Terrorpläne gegen Lauterbach: Faschistische Gefahr wächst

Nach einer bundesweiten Razzia gegen Angehörige des Telegram-Netzwerks „Vereinte Patrioten“ wurden am Mittwoch vier Personen verhaftet, denen die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz die Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vorwirft. Wie das ARD-Magazin Report Mainz berichtete, handelt es sich um Pläne für Sprengstoffanschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dessen Personenschützer zuvor „ausgeschaltet“ werden sollten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) während einer Pressekonferenz am 14. Januar 2022 (AP Photo/Michael Sohn)

Die Gruppe steht seit Oktober im Blick der Ermittler und soll geplant haben, durch die Sabotage von Umspannwerken und Stromleitungen einen bundesweiten Stromausfall herbeizuführen und bürgerkriegsähnliche Zustände zu schaffen, um im anschließenden Chaos die „Regierung zu übernehmen“. Neben Lauterbach seien auch weitere Entführungen „bekannter Personen des öffentlichen Lebens“ geplant gewesen. Obwohl die Durchsuchungen zeitgleich in 21 Wohnobjekten in neun Bundesländern stattfanden, konnte ein weiterer Beschuldigter nicht festgenommen werden. Insgesamt wird gegen zwölf Männer und Frauen ermittelt.

Zu den Festnahmen kam es im Anschluss an eine Waffenübergabe zwischen verdeckten Ermittlern und Mitgliedern der Gruppe – die Rede ist von Pistolen, Kalaschnikow-Maschinengewehren und Minen im Wert von 12.000 Euro. Die Verdächtigen werden der „Reichsbürger-, Impfgegner- und Prepper-Szene“ zugeordnet und sollen insgesamt Waffenkäufe über „mehrere zehntausend Euro“ geplant haben. Lauterbach ist – ebenso wie prominente Virologen und Epidemiologen – seit Beginn der Covid-19-Pandemie ein erklärtes Feindbild der extremen Rechten.

Auch die Verfassungsschutzbehörden, namentlich das Landesamt Rheinland-Pfalz und das Bundesamt in Köln, sollen Medienberichten zufolge bei der „Aufdeckung der Gruppe“ eine Rolle gespielt haben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach gegenüber der Presse von einer „schwerwiegenden terroristischen Bedrohung“, die von Vorbereitungen auf einen gewaltsamen Aufstand an einem „Tag X“ ausgehe. Die Umsturzpläne „bewaffneter Reichsbürger und radikalisierte Corona-Leugner“, so Faeser, hätten eine „neue Qualität“ erreicht.

Tatsächlich ist der Fall lediglich der jüngste in einer ganzen Serie von Zugriffen, mit denen die Sicherheitsbehörden in den letzten Wochen gegen faschistische Gruppierungen vorgegangen sind. Die Ereignisse lassen keinen Zweifel daran, dass rechtsextreme Kräfte unter den Augen der Behörden mittlerweile permanent an bewaffneten Umsturz- und Terrorplänen arbeiten. Die Führer dieser Gruppierungen bleiben jedoch häufig auf freiem Fuß.

Am selben Tag, an dem der Großeinsatz gegen das Telegram-Netzwerk stattfand, erhob der Generalbundesanwalt Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied der rechtsextremen „Atomwaffen Division“, die mit Dutzenden Morden in Verbindung gebracht wird und unter anderem Kontakte zum berüchtigten Asow-Bataillon der ukrainischen Streitkräfte unterhält. Der Beschuldigte Marvin E. soll in Deutschland Anschläge mit Sprengsätzen und Schusswaffen geplant haben, wurde vor Durchführung dieser Pläne jedoch verhaftet. Mittels online beschaffter Komponenten hatte er laut Bundesanwaltschaft mehrere „unkonventionelle Sprengvorrichtungen“ hergestellt, darunter 600 „Kleinsprengkörper“. Das Profil erinnert an den Jom-Kippur-Mörder in Halle, der ebenfalls Propagandamaterial der Gruppe besaß.

Die Anklage gegen E. ist das Ergebnis der Neonazi-Razzia, die eine Woche zuvor stattgefunden hatte. 800 Beamte von LKA und BKA hatten in elf Bundesländern 61 Wohnungen durchsucht und vier Personen festgenommen, denen der Aufbau einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Unter den 50 beschuldigten Rechtsextremisten ist nach Informationen des Spiegel ein Führungskader der Neonazi-Szene in Eisenach, aber auch ein aktiver Unteroffizier der Bundeswehr, der unter „Beobachtung“ des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) stand.

Wie der Spiegel berichtet, hätten „Konflikte mit dem MAD“ jedoch dazu geführt, dass der „Atomwaffen“-Anhänger, der zuletzt im niedersächsischen Munster bei der Panzertruppe gedient haben soll, weder suspendiert noch entwaffnet werden konnte. Der Bundeswehr-Geheimdienst hatte den Offiziersanwärter über die Terrorermittlungen gegen seine Person in Kenntnis setzen wollen – angeblich, um ihn „abzuschrecken“. Seitdem gelte das Verhältnis zwischen Strafverfolgung und MAD als „belastet“, schreibt der Spiegel. Im Ergebnis wurde außer dem 20-jährigen Schreiner-Azubi E. bislang niemand angeklagt.

Bereits Ende März durchsuchten rund 300 Einsatzkräfte der Polizei in einem Großeinsatz mehrere Immobilien in Bayern. Dabei wurden 3.000 Liter Diesel gefunden und 75 Schusswaffen sichergestellt, darunter eine größere Anzahl mutmaßlich illegaler Kurz- und Langwaffen. Obwohl die Polizei davon ausgeht, dass die Verdächtigen „Anschläge auf Freileitungsmasten von großen Stromtrassen“ geplant hatten, um auf diese Weise „die Stromversorgung in großen Teilen der Bundesrepublik zu unterbrechen“, verharmloste ein Sprecher die Gruppe als „Prepper“. Hinweise auf ein „radikales Netzwerk“ gebe es nicht.

Dass sich die Strafverfolgungsbehörden veranlasst gesehen haben, innerhalb von nur zwei Wochen drei Großrazzien gegen rechtsextreme Umstürzler durchzuführen, belegt das Ausmaß der faschistischen Gefahr in Deutschland. Angesichts der immer aggressiveren Durchseuchungspolitik in der Pandemie und dem aggressiven Kriegskurs gegen Russland wittern diese Kräfte Morgenluft.

Bevor die Entführungspläne gegen Lauterbach bekannt wurden, hatten Unbekannte unter anderem sein Auto beschädigt und eine Fensterscheibe seines Kölner Bundestagsbüros eingeworfen. In der Schweiz war der Präsident der Impfkommission Anfang April von einem Deutschen entführt worden, der anschließend in einem Schusswechsel mit der Polizei starb. In Österreich musste der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein Anfang März inmitten der Diskussion um eine Impfpflicht aufgrund von Morddrohungen zurücktreten.

Die Frankfurter Rundschau berichtete am Mittwoch, dass deutsche Neonazi-Parteien „Materialspenden für die Front“ nach Kiew verbracht und Mitglieder vierstellige Beträge an das Asow-Regiment gespendet haben. Die Bundespolizei geht offiziell von dutzenden deutschen Rechtsextremisten mit „Reiseabsicht in die Ukraine“ aus, nachdem sie eine solche Gefahr vor einem Monat noch dementiert hatte. Aus denselben Neonazi-Milieus rekrutiert sich auch die Atomwaffen-Division.

Die wachsende faschistische Gefahr ist ein Ergebnis der Tatsache, dass der Staatsapparat rechtsextreme Tendenzen systematisch kultiviert und die letzten Regierungen ihre Politik unverhüllt in die Tat umgesetzt haben. Dies betrifft gerade auch jene Politiker, die – wie Lauterbach oder Bundespolitiker der Grünen – im Fadenkreuz der Faschisten stehen.

Während der SPD-Politiker Lauterbach das schlimmste Covid-19-Infektionsgeschehen seit Beginn der Pandemie beaufsichtigt, überschlagen sich Grünen-Politiker mit antirussischer Hetze und Forderungen nach Waffenlieferungen an das von Nazis durchsetzte ukrainische Militär. Gemeinsam mit der FDP haben SPD und Grüne alle Corona-Schutzmaßnahmen beseitigt und die größte deutsche Aufrüstung seit dem Untergang der Nazi-Diktatur in die Wege geleitet.

Was den Staatsapparat und die sogenannten „Sicherheitsbehörden“ betrifft, so sind sie aufs Engste mit den faschistischen Kräften vernetzt, die sie angeblich bekämpfen sollen. Sowohl im NSU-Komplex als auch im Fall des sogenannten „Hannibal“-Netzwerks ist mittlerweile bekannt, dass es sich bei den zentralen Akteuren um V-Leute der Geheimdienste oder Angehörige von Polizei und Bundeswehr handelt. Wie in der Weimarer Republik werden diese Kräfte bewusst gefördert, um sie gegen die wachsende Opposition gegen Preissteigerungen, Krieg und Durchseuchung einzusetzen.

Derselbe Staatsapparat geht zur gleichen Zeit gegen jeden vor, der sich der kapitalistischen Agenda aus sozialer Ungleichheit, Pandemie und Krieg widersetzt. Das zeigt sich am schärfsten in der Verfolgung der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), deren Streiten für eine „demokratische, egalitäre und sozialistische Gesellschaft“ kriminalisiert und jede „Agitation gegen angeblichen ‚Imperialismus‘ und ‚Militarismus‘“ vom Bundesinnenministerium für verfassungswidrig erklärt wird.

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