Protestierende Studenten in Frankreich verurteilen gewerkschaftliche „Vermittlung“ mit Macron

Am Donnerstag interviewten WSWS-Reporter Studierende bei einer Demonstration vor dem Eingang der Universität Panthéon-Assas auf dem Place du Panthéon in Paris. Der Protest richtete sich gegen Macron und seine Rentenreform, die von einer überwältigenden Mehrheit der Franzosen abgelehnt wird und ohne Abstimmung durchgesetzt werden soll, sowie gegen die Untätigkeit der Universitätsleitungen gegenüber rechtsextremen Angriffen auf protestierende linke Studenten.

Studierende protestieren vor dem Panthéon in Paris, 30.03.23

Am Samstag vor einer Woche hatte die Gruppe „Waffen-Assas“, deren Name auf die Assas-Universität und die völkermordenden Waffen-SS-Einheiten der Nazis während des Zweiten Weltkriegs bezugnimmt, Studierende mit Messern und Eisenstangen angegriffen, die vor der Assas-Universität demonstrierten. Einem Studenten wurden der Kiefer und die Nase gebrochen. Am vorangegangenen Donnerstag griff die gleiche Gruppe eine gemeinsame Demonstration von Studierenden der Assas-Universität und der École Normale Supérieure an.

Bislang hat die Universitätsleitung nichts unternommen, um ihre Studierenden vor Angriffen von Neonazi-Gruppen zu schützen. An der Universität Paris-Dauphine reagierte die Unileitung auf die studentische Forderung nach Schutz vor rechtsextremer Gewalt, indem sie die Forderung der Neonazis aufgriff, die Universitätsbesetzungen zu beenden, um weitere Angriffe abzuwenden.

Studentische Versammlung vor der Universität Panthéon-Assas ruft zu einem Generalstreik gegen Macron auf, 30.03.23

Die WSWS befragte Blanche und Valerie, Studentinnen der Paris-3 New Sorbonne Universität, warum sie an der Demonstration teilnahmen.

Blanche erklärte: „Es gibt mehrere Gründe: gegen die Rentenreform, das derzeitige politische Klima, die fehlende Demokratie und die Tatsache, dass die Menschen überhaupt nicht gehört werden. Was uns und unser Studium betrifft, so sind wir in Paris 3, und die Unileitung ist sehr verächtlich uns gegenüber. Wir haben das Gefühl, dass sie uns überhaupt nicht zuhören. Die Universität ist geschlossen, obwohl eine Delegation mit dem Präsidium gesprochen hat, um unseren Worten Gehör zu verschaffen, um der Not der Studierenden Ausdruck zu verleihen. Aber sie haben uns überhaupt nicht zugehört. Im Gegenteil, die Hochschule wurde plötzlich geschlossen.“

Blanche fügte hinzu: „Die Jugend beteiligt sich an diesem Kampf, wir sind hier, um die Arbeiter und diejenigen zu unterstützen, die unmittelbarer damit konfrontiert sind, sei es die Generation unserer Eltern oder unserer Großeltern.“

Anschließend erläuterten beide ihre Meinung zu Macrons Anwendung von Verfassungsartikel 49.3 der Verfassung der Fünften Republik von 1958, um seine Rentenkürzung ohne parlamentarische Abstimmung durchzusetzen. Blanche sagte: „Das ist total antidemokratisch. Es ist erbärmlich, es zeigt, dass unsere Regierung einfach Dinge erzwingen will... Die Fünfte Republik, die in dem politischen Klima während des Algerienkriegs entstanden ist, hat dem Präsidenten sehr viel Macht gegeben.“

Valerie fügte hinzu: „Das ist ein Machtmissbrauch, und es kann gut sein, dass wir wirklich auf ein Regime zugehen, das überhaupt nicht demokratisch ist... Jetzt passieren diese Dinge, sie spielen sich hier und jetzt ab.“

Blanche kritisierte auch die Führer der Gewerkschaften CGT und CFDT, die eine „Vermittlung“ mit Macron anstreben, während die Mehrheit der Franzosen eine Blockade der Wirtschaft befürworten, um Macron zu stürzen. Über die Idee einer „Vermittlung“ mit Macron sagte sie: „Das Problem ist: Inwiefern werden wir eigentlich angehört? Jedes Mal ist es in Wirklichkeit ein falscher Dialog, es findet keine Kommunikation statt. Die Regierung will nur Ansagen machen. Das ist also ein weiterer Grund zur Revolte.“

Wie die WSWS erklärt hat, ist es nur möglich, die Reform zu vereiteln und die Macron-Regierung zu stürzen, indem an jedem Arbeitsplatz und in jeder Schule Aktionskomitees gebildet werden, die sich bewusst gegen die pro-kapitalistischen Gewerkschaftsbürokratien stellen. Solche Organisationen sind notwendig, um sich der konterrevolutionären Politik der Gewerkschaftsbürokratien und ihrer politischen Verbündeten wie Jean-Luc Mélenchon zu widersetzen, die eine „Vermittlung“ mit Macron unterstützen und auf dieses Weise die Bewegung unterdrücken wollen.

Studentische Versammlung vor der Universität Panthéon-Assas ruft zu einem Generalstreik gegen Macron auf, 30.03.23

Auch Fabio, ein Gymnasiast aus Val-Du-Marne, berichtete der WSWS, weshalb er sich dem Protest angeschlossen hat. Er sagte:

„Wir sind nicht nur gegen die Rentenreform hier, sondern auch, um zu zeigen, dass wir uns nicht von der polizeilichen Repression und der Gewalt der extremen Rechten aufhalten lassen werden, die in letzter Zeit Proteste und verschiedene Blockaden gegen die Rentenreform angegriffen hat. Wir wollen damit zeigen, dass wir trotz des Versuchs der Regierung, die Bewegung zu unterdrücken, und trotz der Angriffe der extremen Rechten immer noch hier sind und weitermachen werden. Wir werden weitermachen, bis die Reform zurückgenommen wurde. Wir sind entschlossen.“

Fabio sprach ebenfalls die Rolle der Gewerkschaftsbürokratien in Bezug auf Macron an: „Sie wollen mit der Regierung verhandeln. Wir sind gegen die Regierung. Wir sind gegen die Regierung und ihre kapitalistische Politik. Wir können uns also nicht von den Gewerkschaften, die ihre Verbündeten sind, ausnutzen lassen. Sie helfen uns überhaupt nicht. Wir müssen uns auch von den Gewerkschaften emanzipieren. Das tun wir mit den Demonstrationen und ob es den Gewerkschaften gefällt oder nicht, der Generalstreik geht weiter.“

Im Hinblick auf die Gefahr von Gewalt seitens der extremen Rechten und der Regierung gegen Demonstranten, die gegen die Rentenkürzungen kämpfen, sagte Fabio: „Die Regierung versucht, uns zum Schweigen zu bringen, sie versucht, den Menschen Angst zu machen. Es gibt immer mehr Verhaftungen. Wir sehen, dass die Polizisten bei Demonstrationen auf alles einschlagen, was sich bewegt. Sie bekämpfen nicht einmal mehr die Gewalt, sie bekämpfen jeden, der seine Stimme erheben will.“

Er schloss: „Ja, die Demokratie ist tatsächlich in Gefahr, nicht nur durch Artikel 49.3, sondern auch durch die polizeiliche Repression und durch das, was mit der extremen Rechten passiert, die anfängt, uns bei Protesten anzugreifen. Aber das werden wir nicht zulassen.“

Die Neonazi-Gruppe „Waffen-Assas“, die die Angriffe verübte, steht in Verbindung mit der Groupe Union Défense (GUD), einem rechtsextremen Studentenverband, der in den 1960er und 1970er Jahren für Gewalt gegen protestierende Studenten verantwortlich war. Die GUD, die ursprünglich an der Universität Panthéon-Assas angesiedelt war, wurde 2022 neu gegründet.

Inmitten einer objektiv revolutionären Krise in Frankreich versucht die Gruppe nun, die gegen Macron mobilisierten Studierenden zu terrorisieren und dazu die grausamen Traditionen des französischen Faschismus im Zweiten Weltkrieg wiederzubeleben.

In Frankreich schlossen sich etwa 10.000 faschistische Freiwillige der SS an und beteiligten sich am Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion an der Ostfront. Die Einheit Charlemagne der Waffen-SS, die 1944 aus den Überresten anderer französischer Freiwilligeneinheiten gebildet wurde, wird von Neonazis als eine der Einheiten gefeiert, die an der letzten Verteidigung von Hitlers Bunker während der Schlacht um Berlin beteiligt waren.

Die WSWS fragte Fabio, welche Art von Basisorganisation benötigt wird, um sich gegen die Polizei und rechtsextreme Gewalt zu verteidigen. Er sagte: „Wir brauchen starke Organisationen. Wir brauchen Parteien, die wissen, wie man Menschen mobilisiert, die wissen, wie man den Menschen Rhetorik vermittelt, und die auch die Bewegung stark und groß machen. Wir brauchen etwas, das wirklich von der Basis ausgeht, denn sie ist sich bewusst, dass ihre Situation, ihre Arbeitsbedingungen und auch ihre Zukunft bedroht sind.“

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