Vorbereitung auf den Klassenkrieg: Sri-lankischer Präsident richtet „Hochsicherheitszonen“ ein

Am Freitagabend kündigte der sri-lankische Präsident Ranil Wickremesinghe in einer außerordentlichen Bekanntmachung die Schaffung mehrerer „Hochsicherheitszonen“ (HSZ) in der Hauptstadt Colombo und ihren Außenbezirken an. Mit dieser Maßnahme bereitet sich Wickremesinghe auf einen Krieg gegen die Arbeiterklasse und die Armen vor, während er unter dem Diktat des Internationalen Währungsfonds (IWF) brutale Austeritätsmaßnahmen umsetzt.

Diese HSZ erinnern an die Hochsicherheitszonen, die frühere Regierungen während des blutigen Bürgerkriegs gegen die Tamilen und die separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam im ganzen Land und in Colombo eingerichtet hatten. Diese Maßnahmen und das Gesetz zur Verhinderung von Terrorismus (Prevention of Terrorism Act, PTA) wurden benutzt, um die tamilische Minderheit außerhalb der Kriegsgebiete im Norden und Osten des Landes zu unterdrücken und Arbeitskämpfe zu verhindern.

Wickremesinghe kündigte die jüngsten repressiven Anordnungen im Rahmen des Gesetzes über Staatsgeheimnisse (Official Secrets Act) an, ein weiteres undemokratisches Gesetz in Sri Lanka. Die Zonen umfassen die Büros und Amtssitze des Präsidenten, des Premierministers und des Verteidigungsministers, das Verteidigungsministerium und das Polizeipräsidium, den Parlamentskomplex, den Gerichtskomplex und die Amtsräume des Generalstaatsanwalts.

Der Verteidigungsminister wurde zur „zuständigen Stelle“ für die Umsetzung der im Regierungsanzeiger genannten Maßnahmen ernannt. Folgende Maßnahmen wurden angekündigt:

  • Ohne vorherige schriftliche Erlaubnis des Generalinspekteurs der Polizei der Westprovinz oder seines obersten Stellvertreters darf niemand eine öffentliche Versammlung oder Umzug auf einer Straße, Grundstück, Ufer oder sonstigen offenen Flächen innerhalb der HSZ durchführen.
  • Bauarbeiten und das Abstellen von Fahrzeugen in den HSZ ohne Genehmigung des Verteidigungsministers sind verboten.
  • Die Bewohner von Wohngebäuden in den HSZ müssen den Leitern der Polizeistationen in ihren Gebieten eine Liste ihrer ständigen oder vorübergehenden Bewohner vorlegen. Eine Änderung des Wohnstatus muss der Polizei innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden.
  • Regierungsbehörden und private Institutionen in den HSZ müssen eine Liste aller Beschäftigten vorlegen.
  • Die Polizei ist befugt, alle Gebäude und Grundstücke in den HSZ zu betreten und zu durchsuchen. Sie kann außerdem mutmaßliche Verdächtige verhaften, verhören und Verfahren gegen sie einleiten.
  • Personen, die im Zusammenhang mit Vergehen verhaftet wurden, die im Amtsblatt aufgeführt sind, können nur vom Obersten Gericht auf Kaution freigelassen werden. Im Falle einer Verurteilung drohen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren Haft sowie eine Geldstrafe von 2.000 Rupien (etwa 6 Euro).

Der Verteidigungsminister erklärte am Montag gegenüber den Medien, dass jeder, der außerhalb dieser Zonen protestieren wolle, ebenfalls sechs Stunden vor Beginn der Veranstaltung eine Erlaubnis von der Polizei oder den Verteidigungsbehörden einholen müsse. Nur „rechtmäßige“ Proteste sollen zugelassen werden. Dieser vage Begriff kann benutzt werden, um alle Proteste gegen die Regierung zu verbieten.

Die Brutalität dieser Maßnahmen zeigte sich am Samstag, als die Polizei in Colombo gegen Proteste vorging, die von der Socialist Student Union der Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) organisiert worden waren. Obwohl wir scharfe Differenzen mit dieser bürgerlichen Oppositionspartei haben, verurteilt die Socialist Equality Party (SEP) diesen Polizeiangriff.

Die Wickremesinghe-Regierung und die herrschende Klasse Sri Lankas sitzen auf einem sozialen Pulverfass. Anfang April kam es erstmals zu Massenprotesten für den Rücktritt des damaligen Präsidenten Gotabhaya Rajapaksa und seiner Regierung. Millionen von Arbeitern beteiligten sich an diesen Kämpfen, u.a. in eintägigen Generalstreiks am 28. April und 6. Mai, und wurden dabei von allen Unterdrückten im ganzen Land unterstützt.

Angesichts dieser Proteste musste die Regierung von Premierminister Mahinda Rajapaksa im Mai zurücktreten; Präsident Gotabhaya Rajapaksa floh am 13. Juli aus dem Land und trat zurück.

Der allgemein verhasste Wickremesinghe, eine Marionette des US-Imperialismus, wurde von dem flüchtigen Rajapaksa zum amtierenden Präsidenten ernannt und später vom diskreditierten Parlament als Präsident eingesetzt. Danach begann Wickremesinghe sofort, die Unterdrückung der Proteste gegen die Regierung zu verschärfen, und ließ Hunderte verhaften. Im August benutzte er den PTA, um drei studentische Aktivisten, die an Demonstrationen teilgenommen hatten, für 90 Tage in Haft zu nehmen.

Daneben hat Wickremesinghe auch den Austeritätskurs des IWF beschleunigt, indem er hohe Steuern eingeführt und die Preise für lebenswichtige Güter weiter erhöht hat, was für Arbeiter und Arme unerträgliche Lebensbedingungen schuf. Die nationale Inflation stieg im August sprunghaft auf 70 Prozent, die Inflation für Lebensmittel auf 85 Prozent.

Der Hunger breitet sich aus. Laut dem Welternährungsprogramm erhielten Anfang August 3,4 Millionen Menschen vorrangig Hilfe. Schätzungsweise 6,3 Millionen Menschen leiden unter Ernährungsunsicherheit, d.h. sie müssen auf Mahlzeiten verzichten. Das Gesundheitswesen steht am Rande des totalen Kollaps, da es an wichtigen Medikamenten und Geräten fehlt. Durch die Schließung von Fabriken, kleinen Geschäften und Restaurants sind bereits Hunderttausende von Arbeitsplätzen vernichtet worden.

Der IWF fordert noch weitere rücksichtslose Maßnahmen, deren Umsetzung bereits vorbereitet wird, darunter Privatisierungen, die Vernichtung Hunderttausender Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und die Kürzung der mageren Subventionen. Die Regierung plant eine Senkung der Staatsausgaben, um von einem Haushaltsdefizit von 9,8 Prozent in diesem Jahr zu einem Überschuss von 2,3 Prozent im Jahr 2025 zu kommen.

Der Gouverneur der sri-lankischen Zentralbank, Nandalal Weerasinghe, erklärte mit Blick auf diese Maßnahmen: „Wir sind noch nicht aus dem Schlimmsten raus, obwohl wir schmerzhaft vorgehen. Der Übergang wird eine schwierige Zeit werden.“ Diese brutale „schwierige Zeit“ soll den Arbeitern und den Armen aufgezwungen werden, um das schwankende kapitalistische Profitsystem zu retten.

Genau wie in allen anderen Ländern haben auch hier der Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine und die Corona-Pandemie die Krise verschärft. Die Eskalation des Kriegs durch den amerikanischen und europäischen Imperialismus in Verbindung mit Russlands reaktionärer nationalistischer Politik drohen einen Atomkrieg auszulösen.

Wickremesinghes jüngste drakonische Maßnahmen sind weitere Schritte in Richtung diktatorischer Herrschaft. Die Einrichtung der HSZ ist ein Eingeständnis, dass das gesamte herrschende Establishment und der Staatsapparat einen Massenaufstand fürchten.

Der Führer der oppositionellen Samagi Jana Balawegaya (SJB), Sajith Premadasa, übte scheinheilige Kritik an den jüngsten Maßnahmen und erklärte, die Regierung habe „drei Formen von Unterdrückung gegen die Bevölkerung entfesselt, darunter die Ausrufung von mehreren Hochsicherheitszonen, den Missbrauch des PTA zur Verhaftung von Studentenführern und die Unterdrückung der Medien“. Die SJB ist ein Ableger von Wickremesinghes rechter United National Party und hat selbst die Arbeiter und Armen blutig unterdrückt.

JVP-Parteichef Anura Kumara Dissanayake spielte die Gefahr von Wickremesinghes repressiven Maßnahmen herunter und erklärte: „Die Regierung wird nicht in der Lage sein, die Bewegung durch diese bedeutungslosen Angriffe und Drohungen aufzuhalten. ... Es wird nicht mehr lange dauern, bis Massen von Bürgern Colombo umzingeln.“

Mahinda Jayasinghe, ein führendes Mitglied des JVP-nahen Trade Union Coordinating Committee (TUCC) und der Teacher Services Union, prahlte, die Gewerkschaftsbewegung werde sich „nicht von Haftstrafen einschüchtern lassen“ und forderte den Präsidenten auf, „die Gefängnisse zu vergrößern“.

Die Erklärungen der JVP- und TUCC-Führer sind zynisch. Diese leeren Drohungen werden Wickremesinghes Kurs auf Diktatur nicht aufhalten.

Die JVP hat, genau wie die SJB, eine Übergangsregierung der im Parlament vertretenen Parteien gefordert, um den Volksaufstand von April–Juli aufzufangen und in eine Falle zu locken. Der TUCC und eine andere Dachorganisation namens Trade Union and Mass Movement beschränkten die Kämpfe der Arbeiter auf eintägige Generalstreiks und halfen damit, die Massenopposition hinter die Forderung der SJB und der JVP nach einer Übergangsregierung zu lenken.

Die pseudolinke Frontline Socialist Party (FSP) und die ihnen nahestehenden Gewerkschaften spielten eine führende Rolle, indem sie sich dieser Kampagne auf verräterische Weise anschlossen.

Ihr Verrat am Widerstand der Massen hat Wickremesinghe den Weg geebnet. Sie sind für seine repressiven Maßnahmen verantwortlich.

Unter Arbeitern und Armen wächst der Widerstand gegen die Angriffe des Wickremesinghe-Regimes auf die Bedingungen der arbeitenden Bevölkerung. Diese Parteien und Gewerkschaften fürchten den Ausbruch von Kämpfen der Arbeiter und der Armen und bereiten sich deshalb darauf vor, sie abzuwürgen.

Die SEP sagt den Arbeitern und Armen: Hütet euch vor diesen Parteien! Die Arbeiterklasse kann die brutale Unterdrückung, welche die Wickremesinghe-Regierung und die herrschende Klasse planen, nur verhindern, wenn sie ihre eigene unabhängige Bewegung mit Unterstützung der ländlichen Massen aufbaut. 

Um eine solche unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse aufzubauen, sind Aktionskomitees in allen Betrieben, Plantagen und Wirtschaftszentren erforderlich. Wir rufen auch die arme Landbevölkerung auf, Aktionskomitees in ihren Gebieten aufzubauen, um Unterstützung für diesen Kampf zu mobilisieren.

In allen Ländern nehmen die Arbeiter den Kampf gegen den Angriff der Kapitalistenklasse auf. Wir rufen die sri-lankischen Arbeiter auf, sich ihnen zuzuwenden und ihre Aktionskomitees zu vereinen, um die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) aufzubauen.

Diese Komitees sollten die Abschaffung der Exekutivpräsidentschaft und aller repressiven Gesetze fordern. Diese sind: das PTA, das Gesetz über das Staatsgeheimnis (Official Secret Act), das Gesetz über wesentliche öffentliche Dienstleistungen (Essential Public Services Act), die Verordnung über die öffentliche Sicherheit (Public Security Ordinance) und die Notstandsgesetze.  

Die SEP fordert die Arbeiter dringend auf, den Kampf gegen Wickremesinghes undemokratischen Angriff mit dem Kampf gegen den Kapitalismus und für ein internationalistisches und sozialistisches Programm zu verbinden. Alle Auslandsschulden müssen zurückgewiesen und die Banken, Konzerne und Plantagen unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter verstaatlicht werden.

Die SEP kämpft für einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen, der sich auf gewählte Vertreter aus den Aktionskomitees der Arbeiter und Armen stützt. Das Ziel muss eine Arbeiter- und Bauernregierung sein, die dieses Programm umsetzen wird.

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