Chinesische Manöver nach provokativem Besuch der taiwanesischen Präsidentin in den USA

China hat auf den provokativen Besuch der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den Vereinigten Staaten und Mittelamerika in den vergangenen drei Tagen mit einer Reihe von Militärübungen reagiert. Kurz vor ihrer Rückkehr nach Taiwan hielt Tsai in Kalifornien ein viel beachtetes Treffen und eine Pressekonferenz mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy und anderen amerikanischen Parlamentariern und hochrangigen US-Vertretern ab.

Die Abendnachrichten in Beijing am 10. April 2023 auf einem Bildschirm im Freien. Gezeigt wird ein chinesischer Kampfjetpilot bei der kürzlich abgeschlossenen Joint Sword Übung um Taiwan [AP Photo/Ng Han Guan]

Der Austausch mit McCarthy - dem dritthöchsten Amtsträger im Staat, direkt nach der amerikanischen Vizepräsidentin - war das formell höchste Treffen auf amerikanischem Boden, seit Washington 1979 offiziell die diplomatischen Beziehungen zu Taipeh abgebrochen und diplomatische Beziehungen zu Beijing aufgenommen hat. Seit dieser Zeit haben die USA de facto die Ein-China-Politik verfolgt und Beijing als rechtmäßige Regierung von ganz China, einschließlich Taiwan, anerkannt.

Jetzt ist die US-Regierung unter Präsident Biden dabei, die Ein-China-Politik, die die Beziehungen zwischen den USA und China vier Jahrzehnte lang untermauert hat, zu zerschlagen. Sie fördert den diplomatischen Austausch auf hoher Ebene, beschleunigt Waffenverkäufe an Taiwan und führt provokative Seemanöver in der Meerenge von Taiwan und im Südchinesischen Meer durch.

Beijing betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und macht deutlich, dass man eine friedliche Wiedereingliederung der Insel anstrebt, aber notfalls auch Gewalt anwenden wird, insbesondere im Falle einer offiziellen Unabhängigkeitserklärung Taipehs.

Als die vormalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi im vergangenen August trotz der Warnungen Beijings Taiwan besuchte, veranstaltete das chinesische Militär eine Woche lang umfangreiche Manöver im Luftraum und in den Gewässern um die Insel. Die jüngsten Übungen hatten zwar nicht die gleiche Größenordnung, sollten aber eine Botschaft an die taiwanesische Regierung sein.

„Dies ist eine ernste Warnung vor den Provokationen der Separatisten der ‚Unabhängigkeit Taiwans‘, die sich mit ausländischen Kräften verbünden, und eine notwendige Maßnahme zur Verteidigung der Souveränität und territorialen Integrität des Landes“, erklärte das Ostkommando des chinesischen Militärs. Präsidentin Tsai und ihre nationalistische taiwanesische Demokratische Fortschrittspartei (DPP) treten für eine größere Unabhängigkeit von Beijing ein.

Das Ostkommando erklärte, man habe verschiedene Kräfte mobilisiert, um „eine umfassende Abschreckungshaltung zu schaffen“. Dazu gehörten Langstreckenwaffen der Armee, Zerstörer, Raketenkreuzer, Kampfflugzeuge, Bomber, elektronische Kampfjets und Langstreckenraketen. Die Einheiten hätten Präzisionsangriffe auf wichtige Ziele in Taiwan und den umliegenden Gewässern simuliert, hieß es.

Das Kommando veröffentlichte eine Videoanimation, die den Abschuss von Raketen vom Boden, von Schiffen und von Flugzeugen zeigt, wobei auch Ziele innerhalb Taiwans angegriffen werden. Militärflugzeuge und chinesische Kriegsschiffe wurden mobilisiert, um Kampfeinsätze zu proben, bei denen mehrfach die taiwanesische Luftverteidigungsidentifikationszone und die Mittellinie der Taiwanstraße überquert wurden. Beide Linien haben indes keinen völkerrechtlichen Status.

Einer der beiden chinesischen Flugzeugträger, die Shandong, führte auch Übungen in internationalen Gewässern östlich von Taiwan und südlich von Miyako durch, einer der südlichsten Inseln Japans. Das Ostkommando veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Kampfflugzeuge vom Flugzeugträger starten. Das japanische Militär reagierte mit dem Einsatz seiner eigenen Kampfflugzeuge.

Auch wenn Chinas Reaktion relativ zurückhaltend ausfiel, setzten die USA ihre Provokationen fort, im militärischen wie im diplomatischen Raum. Die Siebte Flotte der US-Marine teilte am Montag mit, dass ihr Lenkwaffenzerstörer Milius unter dem Vorwand, die „Freiheit der Seefahrt“ zu sichern, in die Nähe der von China kontrollierten Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer gefahren sei.

Jahrzehntelang haben die USA die territorialen Rivalitäten im Südchinesischen Meer zwischen China und den Nachbarländern in Südostasien praktisch ignoriert. Doch beginnend mit Präsident Obama, dann fortgesetzt unter Trump und Biden hat das US-Militär im Rahmen einer aggressiven Konfrontation mit Beijing seine Provokationen gegen China in diesen umstrittenen Gewässern verschärft. Offiziell geht es dabei immer um die „Freiheit der Seefahrt“.

Das Südkommando der chinesischen Streitkräfte verurteilte die Operation als „illegal“ und erklärte, chinesische Marineschiffe hätten „das Schiff im Auge behalten und mit Marine- und Luftstreitkräften die ganze Zeit in Alarmbereitschaft gehalten“.

Zur gleichen Zeit traf eine weitere US-Delegation in Taipeh ein, um mit Tsai und anderen Regierungsvertretern Gespräche auf hoher Ebene zu führen. An diesem Besuch waren auch Mitglieder des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im US-Repräsentantenhaus beteiligt, die sich am Samstag mit der taiwanesischen Präsidentin trafen.

Im Rahmen der Ein-China-Politik spielten die USA bewusst jegliche Kontakte mit Taiwan herunter, die sich im Allgemeinen auf einem niedrigen Niveau bewegten. Unter Trump und nun auch unter Biden wurde dieses diplomatische Regelwerk über den Haufen geworfen, um uneingeschränkte Besuche auf allen Ebenen, auch von Militärs, zu ermöglichen.

In einer besonders provokanten Erklärung sagte der Ausschussvorsitzende Michael McCaul die Unterstützung der USA für die Ausbildung für Taiwans Militär zu. Als die USA 1979 die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan beendeten, kündigten sie ihr Militärbündnis mit der Insel auf und zogen alle Streitkräfte ab. Jetzt wird die Zahl der US-Mitarbeiter in Taiwan erhöht.

McCaul verurteilte Chinas „aggressive Handlungen gegen Ihr Land“. Er sagte weiter: „Ich freue mich auf eine große gemeinsame Zukunft unserer beiden Nationen, eine Zukunft in Frieden und Wohlstand. Wir stehen zu Taiwan.“

Die Äußerungen triefen vor Heuchelei. Um seine globale Hegemonialstellung aufrechtzuerhalten, hat der US-Imperialismus in den letzten 30 Jahren kontinuierlich Angriffskriege im Nahen Osten, in Zentralasien, Nordafrika und auf dem Balkan geführt. Jetzt führen die USA und ihre Nato-Verbündeten rücksichtslos einen Stellvertreterkrieg gegen das atomar bewaffnete Russland. Washington betrachtet dies als Vorspiel für einen Krieg mit China, die größte Bedrohung für die globale Position der USA.

Der Modus Operandi der Biden-Regierung gegenüber China ähnelt dem gegenüber Russland: Beijing soll dazu gebracht werden, Taiwan anzugreifen und in einen aufreibenden Krieg zu ziehen, um China dadurch zu schwächen und letztlich zu zerschlagen. Die Behauptungen Washingtons, Taiwan zu verteidigen, sind ebenso falsch wie die amerikanischen Unterstützungserklärungen für die Ukraine. Das übergeordnete strategische Ziel der USA ist die Vorherrschaft über die eurasische Landmasse und deren enorme natürliche und menschliche Ressourcen.

Es gibt nur ein Mittel, dieses unaufhaltsame Abgleiten in einen Weltkrieg zwischen atomar bewaffneten Mächten aufzuhalten: den Aufbau einer vereinigten Antikriegsbewegung der internationalen Arbeiterklasse auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive, um dem globalen Kapitalismus und seiner überholten Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten ein Ende zu setzen.

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