Überschattet von Atomdrohungen:

Nato plant massive Eskalation gegen Russland bei Gipfeltreffen in Vilnius

Der Nato-Gipfel in Madrid im Juli 2022 [AP Photo/Jonathan Ernst]

Die Nato wird nächste Woche bei ihrem Gipfeltreffen im litauischen Vilnius am 11. und 12. Juli voraussichtlich ihre Pläne für eine schnelle Erhöhung der Militärausgaben, weitere Truppenstationierungen an der russischen Grenze und die dramatische Ausweitung ihrer Beteiligung am Ukrainekrieg ankündigen.

Beim letzten Nato-Gipfel im Juni 2022 kündigte das Bündnis an, „das volle Spektrum an Streitkräften“ zu liefern, das zur Abschreckung und Verteidigung benötigt wird, und zwar auch für hochintensive dimensionsübergreifende Kriegsführung gegen gleichwertige Wettbewerber, die Kernwaffen besitzen.“

Da sich die vollmundig angekündigte Gegenoffensive des ukrainischen Militärs zu einem langwierigen Debakel entwickelt, steht die Nato unter Druck, direkt in den Konflikt zu intervenieren, um ihr Ziel zu erreichen, „Russland das Genick zu brechen“, wie es ein ehemaliger Nato-Befehlshaber formulierte.

In diesem bis zum Äußersten gespannten Klima warf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland vor, es plane die Zerstörung des Atomkraftwerks Saporischschja durch Sprengladungen.

Am Dienstag erklärte Selenskyj in seiner Videoansprache: „Wir liefern jeden Tag weitere Informationen zum Nato-Gipfel bei, der nächste Woche in Vilnius stattfindet“, und die „Sicherheit in Europa gewährleisten wird“. Danach kam er auf das Atomkraftwerk Saporischschja zu sprechen.

Selenskij behauptete: „Die russischen Truppen haben auf den Dächern mehrerer Energieeinheiten des Atomkraftwerks Saporischschja Objekte platziert, die an Sprengladungen erinnern.“ Er warf Russland vor, es wolle „ein neues Übel“ an dem Kraftwerk anrichten und fügte hinzu: „Jeder auf der Welt ist verpflichtet, das zu verhindern.“

Mariano Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), widersprach Selenskyj in einer Stellungnahme und erklärte, seine Organisation habe bei ihrer Beobachtung des Kraftwerks keine „sichtbaren Anzeichen für Minen oder Sprengstoff“ entdeckt.

Die Formulierung von Selenksyjs Äußerungen macht deutlich, dass es sich dabei um einen Vorwand dafür handelt, jeden potenziellen Zwischenfall oder jede Provokation bei dem Kraftwerk als Vorwand für eine direktere militärische Beteiligung der Nato zu nutzen.

Der ehemalige amerikanische Botschafter bei der Nato Ivo Daalder forderte letzte Woche in einem Artikel in Politico eine direkte Intervention der Nato in den Konflikt als Reaktion auf „jeden vorsätzlich ausgelösten atomaren Zwischenfall“.

Daalder schrieb: „Im Falle eines vorsätzlich herbeigeführten atomaren Zwischenfalls sollten die USA und die wichtigsten Nato-Verbündeten direkt intervenieren, um der Ukraine zu helfen, die Kontrolle über ihr gesamtes Territorium zurückzugewinnen und den Krieg damit zu einem schnellen und vollständigen Ende zu bringen.“

In einem Artikel über die Enthüllungen des Journalismus-Veteranen Seymour Hersh, wonach die USA und die Ukraine direkt am Bombenanschlag auf die deutsch-russische Pipeline Nord Stream beteiligt gewesen seien, warnte die World Socialist Web Site im Februar, die USA könnten eine Provokation inszenieren, um einen direkten Eintritt in den Krieg zu rechtfertigen:

1898 wurde die Explosion des Schlachtschiffs USS Maine im Hafen von Havanna, die als kriegerische Handlung dargestellt wurde, zur Auslösung des Spanisch-Amerikanischen Krieges und zur Entsendung von Truppen nach Kuba und auf die Philippinen genutzt. Der Zwischenfall im Golf von Tonkin 1964, der die direkte Beteiligung der USA am Vietnamkrieg auslöste, war ebenso fabriziert. Außerdem gibt es den Präzedenzfall der Anschläge vom 11. September 2001, die als Rechtfertigung für die Invasion Afghanistans und des Irak sowie für den gesamten „Krieg gegen den Terror“ dienten.

Die WSWS schrieb weiter:

Je größer die Eskalation, desto größer die Lüge. Die Enthüllungen von Hersh machen deutlich, dass das Weiße Haus durchaus in der Lage ist, eine Provokation zu inszenieren, um die öffentliche Unterstützung für den Krieg zu erhöhen, sei es durch die Provokation einer russischen Reaktion oder durch die Erfindung eines „Angriffs“ aus dem Nichts.

Es ist noch unklar, ob sich im Vorfeld des Gipfels eine solche Provokation ereignen wird. Klar ist jedoch, dass der Gipfel für eine deutliche Eskalation des Konflikts zwischen den USA und Russland genutzt werden wird.

Im Vorfeld des Gipfeltreffens hatte eine Gruppe von ehemaligen Generälen und Außenpolitikern die USA ausdrücklich dazu aufgefordert, die militärische Rückeroberung der Krim ausdrücklich zu unterstützen und alles Notwendige zu tun, um dies zu ermöglichen.

Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören die ehemaligen Generäle Philip Breedlove und Wesley Clark; die beiden Nato-Oberbefehlshaber in Europa; Ben Hodges, ehemaliger Kommandierender General der US Army Europe; und der ehemalige amerikanische Botschafter in Russland Michael McFaul.

Weitere Unterzeichner sind die Hauptzeugen im ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump im Jahr 2019, bei dem die Demokraten sich bewusst auf die Behauptung konzentrierten, Trump habe die Kriegsvorbereitungen gegen Russland untergraben. Zu ihnen gehörten die ehemalige amerikanische Botschafterin in der Ukraine Marie Yovanovitch; der Botschafter Kurt Volker; der ehemalige Colonel und Nato-Botschafter Alexander Vindman und der ehemalige US-Botschafter in der Ukraine William B. Taylor.

Bezeichnenderweise gehört auch Douglas Lule zu den Unterzeichnern, der im Jahr 2022 die Taliban als Vorbild für die Bewaffnung der Ukraine genannt und erklärt hatte, die USA sollten „die Ukrainer so beliefern, wie Pakistan die Taliban beliefert hat.“

Der Brief fordert die Nato auf, sich zum „Sieg“ im Krieg gegen Russland zu verpflichten und offen ihre Absicht zu erklären, die Krim militärisch zurückzuerobern.

Dazu muss zum einen sichergestellt werden, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt und die vollständige Kontrolle über ihre international anerkannten Grenzen von 1991 erlangt. Zum anderen muss sichergestellt werden, dass sie vollständig in die sicherheits- und wirtschaftspolitischen Abkommen eingebunden ist, die Europa von 1945 bis 2014 zu einem Kontinent machten, auf dem Frieden, Wohlstand und Kooperation herrschten. Die transatlantische Gemeinde kann nur stabil und sicher sein, wenn die Ukraine sicher ist. Mit dem Beitritt der Ukraine zur NATO würde das auf dem NATO-Gipfel 2008 in Bukarest gegebene Versprechen eingelöst.

Weiter heißt es in dem Brief:

Die Nato-Staats- und Regierungsoberhäupter sollten in Vilnius unmissverständlich ihre Unterstützung für die Ukraine und Kiews Ziel erklären, seine Souveränität und territoriale Integrität innerhalb der Grenzen von 1991 zurückzuerlangen. Sie sollten außerdem ihre Bereitschaft verdeutlichen, der Ukraine ausreichend Waffen zu liefern, mit denen sie sich auf dem Schlachtfeld durchsetzen können, darunter Langstreckenraketen wie ATACMS, westliche Kampfflugzeuge und Panzer.

Neben einer direkten Intervention in den Konflikt ist die Nato auch bereit, Pläne zu einer massiven Ausweitung der Nato-Truppen an der russischen Grenze zu bewilligen. Politico berichtete Anfang des Jahres über diese Pläne: „In den kommenden Monaten wird das Bündnis seine Bestrebungen forcieren, Ausrüstung an seiner Ostgrenze zu lagern und zehntausende Soldaten dafür bereitzustellen, in kürzester Zeit ihren Verbündeten zu Hilfe zu kommen. Die Zahlen werden groß sein, Verantwortliche sprechen von bis zu 300.000 Nato-Soldaten.“

Daneben haben Vertreter der Nato erklärt, das Bündnis werde eine „absolute Mindestgrenze“ für Militärausgaben von zwei Prozent des BIP für seine Mitglieder festlegen.

Loading