Sri-lankische Arbeiter widersetzen sich staatlichem Streikverbot in wesentlichen Diensten

Am Mittwoch beteiligten sich in Sri Lanka eine halbe Million Arbeiter aus dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft an Streiks und Protesten gegen die brutalen Kürzungsmaßnahmen, die ihnen die Regierung im Auftrag des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzwingen will. Diese Maßnahmen umfassen den automatischen Abzug einer neuen Lohnsteuer, höhere Zinsen für Bankdarlehen, Kürzungen der Überstundenzuschläge und den Abbau von zehntausenden Stellen im Staatsdienst.

Beschäftigte der Sri Lanka Telecom am 1. März vor dem Firmensitz in Colombo [Photo by Telecom workers]

Zu den Teilnehmern gehörten Beschäftigte der Erdölraffinerien, der Elektrizitäts- und Wasserwerke, der Häfen, Banken, des Gesundheitswesens, der Post, Eisenbahn, der Schulen und Universitäten. Obwohl Präsident Ranil Wickremesinghe den Essential Services Act erlassen hat, ein Gesetz, das Streiks in „wesentlichen Branchen“ verbietet, fanden ganz- und halbtägige Streiks statt, Krankmeldungsstreiks, „Bummelstreiks“, Streikposten während der Mittagspausen und weitere Protestaktionen.

Mitglieder der Socialist Equality Party (SEP) verteilten bei den Arbeitskämpfen die Erklärung der Partei „Unterstützt den Streik gegen die Kürzungspläne der Regierung! Nein zum drakonischen Essential Public Services Act! Kämpft für ein sozialistisches Programm zur Verteidigung der sozialen und demokratischen Rechte!“

Beschäftigte des Gesundheitswesens, darunter Ärzte, veranstalteten landesweit halbtägige Arbeitsniederlegungen. Tausende beteiligten sich an einem halbtägigen Streik im National Hospital, dem National Eye Hospital und dem Lady Ridgeway Children Hospital in Colombo. Sie forderten die Rücknahme hoher Bankzinsen und der neuen Lohnsteuer sowie Senkungen der Stromtarife und anderer Preise.

Im National Hospital in Kandy legten Pflegekräfte, Pflegehelfer, Ärzte und sonstiges Personal von 8 Uhr morgens bis mittags die Arbeit nieder, wodurch die ambulante Versorgung und mehrere Behandlungseinrichtungen zum Stillstand kamen. Nur Notfälle wurden behandelt. Daraufhin wurde Personal der Armee als Streikbrecher in die Einrichtung entsandt.

Mitglieder des Kandy Hospital Health Workers Action Committee, das auf politische Initiative der SEP hin gegründet wurde, unterstützten den Streik und verteilten die Erklärung der SEP unter ihren Kollegen. Viele Beschäftigte lasen sie mit großem Interesse und diskutierten mit den Angehörigen des Komitees darüber.

Streikende Ärzte, Pflegekräfte und anderes Gesundheitspersonal am 1. März vor dem Krankenhaus in Kandy

Ein Großteil der Beschäftigten des Gesundheitswesens, die sich dazu äußerten, glaubte nicht, dass begrenzte Arbeitskampfmaßnahmen für einen Erfolg ausreichten. Sie forderten längere Aktionen aller Beschäftigten des Gesundheitswesens, viele von ihnen warfen der Gewerkschaftsführung vor, sie würde einen vereinten Kampf verhindern.

Der Daily Mirror erklärte am Mittwoch unter Berufung auf eine Umfrage der Regierung, dass sich in sechs Provinzen Sri Lankas 44.540 der 148.451 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes am Streik beteiligt haben. In der Nordwestprovinz waren es 36 Prozent, in der Nord-Zentralprovinz 40 Prozent, in der Südprovinz 49 Prozent, in der Zentralprovinz 25 Prozent, in der Ostprovinz 21 Prozent und in Uva 19 Prozent.

Die Umfrage ergab auch, dass sich in allen Provinzen viele Amtsärzte beteiligt hatten. In der Nordwestprovinz waren es 914 von 1.322; in der Nord-Zentralprovinz 434 von 690; in der Zentralprovinz 1.547 von 2.472; in der Südprovinz 942 von 1.339; in der Ostprovinz 454 von 1.338; in Uva 730 von 918.

Beschäftigte des National Hospital in Colombo demonstrieren am 1. März 2023 gegen die geplante neue Lohnsteuer

Einige tausend Beschäftigte der Hafenbehörde und des Privatunternehmens Colombo Dockyard Company demonstrierten während ihrer einstündigen Mittagspause vor dem Haupteingang zum Hafen von Colombo. An den staatlichen Hafenterminals gab es einen 24-stündigen Bummelstreik ab Mittwoch um 7 Uhr morgens.

Hunderte Arbeiter der Ölraffinerien in Kolonnawa und Sapugaskande taten Dienst nach Vorschrift und protestierten während der Mittagspause gegen die Privatisierung der Betriebe.

Mitglieder der Ceylon Bank Employees Union (CEBU) organisierten einen eintägigen Streik vor den 637 Filialen der Ceylon Bank im ganzen Land und dem Hauptsitz, an dem sich Tausende beteiligten. Auch Beschäftigte der Privatbanken traten in den Streik, was das Bankwesen im ganzen Land zum Erliegen brachte. Die CEBU ist eine der fünfzehn Gewerkschaften des Dachverbands Trade Union Collective of Professionals; weitere Mitglieder sind die Government Medical Officers’ Association, die Ceylon Electricity Board Engineers’ Union und die Federation of University Teachers Association.

Beim staatlichen Energiekonzern Ceylon Electricity Board (CEB) beteiligten sich 22.000 Arbeiter, bzw. 90 Prozent der Belegschaft, an einer kollektiven Krankmeldung.

Die Beschäftigten der Wasser- und Abwasserbetriebe organisierten eine Demonstration und eine Protestveranstaltung außerhalb der Firmenzentrale in Ratmalana, etwa 15 Kilometer südlich des Stadtzentrums von Colombo.

Dozenten der staatlichen Universitäten wie Moratuwa, Kelaniya, Jayewardenepura, Peradeniya, Jaffna und der Open University in Nawalla im Distrikt Colombo veranstalteten symbolische Streiks, zehntausende Schullehrer auf der ganzen Insel trugen aus Protest schwarze Kleidung. Zu einer Protestveranstaltung in Kottawa, einem Vorort von Colombo, erschienen Hunderte von Lehrern und Schulleitern.

Die Streiks und Protestaktionen am Mittwoch zeigten eindrücklich die Entschlossenheit der Arbeiter, Widerstand gegen die sozialen Angriffe der Regierung zu leisten. Die Gewerkschaften hingegen haben alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Arbeitskämpfe zu begrenzen. Genau wie Wickremesinghe befürchten sie, dass sich der zunehmende Widerstand der Arbeiterklasse gegen das Austeritätsdiktat des IWF zu einem Massenaufstand wie dem vom letzten Jahr entwickeln wird, der zum Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa und seiner Regierung führte.

Während der Proteste am Mittwoch ritten die Gewerkschaftsführungen die üblichen lahmen Attacken auf die Regierung, verschafften ihr aber dennoch die Zeit, sich auf die Unterdrückung der Arbeiterklasse vorzubereiten. In den meisten Fällen begrenzten die Gewerkschaften die Streiks und Proteste auf eine einzige Frage: die neue Lohnsteuer, die viele Beschäftigte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst betrifft.

Der Generalsekretär der All Ceylon General Port Employees Union (ACGPEU) Niroshan Gorakana erklärte, Wickremesinghes Ausweitung des Essential Public Services Act auf das Verkehrswesen, darunter die Häfen, werde die Streiks und Dienst-nach-Vorschrift-Kampagnen der Arbeiter nicht aufhalten. Diese Gewerkschaft steht der Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) nahe.

Gorakana erklärte, wenn Wickremesinghe den Essential Public Services Act nicht zurücknehme, sei die Gewerkschaft bereit, sich mit den Beschäftigten des Gesundheitswesens, der Banken, Universitäten, der Erdölbranche, Strom und, Wasserversorgung und des Telekommunikationswesens zusammenzuschließen und „ab nächste Woche mit einem unbefristeten Generalstreik zu antworten.“

Gorakanas leere Demagogie war ein primitiver Versuch, die Kapitulation der Hafengewerkschaften und seiner eigenen ACGPEU vor dem Essential Public Services Act zu vertuschen. Sie hatten ursprünglich einen eintägigen Streik geplant, aber stattdessen nur einen Bummelstreik durchgeführt.

CBEU-Präsident Channa Dissanayake erklärte: „Unser Streik ist erfolgreich, und das ist erst der Anfang. Wir sind bereit, Steuern zu zahlen, aber die Schwelle muss vernünftig sein. Fachkräfte und Intellektuelle befinden sich in einer schweren Krise und müssen sich entscheiden, ob sie das Land verlassen oder dableiben.“

Mit anderen Worten, die CBEU-Führung lehnt die neue Lohnsteuer nicht ab, sondern appelliert nur an die Regierung, kosmetische Korrekturen daran durchzuführen. Wie Wickremesinghe jedoch deutlich gemacht hat, wird er nichts ändern.

Entgegen der Behauptungen der Gewerkschaftsführung wird sich die Regierung nicht durch Druck von ihren brutalen Austeritätsplänen abbringen lassen. In der Tat sind die meisten dieser Gewerkschaften den politischen Parteien des bürgerlichen Establishments angeschlossen und unterwerfen sich voll und ganz dem IWF-Programm.

In der Erklärung der SEP heißt es dazu: „Objektiv hat sich gezeigt, dass die Arbeiterklasse direkt der Staatsmacht gegenübersteht. Den reaktionären Vorbereitungen der herrschenden Klasse muss die Arbeiterklasse ihre eigene unabhängige Gegenoffensive entgegenstellen...

„Die Arbeiter sollten den Kampf für ihre sozialen und demokratischen Rechte in die eigene Hand nehmen. Die SEP ruft zur Bildung eigener, von allen kapitalistischen Parteien und Gewerkschaften unabhängiger Aktionskomitees in allen Betrieben, Fabriken, Plantagen und Stadtvierteln auf. Auch die arme Landbevölkerung sollte Schritte zum Aufbau solcher Aktionskomitees unternehmen.“

Die SEP erklärte die Bedeutung ihrer Kampagne zum Aufbau eines demokratischen und sozialistischen Kongresses der Arbeiter und der ländlichen Massen auf Basis dieser Aktionskomitees. Durch sie wird die Grundlage für eine revolutionäre Massenbewegung der Arbeiterklasse geschaffen und die arme Landbevölkerung zur Errichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung mobilisiert, die für ein sozialistisches Programm eintritt, im Rahmen eines breiteren Kampfes für den Sozialismus in Südasien und der Welt.

Aktivisten der SEP führten Interviews mit Demonstranten, von denen viele ihre Unzufriedenheit mit der Gewerkschaftsführung äußerten. Ein Beschäftigter der Navigationsabteilung der Hafenbehörde erklärte am 28. Februar, die Arbeiter seien bereit für einen Generalstreik, doch die Gewerkschaftsführung habe sie verraten.

Um 14 Uhr organisierten die Gewerkschaften, darunter die JVP-nahe ACGPEU, die Sri Lanka Freedom Employees Union (die der Sri Lanka Freedom Party nahesteht) und die der United National Party nahen Gewerkschaften, Diskussionen und forderten statt eines offenen Streiks einen Bummelstreik. Sie behaupteten, dies würde die Regierung unter Druck setzen. Arbeiter der Navigationssparte lehnten dies jedoch ab.

Mitglieder der SEP verteilten vor dem Haupteingang des Hafens von Colombo die Erklärung der Partei. Ein Arbeiter, der der SLFP-nahen Gewerkschaft angehört, sprach mit den Aktivisten. Er hatte an den Protesten vom 22. Februar am Bahnhof Fort teilgenommen, wo die Gewerkschaftsführer zuvor einen Generalstreik für den 1. März angekündigt hatten.

„Wir wurden gebeten, während unserer Mittagspause eine Mahnwache abzuhalten“, sagte er. „Es gab eine Diskussion zwischen 40 Gewerkschaften und der Regierung, die jedoch ergebnislos blieb. Die Regierung hat nicht zugestimmt. Wir sind ihnen egal, aber wir müssen weiter Druck machen.“ Er räumte jedoch ein, dass die Regierung ihre Privatisierungsmaßnahmen und andere Maßnahmen des IWF fortsetzen werde.

Protestierende Ärzte, Dozenten, Bankangestellte und Elektrizitätswerkarbeiter protestieren am 1. März in Jaffna

R. Prabha, die beim Energiekonzern Ceylon Electricity Board (CEB) in Jaffna arbeitet und an der Protestveranstaltung teilnahm, erklärte: „Die Preise für Grundgüter sind in die Höhe geschossen, aber unser Gehalt reicht nicht annähernd aus, um die Lebenshaltungskosten zu begleichen. Wir müssen Kredite aufnehmen, um unsere Ausgaben zu finanzieren. Deshalb sind wir zu diesem Kampf gekommen. In den letzten zwei Jahren haben wir kein Krankengeld und keine Boni erhalten, und das Management hat sämtliche Überstunden gestrichen.“

Sie kritisierte auch die Entscheidung der Wickremesinghe-Regierung, die für den 9. März geplanten Kommunalwahlen auszusetzen: „Sie haben die Wahlen erst angekündigt, aber jetzt ist angeblich kein Geld da. Es geht aber nicht ums Geld, sie merken nur, dass wir nicht für die Regierung stimmen werden. Sie wissen, dass sie die Wahl verlieren würden, und deshalb haben sie sie undemokratisch abgesagt.“

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