Linkspartei stimmt dem Kriegseinsatz in Afghanistan zu

Einen Monat vor der Bundestagswahl schwenkt die Linkspartei auf die offene Unterstützung imperialistischer Kriegseinsätze der Bundeswehr ein. Am Mittwoch lehnte die Bundestagsfraktion erstmals einen Kriegseinsatz der Bundeswehr nicht mehrheitlich ab, sondern enthielt sich der Stimme und machte aus ihrer prinzipiellen Zustimmung keinen Hehl. Differenzen gab es nur über die konkreten Ziele der Militäraktion, nicht aber über den Einsatz selbst.

Linken-Fraktionschef Bartsch bei der Afghanistan-Debatte im Deutschen Bundestag

Fünf Abgeordnete der Partei – Klaus Ernst, Matthias Höhn, Thomas Nord, Helin Evrim Sommer und Kersten Steinke – stimmten sogar für den Einsatz von 600 Bundeswehrsoldaten im ganzen afghanischen Staatsgebiet „zur Evakuierung deutscher Staatsangehöriger, von Personal der internationalen Gemeinschaft und designierter Personen aus Afghanistan“. Sieben Abgeordnete stimmten dagegen.

Führende Vertreter der Partei und Fraktion machten aber klar, dass auch die 43 Enthaltungen der Fraktion eine Zustimmung zu dem Kriegseinsatz bedeuten. Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte schon am Montag auf einer Pressekonferenz, seine Partei sei dafür, dass die Bundeswehr militärisch eingreife und „so viele Menschen wie möglich“ rette, und zwar „alle, die sich für Deutschland, für die Bundeswehr, für die Polizei dort engagiert haben“.

Den gleichen Standpunkt wiederholte er noch einmal in seiner Rede im Bundestag am Mittwoch. Ausdrücklich bedankte er sich bei „allen Kräften der Bundeswehr, die derzeit unter Einsatz ihres Lebens das Leben anderer retten“.

Auch die Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin Janine Wissler erklärte auf einer Pressekonferenz am Dienstag, dass ihre Partei dem Militäreinsatz zustimme. Die Enthaltung begründete sie lediglich damit, dass nicht genug Ortskräfte gerettet würden, der Einsatz also nicht weit genug gehe. „Natürlich stehen wir nicht dagegen und lehnen das nicht ab, aber wir können dieser Art der Umsetzung nicht zustimmen – weil zu wenig Leute gerettet werden, weil das Wort Ortskräfte im Mandatstext nicht einmal vorkommt“, erklärte sie.

Noch abstoßender äußerten sich die Abgeordneten, die mit ja gestimmt haben. Der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias Höhn, begründete seine Zustimmung in einer Stellungnahme damit, dass sich Deutschland in einer Situation befinde, in der eine „militärische Unterstützung unvermeidbar ist“.

Eine der Bundessprecherinnen des Jugendverbands Solid, Carla Büttner, unterstützte Höhn. Der zwanghafte Pazifismus kotze sie an. „Nazi-Deutschland wurde doch auch nicht mit Menschenketten und Friedenstauben besiegt?!“, erklärte die Politikerin und verglich damit die Kolonialisierung Afghanistans mit dem Kampf der Roten Armee gegen den deutschen Imperialismus.

Diese Behauptungen sind an Absurdität kaum zu übertreffen. In Afghanistan wurde kein Krieg gegen ein faschistisches und imperialistisches Land geführt. Es wurde auch kein „Krieg gegen den Terror“ geführt oder versucht, die „Demokratie zu exportieren“, wie es Bartsch in seiner Rede behauptete. Von Beginn an war der Afghanistankrieg ein brutaler imperialistischer Feldzug, der darauf ausgerichtet war, ein völlig verarmtes und unterentwickeltes Land mit Mord, Folter und Terror zu unterjochen und so die geopolitische Position der Westmächte zu stärken.

Auch bei dem jetzt beschlossenen Einsatz geht es in keiner Weise um humanitäre Erwägungen. Die ganze EU wird im Gegenteil systematisch gegen Flüchtlinge aus Afghanistan abgeriegelt, die vor der humanitären Katastrophe fliehen, die von den Besatzern geschaffen wurde. Jede Landroute, die nach Europa führt, wird systematisch durch Zäune und Stacheldraht gegen Flüchtlinge abgeriegelt, die Seewege von Patrouillenschiffen kontrolliert.

Bei dem Militäreinsatz geht es darum, einige von jenen außer Landes zu bringen, die mit dem Besatzungsregime zusammengearbeitet haben, der sogenannten Ortskräfte. Sie werden nicht nach humanitären Kriterien, sondern in Hinblick auf ihre Nützlichkeit ausgewählt. Vor allem geht es darum, die Zusammenarbeit mit Ortskräften in laufenden und zukünftigen Einsätzen, wie in Mali, nicht zu gefährden. Es geht bei diesem Militäreinsatz also um nichts anderes, als weitere Kriegseinsätze möglich und effektiver zu machen.

Die Zustimmung der Linkspartei zum Militäreinsatz und ihre pseudo-humanitären Rechtfertigungen sind daher von großer Bedeutung. So wie die Grünen 1998 durch ihre Zustimmung zum Jugoslawienkrieg alle pazifistischen Phrasen über Bord warfen und zu glühenden Propagandisten militärischer Interventionen wurden, hat nun die Linkspartei den Rubikon überschritten und selbst ihre rein verbale Kritik an Kriegseinsätzen abgelegt.

Dieses Bekenntnis zum deutschen Militarismus kommt in keiner Weise überraschend. Führende Vertreter der Linkspartei, wie Gregor Gysi und Dietmar Bartsch, haben seit Jahren angekündigt, dass sie Kriegseinsätzen zustimmen würden. Die Partei, die vor 30 Jahren als SED und PDS die Restauration des Kapitalismus in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung organisiert hat, stand schon immer mit beiden Beinen im Lager des deutschen Imperialismus.

Als die herrschenden Kreise Deutschlands 2014 das Ende der militärischen Zurückhaltung ausriefen, war Stefan Liebich von der Linkspartei an der Ausarbeitung der Blaupause dafür, des Strategie-Papiers „Neue Macht – Neue Verantwortung“, beteiligt. Im April des gleichen Jahres stimmten fünf Abgeordnete der Partei erstmals für einen deutschen Militäreinsatz, nämlich den Einsatz der deutschen Marine zur Zerstörung syrischer Chemiewaffen.

Im Oktober 2014 forderten dann zwölf Bundestagsabgeordnete die Bundesregierung auf, nicht nur Waffen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak zu liefern, sondern in Syrien und dem Irak massiv militärisch zu intervenieren, um den Islamischen Staat zu bekämpfen. Zwei Jahre zuvor hatten prominente Vertreter der Partei noch für den Stellvertreterkrieg islamischer Milizen gegen die syrische Regierung mobilisiert.

Über die militaristische Orientierung der Linkspartei konnte insofern kein Zweifel bestehen. Doch bisher hatte sie zumindest noch in Worten den Militarismus abgelehnt und im Bundestag gegen Bundeswehreinsätze gestimmt. Dass die Partei solche Einsätze nun im Bundestag nicht mehr ablehnt, obwohl es auf ihre Stimmen nicht ankommt, ist eng mit der Verschärfung des Klassenkampfs verbunden.

Die Partei reagiert damit auf die wachsende Opposition gegen soziale Ungleichheit und gegen die Rückkehr des deutschen Militarismus. Das Debakel in Afghanistan hat Millionen Menschen den verbrecherischen Charakter des Kriegs vor Augen geführt. Der Umstand, dass selbst die hochgerüstete afghanische Armee nicht bereit war, das Marionettenregime in Kabul zu verteidigen, zeigt, wie verhasst die Besatzung war, die sich auf brutale Warlords und verbrecherische Methoden stützte.

In dieser Situation sorgt die Linkspartei dafür, dass die massive Ablehnung der Kriegseinsätze durch die Bevölkerung keinerlei Ausdruck in der offiziellen Politik findet. Je offener und brutaler der Charakter des Militarismus sichtbar wird, desto enger schließt die Linkspartei die Reihen mit allen anderen Parteien, um jede Opposition zu unterdrücken.

Das unterstreicht die Bedeutung des Wahlkampfs der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP). Die SGP tritt dem deutschen Militarismus entgegen und gibt der verbreiteten Opposition dagegen eine Stimme und eine sozialistische Perspektive. Gegen die Allparteienkoalition des Kriegs setzt sie die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse. Wer gegen Krieg ist, muss am 26. September SGP wählen und ihren Wahlkampf aktiv unterstützen.

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