Ukrainekrieg greift auf Nachbarstaaten über

Der Krieg in der Ukraine dehnt sich zunehmend über die Grenzen des Landes aus und droht, die ganze Region in Brand zu setzen. Die USA und die Nato liefern Kiew in unvorstellbarem Ausmaß Waffen, während mehr als zwölf Millionen Menschen vor der Gewalt in die Nachbarstaaten Polen, Rumänien, Ungarn, Belarus, Moldau, die Slowakei und Russland fliehen.

Rauch steigt auf aus dem Metallurgischen Kombinat Asowstal in Mariupol auf dem Gebiet der ostukrainischen Volksrepublik Donezk, 4. Mai 2022. (AP Photo/Alexei Alexandrow) [AP Photo/Alexei Alexandrov]

Am Dienstag meldeten Vertreter der Regierung von Transnistrien, einer von Russland kontrollierten abtrünnigen Enklave von Moldau, die an den Südwesten der Ukraine angrenzt, dass an einem Funkmast eine unbemannte und mit einer Bombe bewaffnete Drohne abgefangen wurde. Am 26. April führten zwei Explosionen an dieser und einer weiteren Funksendestation im Bezirk Grigoripol zu nennenswerten Schäden.

Ebenfalls am 3. Mai erklärten Vertreter der Region, deren Unabhängigkeit weder von Moldau noch von internationalen Institutionen anerkannt wird, sie hätten einen geplanten Terroranschlag auf transnistrischem Boden verhindert. Sie nannten keine Details, machten aber hierfür und für alle anderen Angriffe die Ukraine verantwortlich. Kiew beharrt darauf, dass es sich dabei um russische False Flag-Anschläge handelt. Das ukrainische Militär hatte erst vor kurzem erklärt, Moskau würde die Familien von russischen Soldaten und Regierungsvertretern aus Transnistrien evakuieren, was der Kreml jedoch nicht bestätigt hat.

Die moldauische Regierung, die im März offiziell die EU-Mitgliedschaft beantragt hatte, verabschiedete am Dienstag ein Gesetz, das es der europäischen Grenzpolizei und Küstenwache erlaubt, an ihren Grenzen zu patrouillieren. Damit schafft sie Bedingungen, unter denen Sicherheitspersonal der EU direkt neben russischen Truppen stationiert werden könnte.

Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel erklärte am Mittwoch nach einem Besuch in der moldauischen Hauptstadt Kischinau, die EU werde „ihre Unterstützung für Moldawien deutlich erhöhen und ihren Streitkräften zusätzliches Kriegsgerät liefern.“ Sie wird dem Land auch beim Ausbau seiner Logistik, Cyberverteidigung und der „Kapazitäten zum Aufbau des Militärs“ helfen. Kurz gesagt, die EU will das winzige Land mit 2,6 Millionen Einwohnern, das mit der Ukraine um den Platz als ärmster Staat Europas konkurriert, in ein Militärlager verwandeln.

Abgesehen davon verschärfen sich auch an der Nordgrenze der Ukraine die Spannungen. Belarus, das mit Russland verbündet ist, kündigte am Mittwoch überraschend eine bisher nicht geplante Prüfung seiner militärischen Bereitschaft, der Boden- und Luftabwehr, seiner Kampfpläne und seiner Fähigkeit zur Reaktion auf Krisen an. Im Februar hatte Minsk bereits angekündigt, die russischen Truppen, die auf seinem Staatsgebiet Militärübungen durchführten, würden auf unbegrenzte Zeit dort bleiben.

Auch an der belarussischen Westgrenze zu Polen ist die Lage angespannt, Berichten zufolge belästigen polnische Grenzwachen ihre belarussischen Gegenposten mit Flutlichtern und Steinschleudern. Letztes Jahr kam es zwischen Minsk und Warschau zu einem massiven Konflikt, als Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, die über die belarussisch-polnische Grenze in die EU einreisen wollten, mit Wasserwerfern zurückgetrieben wurden.

Der wichtigste grenzübergreifende Konflikt ereignet sich in Russland. Ende April kam es an militärischen Einrichtungen in drei Regionen unmittelbar östlich der Ukraine - in Woronesch, Belgorod und Kursk - zu mehreren Explosionen, ungeklärten Bränden in Öldepots und Munitionslagern sowie Explosionen in der Luft über einer Militärbasis, die laut der russischen Regierung von den eigenen Luftabwehrsystemen als Reaktion auf einen Angriff ausgelöst wurden. Einwohner der Region berichteten, sie hätten kurz vor den Explosionen Geräusche von startenden Kampfflugzeugen gehört. Weiteren Berichten zufolge wurde eine ukrainische Drohne mehr als 220 Kilometer innerhalb des russischen Staatsgebietes abgeschossen.

Dass die Selenskyj-Regierung Angriffe auf russisches Staatsgebiet weder bestätigt noch leugnet, bedeutet ein verdecktes Eingeständnis, dass sie hinter diesen Angriffen steckt und gleichzeitig versucht, sich und ihre Hintermänner in Washington und Brüssel vor den schwerwiegenden Folgen zu schützen.

Die Waffen, Geheimdienstinformationen und die Ausbildung, die es Kiew ermöglichen, außerhalb seiner Grenzen anzugreifen, kommen allesamt von den USA und der Nato. Wenn die Ukraine Bomben auf Russland abwirft, dann führen die US- und die europäischen Regierungen einen unerklärten Krieg gegen Moskau.

Am 30. April, nur wenige Tage vor diesen Ereignissen, hatte der britische Staatssekretär für die Streitkräfte James Heappey erklärt, es sei „völlig legitim“, dass die Ukraine Ziele in Russland angreift.

Die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa erklärte daraufhin: „Verstehen wir das richtig: um 'die Logistik von Militärlieferungen zu stören' darf Russland dann militärische Ziele auf dem Gebiet der Nato-Staaten angreiefen, die Waffen an das Kiewer Regime liefern? Schließlich führt das direkt zu Tod und Blutvergießen auf dem Staatsgebiet der Ukraine. Soweit ich informiert bin, ist Großbritannien eines dieser Länder.“

Die USA und die EU schaffen bewusst die Voraussetzungen für einen europaweiten Krieg, der sich schnell zu einem globalen Konflikt ausweiten könnte. Die treibende Kraft dahinter ist Washingtons Verlangen, Russland und vor allem China zu unterwerfen.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz appellierte am Mittwoch an den Kosovo, seine Beziehungen zu Serbien zu bereinigen, damit der gesamte Westbalkan der EU beitreten kann - mit anderen Worten, damit er vollständig in die Kriegskampagne gegen Russland einbezogen werden kann. Die Region, die an die Adria, das Mittelmeer, die Ägäis und das Schwarze Meer angrenzt, ist von großer geostrategischer Bedeutung.

Am gleichen Tag erklärte der US-Admiral und Vorsitzende des Nato-Militärausschusses Rob Bauer, die Nato sehe sich nicht mehr an die Nato-Russland-Akte von 1997 gebunden. Eine der zentralen Vorgaben dieses Abkommens ist, dass die Nato keine Atomwaffen in Ländern stationieren darf, die ihr nach der Unterzeichnung beigetreten sind, und in diesen Ländern keine Lagereinrichtungen für Atomwaffen unterhalten darf. Daneben verbietet sie beiden Ländern die Stationierung größerer Mengen von Atomwaffen an ihren Grenzen.

Das alles wird jetzt für nichtig erklärt.

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