In der Ukraine greift Selbstjustiz um sich

In den letzten Wochen tauchten in den sozialen Netzwerken immer häufiger Bilder auf, die zeigen, wie überall in der Ukraine Menschen an Pfosten gebunden, geschlagen und gedemütigt werden. In dem katastrophalen Krieg Russlands, den die Nato provoziert hat, greifen rechtsextreme Kräfte immer häufiger zur Selbstjustiz.

In mehreren Videos ist zu sehen, wie ukrainische Bürger von Soldaten der Streitkräfte gefesselt und geschlagen werden. Das deutet darauf hin, dass Rechtsstaatlichkeit und demokratische Grundrechte in dem Land, das im Gegensatz zum „totalitären“ Putin-Regime als Inbegriff „europäischer Werte“ und von „Demokratie“ hingestellt wird, in Wirklichkeit faktisch außer Kraft gesetzt wurden.

Die Opfer dieser Selbstjustiz sind angebliche Plünderer oder russische Agenten und Saboteure. Allerdings werden keine Beweise für ihre Schuld vorgelegt. Zudem werden in den Beschreibungen der Videos, die ins Netz gestellt werden, oft bei demselben Fall unterschiedliche Beschuldigungen genannt.

Mehrere rechtsextremen Social-Media-Accounts in der Ukraine haben schockierende Videos mit Beispielen einer solchen „Prügelstrafe“ geteilt. Zu den Opfern gehören auch Kinder und Angehörige der Minderheit der Sinti und Roma.

Die Opfer dieser unmenschlichen Behandlung werden nicht nur mit Plastikfolie an Pfosten gefesselt, oft werden ihnen auch die Hosen heruntergezogen, und sie werden von rechten Umstehenden oder Mitgliedern der ukrainischen Streitkräfte brutal geschlagen. Einigen wurde auch das Gesicht grün oder blau angemalt.

Über diese wüsten Gewalttaten der extremen Rechten in der Ukraine schweigen die westlichen Medien, die gleichzeitig unablässig über Kriegsverbrechen des Putin-Regimes berichten. Eine der wenigen Ausnahmen – ein Artikel im britischen Daily Mirror – bezeichnete sie sogar als gerechtfertigte und humoristische Reaktion auf Russlands Einmarsch. Er schrieb, „stolze ukrainische Zivilisten“ würden sich „mit einer einzigartigen Bestrafung“ revanchieren.

Diese Art von Selbstjustiz gab es bereits vor Beginn des Kriegs, am 24. Februar, und lange zuvor, seitdem diverse Rechtsextremisten und faschistische Gruppen in dem Putsch von 2014 den prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gestürzt hatten.

Im Jahr 2018 wurde in der Stadt Tschernihiw ein Mann von Mitgliedern des neonazistischen Asow-Bataillons an einen Pfosten gefesselt, weil er angeblich ein Denkmal für diejenigen beschädigt hatte, die während der Maidan-Proteste von 2013–2014 ums Leben kamen.

Oleksandr Tarnawskij vom Asow-Bataillon stellte ein Video von der illegalen Verhaftung des Mannes ins Netz. Es zeigt, wie zwar Polizei eintrifft, den Mann aber erst nach weiteren 20 Minuten von seinen Fesseln befreit.

Als Mitglied des Asow-Bataillons war Tarnawski für seine rassistischen Kommentare über Roma bekannt; von ihm kursierte ein Foto, das ihn beim Hitlergruß zeigt.

Solche Selbstjustizbewegungen wurden von der ukrainischen Regierung offiziell unterstützt und in den Staat integriert. Im Jahr 2018 gründete die Regierung Poroschenko eine Nationale Miliz, die auf den Straßen patrouillierte und gegen „kriminelles Verhalten“ vorging.

In Wirklichkeit agierten diese Gruppen als politische Schlägerbanden. Sie verfolgten und attackierten jeden, den sie für einen Gegner von Kiews militaristischer antirussischer und Nato-freundlicher Orientierung hielten.

Abgesehen vom Asow-Bataillon und der offiziell gegründeten Nationalen Miliz war auch die Neonazibewegung C14 seit 2014 für Selbstjustiz bekannt, vor allem gegen die ethnischen Minderheiten in der Ukraine.

Im Jahr 2018 verübte C14 mehrere Überfälle auf Roma-Lager im ganzen Land, bei denen mindestens ein junger Roma getötet wurde. Bei einer Aktion in Kiew vertrieben Mitglieder von C14 mehrere Roma-Familien und brannten ihre Häuser nieder.

Anfang Februar erklärte der Führer der Neonazigruppe C14, Jewgen Karas, bei einem politischen Seminar, das nach dem ukrainischen Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera benannt war, dass es „lustig“ und „cool“ sei, Russen zu töten. Karas erklärte auch offen, dass gerade weil Neonazis wie er es liebten, Russen zu töten, der Westen ihnen Waffen liefere.

Die rassistischen Angriffe auf Roma, die bisher von C14 verübt wurden, finden jetzt unter der Schirmherrschaft der ukrainischen Streitkräfte statt. Aktuelle Fotos aus Lwiw zeigen, wie weibliche Roma mit grün angemalten Gesichtern an einen Pfosten gefesselt wurden. Auf den Bildern sind eindeutig ukrainische Soldaten im Hintergrund zu sehen, was beweist, dass diese Angriffe entweder direkt von ihnen oder unter ihrer Aufsicht durchgeführt werden.

Das Bild mehrerer Roma, in Lwiw an einen Pfosten gefesselt, kursierte in den sozialen Netzwerken

Die ukrainischen Streitkräfte rufen außerdem ausdrücklich zu Kriegsverbrechen wie der Ermordung von gefangenen russischen Soldaten auf.

Die „Prügelstrafe“ scheint zwar nur wenige ernste körperliche Verletzungen zu verursachen, doch die jüngste Entführung und Folter eines jüdischen Athleten und Kriegsgegners macht deutlich, dass solche rechtsextremen Angriffe schnell zu ernsthaften Verletzungen und Morden führen können. Die reaktionäre Selbstjustizkampagne gegen angebliche Plünderer, mutmaßliche russische Agenten und ethnische Minderheiten ist eine direkte Folge der rechten militaristischen Politik der ukrainischen Regierung.

Nach dem von den USA unterstützten Putsch im Jahr 2014 haben sowohl der ehemalige Präsident Petro Poroschenko als auch sein Nachfolger Wolodymyr Selenskyj die Bürgerrechte und die demokratischen Grundrechte immer weiter beschnitten und gleichzeitig faschistische Kräfte aufgebaut.

Diese Kampagne wird jetzt unter Kriegsbedingungen verschärft. Am Sonntag hat Selenskyj elf Parteien wegen angeblicher Kollaboration mit Russland verboten.

Die prorussische Oppositionsplattform „Für das Leben“ war die zweitgrößte Partei der Ukraine und im ukrainischen Parlament mit 45 von 450 Sitzen vertreten.

Keine der verbotenen Parteien hat zu einem Sieg Russlands aufgerufen oder die katastrophale Invasion unterstützt, und die ukrainische Regierung legte keine Beweise für Kollaboration oder Sabotage vor.

Ihr eigentliches Verbrechen war vielmehr, einen Verhandlungsfrieden mit Russland zu fordern, was die ukrainische Rechte ablehnt, und was Selenskyj und seine Vertreter aktiv verhindern wollen.

Das offizielle Verbot von oppositionellen politischen Aktivitäten ist der Höhepunkt einer orchestrierten politischen Terrorkampagne des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Am 6. März verhaftete der SBU Michail und Alexander Kononowitsch von der ukrainischen Kommunistischen Jugendorganisation wegen „prorussischer und pro-belarussischer Ansichten“.

Die landesweite Selbstjustizkampagne ist ein primitiver Ausdruck der politischen Atmosphäre, die der imperialistische Kriegskurs gegen Russland und ihr Stellvertreter, die Selenskyj-Regierung, fördern, während sie das Recht auf freie Meinungsäußerung, einen fairen Prozess und andere demokratische Rechte abgeschafft hat.

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