Keine Einigung für das Sicherheitspersonal an den Flughäfen

Der Tarifkampf des Sicherheitspersonals an den Flughäfen weitet sich aus. Verhandlungen in Berlin kamen am letzten Donnerstag auch in der vierten Runde zu keiner Einigung und wurden um eine Woche, auf Donnerstag den 24. März vertagt.

Bundesweit arbeiten etwa 25.000 Beschäftigte in der Passagier- und Frachtkontrolle an den Flughäfen. Seit Pandemiebeginn haben sie trotz Ansteckungsgefahr durch immer neue Virusvarianten durchgehend an vorderster Front gearbeitet. Gleichzeitig hat der Stellenabbau zu einem beispiellosen Dauerstress geführt.

Streikende Sicherheitsangestellte protestieren im Frankfurter Flughafen (AP Photo/Michael Probst)

Hinzu kommt die seit Wochen steigende Inflation, die sich wegen den antirussischen Sanktionen weiter verschärft hat. Auch bei explodierenden Benzinpreisen sind die Beschäftigten auf das eigene Auto angewiesen, um ihre unregelmäßigen Schichtdienste rund um die Uhr zu bestreiten.

Letzte Woche zeigte die hohe Beteiligung an den Warnstreiks, dass das Security-Personal in der Lage ist, den gesamten Flugbetrieb lahmzulegen: Am Montag, 14. März, wurden die Flughäfen Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn, Bremen, Hannover und Leipzig bestreikt, und am Dienstag, 15. März, folgte ein ganztägiger Streik am Frankfurter Rhein-Main Airport. In München wurde der Warnstreik, der am Montagnachmittag begonnen hatte, auch den Dienstag über fortgesetzt. Überall herrschte gähnende Leere in den Hallen, da die Passagiere angewiesen worden waren, zuhause zu bleiben. Mehrere hundert Flüge wurden gestrichen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert eine Lohnerhöhung von einem Euro pro Stunde für alle Luftsicherheitskräfte bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Darüber hinaus soll die Regelung enden, dass die Sicherheitskräfte bei Berufseinstieg die ersten zwei Jahre lang nicht ihr volles Gehalt bekommen.

Diese Forderungen hat der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) kategorisch abgelehnt. Der Verband, zu dem außer der Fraport-Tochter FraSec auch Unternehmen wie Securitas, DWS und WISAG gehören, bietet bisher maximal 38 Cent Stundenlohnerhöhung bei einer Laufzeit von zwei Jahren.

BDLS-Verhandlungsführer Rainer Friebertshäuser hat die Forderungen als „völlig maßlos und unrealistisch“ bezeichnet. Die Streiks hätten den Luftverkehr massiv geschädigt, Verdi habe jedes Maß verloren.

Friebertshäuser argumentierte, dass das Entgelt des Security-Personals schon jetzt das vieler anderer Beschäftigter an den Flughäfen übersteige. Er muss es wissen: der Geschäftsführer und Arbeitsdirektor von FraSec ist seit 40 Jahren SPD-, Gewerkschafts- und Verdi-Mitglied. Wie so viele Funktionäre, hat auch Friebertshäuser offiziell die Seiten gewechselt und macht sich heute dafür stark, die Interessen des Konzerns gegen die Flughafenbeschäftigten durchzusetzen.

Friebertshäuser kennt natürlich die zahlreichen miesen Abschlüsse, die Verdi in den letzten Jahren mit Fraport, Lufthansa, WISAG und vielen anderen, am Flughafen tätigen Unternehmen abgeschlossen hat. Besonders seit Beginn der Pandemie nutzen die Konzerne die Gunst der Stunde, um mit Hilfe der Gewerkschaften Ausgründungen, Standortschließungen und Lohnkürzungen durchzusetzen.

Allein die Lufthansa hat trotz Milliardenhilfen vom Staat schon zehntausende Stellen gestrichen. Bei WISAG wurden am Flughafen über 300 erfahrene Arbeiter grundlos entlassen, die seit Jahrzehnten am Flughafen tätig waren, und durch Billiglohnkräfte ersetzt. Vor einem Jahr sind WISAG-Arbeiter dagegen sogar in einen Hungerstreik getreten.

Die World Socialist Web Site und die Sozialistische Gleichheitspartei warnen die Flughafenarbeiter davor, ihr Vertrauen auf Verdi zu setzen. Wir rufen zum Aufbau von Aktionskomitees auf, die unabhängig von Verdi handeln können und sich mit ihren Kollegen in den anderen Betrieben und an allen Standorten Europas vernetzen. Schon die WISAG-Arbeiter kamen zum Schluss, dass Verdi ihren Kampf verraten hatte, und legten deshalb einen schwarzen Totenkranz vor der Verdi-Hauptzentrale nieder.

Zusammen mit der IG Metall und allen DGB-Gewerkschaften hat Verdi die Funktion eines inoffiziellen „vierten Rads“ der Ampel-Koalition in Berlin übernommen. Die Gewerkschaft versucht, die Warnstreiks als Ventil zu nutzen, um „Dampf abzulassen“ und die Kontrolle über den wachsenden Widerstand zu behalten. Allein in den vergangenen zwei Wochen hat die Dienstleistungsgewerkschaft Warnstreiks bei Amazon, unter Verkäuferinnen im Einzelhandel, bei der Postfinanz und unter Kita-Erzieherinnen organisiert. Sämtliche Aktionen wurden fein säuberlich voneinander getrennt.

Viele Millionen Arbeiter sind im Dienstleistungsbereich, der Logistik, dem Einzelhandel und dem gesamten systemrelevanten Sektor tätig, zu dem auch Schulen, Kitas, der Nahverkehr, der Pflegebereich und vieles mehr gehören. Diese vielen Millionen Arbeiter sind gemeinsam in der Lage, die gesamte Gesellschaft stillzulegen. Ein solches gemeinsames Handeln wird umso dringender notwendig, als sich in Osteuropa der Ukrainekrieg ausdehnt und die Gefahr eines dritten Weltkriegs droht.

Verdi dagegen tut alles in ihrer Macht Stehende, um eine solche Entwicklung des sozialen Widerstands zu verhindern. Sogar in der Kriegsfrage teilt die Verdi-Führung die Positionen der Bundesregierung und unterstützt die Sanktionen gegen Russland. Dies machte Verdi-Chef Frank Werneke (SPD) schon drei Tage nach Kriegsbeginn, am 28. Februar, deutlich. Deutschland habe die Verantwortung, „die Friedensordnung wiederherzustellen“, so Werneke in seiner Rede vor einer Kundgebung in Berlin. Deshalb sei es „angemessen und notwendig, mit Sanktionen zu reagieren“. Auch die IG Metall und der ganze DGB haben ähnliche, unmissverständliche Loyalitätserklärungen zum deutschen Kriegskurs abgegeben.

Die WSWS hat dies mit den Worten kommentiert: „Den gutverdienenden Bürokraten in den Gewerkschaftszentralen kommt es überhaupt nicht in den Sinn, dass man sich Putins reaktionärem Einmarsch in die Ukraine auch auf einer prinzipiellen, linken Grundlage widersetzen kann, ohne die Nato zu unterstützen.“

In Pisa haben sich Flughafenarbeiter letzte Woche geweigert, Waffen für die Ukraine zu verladen, weil sie sich zu Recht sagten, dass ihre Kollegen in Kiew oder Lemberg, die die Frachtstücke entladen müssten, als erste den Bombenangriffen zum Opfer fallen würden. „Das können wir nicht verantworten“, so die Begründung der Vorfeldarbeiter in Pisa. Zwar ist es italienischen Gewerkschaftsführern und Politikern rasch gelungen, die mutige Aktion in das Fahrwasser eines reinen Protestes zu lenken, doch haben die italienischen Vorfeldarbeiter den Beweis erbracht, dass Arbeiter den notwendigen prinzipiellen Kampf gegen Krieg aufnehmen können und wollen.

Auf der ganzen Welt beteiligen sich Arbeiter an Streiks und Massenprotesten gegen Arbeitsplatzabbau, soziale Ungleichheit und die kriminelle Corona-Politik der Regierungen. Jetzt, wo es immer mehr auch um Krieg und die damit verbundenen existentiellen Gefahren für die gesamte Menschheit geht, ist die Arbeiterklasse die einzige Kraft, die aufgrund ihrer sozialen Stellung in der Lage ist, das Ruder herumzureißen. Der brandgefährlichen Aufrüstung und den mörderischen Sanktionen der Regierungen muss sie die Einheit der internationalen Arbeiterklasse und ein sozialistisches Programm entgegensetzen.

Wie die Sozialistische Gleichheitspartei erklärt, dürfen Arbeiter „nicht die Gefahr unterschätzen, dass sich die Krise zu einem Weltkrieg ausweitet, in dem Atomwaffen eingesetzt werden. Es ist höchste Zeit, eine internationale Antikriegsbewegung aufzubauen, die sich der Nato-Aggression, dem Ukraine-Krieg und dem deutschen Militarismus entgegenstellt.“

Um diese Perspektive zu diskutieren, lädt die SGP für den Dienstag, 22. März, 19:00 Uhr zur Online-Diskussion „Kein dritter Weltkrieg!“ ein.

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