Die Ablehnung von Faschismus und Krieg ist tief in der deutschen Arbeiterklasse verwurzelt

Die folgende Rede wurde von Christoph Vandreier, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), auf der Online-Kundgebung zum Internationalen Maifeiertag 2021 gehalten, die von der World Socialist Web Site und dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale veranstaltet wurde.

Rede von Christoph Vandreier bei der Internationalen Maikundgebung 2021


Ich freue mich sehr, am diesjährigen May Day und an dieser bedeutsamen Initiative teilnehmen zu können, und sende die revolutionären Grüße der Sozialistischen Gleichheitspartei in Deutschland!

Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees ist das Instrument, mit dem sich Arbeiter gegen die Durchseuchungspolitik und die schreiende soziale Ungleichheit zur Wehr setzen können. Denn nur das unabhängige Eingreifen der internationalen Arbeiterklasse kann die kapitalistische Barbarei, kann das Massensterben und die Kriegsgefahr beenden.

Auch in Deutschland wächst der Widerstand gegen die rücksichtslose Politik der herrschenden Klasse. Als die Regierung vor zwei Wochen aufrief, Kerzen für die Corona-Toten in die Fenster zu stellen, lehnten hunderttausende Arbeiter dieses zynische Manöver ab und stellten die Kerzen stattdessen vor die Rathäuser, Landesparlamente und den Bundestag, um die wirklich Schuldigen anzuklagen.

Immer wieder kommt es zu Schulstreiks und Protesten gegen die völlig ungesicherte Öffnung der Bildungsanstalten. Die Frankfurter Flughafen-Arbeiter der Firma WISAG traten in einen tagelangen Hungerstreik, um gegen Entlassungen und Lohnraub zu protestieren, und auch in der Metallindustrie kam es zu Warnstreiks und Demonstrationen.

Das alles sind Wetterleuchten sehr viel umfassenderer Kämpfe, in die die Arbeiterklasse durch die Profite-vor-Leben-Politik ganz objektiv getrieben wird. Doch schon jetzt machen Arbeiter wichtige Erfahrungen, die die Notwendigkeit der Internationalen Arbeiterallianz und einer sozialistischen Perspektive unterstreichen.

Die Gewerkschaften stehen in jedem einzelnen dieser Kämpfe auf der Seite der Unternehmen. Sie haben im vergangenen Jahr sichergestellt, dass die Industriebetriebe weitgehend offenblieben und sich zu regelrechten Hotspots der Pandemie entwickelten. Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert inmitten steigender Inzidenzwerte die Öffnung der Schulen.

Die WISAG-Arbeiter richteten ihren Protest direkt gegen die Gewerkschaft Verdi, weil diese das Unternehmen offen unterstützte. In der Metallindustrie verordnete die IG Metall den Arbeitern im März Lohnkürzungen von bis zu drei Prozent, während die Gewinne der Autokonzerne ins Unermessliche stiegen.

Dafür werden die Gewerkschaftsbürokraten fürstlich entlohnt. Am heutigen Tag wechselt der langjährige Gesamtbetriebsratschef von VW, Bernd Osterloh, direkt ins Management und kassiert dafür zwei Millionen Euro pro Jahr! Diese Organisationen haben nicht mehr das Geringste mit einer Interessensvertretung der Arbeiter zu tun, sondern sind Co-Manager und Betriebspolizei.

30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Stalinismus und dem Triumphgeheul vom Ende der Geschichte offenbart die Pandemie den Bankrott des Kapitalismus. Die Herrschaft der Finanzoligarchie ist mit den grundlegenden Bedürfnissen, ja sogar dem Leben der Arbeiter unvereinbar.

Das zeigt sich besonders scharf in Osteuropa. Funktionierende Gesundheitssysteme wurden zerschlagen und jeder Bereich dem unmittelbaren Profitstreben geopfert. Um die Produktion und die Lieferketten nicht zu gefährden, wurden Arbeiter während der gesamten Pandemie in völlig ungesicherte Fabriken gezwungen. Heute gibt es keine Region in der Welt mit so hohen Todesquoten wie Osteuropa.

Doch auch in Deutschland fielen seit der Wiedervereinigung fast die Hälfte der Kliniken dem Rotstift zum Opfer, und auch hier ist die Politik von rücksichtsloser Durchseuchung geprägt. Das Ergebnis sind bereits weit über 80.000 Tote und überfüllte Intensivstationen, auf denen zunehmend junge Menschen liegen.

Zur gleichen Zeit wurden den Superreichen hunderte Milliarden in den Rachen geworfen. Inmitten der Pandemie haben die zehn reichsten Deutschen ihr Vermögen um 35 Prozent auf 242 Milliarden Dollar vermehrt.

Auch für die Aufrüstung werden Milliarden bereitgestellt. Im letzten Jahr steigerte Deutschland seine Militärausgaben mit 5,2 Prozent so stark wie kein anderes Land auf der Welt. Hingegen haben 40 Prozent der Arbeiter teils gravierende Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.

Nach der Bundestagswahl planen sämtliche Parteien eine Eskalation dieser Politik, die im Kern dem Programm der rechtsextremen AfD entspricht.

Die Union hat mit Armin Laschet den Politiker zum Kanzlerkandidaten gemacht, der am aggressivsten für die Durchseuchungspolitik steht, und die SPD schickt Finanzminister Olaf Scholz ins Rennen, der für die Sparmaßnahmen und die Staatsaufrüstung der letzten Jahre verantwortlich ist.

Die nominell linken Oppositionsparteien sind keine Alternative, sondern kritisieren den reaktionären Kurs der Großen Koalition in vielen Fragen sogar von rechts.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock wirft der Bundesregierung „außenpolitische Passivität“ vor und fordert einen aggressiveren Kurs gegen die Atommächte Russland und China. Sie will die Ukraine in Nato und EU aufnehmen und eine europäische Armee hochrüsten.

Die Spitzenkandidatin der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen, Sahra Wagenknecht, hat gerade ihr Buch „Die Selbstgerechten“ veröffentlicht, in dem sie offen an die Denktraditionen der Nazis anknüpft. Sie hetzt gegen Migranten, will Arbeit nur für Deutsche und verteidigt das deutsche Kapital gegen seine angeblich gierigeren ausländischen Konkurrenten. Dafür wird sie von der AfD, führenden Wirtschaftsvertretern und den bürgerlichen Medien gleichermaßen gefeiert.

All das ist eine Warnung. 80 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion und der gezielten Vernichtung von 25 Millionen Sowjetbürgern knüpft die herrschende Klasse in Deutschland erneut an ihre Großmachtpläne und braunen Traditionen an.

Bei den Bundestagswahlen soll jede Opposition gegen diese rechte Verschwörung unterdrückt werden. Obwohl in der Pandemie Kontakte aufs Minimum reduziert werden sollen, müssen neue Parteien fast 30.000 handschriftliche Unterschriften sammeln, um an den Wahlen teilnehmen zu können. Das bedeutet de facto ihren Ausschluss.

Mit diesem grundlegenden Angriff auf demokratische Rechte soll verhindert werden, dass die sozialistischen Kandidaten der SGP überhaupt gewählt werden können. Damit setzt die Regierung ihre Bemühungen fort, die SGP zu unterdrücken.

In der Tradition der Sozialistengesetze und des Willensstrafrechts der Nazis erklärte das Innenministerium unsere Partei bereits vor zwei Jahren für „verfassungsfeindlich“, weil sie, so wörtlich, für eine „demokratische, egalitäre und sozialistische Gesellschaft“ streitet.

Doch Deutschland ist nicht nur das Land Bismarcks und der Nazis. Hier entstand auch die erste sozialistische Massenpartei, die das Programm des internationalen Sozialismus in der Arbeiterklasse verwurzelte. Und gerade angesichts der Verbrechen, die vom deutschen Imperialismus im 20. Jahrhundert begangen wurden, ist die Ablehnung von Faschismus und Krieg in der Arbeiterklasse tief verankert.

Die trotzkistische Weltbewegung verteidigte die marxistischen Prinzipien gegen Revisionismus und Stalinismus. Auf dieser Grundlage verbinden wir uns heute mit der gewaltigen Opposition in der Arbeiterklasse. Der heutige May Day ist davon ein starker Ausdruck.

Unsere Teilnahme an den Bundestagswahlen werden wir nutzen, um der wachsenden Opposition eine Stimme und eine Perspektive zu geben und die SGP als neue sozialistische Massenpartei aufzubauen. Registriert euch noch heute für die Internationale Arbeiterallianz, unterstützt unseren Wahlkampf und werdet Mitglied der SGP.

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