Weißes Haus erwägt Entsendung von 50.000 Soldaten nach Osteuropa

Wie die New York Times am Sonntag meldete, erwägt die Biden-Regierung die Stationierung von zehntausenden Soldaten an der Grenze zu Russland und der Ukraine. Trotz der fadenscheinigen Versuche, dies als Verteidigung der ukrainischen Souveränität darzustellen, wird offensichtlich, dass Washington eine militärische Eskalation vorbereitet, um einen Krieg gegen Russland – eine der weltgrößten Atommächte –zu provozieren.

Offenbar hat Biden mit Pentagon-Strategen über Pläne zur Stationierung von 1.000 bis 5.000 Soldaten in Rumänien und den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen diskutiert. Diese Zahl könnte um das Zehnfache auf 50.000 erhöht werden. Erst kurz zuvor hatte Washington angekündigt, der ukrainischen Regierung Waffen zum Bau von Raketenbasen zur Verfügung zu stellen, von denen aus innerhalb von Minuten Angriffe auf Moskau durchgeführt werden könnten.

Zum Nato-Manöver „Atlantic Resolve“ werden in Antwerpen amerikanische Panzer entladen (AP Photo/Francisco Seco)

Die New York Times räumt ein, dass diese Entscheidung ein „deutlicher Wendepunkt für die Biden-Regierung wäre... ein Abrücken von ihrer Strategie, nicht zu provozieren“. Sie erwähnt auch die Forderungen des ehemaligen hohen Pentagon-Planers Jim Townsend, der eine massive Aufrüstung in ganz Europa verlangt, weil er davon ausgeht, dass es zum Krieg mit Russland kommen wird.

„Es ist wahrscheinlich zu wenig und zu spät, um Putin noch abzuschrecken. Wenn die Russen in ein paar Wochen in die Ukraine einmarschieren, wären diese 5.000 [US-Soldaten] nur der Anfang einer viel größeren Präsenz der USA und ihrer Verbündeten. Westeuropa sollte wieder ein Militärlager sein.“

Am Sonntag wies Washington die Familien von Diplomaten und US-Staatsbürger an, „aufgrund der anhaltenden Gefahr russischer Militäraktionen“ die Ukraine zu verlassen. Ein solcher Schritt wird normalerweise nur unternommen, wenn ein Krieg unmittelbar bevorsteht.

Colonel Alexander Vindman, der an Spitzengesprächen zwischen Washington und dem ukrainischen Regime beteiligt war, schilderte am Sonntag ganz offen die Kalkulationen der USA. Er forderte in einem Interview mit MSNBC provokante Nato-Waffenlieferungen an die Ukraine, direkt vor die russische Grenze, und erklärte: „Diese Dinge sind bereits in Bewegung. Es ist fast sicher, dass es dazu kommen wird, und jetzt ist es Zeit, die letzten Schritte zu unternehmen.“

Vindman behauptet, die Nato sei „praktisch zu einem Kurs gezwungen“, und begrüßt die Kriegspläne: „Warum ist das für die amerikanische Öffentlichkeit wichtig? Es ist wichtig, weil wir kurz vor dem größten europäischen Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg stehen. Es wird eine massive Stationierung von Luftstreitkräften, Langstreckenartillerie, Marschflugkörpern und anderen Dingen kommen, wie wir sie seit mehr als 80 Jahren in der europäischen Landschaft nicht mehr erlebt haben. Es wird kein sauberes oder steriles Umfeld sein.“

Der Vorwand für diesen Krieg – die Nato würde die ukrainische Demokratie und ihre nationale Souveränität verteidigen – ist Betrug. Das rechtsextreme Regime in Kiew wurde im Februar 2014 durch einen von den USA und Deutschland unterstützten Putsch gegen eine pro-russische Regierung eingesetzt. Seither sind Washington und die anderen Nato-Mächte damit beschäftigt, die Ukraine als Basis für Operationen gegen Russland aufzurüsten. Diese Pläne werden jetzt dramatisch ausgeweitet.

Am Montag begann im Mittelmeer die Nato-Militärübung „Neptune Strike 22“, die bis zum 4. Februar andauert. An dieser Übung ist u.a. der Flugzeugträger USS Harry Truman beteiligt. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums John Kirby erklärte am Freitag, es gehe dabei nicht um Szenarios, die „im Zusammenhang mit der Ukraine eintreten könnten“. Allerdings machte er deutlich, dass die Manöver durchaus dazu dienen, Russland wegen der Ukraine zu drohen.

Er erklärte, die Stationierung von russischen Truppen auf eigenem Staatsgebiet nahe der ukrainischen Grenze „gibt weiterhin Anlass zur Besorgnis ... Wir werden sicherstellen, dass wir Optionen bereit haben, um unsere Verbündeten zu beruhigen, vor allem diejenigen an der Ostflanke der Nato. Wenn es zu einem weiteren Eindringen kommt und sie diese Zusicherung brauchen, wenn die Kapazitäten ausgeweitet werden müssen, dann werden wir das tun.“

„Neptune 22“ ist nur eine von vielen Nato-Aktivitäten, durch die Russland mit Truppen in erheblicher Stärke umstellt wird. Am 20. Februar wird im Mittelmeer die U-Boot-Abwehrübung „Dynamic Manta 22“ beginnen, am 22. Februar die Übung „Dynamic Guard“ in Norwegen. Diese werden übergehen in „Cold Response 2022“. An dem größten Militärmanöver in Norwegen seit den 1980ern werden 35.000 Personen aus 26 Staaten teilnehmen, darunter 14.000 Soldaten, 13.000 Seemänner und 8.000 Luftwaffensoldaten und sonstiges Personal. Berichten zufolge sind die ersten Truppen bereits vor Ort und haben die Übungen begonnen. An der Übung sind auch Einheiten der Bundeswehr beteiligt.

Die europäischen Mächte unterstützen den Kriegsaufmarsch. Am Montag verkündete die Nato, eine Reihe europäischer Mitgliedstaaten - darunter Frankreich, Spanien, Dänemark und die Niederlande - würden weitere Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in die Ostsee und nach Osteuropa schicken. Auf ihrem Treffen in Brüssel verurteilten die EU-Außenminister in einer gemeinsamen Erklärung Russlands „anhaltende aggressive Handlungen... gegen die Ukraine“ und drohten Moskau mit weiteren Sanktionen.

Die Behauptung der EU und der Nato, Russland würde diese Konfrontation forcieren, sind offenkundig absurd. Die Nato kritisiert Russland, weil es Truppen auf seinem eigenen Boden stationiert, verschickt jedoch selbst tödliche Waffen an Russlands Grenzen. Ein beträchtlicher Teil der herrschenden Elite der Nato-Staaten drängt auf einen Krieg mit Russland und äußert Spekulationen über dessen Absichten, um Kriegsgründe zu konstruieren.

Die britische Regierung, die von einem Skandal um das Verhalten von Premierminister Boris Johnson in der Corona-Pandemie erschüttert wird, zettelte am Sonntag eine weitere Provokation gegen Moskau an. Am Samstag erklärte die britische Außenministerin Liz Truss, Moskau bereite einen Putsch vor, um ein pro-russisches Regime in Kiew zu installieren. Dieser provokante Vorwurf, für den London keine Beweise vorlegt, hat sich aufgrund seiner Absurdität rasch in Luft aufgelöst.

Truss hatte erklärt: „Wir haben Informationen, die darauf hindeuten, dass die russische Regierung einen pro-russischen Herrscher in Kiew einsetzen will, während sie über die Besetzung der Ukraine nachdenkt. Als potenzieller Kandidat gilt der ehemalige ukrainische Abgeordnete Jewgen Murajew.“

Truss erklärte weiter: „Die Informationen, die heute veröffentlicht werden, bieten Einblick in das Ausmaß der russischen Aktivitäten, deren Ziel die Unterwanderung der Ukraine ist, und in die Denkweise des Kreml ... Wie Großbritannien und unsere Partner mehrfach erklärt haben, wäre jedes Eindringen des russischen Militärs in die Ukraine ein massiver und folgenschwerer strategischer Fehler.“

Diese Anschuldigung wurde nach kurzer Zeit widerlegt: Murajew, der angebliche Anführer von Londons hypothetischem Putsch, wies darauf hin, dass ihm in Russland ein Einreiseverbot droht und dass seine Gelder eingefroren wurden. Gegenüber dem britischen Observer erklärte er: „Sie haben mir den Abend versüßt. Das britische Außenministerium scheint verwirrt zu sein. Es ist nicht sehr logisch. Ich bin aus Russland verbannt. Außerdem wurde das Geld der Firma meines Vaters beschlagnahmt.“

Dennoch übernahm der Nationale Sicherheitsrat der USA dieses Märchen, um Russland anzugreifen. Seine Sprecherin Emily Horne erklärte: „Diese Verschwörungen sind zutiefst beunruhigend. Die ukrainische Bevölkerung hat das souveräne Recht, ihre eigene Zukunft zu bestimmen, und wir stehen unseren demokratisch gewählten Partnern in der Ukraine bei.“

Das russische Außenministerium wiederum wies die Behauptung zurück: „Die Verbreitung von Desinformationen durch das britische Außenministerium ist ein weiterer Beweis dafür, wie die Nato-Staaten, allen voran die angelsächsischen, die Spannungen um die Ukraine verschärfen. Wir fordern das britische Außenministerium auf, seine provokanten Aktivitäten einzustellen.“

Die Kampagne ist nur eine Fortsetzung der US- und Nato-Interventionen gegen russische Verbündete in der Ukraine und Syrien, wo die Nato seit mehr als zehn Jahren einen Stellvertreterkrieg führt. Es handelt sich außerdem um einen skrupellosen Versuch, die inneren Klassen- und sozialen Spannungen, die im dritten Jahr der Corona-Pandemie ein explosives Ausmaß erreichen, nach außen zu lenken. Die Erwägungen der Regierungen der großen kapitalistischen Staaten sind zunehmend von Verzweiflung geprägt.

Die Nato-Mächte und die postsowjetische Kleptokratie in Russland haben der Arbeiterklasse allesamt die katastrophale Politik des „Lebens mit dem Virus“ aufgezwungen. In den Nato-Staaten gab es bisher mehr als zwei Millionen Tote, in Russland mehr als 326.000. Alleine letzte Woche kam es zu mehr als dreizehn Millionen Neuinfektionen und 28.000 zusätzlichen Todesfällen in den Nato-Staaten, in Russland waren es mindestens 270.000 Infektionen und 4.799 Tote. Trotz dieser Entwicklung beenden die Regierungen die Gesundheitsschutzmaßnahmen zur Eindämmung des Virus und lassen stattdessen seine beschleunigte Ausbreitung zu.

Seit Beginn des Jahres kam es in den USA, Griechenland, Frankreich und Italien zu Massenprotesten und Streiks gegen die offizielle Pandemiepolitik. Es ist klar, dass die imperialistischen Großmächte, während sie ihre Politik der Durchseuchung und des Todes gegen den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse durchsetzen wollen, auch den Kurs auf Militarismus, Polizeistaatsherrschaft und Kriege verschärfen, die Millionen und Milliarden Menschenleben bedrohen.

Um die herrschende Klasse daran zu hindern, die Welt in den Abgrund zu stürzen, muss der wachsende internationale Widerstand von Arbeitern und Jugendlichen organisiert und auf die Grundlage einer sozialistischen Perspektive gegen Krieg und für ein Ende der Pandemie gestellt werden. Den verantwortungslosen und historisch diskreditierten herrschenden Eliten muss die Kontrolle über die Ressourcen der Gesellschaft entrissen werden. Dies erfordert die revolutionäre Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System.

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