Nato-Gipfel bedroht China – auf Drängen der USA

Vertreter der 30 Nato-Mitgliedsstaaten erklärten am 14. Juni zum Ende des Gipfeltreffens in einem gemeinsamen Kommuniqué, dass China das Militärbündnis vor „systemische Herausforderungen“ stelle.

Die Wortwahl des Dokuments stellt eine wichtige neue Etappe in den Bestrebungen der USA dar, „die Welt gegen China zu organisieren“, wie es US-Präsident Biden formulierte. Dieses Vorhaben ist Teil einer massiven Verschärfung der Spannungen mit China, die vor allem von den Vereinigten Staaten verschärft werden.

Zum Nato-Manöver „Atlantic Resolve“ werden in Antwerpen amerikanische Panzer entladen (AP Photo/Francisco Seco)

In deutlichem Unterschied zu früheren Kommuniqués wird China in dem 79 Absätze langen Dokument ein Dutzend Mal erwähnt. Im aktuellen Nato-Strategiedokument, das erstmals 2010 veröffentlicht wurde, kam China überhaupt nicht vor; in dem Kommuniqué von 2019 wurde es gerade einmal erwähnt.

Die Financial Times schrieb dazu: „Die Stärke der Erklärung zeigt, wie sehr sich die Beziehungen zwischen dem Westen und Peking in den 18 Monaten seit dem letzten Treffen der Nato-Staaten verschlechtert haben.“ Der Spiegel kommentierte: „Jetzt, nur eineinhalb Jahre später, ist China zum systemischen Rivalen aufgestiegen.“

In dem Nato-Dokument heißt es: „Chinas wachsender Einfluss und internationales Vorgehen kann Herausforderungen darstellen, denen wir uns gemeinsam als Bündnis stellen müssen. (...) Wir werden uns China entgegenstellen, um die Sicherheitsinteressen des Bündnisses zu verteidigen.“

In dem Kommuniqué erklärt die Nato, China stelle „systemische Herausforderungen für die regelbasierte internationale Ordnung“ dar. Weiter heißt es, China baue seine Streitkräfte aus und wolle mit Russland kooperieren.

Bidens Versuch, Washingtons Verbündete gegen China zusammenzuschweißen, ist die diplomatische Seite der allgemeinen China-Politik der USA. Diese besteht darin, Chinas wirtschaftliche Entwicklung abzuwürgen, das Land in den Augen der Weltbevölkerung schlecht zu machen und einen militärischen Konflikt vorzubereiten.

Am letzten Mittwoch gab US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Direktive heraus, auf China liege das „Hauptaugenmerk“ des US-Militärs. Das Magazin Foreign Policy erklärte dazu, die Bewertung solle „das Pentagon und die ganze US-Regierung auf das übergeordnete Ziel ausrichten, sich auf eine langfristige strategische Konkurrenz mit China vorzubereiten“.

Foreign Policy schrieb weiter: „Biden hat Chinas Aufstieg bereits vor seiner Amtsübernahme als zentrale Herausforderung der USA in diesem Jahrhundert definiert. Er warnte, China werde den USA ,den Rang ablaufen‘, wenn diese ihren Wettbewerbs- und Technologie- Vorsprung nicht wieder zurückgewönnen.“

Letzte Woche verabschiedete der US-Senat das „Gesetz zur Wettbewerbsfähigkeit mit China“, ein Wirtschaftssubventions- und Sanktionspaket im Wert von 250 Milliarden Dollar. Die New York Times bezeichnete es als „die bedeutendste staatliche Intervention in die Industriepolitik seit Jahrzehnten“.

Am Wochenende vor dem Nato-Gipfel fand das Treffen der G7-Staaten statt, bei dem „China wegen Menschenrechten, seiner Handelspolitik und fehlender Transparenz hinsichtlich der Ursprünge der Corona-Pandemie kritisiert wurde“, wie es die Financial Times formulierte.

Nach dem Nato-Gipfel plant Biden am Mittwoch ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf. Im Vorfeld des Gipfels erklärte er: „Ich werde Präsident Putin verdeutlichen, dass ich keinen Konflikt mit Russland will.“ Er beschrieb den russischen Präsidenten als „intelligent“, „stark“ und einen „würdigen Gegenspieler“.

Im Vorfeld des Gipfeltreffens weigerte sich Biden, die Aufnahme der Ukraine in die Nato zu unterstützen, und erklärte etwas zusammenhanglos: „In dieser Frage ist alles gesagt, es bleibt abzuwarten. (...) Sie haben noch mehr zu tun.“

Während die USA auf den Drohungen gegen China beharrten, wurde auch Russland in dem Kommuniqué attackiert und 60-mal erwähnt.

Die Nato-Verbündeten der USA haben in ihrem Kommuniqué zwar der Forderung nach aggressiverer Rhetorik gegen China zugestimmt, doch es bestehen weiterhin beträchtliche Differenzen hinsichtlich Washingtons diplomatischer Offensive gegen China.

Der britische Premierminister Boris Johnson erklärte: „Ich glaube nicht, dass irgendeiner der Anwesenden einen neuen Kalten Krieg mit China vom Zaun brechen will.“

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fügte hinzu, man dürfe die Gefahr durch China nicht überschätzen und müsse die richtige Balance finden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, China sei „kein Gegner“, das Bündnis müsse China jedoch „entgegentreten, um unsere Sicherheitsinteressen zu verteidigen“.

Der Spiegel kommentierte: „Für einige Nato-Mitglieder, deren Wirtschaft eng mit der chinesischen verflochten ist, ist das allerdings brandgefährlich – allen voran für Deutschland und seine Exportwirtschaft. Sie wollten deshalb allzu martialische Rhetorik gegenüber Peking verhindern.“

Reuters wies auf Folgendes hin:

Die Verbündeten haben Bedenken wegen ihrer wirtschaftlichen Beziehungen zu China. Im Jahr 2020 betrug das Handelsvolumen zwischen Deutschland und China laut Zahlen der Bundesregierung über 212 Milliarden Euro. Der Gesamtbestand der US-Staatsanleihen in chinesischem Besitz betrug im März 2021 laut Daten der USA 1,1 Billionen Dollar; das Handelsvolumen der USA mit China lag im Jahr 2020 bei 559 Milliarden Dollar.

Trotzdem erklärt der Spiegel: „In China, so viel ist spätestens seit Bidens Gipfel-Debüt klar, sehen die USA und die Nato den langfristig gefährlicheren Gegner.“

Trotz ihrer Differenzen und Gegensätze stürzen sich die USA und ihre Nato-Verbündeten kopfüber in eine deutliche Eskalation gegen China mit potenziell katastrophalen Konsequenzen.

Trotz der weiterhin grassierenden Pandemie bauen alle Nato-Mitgliedsstaaten ihre Streitkräfte deutlich aus. Anfang des Jahres kündigte Großbritannien eine Ausweitung seines Atomarsenals um 40 Prozent an, und die Biden-Regierung hat den größten Pentagon-Etat in der Geschichte der Menschheit beantragt.

Die derzeitige massive militärische Aufrüstung und die Drohungen der USA gegen China stellen eine immense Gefahr für die ganze Menschheit dar.

Der russische Botschafter Andrej Denisow sprach gegenüber der chinesischen Global Times die Konsequenzen eines Kriegs zwischen den USA und China in einer Offenheit an, die in der US-Presse völlig fehlt.

Die Global Times fragte: „Konkurrenz und Konfrontation zwischen China und den USA eskalieren. Welche Position würde Russland einnehmen, wenn eines Tages ein bewaffneter Konflikt zwischen China und den USA ausbrechen würde?“

Denisow erklärte: "Darauf gibt es keine Antwort", denn: „In einem solchen Konflikt würde die ganze Menschheit ausgelöscht werden. Deshalb wäre es sinnlos, sich für eine Seite zu entscheiden.“

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