Frankreichs Präsident Macron unterstützt Nato-Kriegskurs gegen Russland

Am Mittwochabend hielt der französische Präsident Emmanuel Macron zur Hauptsendezeit eine Fernsehansprache an die Nation über den rasch eskalierenden Krieg zwischen Russland und dem Nato-freundlichen Regime in der Ukraine. Am Tag darauf verkündete er seine erneuten Kandidatur zur französischen Präsidentschaftswahl im nächsten Monat.

Präsident Emmanuel Macron mit Nato-Mitgliedern im Hauptquartier der französischen Armee in Paris, 25. Februar 2022 (AP Photo/Michel Euler, Pool)

Nur kurz vor seiner Rede wurde eine Umfrage veröffentlicht, laut der 70 Prozent der französischen Bevölkerung eine Beteiligung an dem Konflikt ablehnen. Doch trotz dieses Widerstands der Bevölkerung schickt Macron französische Truppen in den ukrainischen Nachbarstaat Rumänien und Kriegsschiffe sowie Kampfflugzeuge in die Region. Seine Rede war deshalb darauf ausgelegt, die Arbeiter in Bezug auf die Gefahr eines Kriegs zwischen Russland und der Nato einzulullen. Gleichzeitig forderte er die Bevölkerung auf, die Kriegspolitik der Nato zu unterstützen und ein massives Blutvergießen und immense wirtschaftliche Opfer zu akzeptieren.

Macron verurteilte „den brutalen Angriff“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin „auf die Ukraine am 24. Februar“ und warnte: „Die kommenden Tage werden vermutlich immer schwieriger. ... Das Gleichgewicht auf unserem Kontinent und viele Aspekte unseres täglichen Lebens haben sich durch diesen Krieg bereits geändert. In den kommenden Monaten wird es noch weitere tiefgreifende Änderungen geben.“

Macron forderte die Bevölkerung auf, die Politik der Nato zu unterstützen, wobei er betrügerischerweise ausschließlich das russische Regime für den Krieg verantwortlich machte. Der Kreml hat zwar den Einmarsch befohlen, die Nato-Mächte haben jedoch Russland systematisch bedroht, die Verhandlungen abgebrochen und Putin so zu einem militärischen Vorgehen provoziert. Deshalb basiert Macrons Appell an die französische Bevölkerung, die Nato gegen Russland zu unterstützen, auf einer Reihe von Lügen, Verzerrungen und Halbwahrheiten.

Er erklärte: „Weder Frankreich, noch Europa, noch die Ukraine, noch die Nato wollten diesen Krieg. Im Gegenteil, wir haben alles getan, was wir konnten, um ihn zu verhindern.“ Er wies auf seine eigenen Verhandlungen mit Putin hin und fügte hinzu: „Der US-Präsident hat nach dem persönlichen Treffen mit Präsident Putin in Genf im Juni 2021 deutlich gemacht, dass er zu Verhandlungen bereit ist. Präsident Putin hat sich für den Krieg entschieden und alleine und bewusst alle Versprechen gegenüber der Staatengemeinschaft gebrochen.“

Macron überging seine eigenen, offensichtlich gescheiterten Versuche, mit Putin zu verhandeln. Doch auch die Behauptung, US-Präsident Joe Biden sei „zu Verhandlungen bereit“ gewesen, ist falsch. Biden hatte erklärt, er respektiere Putins „rote Linien“ nicht und Washington werde tun, was ihm gefällt, selbst nachdem Putin gewarnt hatte, dass dies Überschreiten einer „roten Linie“ zum Krieg führen könnte. Alle großen Nato-Mächte beharrten dann darauf, dass die Ukraine die Option haben sollte, der Nato beizutreten. Danach hätte die Nato direkt an der russischen Grenze gegen Russland gerichtete Waffen stationieren können.

Macron versuchte, die Argumente für den Überfall vonseiten der russischen Regierungsvertreter, die auf die aggressive Rolle der Nato hingewiesen hatten, zurückzuweisen. Er erklärte: „Die Nato hat momentan weder Truppen noch Stützpunkte in der Ukraine. Das sind Lügen. Ebenso wenig ist dieser Krieg ein Kampf gegen ,Nazismus‘, wie es eine unerträgliche Propaganda behauptet. Auch das ist gelogen.“

Es stimmt zwar, dass technisch keine Nato-Truppen dauerhaft in der Ukraine stationiert sind, doch Macrons Äußerung ist bestenfalls eine zynische Ausflucht. Im Februar 2014 unterstützten die Nato-Mächte einen Putsch unter Führung der Neonazis vom Rechten Sektor, der zur Einsetzung einer Nato-freundlichen Regierung in der Ukraine führte. Seither haben CIA-Berater und US-Söldner des Unternehmens Academi (ehemals Blackwater) die ukrainischen Truppen bei Angriffen auf russischsprachige Gebiete in der Ukraine unterstützt.

Putins Behauptung, er wolle die Ukraine „entnazifizieren“ ist eine politische Lüge. Sein eigenes Regime basiert auf engen Bündnissen mit rechtsextremen Gruppen. Doch Macron ging über die enorme Rolle hinweg, die Neonazi-Kräfte wie der Rechte Sektor oder das Asow-Bataillon im ukrainischen Nato-Marionettenregime spielen. Tatsächlich kamen im letzten Jahr Berichte auf, laut denen das FBI gegen amerikanische Neonazis ermittelt, die in der Ukraine für das Nato-freundliche ukrainische Regime gekämpft haben. Ihnen werden die Ermordung von nicht am Kampf Beteiligten und deren Beerdigung in Massengräbern vorgeworfen.

Ein schreiender Widerspruch in Macrons Rede war, dass er die Politik der Nato als gemäßigt und Russlands Vorgehen als völlig unprovoziert beschrieb, aber auch auf das aggressive Vorgehen der Nato eingeht, das alle Versuche zunichtemacht, ein Ende des Kriegs auszuhandeln: „Mehrere große russische Banken wurden aus dem internationalen Zahlungssystem ausgeschlossen, was viele Transaktionen unmöglich macht und einen Zusammenbruch des Rubels auslöst. Die russischen Propagandamedien können in Europa nicht mehr senden.“ Er wies auch stolz auf die „Lieferungen von zivilem und militärischem Gerät für den Kampf gegen Russland“ durch die Nato hin.

Es ist notwendig, eindringlich zu warnen. Die Nato und die Macron-Regierung treiben auf einen direkten militärischen Zusammenstoß mit der Atommacht Russland zu. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Arbeiter und Jugendlichen angesichts dieser Gefahr politisch zu alarmieren und den Widerstand gegen die Nato-Politik zu mobilisieren, welche die Menschheit mit einem Atomkrieg bedroht.

Eine Untersuchung von Macrons Rede zeigt auch die explosiven Klassenkonflikte im Inneren, die die Nato-Mächte durch den Kriegskurs gegen Russland unterdrücken wollen. Bereits vor Beginn des Kriegs kam es immer häufiger zu Streiks und Demonstrationen gegen die steigende Inflation und die Durchseuchungspolitik, mit der die Nato-Mächte auf die Corona-Pandemie reagierten. Geldspritzen in Höhe von Billionen Dollar und Euro an die Investoren in Form von Bankenrettungspaketen führten zu einem massiven Anstieg der Inflation, während alleine in den Nato-Staaten mehr als zwei Millionen Menschen an Covid-19 gestorben sind.

Macron steckte in seiner Rede den Rahmen ab, in dem die Nato versuchen wird, Russland die Verantwortung für das zunehmende soziale und wirtschaftliche Elend in Folge der offiziellen Reaktion auf die Pandemie zuzuschieben. Er gab zu, dass die Nato-Mächte dabei sind, Russland aus dem internationalen Handel auszuschließen. Gleichzeitig machte er Russland für die steigende Inflation und wirtschaftlichen Verwerfungen verantwortlich, die das Nato-Handelsembargo gegen Russland verursachen wird.

Als Folgen des russischen Überfalls nannte Macron: „Unsere Landwirtschaft, Industrie und viele Wirtschaftszweige werden leiden, entweder weil sie von Rohstoffen aus Russland oder der Ukraine abhängig sind oder weil sie in diese Länder exportieren. Unser Wirtschaftswachstum, das derzeit hoch ist, wird unweigerlich davon betroffen sein. Steigende Preise für Öl, Gas und Rohstoffe werden unsere Kaufkraft beeinträchtigen. Morgen wird es vermutlich bereits teurer werden, sein Auto vollzutanken, seine Wohnung zu heizen und wichtige Produkte werden wahrscheinlich noch teurer.“

In Wirklichkeit ist es offensichtlich, dass die Pandemie eine enorme Eskalation der globalen Krise des Kapitalismus und des Kriegskurses der Nato-Mächte ausgelöst hat. Die tödlichen politischen und militärischen Folgen der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion 1991 werden offenkundig. Die Stellvertreterkriege der Nato in ganz Europa gegen Russlands Verbündete – darunter die Versuche, Serbien während der Kriege in Jugoslawien in den 1990ern zu zerstören, oder der Putsch gegen ein prorussisches Regime in der Ukraine 2014 – sind jetzt zu einer Krise eskaliert, die einen Weltkrieg auslösen könnte.

Alle historisch begründeten Widersprüche des europäischen und des Weltkapitalismus treten in dem derzeitigen Krieg wieder zutage. Berlin hat vor kurzem beschlossen, 150 Milliarden Euro und danach mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das Militär auszugeben. Das bedeutet eine offizielle Rehabilitation des deutschen Militarismus, der jahrzehntelang diskreditiert war, nachdem im Zweiten Weltkrieg 27 Millionen Sowjetbürger während des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion ermordet worden waren.

Das bedeutet auch, dass Deutschland zum ersten Mal seit seiner Besetzung des Landes im Zweiten Weltkrieg ein stärkeres Militär haben könnte als Frankreich. Die Nato-Mächte sind zwar gegen Russland vereint, doch Macrons Rede enthielt auch Andeutungen über die zunehmenden Spannungen zwischen den Nato-Mächten selbst infolge dieser gefährlichen Entwicklungen.

Während Biden und andere Nato-Staatschefs betont haben, sie würden sich nicht mit Putin treffen, erklärte Macron sich dazu bereit und verwies auf das traditionelle Bündnis des französischen Imperialismus mit Russland gegen Deutschland. Er versprach, „soweit wie möglich und so viel wie nötig mit Präsident Putin in Kontakt zu bleiben“ und lobte „die Geschichte Russlands und der Ukraine, das Andenken an frühere Generationen, die Seite an Seite mit uns gegen den Nazismus gekämpft haben“.

Aus dem Mund Macrons ist das heuchlerisch und politisch obszön. In der gleichen Rede drohte der französische Präsident Russland und pries das rechtsextreme Regime in der Ukraine, das die überlebenden Mitglieder der ukrainischen SS-Einheiten, die am Holocaust beteiligt waren, mit staatlichen Renten belohnt hat. Gleichzeitig verschärft die Rückkehr des deutschen Militarismus vor dem Hintergrund des Nato-Kriegskurses gegen Russland auch die innerimperialistischen Konflikte im Nato-Bündnis selbst.

Zum Schluss seiner Rede erwähnte Macron kurz die Präsidentschaftswahl im April und machte deutlich, dass keine der von ihm skizzierten Grundzüge der Politik, die von nahezu allen Kandidaten geteilt werden, zur Diskussion stehen: „In diesem Wahlkampf wird es demokratische Debatten geben, die für die Nation wichtig sind, aber das wird uns nicht daran hindern, in den wichtigsten Fragen vereint zu sein.“

Macrons Äußerungen verdeutlichen den zunehmenden Zusammenbruch der französischen Demokratie unter der Last der unhaltbaren sozialen Ungleichheit, der Pandemie und des imperialistischen Kriegskurses. Keine dieser Fragen kann auf nationaler Ebene oder von einem der Kandidaten in der Wahl von 2022 gelöst werden. Die entscheidende Aufgabe ist der Aufbau einer internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen die drohende Weltkriegsgefahr und gegen die Durchseuchungspolitik. Der Kapitalismus muss gestürzt und durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzt werden.

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