Frankreichs Präsidentschaftskandidaten unterstützen Nato-Kriegskurs gegen Russland

Die russische Offensive in der Ukraine und die Kriegsvorbereitungen der Nato provozieren mitten in Europa einen militärischen Flächenbrand. Gleichzeitig vertieft sich in Frankreich die Kluft zwischen der breiten arbeitenden Bevölkerung und den Präsidentschaftskandidaten der großen Parteien.

Die Arbeiter sind gegen einen Krieg, auf den sich sämtliche kapitalistischen Regierungen zubewegen. Laut einer Umfrage für CNews vom 24. Februar lehnen 70 Prozent der französischen Bevölkerung eine direkte französische Militärintervention in der Ukraine ab. Schon im Jahr 2015 ergab eine andere Umfrage, dass in Deutschland 77 Prozent der Bevölkerung, in Italien 65 Prozent, in Spanien 66 Prozent und in Frankreich 59 Prozent Waffenlieferungen an das ukrainische Regime gegen Russland ablehnten.

Die Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour, Anne Hidalgo, Valérie Pécresse und Christiane Taubira (Wikimedia Commons)

Im Gegensatz dazu unterstützen praktisch alle französischen Präsidentschaftskandidaten die Eskalation der militärischen und finanziellen Drohungen der Nato gegen Russland, einschließlich der Bewaffnung des ukrainischen Regimes. Insbesondere stellen sie sich gegen die Arbeiter, die die große Mehrheit der Wählerschaft ausmachen, und unterstützen die Manöver der imperialistischen Nato-Mächte, die zu einem dritten Weltkrieg führen könnten.

Der Amtsinhaber Emmanuel Macron hat sich bisher noch nicht zum Kandidaten küren lassen. Macron hat Putin aufgefordert, „seine Militäroperation sofort einzustellen“, und hat behauptet: „Frankreich erklärt sich solidarisch mit der Ukraine. Es steht den Ukrainern zur Seite und arbeitet mit seinen Partnern und Verbündeten zusammen, um den Krieg zu beenden.“ Sein Außenminister Jean-Yves Le Drian äußerte sich bedrohlicher und erinnerte Russland daran, dass auch die Nato „ein Bündnis von Atommächten“ sei. Danach versprach er, die westlichen Sanktionen würden Russland „ins Herz treffen“.

Die Kandidatin der rechten Les Républicains (LR), Valérie Pécresse, verurteilte „den Krieg, den Russland in der Ukraine begonnen hat, aufs Schärfste“. In einem Tweet erklärte sie: „Die Reaktion Frankreichs und Europas muss energisch, koordiniert und hart sein.“

Die drastische Haltung der traditionellen Regierungsparteien ermöglicht es der rechtsextremen Marine Le Pen, sich als Vertreter eines weniger aggressiven Kurses hinzustellen. Le Pens Rassemblement National (RN) wird oft für seine angeblichen Beziehungen zu Putin kritisiert, wobei Marine Le Pen den Überfall auf die Ukraine verurteilt hat. Sie forderte, Frankreich müsse „die Initiative zu einem diplomatischen Treffen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ergreifen“.

Der Journalist Eric Zemmour, der das Vichy-Regime verteidigt, verurteilte den Überfall und forderte Macron auf, so schnell wie möglich nach Moskau und Kiew zu reisen, um einen Waffenstillstand auszuhandeln. Er forderte außerdem die Stärkung der französischen Militärmacht, damit sich Frankreich, wie er sagte, sowohl den USA als auch Russland entgegenstellen könne.

Die bösartigste Kritik kam von den Parteien, welche die Medien fälschlich als „links“ bezeichnen. Die Kandidatin der Parti Socialiste (PS) und Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, verurteilte „höchst energisch den brutalen Angriff, den Wladimir Putin angeordnet hat“, und forderte eine „nachdrückliche Reaktion auf diesen ungerechtfertigten und kriminellen Akt“.

Die ehemalige Justizministerin und Präsidentschaftskandidatin der Parti Radical, Christiane Taubira, erklärte auf Twitter: „Das ist Krieg, und auf dieser Ebene müssen Frankreich, die Europäische Union, der Europäische Rat, die OSZE und die UN auch reagieren.“

Keiner dieser Präsidentschaftskandidaten machte sich die Mühe, die politischen und historischen Verkettungen zu erklären, die zu dem russischen Überfall auf die Ukraine geführt haben, oder die Auswirkung einzuschätzen, die es haben wird, wenn die Nato ihre Drohungen wahr macht und Raketen und andere Waffen für den Kampf gegen das russische Militär in die Ukraine schickt.

Der US-Imperialismus hat die stalinistische Auflösung der UdSSR im Jahr 1991 als Chance gesehen, um seine globale Hegemonie durchzusetzen. In dem Zusammenhang wurde Jugoslawien zerstückelt, Kriege wurden im ganzen Nahen Osten und in Afrika entfesselt, in Osteuropa wurden Farbenrevolutionen unterstützt, und in der Ukraine wurde im Jahr 2014, gestützt auf rechte Kräfte, ein Putsch gegen das prorussische Regime organisiert. Zwar erlitten die USA und ihre Verbündeten im Irak und in Afghanistan ein Debakel, doch dies beschleunigte nur die Entwicklung zu einer umfassenden Konfrontation zwischen den imperialistischen Mächten und Russland, sowie auch China.

Putin hat seinen reaktionären Überfall mit nationalistischer und antikommunistischer Rhetorik rechtfertigt. Dies steht im Einklang mit den Interessen der kapitalistischen Oligarchenschicht, die aus der Restauration des Kapitalismus in der UdSSR 1991 hervorgegangen ist. Doch um die rapide steigende Kriegsgefahr zu stoppen, muss der spontane Widerstand der Arbeiter gegen Putins konterrevolutionären Krieg auch und vor allem gegen die blutige Politik der imperialistischen Nato-Mächte gerichtet werden.

Als die Nato Russland mit einer möglichen Bewaffnung der Ukraine drohte, benutzte sie das Land faktisch als Köder, um Russland in einen Krieg zu locken.

Um die Gefahr eines katastrophalen Kriegs abzuwenden müssen die Arbeiter ihre Kämpfe vereinen und eine internationale Antikriegsbewegung aufbauen. Dies erfordert einen grundlegenden und kompromisslosen Bruch mit den etablierten Parteien und den korrupten nationalen Gewerkschaften.

Jean-Luc Mélenchon hat in einer Erklärung zur Ukraine ein „sofortiges Treffen der OSZE“ gefordert, um einen sofortigen Waffenstillstand und den Rückzug aller ausländischen Truppen aus der Ukraine durchzusetzen. Auf der Grundlage von Spekulationen über die Psychologie des russischen Präsidenten und seiner Berater gab er die folgende Einschätzung zum Krieg ab: „Russland greift die Ukraine an. Eine Initiative purer Gewalt, die den Willen zu unbegrenzter Macht ausdrückt. Damit wird eine unerträgliche Eskalation provoziert.“

Mélenchons Forderung nach einem Treffen der OSZE läuft darauf hinaus, dass die Arbeiter vom Klassenkampf Abstand nehmen und stattdessen der Diplomatie der kapitalistischen Staaten die Initiative überlassen sollen. Weil Mélenchon nicht in der Lage ist, für die Mobilisierung der Arbeiter in Russland, der Ukraine und den größten imperialistischen Staaten gegen Krieg zu kämpfen, schürt er die Illusion, dass Diplomatie auf der Grundlage des Nationalstaatensystems den Kriegskurs aufhalten könne. In Wirklichkeit verschärfen die Nato und Russland jedoch ihre militärischen und wirtschaftlichen Drohungen.

Es ist das Gegenteil einer fortschrittlichen Lösung, die nur darin bestehen kann, die Arbeiter weltweit gemeinsam in einer Streik- und Demonstrationsbewegung gegen Krieg zu mobilisieren. Es sei daran erinnert, dass Mélenchon bei der letzten Wahl 2017 sieben Millionen, bzw. 20 Prozent der Stimmen erhalten hat. Doch er fordert nicht die Mobilisierung seiner Wähler in Streiks und Protesten gegen den Krieg, sondern schlägt dem Staat und seinen imperialistischen Strategen verschiedene taktische Initiativen zur Verteidigung ihrer eigenen Interessen vor.

Der Überfall auf die Ukraine und die Reaktion darauf entlarvt den Klassencharakter von Mélenchon und seiner Partei La France Insoumise (LFI). Sie hat die Kriege des französischen Imperialismus unterstützt, vor allem die Kriege in Afrika: in Libyen und Mali. Während Macrons fünfjähriger Amtszeit hat Mélenchon die Einführung der Wehrpflicht unterstützt, eine Erhöhung des Militäretats gefordert und die Gefahr eines Kriegs mit Russland verharmlost.

Seine Forderungen nach einer schnelleren Erhöhung des Militäretats machen seine militaristische Klassenperspektive deutlich: „Wir kritisieren dieses Militärplanungsgesetz, weil es versucht, es allen recht zu machen“, schreibt Mélenchon. „Und ich erinnere daran, dass [der ehemalige Oberbefehlshaber der Armee] General de Villiers bei seinem Rücktritt im Juli erklärte, er brauche eine sofortige Erhöhung dieser Mittel, deshalb müssen sie sofort steigen und am Ende stabil werden.“

LFI wurde im Jahr 2017 als eine Art Falle für die Millionen Menschen aufgebaut, die für Mélenchon stimmten oder sich per Internet an der Partei beteiligten. Sie applaudierten, als die LFI einige taktische Kritikpunkte an der PS äußerte und die endlose Sparorgie in Europa und imperialistische Verbrechen, z.B. Trumps Luftangriffe auf Syrien im April 2017 kritisierte. Doch die Kritik der LFI war rein taktisch und betrügerisch. Trotz dieser Kritik agiert die Führung von LFI als kleinbürgerliche Unterstützung von Krieg und Militarismus.

Arbeiter, die den verheerenden Kurs auf einen großen Krieg aufhalten wollen, müssen mit einer derart zynischen und untauglichen Politik brechen. Unabhängig von solchen Kräften und gegen sie müssen sich Arbeiter in ganz Europa und weltweit zu einer Antikriegsbewegung zusammenschließen.

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