Perspektive

Sechzehn Jahre nach Hurrikan Katrina

Hurrikan Ida verwüstet den Süden Louisianas

Hurrikan „Ida“ traf am Sonntag auf Louisiana und führte zu Verheerungen durch starke Regenfälle und Überschwemmungen. Es war der zweitstärkste Sturm in der Geschichte des US-Bundesstaates. Heftige Windböen, umherfliegende Trümmer und umstürzende Bäume beschädigten viele Gebäude und ließen in Louisiana eine Million und in Mississippi über 120.000 Haushalte ohne Stromversorgung zurück.

LaPlace (Louisiana), Montag, 30. August 2021. Ein Hochwasserfahrzeug der Nationalgarde bringt Jerilyn Collins zu ihrem zerstörten Haus, um Medikamente für sich und ihren Vater zu holen (AP Photo/Gerald Herbert)

Bislang wurde von zwei Todesfällen infolge des Sturms berichtet. Doch die Zahl der Opfer dürfte noch erheblich steigen, da die Einsatzkräfte zahlreichen Notrufen nachkommen und viele beschädigte Häuser durchsuchen müssen.

Durch die katastrophalen Schäden am Stromnetz wird das Gebiet um New Orleans voraussichtlich wochenlang ohne Strom sein. Alle acht Hochspannungsleitungen, die die Stadt mit Elektrizität versorgen, fielen durch den starken Sturm aus; ein Mast stürzte in den Mississippi. Während die Anwohner in brütender Sommerhitze auf die Wiederherstellung ihrer Stromversorgung warten, sind sie auf Brennstoffgeneratoren angewiesen, die Kohlenmonoxid erzeugen, was bei unsachgemäßem Gebrauch häufig zu tödlichen Vergiftungen führt.

Als Reaktion auf den Stromausfall kündigte der Polizeichef von New Orleans, Shaun Ferguson, am Sonntagabend an, in der ganzen Stadt Patrouillen einzusetzen, um Plünderungen zu verhindern. Er forderte die Anwohner auf, „vor Ort Schutz zu suchen“.

Etwas höher flussaufwärts von New Orleans, in Laplace, riefen die Anwohner über die sozialen Medien verzweifelt um Hilfe. Das rasch ansteigende Hochwasser hatte sie gezwungen, in ihren Dachböden oder auf den Dächern Zuflucht zu suchen. Auch die Bewohner von Lafitte, südlich von New Orleans, saßen fest. Die Straßen nach Houma waren nach dem Sturm unpassierbar, da durch Trümmerteile verstopft.

Der Sturm, der sich am letzten Montag, den 23. August, in der südwestlichen Karibik aufgebaut hatte, verstärkte sich rasch zu einem Hurrikan und fegte am Freitag über den Westen Kubas, wo Tausende evakuiert wurden. Durch das extrem warme Wasser des Golfs von Mexiko gewann Ida weiter an Kraft. Als der Hurrikan die Golfküste von Louisiana erreichte, wurden anhaltende Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde gemessen, was beinahe der Kategorie 5 („katastrophal“) entspricht.

Der Klimawandel erwärmt die Ozeane und erhöht die Feuchtigkeit in der Atmosphäre, was zu vermehrten und stärkeren Wirbelstürmen führt. Der Hurrikan wuchs über den Gewässern des Golfs, dessen Wassertemperatur nach dem heißesten Juli und dem voraussichtlich heißesten August aller Zeiten weit über dem Durchschnitt liegt.

Die Reaktion der städtischen und staatlichen Behörden auf den Wirbelsturm entsprach im Wesentlichen dem Motto: „Rette sich wer kann.“ Die Bürgermeisterin von New Orleans, LaToya Cantrell, gab am Freitag bekannt, dass keine Zeit mehr sei, um den Verkehr auf den Autobahnen umzuleiten und die hochwassergefährdeten Stadtteile zu evakuieren. Zehntausende Einwohner waren auf sich allein gestellt und mussten ihre Flucht aus der Stadt selbst organisieren oder den Sturm in ihren Häusern überstehen. Die Bürgermeisterin schätzte am Montag, dass sich in der Nacht zum Sonntag noch 200.000 Menschen in der Stadt aufhielten.

Es ist das erste Mal in der Geschichte der USA, dass zwei Jahre in Folge ein Wirbelsturm mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von 240 km/h auf ein und denselben Bundesstaat trifft. Hurrikan Ida ging im letzten Jahr Hurrikan „Laura“ voraus, der im August 2020 zur Verwüstung von Lake Charles führte. Ida traf auch auf den Tag genau 16 Jahre nach Hurrikan Katrina auf Louisiana. Damals wurden durch das Unwetter große Teile der Stadt New Orleans völlig zerstört.

Die Sturmflut von Hurrikan Katrina durchbrach das Deichsystem und überschwemmte ganze Stadtteile mit giftigen Wassermassen. Die Bewohner saßen auf ihren Dächern fest und warteten darauf, mit dem Boot oder aus der Luft mit Armeehubschraubern gerettet zu werden. Tausende, die nirgendwo anders mehr hin konnten, saßen unter erbärmlichen Bedingungen im Sportstadion fest. Die Patienten waren in Krankenhäusern eingeschlossen, die keinen Strom mehr hatten oder von den Fluten überschwemmt waren.

Bei dieser sozialen Katastrophe, die sich nach Eintreffen des Sturms entfaltete, starben mehr als 1.800 Menschen. Dies macht Katrina zu einer der verheerendsten „Naturkatastrophen“ in der amerikanischen Geschichte. Dem massenhaften Elend wurde mit der mörderischen Gleichgültigkeit und kriminellen Inkompetenz begegnet, die die amerikanische Bevölkerung und die ganze Welt von der US-Regierung kennen.

Wie die World Socialist Web Site erklärte, als sich die Katastrophe abzeichnete:

Die derzeitige Tragödie hat hauptsächlich gesellschaftliche und politische, nicht natürliche Gründe. Die herrschende Elite der Vereinigten Staaten hat in den letzten 30 Jahren jede Form von staatlicher Regulierung und sozialer Fürsorge, wie sie in früheren Zeiten entstanden sind, abgebaut. Die gegenwärtige Katastrophe ist das fürchterliche Produkt dieses politischen und sozialen Rückschritts.

Die Lehren aus früheren Natur- und Wirtschaftskatastrophen – den verheerenden Überschwemmungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, der großen Trockenheit und der Großen Depression der 1930er Jahre – sind von der herrschenden Elite zurückgewiesen und verspottet worden, weil sie vollauf damit beschäftigt ist, alle gesellschaftlichen Belange dem Streben nach Profit und der Anhäufung persönlichen Reichtums unterzuordnen.

Mehr als anderthalb Jahrzehnte danach hat sich die Situation nicht gebessert, ganz im Gegenteil: Jeder Aspekt der Gesellschaft ist heute der Profitmaximierung untergeordnet, alles auf die Anhäufung immer größerer Unternehmensgewinne und Privatvermögen ausgerichtet. In den 16 Jahren seit Katrina ist die soziale Infrastruktur des Landes nicht aufgebaut worden. Millionen Menschen sind Stürmen, Hitzewellen und Bränden ausgeliefert, die durch den Klimawandel verursacht immer häufiger auftreten.

Immer wieder zeugen Katastrophen vom Zustand der amerikanischen Gesellschaft:

  • Im Februar hat ein Zusammenbruch des texanischen Stromnetzes während eines Kälteeinbruchs 4,5 Millionen Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten und mehr als 700 Todesopfer gefordert.
  • Im Jahr 2017 forderte die Überschwemmung von Houston (Texas) durch den Hurrikan Harvey mehr als 100 Todesopfer
  • Der Zusammenbruch des Stromnetzes von Puerto Rico nach Hurrikan Maria forderte über 3.000 Todesopfer.
  • Eine Feuersbrunst im Jahr 2018 („Camp Fire“), ausgelöst durch fehlerhafte Stromleitungen, zerstörte die Stadt Paradise in Kalifornien und forderte 85 Todesopfer.

In diesem Jahr sind im pazifischen Nordwesten und in British Columbia Hunderte von Menschen infolge einer beispiellosen Hitzewelle gestorben. Ganz normale Sommerregen in Detroit (Michigan) überfordern die Infrastruktur und führen immer wieder zu Überschwemmungen auf Autobahnen und vollgelaufenen Kellern. Auch ist die Waldbrandsaison im Westen der USA schon jetzt die schlimmste seit Beginn der Aufzeichnungen: Allein in Kalifornien sind mehr als 1,7 Millionen Hektar verbrannt.

Vor allem aber hat die herrschende Klasse mit dem Ziel der „Herdenimmunität“ zugelassen, dass die Covid-19-Pandemie in der amerikanischen Bevölkerung wütet und nach offiziellen Angaben in weniger als zwei Jahren mehr als 650.000 Menschen getötet hat. Als der Hurrikan Ida auf verheerende Weise auf Louisiana traf, waren die Krankenhäuser bereits mit Covid-19-Patienten überfüllt, so dass nur wenig Platz für die Sturmopfer blieb. Als die Intensivstation eines Krankenhauses keinen Strom mehr hatte, mussten die Patienten von Hand beatmet werden, bis sie in eine Etage mit Stromanschluss verlegt werden konnten.

Offenkundig ist der Kapitalismus unfähig, die Folgen der saisonalen Stürme und des Klimawandels zu bewältigen, der die Wetterphänomene so verschlimmert hat. Die Wissenschaft haben schon lange vor den Folgen gewarnt. Wie die Pandemie klar zeigt, ist die kapitalistische Gesellschaft, die alles dem privaten Profit unterordnet, nicht in der Lage, die Probleme der Menschheit noch auf fortschrittliche Weise zu lösen.

Nur die Arbeiterklasse kann mit einem sozialistischen Programm die Gesellschaft verändern, um Leben zu retten, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen und die brennenden Fragen unserer Zeit zu lösen.

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