„Bei einem atomaren dritten Weltkrieg würde niemand heil davonkommen“

Jugendliche und Studierende reagieren auf IYSSE-Kundgebung gegen Krieg

Jugendliche in Berlin, mit denen die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) in den letzten Tagen sprachen, reagierten mit Begeisterung auf die IYSSE-Kundgebung vom 10. Dezember, die die Hintergründe des Ukrainekrieges darlegt und eine internationale Perspektive gegen die Gefahr eines Atomkrieges aufzeigt.

„Die Kundgebung am Samstag war eine sehr besondere Veranstaltung“, sagt Michael aus Berlin, der kürzlich sein Abitur gemacht hat und seit einigen Monaten Mitglied der IYSSE ist. „Wir als Jugendliche haben noch Jahrzehnte unseres Lebens vor uns und sollten es uns zur Aufgabe machen, eine solche Antikriegsbewegung zu organisieren, die Welt zu verändern und für den Kommunismus zu kämpfen.“

„Besonders wichtig fand ich, dass aus verschiedensten Ländern Sprecher hervorgetreten sind. Andrei Ritsky, der Sprecher der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten in Russland, hat aus seiner Position heraus unsere Perspektive gegen den Krieg erklärt. Für jemanden wie mich, der aus einer russischsprachigen Familie kommt, war das sehr beeindruckend zu hören.

Man sieht natürlich, dass sich ein dritter Weltkrieg anbahnt. Das zeigt die Eskalation in der Ukraine, wo beide Seiten klar gemacht haben, dass sie nicht nachgeben werden, bis eine Seite aufgibt. Bei einem atomaren dritten Weltkrieg würde aber niemand heil davonkommen. Das wäre ein Desaster für die Menschheit. Die Arbeiterklasse würde die Folgen der Atomschläge tragen müssen, ohne den Krieg selbst gewollt zu haben. Es wäre alles die Schuld der herrschenden Klasse, die den Planeten zerstört und die Menschheit nur für Profit ausgerottet hätte.

Die USA, Russland und andere Regierungen haben Atomwaffen mit einer bestimmten Absicht – sie würden nicht zögern, sie zu benutzen. Wenn man in die Geschichte schaut, wurden sie auch schon benutzt. Dass die Interessen der Arbeiterklasse die herrschende Klasse nicht interessieren, ist gerade in der Corona-Pandemie sehr stark klar geworden. Sie haben Milliarden in Militär und Polizei gesteckt, anstatt Corona zu bekämpfen und in Soziales zu investieren.

Der Krieg ist das Resultat der kapitalistischen Entwicklung. Wie Lenin erklärte, ist der Imperialismus das höchste Stadium des Kapitalismus und der Krieg dient den Kapitalisten zur Neuaufteilung der Welt. Ohne Kapitalismus würde es keinen Krieg geben, wies Lenin nach. Das kann nur in einer kommunistischen Gesellschaft erreicht werden.“

„Die internationale Perspektive, die auf der Online-Kundgebung vertreten wurde, ist mir sehr wichtig“, sagt Luc , der im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre studiert und sich aktiv an der Kampagne der IYSSE beteiligt, nachdem er sie in den letzten Tagen an der Humboldt-Universität kennengelernt hat. „Sozialismus ist nur möglich durch eine internationale und kollektive Perspektive. Ich finde es sehr stark, dass wir auch Verbindungen zu russischen Jugendlichen haben – das widerlegt die ganze Kriegspropaganda.“ Er fährt fort:

„Jugendliche sind mit am meisten vom Krieg betroffen. Sie werden in den Krieg geschickt und sie sind es, deren Zukunft zerstört wird. Gleichzeitig sind sie in einer Position, in der sie sich viele Gedanken machen und nachhaltig Veränderungen bewirken können.

Man sieht in der derzeitigen Entwicklung Parallelen zu vorherigen Konflikten, wie der Kubakrise. Bei der Kundgebung wurde an Bidens Zitat vom nuklearen Armageddon erinnert und die katastrophale Kriegsrhetorik dargestellt. Das zeigt, dass die herrschende Klasse nicht auf Deeskalation aus ist, sondern immer weiter provoziert. Es wurde auch gezeigt, dass die herrschende Klasse kein Problem mit einem Weltkrieg hat. Ein Atomkrieg würde den Weltuntergang und den Tod von Milliarden Menschen durch den nuklearen Winter bedeuten. Am wenigsten vor einem Krieg schützen können sich diejenigen, die am tiefsten in der Gesellschaft sind.

Krieg und Kapitalismus hängen klar zusammen. Der Kapitalismus basiert auf der Ausbeutung anderer Länder – diese Machterhaltung braucht einen großen militärischen Komplex. Auch lukrative Geschäfte von Rüstungsunternehmen in Deutschland und den USA zeigen diesen Zusammenhang. Im Kapitalismus werden die Arbeiter in Kriege geschickt, während die Kapitalisten Profit machen. Eine internationale sozialistische Gesellschaft mit der Arbeiterklasse als Entscheidungsträger hätte kein Interesse, Krieg zu führen.“

„Der Krieg stellt eine Bedrohung für uns junge Menschen dar und ist ein Angriff auf unsere Lebensverhältnisse“, sagt Tim, der an der Humboldt-Universität Musikwissenschaften studiert hat und ebenfalls aktiv an der Kampagne der IYSSE teilnimmt. „Wenn wir nicht dagegen kämpfen, wird es zu weiteren Angriffen kommen und immer schlimmer werden. Die USA unterstützen seit Kurzem offen auch Angriffe auf russischen Boden, die Debatte um Atomwaffen wird weiter angeheizt.“

„Der Konflikt kann sich definitiv ausweiten. Ein Atomkrieg würde den Zusammenbruch der Gesellschaft und das Ende des Planeten bedeuten. Es wäre das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen.“ Die herrschende Klasse sei „nicht nur imstande, einen Weltkrieg zu führen, sondern bereitet ihn auch schon vor“, sagt Tim:

„Der wachsende Militarismus und die von Jahr zu Jahr steigenden Rüstungsexporte Deutschlands sprechen für sich. Die Aufrüstung der Bundeswehr, die Anschaffung der Atombombenjets und das Sondervermögen heizen den Krieg weiter an. Hinzu kommt die Nato-Erweiterung um Schweden und Finnland.

Der Kapitalismus nutzt den Krieg als Werkzeug, um Macht, Einfluss und Ressourcen zu sichern. Krieg ist ein willkommenes Vehikel, um Interessen durchzusetzen und wirtschaftlich zu profitieren. Die Rüstungsindustrien in den größten Ländern boomen, und das seit Jahren. Der Drohnenkrieg zeigt eine weitere grauenhafte Seite des Krieges.

Die Krisen dieser Zeit zeigen das wahre Gesicht des Kapitalismus. Es gibt eine historische Chance, ihn zu stürzen. Wir brauchen ein sozialistisches Programm, das sehen wir jetzt, denn nur mit einem Programm kann man auch etwas durchsetzen. Ich habe das Video von der Kundgebung direkt an meine Freunde geschickt.“

Enorme Resonanz auf IYSSE-Kampagne gegen Krieg

Im Vorfeld der Online-Kundgebung hatten die IYSSE eine energische weltweite Kampagne geführt und immensen Rückhalt unter Schülern und Studierenden erhalten. In Deutschland sprachen IYSSE-Mitglieder mit Jugendlichen in Berlin, Leipzig und anderen Städten über den Aufbau einer Massenbewegung gegen die Kriegsagenda der herrschenden Klasse.

Videos von IYSSE-Mitgliedern, die die Kriegspolitik der deutschen Regierung kritisieren, wurden in den sozialen Medien von zehntausenden angesehen und hundertfach kommentiert. Auf Tiktok, Instagram und anderen Plattformen reagierten Nutzer begeistert auf die wachsende Opposition unter Jugendlichen, der die IYSSE Ausdruck verliehen.

IYSSE-Mitglied Christopher zur Bedeutung des Aufbaus einer Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden gegen Krieg

Populär ist etwa ein Kommentar von Tiktok-Nutzerin Ljubica, die unter einem Video von IYSSE-Mitglied Tamino schreibt: „Junger Mann, du hast so recht. Ich wünsche euch viel Erfolg.“ Tamino hatte von der wachsenden Opposition unter Studierenden der Berliner Humboldt-Universität berichtet und auf die zentrale Rolle dieser Universität bei der ideologischen Kriegsvorbereitung verwiesen.

Tamino unterstützt die IYSSE beim Aufbau einer Massenbewegung gegen den Krieg in der Ukraine.

Humboldt-Universität zu Berlin

Auf dem Campus der Humboldt-Universität selbst stieß die IYSSE-Kampagne in den letzten Tagen weiterhin auf große Unterstützung. Der Ruf nach einer internationalen Massenbewegung gegen Krieg wird von vielen Studierenden geteilt.

„Krieg ist nicht in unserem Interesse und es sollte in niemandes Interesse sein“, sagt Greta, die an der an der Charité Berlin Pflege studiert. Eine Massenbewegung der Jugend gegen den Krieg „schafft ein Bild der Einheit und zeigt, dass die breite Bevölkerung dagegen ist“, erklärt sie. „Ich versuche, nicht an einen Atomkrieg zu denken. Es ist eigentlich unvorstellbar, aber realistisch betrachtet sehe ich die Gefahr auf jeden Fall. Ich denke auch, dass der Ukrainekrieg als Vorwand benutzt wird, um die Bundeswehr aufzurüsten.“

„Die 100 Milliarden Euro müsste man in ganz andere Dinge investieren. Ich arbeite in der Pflege und Gesundheit – besonders in der Pflege ist Not am Mann. Es fehlt an allen Ecken und Enden – gerade in Berlin. Auch eine bessere Bezahlung wäre wichtig. Mit 100 Milliarden Euro könnte man im Gesundheitssystem sehr viel schaffen.“ Dass deutsche Regierungsvertreter und -berater stattdessen erklären, Deutschland müsse „Zuchtmeister“ und „Führungsmacht“ Europas werden, seien „atemberaubende Aussagen“, findet Greta: „Die deutsche Geschichte darf man nicht vergessen.“

„Die Jugend ist die Zukunft“, sagt Kosmo, der an der Humboldt-Universität Geschichtswissenschaften im ersten Semester studiert und sich sehr besorgt über die Kriegsentwicklung zeigt. „Die Atomwaffen sind eine enorme Gefahr. Einstein hat gesagt: ‚Ich weiß nicht, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten werden die Menschen mit Stöcken und Steinen kämpfen.‘ Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. Aber als die Raketen in Polen eingeschlagen sind, ist mir diese Gefahr schon ziemlich bewusst geworden.“

„Krieg und Profit hängen zusammen“, fährt Kosmo fort. „Da reicht ein Blick auf die Waffenindustrie aus. Profitgier schreckt vor Waffen nicht zurück.“ Als IYSSE-Mitglieder die aggressive Rolle des US-Imperialismus und der Nato erläutern, nickt Kosmo und sagt: „Bei den Kriegen im Nahen Osten geht es um Öl. Kriege werden geführt, um Imperien zu vergrößern. Die Weltmächte schrecken dabei vor nichts zurück. Auch in Taiwan treffen gerade große Machtblöcke aufeinander.“

Joshua und Ilan, zwei internationale Studierende der Berliner ESCP Business School, mit denen IYSSE-Mitglieder vor der HU-Bibliothek sprachen, unterstützen ebenfalls den Aufbau einer internationalen Massenbewegung von Studierenden gegen den Krieg: „Ja, das sollten wir tun – wie in den 70er Jahren“, sagt Joshua: „So eine Bewegung fehlt mir in unserer Generation. Wir sind politisch, aber ich habe das Gefühl, dass wir noch nicht so aktiv sind, wie wir sein müssten.“ Ilan fügt hinzu: „Die Schulen und Universitäten sollten mitmachen. Sie sollten uns Tage frei geben, um zu protestieren.“

Auf die Entwicklung eines dritten Weltkriegs angesprochen sagt Joshua: „Die Gefahr sehe ich definitiv. Ich hoffe, dass die USA nicht noch starker intervenieren als jetzt. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob unsere Generation in Europa den Rest ihres Lebens in Frieden verbringen wird. Die Sprengung von Nordstream 2 war mir sehr suspekt, ich hatte sofort ein schlechtes Gefühl dabei. Man fragt sich, wer oder was dahintersteckt. Natürlich kann man nur spekulieren, aber die USA profitieren davon.“

„Ich mache mir auch Sorgen darüber, wie sich die EU entwickelt. Wozu gibt es Frontex, was soll das? Meiner Meinung nach kann man Einwanderung nicht verhindern und sollte es auch nicht. Für ein Marktforschungsprojekt haben wir über 11.000 Studierende aus verschiedenen Ländern online zum Ukrainekrieg befragt. Unseren Zahlen zufolge blicken erstmals mehr als 50 Prozent der Jugendlichen tendenziell pessimistisch in die Zukunft.“

Joshua weist darauf hin, dass Jugendliche und Studierende gegen eine Vielzahl politischer Entwicklungen kämpfen wollen – vom Kampf gegen Krieg und Klimawandel bis hin zur Verteidigung von Flüchtlingen und demokratischen Rechten. Er stellt fest: „Der gemeinsame Nenner sind die wachsende Ungleichheit und die ungleiche Verteilung von Vermögen. Auf der ganzen Welt werden die Regierungen immer autoritärer. Die Politik besteht nur noch aus Populismus und Desinformation, es geht kaum noch um echte Inhalte.“

Zum Stellvertreterkrieg in der Ukraine erklärt Ilan: „Für mich geht es im Krieg immer um Interessen. Wenn in der Ukraine Krieg geführt wird, dann wegen der Einmischung von anderen Mächten wie den USA und Frankreich. Die USA sprechen immer von Demokratie und Menschenrechten, aber ich finde, sie sie sollten ihre Lektionen zuerst lernen, bevor sie versuchen, andere zu belehren.“ Die USA seien jedoch nicht der einzige Akteur:

„Ich komme aus Frankreich, deshalb kritisiere ich auch die französische Regierung. Der Neokolonialismus besteht fort, Frankreich ist immer noch weltweit involviert. Macron bereist Afrika und versucht den Regierungen vorzuschreiben, welche Währung sie haben sollen. Der König von Marokko bekommt Geld von Europa, damit er Flüchtlinge zurückhält. In der Ukraine folgen sie denselben Interessen, denke ich. Macron sollte aus Afrika und der Ukraine draußen bleiben.“

Joshua und Ilan begrüßen den Aufruf der IYSSE an die Jugend, sich an die Arbeiterklasse zu wenden und für den Aufbau von Aktionskomitees und neuen Arbeiterorganisationen einzutreten. Joshua sagt: „Sie sollten sich organisieren, wählen allein reicht nicht. Es sollte viel mehr Abstimmungen geben, über alle Fragen, die wichtig sind. Aber so ein System muss auf Weltebene implementiert werden, denn wenn es nur auf nationaler Ebene geschieht, werden die Unternehmen ihre Produktion an einen anderen Ort verlagern.“ Ilan setzt hinzu: „Es ist wichtig, dass es Leute wie euch gibt und es ist wichtig, dass wir solche Diskussionen führen. Proteste sind wichtig, aber auf uns allein gestellt werden wir keinen Impact haben.“

Die IYSSE kämpfen für den Aufbau einer internationalen Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden, um den Krieg in der Ukraine zu stoppen und einen Atomkrieg zu verhindern. Registriert euch noch heute als aktive Unterstützer, diskutiert unseren Aufruf und das Video von unserer Online-Kundgebung mit euren Freunden und schließt euch diesem Kampf an!

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