USA erheben absurde Anschuldigungen gegen China wegen eines angeblichen „Spionageballons“

Ende letzter Woche haben die amerikanischen Behörden und Medien fieberhaft Anschuldigungen über einen angeblichen chinesischen Spionageballon verbreitet, der über den Abschussbasen ballistischer Raketen in Montana „schwebte“. Am Sonntag wurde der Ballon vor der Küste South Carolinas von US-Kampfjets abgeschossen.

US Air Force Brigadegeneral und Pentagon-Sprecher Patrick Ryder diskutiert bei einer Pressekonferenz über einen chinesischen Wetterballon. Washington, 3. Februar 2023 [AP Photo/Alex Brandon]

Chinas Reaktion und die Darstellung von Experten deuten viel eher darauf hin, dass ein schwerfälliger, schwer manövrierbarer Wettertestballon in großer Höhe vom Wind über Nordamerika geweht wurde, woraufhin er auf die Ostküste zu driftete.

Die Behauptung, China würde statt hochmoderner Satelliten in niedriger Umlaufbahn derart veraltete und schwer kontrollierbare Überwachungsmittel einsetzen, um streng geheime Atomwaffenstützpunkte auszuspähen, ist einfach nur lächerlich. Doch die Hysterie ist beispielhaft für Washingtons immer schrillere Kriegspropaganda gegen China und für die Gefahr, dass ein so unbedeutender Vorfall zum Auslöser für einen militärischen Konflikt aufgebauscht werden könnte.

Das Pentagon hatte eigenen Angaben zufolge bereits am Mittwoch Kampfflugzeuge, darunter F-22, in Bereitschaft versetzt, um das Flugobjekt abzuschießen, falls Präsident Joe Biden den Befehl dazu erteilt. Am Freitag nutzte das Weiße Haus den Vorfall, um einen wichtigen zweitägigen Besuch von Außenminister Antony Blinken in Peking abrupt zu verschieben.

Prominente Mitglieder des herrschenden US-Establishments, darunter die republikanischen Präsidentschaftskandidaten für 2024, Ex-Präsident Donald Trump und die ehemalige Gouverneurin von South Carolina und UN-Botschafterin Nikki Haley, forderten daraufhin den sofortigen Abschuss des Ballons durch das US-Militär.

Biden hatte zunächst den Anschein erweckt, den verirrten Ballon nicht zerstören zu wollen. Als Grund nannte er die Gefahr durch herabfallende Trümmer des Flugobjekts, das angeblich die Größe von drei Bussen gehabt haben soll. Dennoch ging die Regierung auf Konfrontationskurs und sagte Blinkens Staatsbesuch kurz vor seiner Abreise ab. Der Besuch auf höchster Ebene war im letzten November von Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei einem Gipfeltreffen in Indonesien vereinbart worden. Blinken sollte Xi treffen, um über die Verschlechterung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen zu sprechen.

Das chinesische Außenministerium erklärte am Freitag in einer scheinbar versöhnlichen Stellungnahme, der Ballon sei ein ziviles Luftschiff, das hauptsächlich für meteorologische Forschungen benutzt werde. Es habe nur begrenzte „Selbststeuerungsfähigkeiten“ und sei wegen der Winde „weit von seinem geplanten Kurs abgekommen. Die chinesische Seite bedauert, dass das Luftschiff aufgrund höherer Gewalt unbeabsichtigt in den US-Luftraum eingedrungen ist.“ China beruft sich dabei auf den juristischen Begriff „höhere Gewalt“, der sich auf Ereignisse bezieht, die sich der eigenen Kontrolle entziehen.

Dennoch wies das Pentagon die Erklärung de facto zurück. Pentagon-Pressesprecher Brigadegeneral Patrick Ryder erklärte: „Wir sind uns der Erklärung der VRC [Volksrepublik China] bewusst. Tatsache ist jedoch, dass wir wissen, dass es sich um einen Überwachungsballon handelt. Genaueres kann ich dazu nicht sagen. Wir wissen, dass der Ballon den amerikanischen Luftraum und das Völkerrecht verletzt hat, was inakzeptabel ist.“

Ryder widersprach scheinbar dem Hype um die Überwachung von Raketensilos und erklärte, der Ballon befinde sich zu der Zeit über der Mitte des amerikanischen Kontinents und stelle „keine militärische oder physische Bedrohung für die Bevölkerung am Boden dar“. Ein Vertreter des Pentagon bestätigte, dass der Ballon laut Einschätzung der USA nur „begrenzten“ Wert bei der Beschaffung von Informationen hat, die China nicht durch andere Technologien wie Spionagesatelliten erhalten könne.

Doch obwohl Ryder die Bedrohung herunterspielte, ließ er die Möglichkeit einer Militäraktion offen. Er erklärte, das North American Aerospace Defense Command (NORAD) beobachte den etwa 18 Kilometer über dem Erdboden fliegenden Ballon genau, während die Biden-Regierung ihre Optionen abwäge.

Alle Umstände rund um die Ballon-Affäre sind dubios. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, erklärte, Biden sei am Dienstag über den Ballon informiert worden. Allerdings verlor bis Donnerstagabend niemand öffentlich ein Wort darüber, bis das Pentagon bekannt gab, es verfolge „einen Ballon, der Informationen sammelt und nahezu mit Sicherheit von der Volksrepublik China gestartet wurde“.

Das Pentagon erklärte, der Ballon sei u.a. über dem nordwestlichen Bundesstaat Montana gesichtet worden, wo sich auf der Malmstrom Air Force Base einer von Amerikas drei Atomraketen-Startplätzen befindet. Der Stützpunkt soll über 150 Silos für Interkontinentalraketen verfügen.

US-Medien zitierten anonyme Vertreter des Pentagon, laut denen der Ballon von China über die Aleuten in Alaska und danach einige Tage durch Nordwest-Kanada geflogen sei, bevor er am Mittwoch irgendwo über Montana schwebte.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begann das US-Militär, den Einsatz von Spionageballons in großer Höhe zu erforschen, was zu einer groß angelegten Reihe von Missionen mit der Bezeichnung Project Genetrix führte. Diese Technologie wurde jedoch von Satelliten verdrängt, die genauer gesteuert und mit hochmoderner Foto- und Telekommunikations-Abhörtechnologie ausgerüstet werden können.

Der in Singapur ansässige Sicherheitsanalyst Alexander Neill, der als Adjunct Fellow bei der Denkfabrik Pacific Forum auf Hawaii tätig ist, erklärte gegenüber Reuters: „China hat seine eigene Flotte von Spionage- und Militärsatelliten, die zur Beobachtung der USA viel wichtiger und wirksamer sind.“

Die staatliche Zeitung China Daily veröffentlichte einen bissigen Leitartikel, in dem es hieß: „Es ist nicht festzustellen, wer die Lüge in die Welt gesetzt hat, aber man kann sicher sein, dass er keine Ahnung hat... Überwachungsballons sind Militärtechnologie von Anfang des 20. Jahrhunderts, sie ist veraltet und es ist schwer vorstellbar, dass ein Staat wie China sie heute noch einsetzen würde. Zudem beträgt die kürzeste Strecke zwischen Peking und Montana mehr als 9.000 Kilometer, was es unmöglich macht, den Flug dieses oder jedes anderen Ballons genau zu kontrollieren.“

Der außergewöhnliche Ausbruch antichinesischer Propaganda ist zumindest völlig heuchlerisch. Zweifellos benutzt das US-Militär sein eigenes Satellitennetzwerk, um chinesische Militärbasen und Aktivitäten auszuspionieren. Daneben sammeln auch die US-Flugzeuge und Spionageschiffe, die nahe dem chinesischen Festland operieren, ständig Informationen. Zudem hat das Pentagon im Südchinesischen Meer eine militärische Provokation nach der anderen inszeniert, indem es im Namen der „Freiheit der Seefahrt“ Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe durch die von China beanspruchten Gewässer und den Luftraum geschickt hat.

Unabhängig davon, aus welchen genauen politischen und geostrategischen Erwägungen das Weiße Haus Blinkens Besuch verschoben oder abgesagt hat, fiel die Entscheidung vor dem Hintergrund einer wachsenden Serie von aggressiven und provokanten Schritten der USA gegen China.

Zu diesen Schritten gehörten die Reisen des Ex-Generals und Verteidigungsministers Lloyd Austin nach Südkorea und in die Philippinen während der vorletzten Woche, um die gegen China gerichteten Militärbündnisse zu stärken, u.a. durch Zugang zu fünf weiteren Militärstützpunkten auf den Philippinen.

Gleichzeitig haben die USA ihre Bestrebungen verstärkt, Chinas Hightech-Industrien zu sabotieren. Unter anderem erhalten amerikanische Firmen keine Genehmigungen mehr, Produkte an den chinesischen Technologiekonzern Huawei zu exportieren; die Niederlande und Japan wurden dazu genötigt, gemeinsam mit den USA die Exporte moderner Geräte für die Chip-Produktion an China zu beschränken.

Berichten zufolge plant auch der Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy einen Besuch in Taiwan, das international als Bestandteil Chinas anerkannt wird. Diese Reise soll ein ähnliches Wiederaufflammen von Spannungen verursachen wie der Besuch seiner demokratischen Amtsvorgängerin Nancy Pelosi im letzten August.

Während die Medien ausführlich über den Ballon berichteten, hielt CIA-Direktor William Burns eine Rede auf einer Veranstaltung der Georgetown University in Washington, in der er China als die „größte geopolitische Herausforderung“ bezeichnete, mit der die USA momentan konfrontiert seien. Damit bekräftigte er die öffentliche Äußerung der Biden-Regierung, China sei eine existenzielle Bedrohung für die globale Macht der USA. Ferner behauptete Burns, die USA wüssten „aus Geheimdienstquellen“, dass Xi sein Militär angewiesen habe, sich bis 2027 auf eine „Invasion“ der Insel Taiwan vorzubereiten.

Im Vorfeld von Burns’ Behauptung wurde den Medien letzte Woche eine interne Mitteilung von Air-Force-General Michael Minihan zugespielt, der einen Krieg zwischen den USA und China um Taiwan bis 2025 vorhersagte und seine Kommandeure anwies, detaillierte Vorbereitungen zu treffen.

Es ist also keineswegs China, das die USA einschüchtern oder durch einen „Spionageballon“ einen Konflikt provozieren will, wie es die Eliten und Medien der USA und ihrer Verbündeten behaupten. Vielmehr ist es Washington, das seine Konfrontation mit China eskaliert.

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