter Trump ramponierten Beziehungen zu Europa „wiederzubeleben“. Bezeichnenderweise wurden die koordinierten Sanktionen gegen China unmittelbar vor Blinkens Landung in Brüssel angekündigt, wo er an Gesprächen mit europäischen Regierungsvertretern teilnahm.

Die EU kündigte formell Reise- und Vermögenssanktionen gegen vier chinesische Regierungsvertreter an, darunter auch gegen die beiden, die von den USA sanktioniert wurden. Dabei handelt es sich um die ersten Sanktionen der EU gegen China seit 1989, als nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz ein Waffenembargo verhängt wurde. In der Erklärung der EU wurde China zwar nicht wegen „Völkermord“ verurteilt, allerdings wurde Peking die Verantwortung für „willkürliche Inhaftierungen und entwürdigende Behandlung“ von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten sowie systematische Missachtung ihrer Religionsfreiheit unterstellt.

Die USA veröffentlichten außerdem eine gemeinsame Erklärung der Außenminister des Geheimdienstbündnisses Five Eyes (bestehend aus den USA, Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland), in der sie China verurteilten. Großbritannien und Kanada haben bereits eigene Sanktionen gegen China verhängt, Australien und Neuseeland haben dies bislang nicht getan.

In dem Text hieß es: „Die Beweise, darunter Dokumente der chinesischen Regierung selbst, sowie Satellitenbilder und Augenzeugenberichte, sind überwältigend. Chinas umfassendes Unterdrückungsprogramm umfasst starke Einschränkungen der Religionsfreiheit, den Einsatz von Zwangsarbeit, Masseninhaftierung in Internierungslagern, Zwangssterilisierungen und die konzertierte Zerstörung der uigurischen Tradition.“

In Wirklichkeit sind die Beweise alles andere als überwältigend. Die Augenzeugenberichte stammen hauptsächlich von uigurischen Exilanten aus dem Umfeld CIA-finanzierter Organisationen wie dem World Uyghur Congress und der American Uyghur Association. Die Satellitenfotos und angeblich geleakten chinesischen Dokumente enthalten keine direkten Beweise und werden unweigerlich durch die voreingenommenen Augen pro-amerikanischer Analysten ausgelegt. Solange es keine unabhängigen Beweise gibt, sollte die westliche Propaganda als genauso unglaubwürdig erachtet werden wie die Behauptungen der chinesischen Regierung, es fänden keine Misshandlungen statt.

Die chinesische Regierung schlug sofort zurück und erklärte, die EU würde „die Fakten missachten und verzerren“ und sich „auf eklatante Weise in Chinas innere Angelegenheiten einmischen“. Peking verhängte selbst Sanktionen gegen zehn europäische Politiker und Individuen sowie gegen vier Unternehmen, darunter die rechte, pro-amerikanische Alliance of Democracies Foundation, die 2017 von dem ehemaligen Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gegründet wurde.

Zu den Personen, die von China sanktioniert wurden, gehört der rechte deutsche Akademiker Adrian Zenz, der sich selbst als wiedergeborenen Christen bezeichnet. Zenz behauptet zwar, Gott habe ihn beauftragt, über Minderheiten in China zu forschen, doch in Wirklichkeit wurde er zweifellos von irdischeren Beweggründen angetrieben. Er hat gute Beziehungen zu antikommunistischen Kreisen in Europa und den USA, u.a. der Victims of Communism Memorial Foundation. Die Vorwürfe der USA und der EU gegen China basieren zu einem Großteil auf seiner tendenziösen „Forschung“.

Obwohl die neuesten Sanktionen gerade erst angekündigt wurden, deutete die Biden-Regierung bereits an, dass noch weitere folgen werden. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, bekräftigte Washingtons „große Besorgnis“ wegen Chinas Behandlung der Uiguren und erklärte: „Wir werden in enger Koordination mit unseren Verbündeten im Rest der Welt beraten, welche weiteren Schritte angemessen sind.“

Biden ist erst seit drei Monaten im Amt. Die außergewöhnliche Schnelligkeit, mit der seine Regierung die Konfrontation mit China und Russland verschärft, überrascht sogar einige der härtesten US-Propagandisten. David Sanger, der leitende Korrespondent der New York Times in Washington, veröffentlichte am Montag einen Kommentar mit dem Titel: „Das ging schnell: Eskalation mit China und Russland schon in Bidens ersten 60 Tagen.“

Sanger erklärte, die USA seien in „eine neue Ära erbitterten Wettstreits zwischen den Supermächten eingetreten, die geprägt ist von der wohl schlechtesten Beziehung zu Russland seit dem Fall der Berliner Mauer und der schlechtesten Beziehung zu China seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu den USA“.

Sanger wies indirekt auch darauf hin, was die treibende Kraft für den eskalierenden Kriegskurs der USA gegen China ist: Washingtons Befürchtung, China werde die USA innerhalb der nächsten zehn Jahre wirtschaftlich überholen. Er schrieb, die Macht Chinas „ergibt sich nicht aus ihrem relativ kleinen Atomarsenal oder aus ihren wachsenden konventionellen Waffenbeständen. Sie ergibt sich aus der wachsenden wirtschaftlichen Stärke Chinas.“

Sanger wies auf Chinas zunehmende Kompetenz in Hightech-Bereichen wie der 5G-Technologie hin, die für die Wahrung der weltweiten wirtschaftlichen und strategischen Vorherrschaft der USA von entscheidender Bedeutung sind. Die Geschwindigkeit, mit der die Biden-Regierung ihre Propaganda gegen China forciert und ihre Streitkräfte in Asien aufrüstet, geht auf das Gefühl in Washington zurück, dass die Zeit gegen die USA arbeitet.

Der US-Imperialismus kann keine Bedrohung seiner Hegemonie tolerieren und ist bereit, China mit allen Mitteln zu unterwerfen, einschließlich eines militärischen Konflikts. Ohne eine politische Intervention der internationalen Arbeiterklasse auf der Grundlage einer vereinten sozialistischen Perspektive bewegt sich die Welt rapide auf einen Krieg zwischen Atommächten zu.

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