Wasserkatastrophe in Jackson, Mississippi – ein Verbrechen des Kapitalismus

Die 150.000 Einwohner von Jackson, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Mississippi, haben auch diese Woche keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, nachdem das Wasser- und Abwassersystem unter dem Druck der schweren Überschwemmungen Ende letzten Monats zusammengebrochen ist.

Zwar ist die Wasserversorgung in Jackson wiederhergestellt, doch nach wie vor gilt das Verbot vom Juli, das Wasser zu kochen. Berichten zufolge ist das Wasser noch immer unrein und nicht trinkbar. Die Einwohner standen am Dienstag wieder in langen Schlangen vor den Verteilungszentren in der Stadt, um Wasser in Flaschen zum Kochen und für die Grundhygiene abzuholen. Rund 600 Soldaten der Nationalgarde wurden vom republikanischen Gouverneur Tate Reeves eingesetzt, um die Verteilung zu überwachen. 

Im reichsten Land der Welt sind Zehntausende gezwungen, Wasser in Flaschen zu kaufen oder mit Eimern Wasser aus Brunnen zu holen. Dabei bezieht Jackson sein Wasser aus dem Ross Barnett Reservoir, der größten Trinkwasserquelle von Mississippi.

Von den Stromausfällen in Kalifornien und den Netzausfällen in Detroit bis hin zur Wasservergiftung in Flint ­– die Krise in Jackson ist eine von vielen Katastrophen in den USA. Unter den Bedingungen des Klimawandels, der extreme Wetterereignisse und Pandemien begünstigt, ist eine systematische Planung erforderlich, um den Gefahren zu begegnen. Doch die kapitalistischen Regierungen reagieren auf die Herausforderungen mit Gleichgültigkeit.

Die Biden-Regierung hat in wenigen Monaten Dutzende Milliarden Dollar in den Ukraine-Krieg gegen Russland gesteckt. Allein in den letzten zwanzig Jahren wurden Billionen für Kriege und Aufrüstung ausgegeben. Und wann immer die Wall Street in Schieflage geriet – vom Finanzcrash 2008 bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 – sprang die Regierung ein und rettete die Unternehmen und Banken in Billionenhöhe, um die Profite der Reichen zu sichern.

Die derzeitige Katastrophe in Jackson hat sich über Jahre hinweg angebahnt. Ihr gingen systemische Fehler voraus. Die öffentliche Wasserinfrastruktur wurde von Unternehmen geplündert und von den lokalen, bundesstaatlichen und nationalen Behörden auf kriminelle Weise vernachlässigt.

2012 unterzeichnete der scheidende Bürgermeister einen 90-Millionen-Dollar-Vertrag mit Siemens, um die Wasser- und Abwasserinfrastruktur der Stadt zu modernisieren und ein automatisches Abrechnungssystem einzuführen. Aber das neue Abrechnungs- und Wasserzählersystem versagte darin, den Einwohnern Rechnungen zu schicken, was zu unbezahlten Wasserrechnungen in Höhe von mehr als 43 Millionen Dollar führte und den Wasserfonds der Stadt in eine Krise stürzte. Nach einem gerichtlichen Vergleich im Jahr 2020 konnte die Stadt die 90 Millionen Dollar von dem Unternehmen zurückfordern, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich das veraltete Wassersystem bereits weiter verschlechtert.

Im Jahr 2016 wurde bekannt, dass im Wasser erhöhte Bleikonzentrationen entdeckt worden waren. Der Staat rät weiterhin, dass Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen kein ungefiltertes Leitungswasser trinken sollten. Blei im Wasser ist für Kinder besonders schädlich, da es zu schweren Entwicklungsstörungen führen kann.

2017 wurde mit einem anderen Konzernriesen, Veolia, ein Zehnjahresvertrag über 109 Millionen Dollar für den Betrieb und die Verwaltung der drei Kläranlagen der Stadt unterzeichnet. Zwischen Dezember 2018 und Mai 2019 leitete das Unternehmen vier Milliarden Liter Wasser in den Pearl River um und verstieß damit gegen das Gesetz für sauberes Wasser (Clean Water Act) sowie eine Vereinbarung, die die Stadt 2012 mit der Bundesstaatsregierung unterzeichnet hatte. 

Ein schwerer Wintersturm im Februar 2021, der auch durch die Folgen des Klimawandels ausgelöst wurde, brachte ungewöhnlich kalte Temperaturen in den tiefen Süden, wodurch Wasserleitungen einfroren und platzten, so dass die gesamte Stadt und die umliegenden Vororte nicht mehr mit Wasser versorgt werden konnten. Die schweren Sturmschäden ebneten den Weg zu der aktuellen Katastrophe in Jackson.

Während der demokratische Bürgermeister Chokwe Antar Lumumba schätzt, dass die Instandsetzung des Wassersystems der Stadt etwa 1 Milliarde Dollar kosten würde, hat die Regierung Biden im jüngsten Gesetzespaket nur etwa 500 Millionen Dollar für die nächsten fünf Jahre für Wasserinfrastrukturprobleme im gesamten Bundesstaat bereitgestellt. Die Bundeshilfe wird wenig zur Lösung der Probleme in Jackson und Mississippi beitragen. Eine Bewertung der Umweltschutzbehörde im Jahr 2015 ergab, dass der Bundesstaat über einen Zeitraum von 20 Jahren 4,8 Milliarden Dollar benötigt, um sicheres Trinkwasser zu gewährleisten, wobei ein Großteil der Infrastruktur ihre geplante Lebensdauer erreicht oder weit überschritten hat.

Obwohl eine dramatische Unterfinanzierung auf allen Ebenen erst zu dieser Krise geführt hat, schlagen jetzt das Wall Street Journal und Gouverneur Reeves die vollständige Privatisierung des öffentlichen Wassersystems als Lösung des Problems vor. Damit soll der Raubzug der Konzerne, der vor 10 Jahren begann, vollendet werden.

Am Montag erklärte das Journal in einem Editorial, die Wasserkrise sei das Ergebnis des „Versagens der lokalen Behörden“, weshalb die Stadt unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt werden solle. Die Autoren zogen einen Vergleich mit Flint und Detroit in Michigan, wo Notfallmanager in lukrative Machenschaften im Zusammenhang mit den Wassersystemen dieser Städte verwickelt waren, die im Fall von Flint zu der katastrophalen Bleikrise beitrugen. In Anlehnung an das Journal sagte Reeves auf einer Pressekonferenz am selben Tag, dass der Vorschlag der „Privatisierung auf dem Tisch liegt“.

Auf lokaler Ebene tragen die Demokraten ihren Teil der Verantwortung, da sie in den letzten vier Jahrzehnten die Deindustrialisierung und systematische Verarmung von überwiegend afroamerikanischen Stadtgebieten wie Jackson vorangetrieben haben. Die Wahl von schwarzen Bürgermeistern und Stadträten hat nichts dazu beigetragen, den dramatischen Rückgang des Lebensstandards der Arbeiterklasse aufzuhalten.

Die allgemeine soziale Krise wird durch die Auswirkungen des Klimawandels verschärft, der weltweit zu immer schwereren Wetterereignissen führt. Die historischen Überschwemmungen in Pakistan haben bereits Tausende von Menschenleben gefordert und über 100.000 Menschen vertrieben. China wird von einer massiven Hitzewelle heimgesucht. Jüngste Studien von Wissenschaftlern haben davor gewarnt, dass der Meeresspiegel durch den Klimawandel um fast einen Meter ansteigen wird, auch wenn sofort gehandelt wird. Gleichzeitig werden die steigenden Temperaturen das Leben von Millionen Menschen im Nahen Osten und in Afrika zerstören.

Der Kapitalismus hat keine Lösung für diese Probleme. Die Unterordnung der gesamten Gesellschaft unter den privaten Profit und die Aufteilung der Weltwirtschaft unter rivalisierenden kapitalistischen Nationalstaaten blockieren eine rationale Reaktion auf Krisen wie die in Jackson, Mississippi, und verhindern gleichzeitig die koordinierte globale Planung, die notwendig wäre, um die Ursachen zu bekämpfen.

Die einzige Lösung liegt in der Enteignung der Konzernoligarchen und der Großbanken, um Billionen von Dollar freizusetzen, die in den Wiederaufbau und die Entwicklung der Infrastruktur und die Bekämpfung des Klimawandels durch weltweit koordinierte Sofortmaßnahmen gesteckt werden müssen. Doch das ist nur möglich, wenn die Arbeiterklasse die Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage umgestaltet und die Bedürfnisse der Menschen über die privaten Profite stellt.

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