Pensionierter US-General fordert „Koalition der Willigen“ für Seekonflikt mit Russland

Die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und anderer Nato-Mitglieder bereiten eine neue Stufe im Krieg zwischen den USA und der Nato gegen Russland vor. Sie wollen ihre Kriegsschiffe einsetzen, um die russische Blockade der ukrainischen Häfen zu durchbrechen. Damit wären die Voraussetzungen für einen direkten bewaffneten Konflikt zwischen den Seestreitkräften der Nato und der russischen Marine gegeben.

Diese massive Eskalation auf Seiten der USA und Nato wird als „Koalition der Willigen“ bezeichnet – in Anlehnung an die Bezeichnung, die der damalige US-Präsident George W. Bush 2003 für die Invasion im Irak gewählt hatte.

Der pensionierte US-Vier-Sterne-General Jack Keane, Leiter einer militärischen Denkfabrik und Vorsitzender des Konzerns AM General (Hersteller des Militärfahrzeugs Humvee), forderte am Mittwoch die Bildung einer „internationalen Koalition von Kriegsschiffen unter Führung der Vereinigten Staaten“, um die Kontrolle über das Schwarze Meer zu sichern.

General Jack Keane ruft zu einer „Koalition der Willigen“ auf

„[Wir] fahren zum Hafen von Odessa und lassen die Schiffe (…) das Getreide abholen, das abgeholt werden muss, und eskortieren sie hinaus“, sagte Keane gegenüber Fox News.

„Das andere Risiko ist, dass die russische Marine dort ist. Sie könnten dies als Provokation auffassen, und es könnte zu einer Konfrontation kommen.“

Er sagte, dies sei „durchaus im Rahmen des Risikoprofils, dies zu tun“.

Keane griff die Äußerungen von US-Admiral James Stavridis auf, der Anfang des Monats sagte, das Schwarze Meer werde zur „nächsten großen Front im Ukraine-Krieg“.

Als Reaktion auf eine frühere, ähnliche Äußerung von Keanes veröffentlichte das Wall Street Journal einen Leitartikel mit dem Titel „Breaking Russia's Ukrainian Grain Blockade“ (Russlands Getreideblockade in der Ukraine durchbrechen). Dort heißt es: „Eine Schwarzmeer-Mission zur Eskortierung von Handelsschiffen könnte notwendig sein, um eine weltweite Nahrungsmittelknappheit zu verhindern.“

Das Journal stimmt Keanes Vorschlag mit Begeisterung zu und schreibt:

Die Mission bestünde darin, eine internationale Koalition von Kriegsschiffen zu bilden, um Handelsschiffe sicher aus Odessa und dem Schwarzen Meer zu eskortieren. Dies würde als Koalition der Willigen funktionieren und nicht als Projekt der Nato, denn sonst könnte Putin behaupten, es handele sich um eine weitere Nato-Provokation.

Das Journal weiter:

Es gibt militärische Risiken (…) Einige Kritiker werden behaupten, dass eine Eskortmission als Marineversion der „Flugverbotszone“ zu riskant wäre. Aber es ist doch ganz anders (…) Ein militärisches Engagement wäre nicht nötig, wenn sich Russland nicht einmischt.

Technisch gesehen könnte man dies über jeden militärischen Konflikt sagen: Wenn die gegnerische Armee einfach die Waffen niederlegt, ist kein Kampf erforderlich.

Natürlich ist die Vorstellung, dass Russland bloß zusieht, wie die Schiffe der USA und des Vereinigten Königreichs die russische Blockade durchbrechen, höchst unwahrscheinlich. Soviel zu Keanes optimistischen Phrasen vom „Risikoprofil“.

In fast jedem denkbaren Szenario könnte sich diese Operation schnell zu einer großen Seeschlacht ausweiten. Auch wäre eine „Flugverbotszone“ gleichbedeutend mit einem offenen und direkten Krieg zwischen Russland und der Nato.

Das Journal macht sich nicht einmal die Mühe, seinen Zynismus zu verbergen, und stellt klar, dass diese große Eskalation „am besten als humanitäre Operation geplant und verkauft“ würde. Das heißt, ein direkter Schusskrieg zwischen den beiden größten Atommächten soll der Öffentlichkeit als Mittel zur Beendigung des Welthungers „verkauft“ werden.

Keanes Sprache und die des Wall Street Journals deckt sichperfekt mit der Rhetorik der US-Regierung und ihrer imperialistischen Verbündeten.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen warf Russland am 24. Mai auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor, es bombardiere bewusst Getreidelager in der Ukraine und blockiere ukrainische Schiffe mit Weizen und Sonnenblumenkernen im Schwarzen Meer. Außerdem horte Russland eigene Lebensmittel „als eine Form der Erpressung“. Von der Leyen sagte, die Zurückhaltung von Lieferungen, um die Weltmarktpreise steigen zu lassen, oder Handel mit Weizen im Austausch für geopolitische Unterstützung zu treiben, könne nur eins bedeuten: „Russland nutzt Hunger und Getreide, um Macht auszuüben.“

Blinken sagte: „Das russische Militär hat wiederholt die sichere Durchfahrt von und zur Ukraine blockiert, indem es die Straße von Kertsch schloss, seine Kontrolle über das Asowsche Meer verstärkte und Kriegsschiffe vor ukrainischen Häfen stationierte. Und Russland hat bereits mehrfach ukrainische Häfen angegriffen.“

Blinken weiter: „Die Lebensmittelversorgung von Millionen Ukrainern – und Millionen weiterer Menschen auf der ganzen Welt – ist buchstäblich eine Geisel in den Händen des russischen Militärs.“

Zu Beginn der Woche hatte der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin angekündigt, die USA würden die Ukraine über den Zwischenhändler Dänemark mit Harpoon-Raketen beliefern. Die Harpoon ist die Standard-Schiffsabwehrwaffe der US-Marine, mit der große Kriegsschiffe versenkt werden können.

Am 20. Mai twitterte der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Geraschtschenko: „Die USA erstellen einen Plan zur Zerstörung der [russischen] Schwarzmeerflotte“ als Teil eines „Plans zur Öffnung der Häfen“. Weiter heißt es bei ihm: „Im Gespräch ist die Lieferung leistungsstarker Schiffsabwehrwaffen (Harpoon und die Seezielrakete NSM mit einer Reichweite von 250–300 km).“

Im vergangenen Monat lieferten die Vereinigten Staaten der Ukraine Informationen, die den Angriff auf den russischen Raketenkreuzer „Moskwa“ ermöglichten. Daraufhin wurde das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte versenkt.

Litauen und Großbritannien sind die ersten Länder, die eine Marineoperation unter Nato-Führung im Schwarzen Meer offiziell unterstützen. Am 23. Mai forderte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis einen Plan zur Durchbrechung der Blockade und erklärte: „Wir brauchen eine Koalition der Willigen – Länder mit großer Seemacht, um die Schifffahrtswege und die betroffenen Länder zu schützen.“

Der Guardian berichtet, dass die britische Außenministerin Liz Truss dem Vorschlag zustimme bis hin zur „Entminung des Hafens und der Ausstattung der Ukraine mit Waffen mit größerer Reichweite, um den Hafen vor russischen Angriffen zu schützen“.

Diese Pläne, die ernsthaft erörtert werden, würden eine erhebliche Eskalation im Krieg bedeuten. Sie würden die Möglichkeit eröffnen, dass Nato-Streitkräfte und russische Kriegsschiffe direkt aufeinander schießen. Damit käme möglicherweise Artikel 5 der Nato zur Anwendung, und alle Beschränkungen des Konflikts würden aufgegeben, was katastrophale Folgen für die gesamte Menschheit hätte.

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