Britische Regierung bereitet „Notstandsvollmachten“ zur Unterdrückung von Streiks vor

Die britische Tory-Regierung bereitet sich auf den Einsatz des Militärs vor, um die Streiks von Hunderttausenden von Arbeitern niederzuschlagen. Beispielsweise stehen noch diesen Monat 48 Stunden Pflegestreik bevor. Daneben plant die Regierung ein neues Anti-Streik-Gesetz, das Arbeitskämpfe weitgehend wirkungslos machen soll.

In England, Wales und Nordirland wollen bis zu 100.000 Pflegekräfte, die im Royal College of Nursing (RCN) organisiert sind, am 15. und am 20. Dezember streiken. Die Pflegekräfte kämpfen gegen die jahrelange Lohnzurückhaltung der Regierung und fordern eine Lohnerhöhung, die fünf Prozent über der 20-prozentigen Inflation der Einzelhandelspreise liegt.

Streikende Postbeschäftigte vor dem Depot Bradford North, 1. Oktober 2022

Die Postbeschäftigten der Communication Workers Union (CWU) setzen ihre landesweiten Streiks fort. Auf die Arbeitsniederlegung von 115.000 Beschäftigten letzte Woche sollen weitere Ausstände am 9., 11., 14. und 15. sowie am 23. und 24. Dezember folgen.

40.000 Eisenbahner der Gewerkschaft Rail, Maritime and Transport (RMT) werden ihren Arbeitskampf gegen Network Rail und 14 weitere Bahnbetreiber mit einer Reihe von 48-stündigen Streiks fortsetzen, die am 13. -14. und am 16. - 17. Dezember sowie am 3.- 4. und 6.- 7. Januar 2023 stattfinden sollen.

Um die Unterdrückung von Arbeitern zu rechtfertigen, die gegen niedrige Löhne, die Zerstörung ihrer Lebensbedingungen und den drohenden Abbau von Tausenden von Stellen kämpfen, bezeichnet die Regierung sie als Handlanger des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Tory-Parteivorsitzende Nadhim Zahawi erklärte auf Sky News: „Es ist an der Zeit, zusammenzukommen und Herrn Putin deutlich zu machen, dass wir uns nicht auf diese Weise spalten lassen ... Unsere Botschaft an die Gewerkschaften lautet: ,Dies ist nicht die Zeit zu streiken, sondern zu verhandeln‘.“

Zahawi warnte: „Notfallpläne vorzubereiten, ist richtig und verantwortungsbewusst ... Wir reden vom Militär oder von einer speziellen Eingreiftruppe ... von erhöhten Kapazitäten.“ Soldaten könnten während Streiks „Krankenwagen fahren“ und an den britischen Grenzen arbeiten.

Ende November stimmten 80.000 Rettungssanitäter, Notfallmediziner und Telefonisten des Notrufs in England für einen Arbeitskampf für bessere Bezahlung und mehr Personal, der im Januar stattfinden soll. Dies wäre der erste Streik des Rettungsdienstpersonals seit 30 Jahren. Während des landesweiten Streiks der Sanitäter in den Jahren 1989 bis 1990 mobilisierte die Thatcher-Regierung das Militär, um den Streik zu beenden.

Ein Motorradfahrer der West Midlands Police eskortiert einen Krankenwagen der British Army während des Streiks 1989¬–90 [Photo by West Midlands Police / CC BY-SA 2.0]

Ende November stimmten 80.000 Rettungssanitäter, Notfallmediziner und Telefonisten des Notrufs in England für einen Arbeitskampf für bessere Bezahlung und mehr Personal, der im Januar stattfinden soll. Dies wäre der erste Streik des Rettungsdienstpersonals seit 30 Jahren. Während des landesweiten Streiks der Sanitäter in den Jahren 1989 bis 1990 mobilisierte die Thatcher-Regierung das Militär, um den Streik zu beenden.

Sky News berichtete:

Laut dem Cabinet Office werden etwa 2.000 Militärangehörige und Beamte ausgebildet, um im Fall eines Streiks bei zahlreichen Dienstleistungen zu unterstützen, u.a. beim Grenzschutz an Flug- und Seehäfen.

Darunter sind 600 Militärangehörige und 700 Mitarbeiter des Spezialteams der Regierung für Krisenmanagement und schnelles Eingreifen sowie andere Teile des öffentlichen Dienstes.

Entscheidungen über den Einsatz der Truppen für diese Aufgaben stehen noch aus, allerdings gehören sie zu den verfügbaren Optionen, falls die Streiks in diesen Bereichen wie geplant erfolgen.

Der Sunday Telegraph schreibt: „Die Kabinettsminister der am stärksten von Streikdrohungen betroffenen Bereiche, u.a. des Innenministeriums, des Verkehrs-, des Gesundheits- und des Bildungsministeriums, nahmen diese Woche an mehreren Cobra-Treffen teil, um ihre Reaktion zu koordinieren.“ [Bei Cobra-Treffen wird über nationale Notstände oder größere Störungen diskutiert.]

Andere Pläne, die gegen die Streiks des Pflegepersonals erwogen werden, stehen in Zusammenhang mit den Plänen der Regierung, den National Health Service zu privatisieren. Der Sunday Telegraph schrieb dazu: „Apotheker könnten erstmals die Erlaubnis erhalten, Patienten mit geringfügigen Beschwerden zu untersuchen und Antibiotika zu verschreiben, um die Nachfrage nach Terminen bei Allgemeinärzten zu verringern und die Rekordrückstände abzubauen ... Aber der Plan wird vermutlich nicht vor Weihnachten umgesetzt, weil es Zeit braucht, um Personal auszubilden und NHS-Verträge mit privaten Apotheken auszuhandeln ...“

Auf Drängen der Medien will die Regierung Minimalbesetzungen (MSL) bei Streiks gesetzlich vorschreiben. Die rechten Murdoch-Zeitungen Sun und Times haben die Regierung aufgefordert, das Gesetz ohne weitere Verzögerungen zu verabschieden. Wie die Sun am Freitag enthüllte, erwägt Premierminister Rishi Sunak „neue Notstandsvollmachten, um den Streikwinter zu beenden“. Die Regierung plane „im Eiltempo ein Anti-Streik-Gesetz durchzusetzen“, das „eine neue Front im Krieg der Regierung gegen die Gewerkschaften im Gesundheitswesen, der Eisenbahn, der Post und weiteren Branchen öffnen würde ... [Das] Gesetzespaket könnte den Einsatz von Leiharbeitern als Ersatz für Streikende in wichtigen Funktionen ermöglichen und es Arbeitgebern erleichtern, Streikende dauerhaft zu ersetzen. ... [Es] würde Gesetze ergänzen, die momentan im Parlament debattiert werden, um an Streiktagen einen Minimalbetrieb in wichtigen Branchen wie der Eisenbahn aufrechtzuerhalten.“

Die Times erklärte in einem Leitartikel, wenn Sunak „eine Chance haben will, den Niedergang seiner Partei aufzuhalten, muss er Mittel finden, eine Welle von geplanten Arbeitsniederlegungen zu verhindern, die das Land lahmlegen könnten ... Sunaks Entscheidung, das Gesetz zu forcieren, das die Gewerkschaften zu einer Minimalbesetzung während der Streiks verpflichtet, ist ermutigend ... [Es würde] die Gewerkschaften und Bahnbetreiber verpflichten, während der Streiks mindestens 20 Prozent ihrer Züge zu betreiben, um so einen ausreichenden Service für die Menschen zu gewährleisten, sodass sie zur Arbeit und in die Schule kommen.“ Die Verabschiedung des MSL-Gesetzes sei „ein Test, bei dem Sunak und die Tories sich keine Niederlage leisten können“.

Die Times erklärte weiter: „Die Regierung sollte sich auch nicht von der offensichtlichen Sympathie der Bevölkerung für einen Teil der Streikenden ablenken lassen. Dies wird sich zwangsläufig ändern, wenn sich die Arbeitskämpfe auf das Leben der Bevölkerung auswirken.“

Der Telegraph widersprach dieser Ansicht am Sonntag in seinem Leitartikel und warnte: „Die offensichtliche Strategie der Minister ist es, abzuwarten und darauf zu hoffen, dass sich der Zorn der Öffentlichkeit gegen die Streikenden richten wird – vor allem, da viele der Beschäftigten, die Arbeitskämpfe planen, vergleichsweise großzügige Löhne und Rentenregelungen haben.

Doch dass ist sehr riskant. Laut Umfragen stehen die Wähler derzeit hinter den Streikenden. Pflegekräfte sind sehr populär. Die Inflation verringert den realen Wert der Löhne in der gesamten Wirtschaft. Deshalb besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wut der Öffentlichkeit gegen die Regierung von Rishi Sunak richten wird.“

Um die Streiks zu unterdrücken, setzt die Regierung auf die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsbürokratie. Der Sekretär der Communication Workers' Union, Dave Ward, erklärte in einem Interview mit dem Telegraph über die vielen Gruppen von Arbeitern, die an Streiks beteiligt sind oder darüber abstimmen: „Es ist es fast wie ein De-facto-Generalstreik, so viele Auseinandersetzungen finden statt.“

Doch Ward sagte dies als jemand, der Himmel und Erde in Bewegung setzt, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Diese Woche hat seine Gewerkschaft einen einmonatigen landesweiten Streik von 40.000 British Telecom-Arbeitern ausverkauft. Die Mitglieder der CWU haben mit Empörung reagiert.

Ward erklärte gegenüber dem Telegraph, dass die Royal Mail nicht nur die Streiks beenden, sondern auch mit der CWU zusammenarbeiten könnte, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen. Der Telegraph berichtete: „Ward wies den Vorwurf der Inflexibilität zurück: ,Wir haben gesagt, wir werden 24 Stunden am Tag liefern. Und dazu stehen wir‘.“

Er fügte hinzu: „Wie ich Ihnen sage, stimmen wir überein, genauer zu untersuchen, wie wir die Infrastruktur und die Royal Mail weiterentwickeln und neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln können.“

Ward betonte: „Wenn Amazon die Infrastruktur der Royal Mail kontrollieren würde, garantieren ich Ihnen jetzt schon, dass sie das als Wettbewerbsvorteil nutzen würden.“

Die Gewerkschaftsbürokraten im öffentlichen Dienst verfolgen die gleichen Ziele. Die Generalsekretärin des Royal College of Nursing, Pat Cullen, erklärte, die angedrohten Streiks könnten ad acta gelegt werden, wenn es zu einem Tarifabschluss unterhalb der Inflation komme. Sie verwies auf den Abschluss, der in Schottland mit der Scottish National Party ausgehandelt wurde: „Es muss eine Lehre für alle Minister sein, dass Verhandlungen einen Streik verhindern können, und dass man den Mitgliedern Lohnangebote zur Abstimmung vorlegt.“

Der Observer berichtete: „RCN und Unison haben gegenüber dem Observer angedeutet, dass ein ähnliches Angebot wie in Schottland – zwischen fünf und elf Prozent je nach Dienstgrad –eine Grundlage für Fortschritte sein könnte.“

Christina McAnea, die Generalsekretärin von Unison, der größten Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, erklärte gegenüber der Zeitung: „Es liegt bei der Regierung, Streiks im gesamten NHS in diesem Winter zu verhindern.“ Der Gesundheitsminister „sollte von den Ministern in Holyrood [Sitz der schottischen Regierung] lernen, wie man Streiks durch Verhandlungen und bessere Bezahlung abwendet.“

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