Großbritannien: Im Fall der grundlosen Entlassung von David O'Sullivan wird Metroline Vertagung gewährt

Das Arbeitsgericht von Watford hat einen Antrag des Busunternehmens Metroline bewilligt, die Voruntersuchung im Verfahren zur ungerechtfertigten Entlassung des Londoner Busfahrers David O'Sullivan zu vertagen. O'Sullivan war am 3. Februar entlassen worden, nachdem er seine Kollegen vor der Ausbreitung von Covid-19 gewarnt und auf seinem Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz beharrt hatte.

O'Sullivans Anwalt erhielt am Dienstag einen Brief des Arbeitsgerichts, laut dem der Arbeitsrichter Stephen Bedeau über den Antrag auf Vertagung von Metroline entschieden und geschrieben hatte: „Der Antrag des Beklagten ist gewährt. Er wurde rechtzeitig nach Bekanntgabe der Vorverhandlung gestellt.“

Ein neuer Gerichtstermin steht noch nicht fest. Die Parteien wurden angewiesen anzugeben, wann sie in den nächsten sechs Monaten nicht erscheinen könnten. In den Gerichten gibt es aufgrund der Pandemie lange Verzögerungen, was von zahlreichen Anwälten und Bürgerrechtsorganisationen kritisiert wurde.

Der Bericht von MyLondon über O'Sullivans ungerechtfertigte Entlassung (Screenshot mylondon)

Metroline hatte den Antrag auf Vertagung am 18. August an das Gericht gestellt. O'Sullivans Anwalt von der Kanzlei Leigh Day war der Antrag am 18. Oktober vorgelegt worden. Metrolines Anwaltskanzlei Fidelity Law teilte dem Gericht mit, dass sie keine korrekte E-Mail-Adresse von O'Sullivans Anwalt hatte und Leigh Day deshalb nicht über den Antrag informieren konnte.

Clare Nicolaou, beratende Anwältin bei Fidelity Law, teilte dem Arbeitsgericht mit, dass eine Vertagung beantragt werde, weil sie am gleichen Tag bei einer anderen Anhörung für Metroline in Watford erscheinen müsse. Sie erklärte, ihre Kollegin Ms Norris könne ebenfalls nicht teilnehmen, weil sie Metroline bei einer viertägigen Anhörung im London Central Tribunal vertritt.

O’Sullivans Anwälte legten Einspruch gegen den Vertagungsantrag von Metroline ein und bezeichneten die genannten Gründe als unglaubwürdig.

Die Anwälte von Leigh Day argumentierten in einem Schreiben an das Arbeitsgericht Watford vom 19. Oktober: „Der Kläger [O'Sullivan] sieht nicht ein, warum die Beklagte [Metroline] oder ihre Repräsentanten nicht in der Lage sind, ihren Rechtsbeistand anzuweisen, die Angelegenheit in ihrem Auftrag zu erledigen.

Laut den Geschäftsbilanzen der Beklagten bis zum 31. Dezember 2020, die am 13. September 2021 vorgelegt wurden, betrug der Umsatz der Beklagten 343 Millionen Pfund, der Betriebsgewinn 4,5 Millionen Pfund. Die Behauptung, die Beklagte habe nicht die Mittel, ihren Rechtsbeistand anzuweisen, die Anhörung in ihrem Interesse durchzuführen, ist nicht glaubwürdig.“

Leigh Day schrieb weiter: „Angesichts der Tatsache, dass die ET1 [die Klage gegen ungerechtfertigte Entlassung] am 9. Februar 2021 eingereicht wurde und die Vorverhandlung erst neun Monate später stattfinden sollte, ist eine weitere Vertagung vor der Bekanntgabe der Anordnungen für den Kläger inakzeptabel, vor allem weil die Beklagte keine vernünftigen Gründe nennen kann, warum die Angelegenheit überhaupt vertagt werden sollte.“

Ein Fall von großem öffentlichen Interesse

Metrolines Antrag auf Vertagung könnte darauf hindeuten, dass das Unternehmen wegen des zunehmenden öffentlichen Interesses an dem Fall nervös wird. Im September wurde O'Sullivans Fall im BBC Radio 4 erwähnt, in der Sendung „Occupational Hazard: The bus drivers who died from Covid“ (Berufsrisiko: die Busfahrer, die an Covid starben). Am letzten Dienstag brachte MyLondon einen bedeutenden Bericht über O'Sullivans Rechtsstreit. MyLondon wird von Reach PLC veröffentlicht und ist das meistgelesene Nachrichtenmedium der Hauptstadt. Laut Daten von Ipsos Iris wurde die Webseite im September 31 Millionen Mal aufgerufen.

Der Artikel trug den Titel „Londoner Busfahrer entlassen, nachdem er ‚Vertuschung von Covid-Ausbrüchen in Busdepots aufgedeckt‘ hat“ und hielt sich auch sonst nicht zurück: „David O'Sullivan... erklärt, dass die Busunternehmen, Behörden und Gewerkschaften auf dem Höhepunkt der Pandemie nicht genug zum Schutz der Busfahrer getan haben.“

Das Metroline-Busdepot im Londoner Stadtteil Cricklewood (WSWS Media)

Der Korrespondent für Verkehrsfragen, Callum Marius, erklärte, dass O'Sullivans Klage gegen ungerechtfertigte Entlassung von Vielen als „Präzedenzfall für Covid-Whistleblower“ angesehen werde, und erklärte die wichtigsten Hintergründe, warum sich O'Sullivan auf Abschnitt 44 des Employment Rights Act in seinem Busdepot bezog.

O’Sullivan erklärte gegenüber MyLondon: „Die Busfahrer mussten selbst für ihren Schutz sorgen: Klebstreifen über die Löcher in der Scheibe der Fahrerkabine kleben, die Sitze in der ersten Reihe entfernen, damit keine Fahrgäste neben ihnen sitzen können, die mittleren und hinteren Türen öffnen. Und dafür wurden sie abgemahnt.

Wenn Fahrer starben, haben wir das weder von TfL [Transport for London] oder den Busunternehmen erfahren, sondern nur durch die sozialen Netzwerke. Es war ein Skandal. [Die Busfahrergewerkschaft] Unite und die Firma [Metroline] haben uns nicht informiert. ... Ich habe herausgefunden, dass allein in meinem Depot 12 Fahrer mit Covid infiziert waren.

Es war so unerträglich, dass ich beschlossen habe, die Arbeiter über ihre Rechte gemäß Abschnitt 44 des Employment Rights Act zu informieren. Es ging mir nicht nur um mich. Das ist ein Präzedenzfall für die Verteidigung der Busfahrer in ihrer tragischen Lage.“

Metroline und Transport for London kommen in dem Artikel mit ihren pauschalen Dementis und leeren Behauptungen, sie hätten die Fahrer während der Pandemie geschützt, schlecht weg. Ein anonymer Sprecher von Metroline erklärte, O'Sullivan wurde entlassen, weil er „Metrolines Ruf durch die Verbreitung falscher und schädigender Informationen gefährdet hat“ und „eine massenhafte Arbeitsniederlegung“ organisieren wollte. O'Sullivan wird bei der Anhörung den Behauptungen des Unternehmens entgegentreten.

Im Januar hatten sich nach O'Sullivans Kenntnisstand 12 Beschäftigte seines Busdepots mit Covid-19 infiziert. Bei einer Anfrage kam später heraus, dass sich zwischen Oktober 2020 und Januar 2021 in Cricklewood 46 Fahrer angesteckt hatten.

Seit Beginn der Pandemie sind 70 Beschäftigte der Londoner Busunternehmen an Covid-19 gestorben.

O’Sullivan erklärte gegenüber MyLondon: „Die Busfahrer haben während der ganzen Pandemie durchgearbeitet. Wer hält London und das Land am Laufen? Die systemrelevanten Arbeiter wie Busfahrer, Ärzte und Pflegekräfte – die mit dem Bus zur Arbeit in London fahren. Aber für die Busfahrer wurden erst in letzter Minute minimale Schutzmaßnahmen umgesetzt. Profite waren wichtiger als Menschenleben.

Meine toten Kollegen sind Töchter und Söhne, Mütter und Väter, deren Tod durch einfache Präventionsmaßnahmen vermeidbar gewesen wäre. Wir brauchen in den Depots ein vollständiges Verfolgungs- und Rückverfolgungssystem, transparente Berichterstattung über Infektionszahlen, eine Verringerung der Arbeitszeiten, damit Fahrer ausreichend Pausen bekommen und die Zeit haben, alles ordentlich zu säubern. [...] TfL setzt das in keiner Weise um.

Deshalb ist mein Fall wichtig. Familien wollen Untersuchungen, Kommissionen, und wir hatten so etwas bisher ganz prinzipiell nicht. Ich hoffe, dieser Fall wird zum Präzedenzfall für die Aufdeckung von Vertuschungen.“

Der Artikel vom Dienstag wurde von Fahrern auf Facebook und WhatsApp geteilt und erhielt zahlreiche „Likes“, Emoticons und zustimmende Kommentare. Viele verurteilten die Komplizenschaft von Unite bei O'Sullivans Entlassung, in Kommentaren hieß es u.a.: „Wo ist die Gewerkschaft?“ und „Es geht nur um Leistung und Profit“.

Die Fahrer schickten auch direkte Glückwünsche an O'Sullivan. Ein Kollege schrieb: „Als Metroline dich entlassen hat, war ich gerade in unbezahltem Urlaub. Aber ich verfolge alle Informationen über deine Klage auf Wiedereinstellung auf WhatsApp. Lieber David, ich wünsche dir viel Glück in deinem Kampf um Wiedereinstellung!“

Obwohl die Vorverhandlung vertagt wurde, muss O'Sullivan bald über Crowdfunding 20.000 Pfund Gerichtsgebühren zusammenbringen, 6.723 Pfund fehlen noch. Diese Mittel werden benötigt, um die Honorare der Anwälte zu zahlen, die gegen den Kronanwalt von Metroline antreten werden.

O'Sullivan erklärte gegenüber MyLondon: „Die Reaktionen waren bisher großartig. Ich bekam Unterstützung von Leuten aus Frankreich, Amerika, Kanada, Neuseeland und Deutschland. Ich möchte mich bei allen bedanken, die auch nur einen kleinen Betrag gespendet haben, weil es wirklich etwas bewirkt und wir es brauchen, um das Richtige zu tun.“

Die WSWS ruft ihre Leser dazu auf, diesen Präzedenzfall für die Rechte systemrelevanter Arbeiter zu unterstützen und die Crowdfunding-Kampagne zu unterstützen.

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