Kevin Spaceys Freispruch in London: Ein Schuldspruch für die gesamte #MeToo-Hexenjagd

Der Freispruch des Schauspielers Kevin Spacey in allen Anklagepunkten wegen sexueller Vergehen durch ein Londoner Gericht ist ein bedeutender und völlig verdienter Schlag gegen die seit fast sechs Jahren andauernde #MeToo-Hexenjagd.

Es zeigt, dass die undemokratische Behauptung, man müsse den Klägern glauben, von großen Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert wird. Sie sind vielmehr weiterhin davon überzeugt, dass auch die Angeklagten Rechte haben, einschließlich des Rechts, ihren Anklägern gegenüberzustehen und sie zu befragen.

Der Freispruch in allen Anklagepunkten zeigt eindrucksvoll, dass die gesellschaftliche Schicht, die von Spaceys Schuld und der Perfidie aller Zielpersonen des #MeToo-Kreuzzugs überzeugt ist – oft auf der Grundlage wüster und haltloser Vorwürfe – engstirnig, privilegiert, sich selbst bemitleidend und politisch reaktionär ist. Spaceys Freispruch ist zweifellos Ausdruck einer Entwicklung in der Bevölkerung.

Kevin Spacey vor dem Southwark Crown Court in London

Das Urteil „nicht schuldig“ im Fall Spacey ist gleichzeitig eine Anklage gegen ein System, das wie in der McCarthy-Ära die Schuld durch die Medien, auf der Grundlage von Klatsch und Anspielungen feststellt. Die Informationen kommen oft aus anonymen Quellen und haben bereits zahllose Leben und Karrieren zerstört.

Es ist eine Anklage gegen die New York Times, den Guardian, die Washington Post, den New Yorker und das New York Magazine, die Nation, Jacobin, die Demokratische Partei, die Democratic Socialists of America und die Pseudolinke im Allgemeinen, gegen all die prinzipienlosen und verkommenen Medien und politischen Gruppen, die #MeToo aus ihren eigenen selbstsüchtigen, rechten Gründen ohne Rücksicht auf menschliche Kosten vorangetrieben haben.

Die zwölfköpfige Jury im Southwark Crown Court schenkte Spaceys Anklägern, deren Behauptungen der Schauspieler als „Wahnsinn“ und „Lügen für Geld“ bezeichnete, eindeutig keinen Glauben. Der preisgekrönte Schauspieler, einer der besten seiner Generation, hat sich nun vor Gericht mehreren Anklägern gestellt. Alle Vorwürfe zerronnen zu nichts. Spacey hatte darauf bestanden, sich selbst zu verteidigen, auch in einem ausländischen Gerichtssaal, und hat in allen Punkten Recht bekommen. Er hat seinen Namen endgültig reingewaschen.

Doch um welchen Preis? Er ist nach eigenen Angaben „bankrott“ und mit hohen Gerichtskosten konfrontiert. Zudem ist weiterhin unklar, ob er die 31 Millionen Dollar Schadensersatz an die Produzenten seiner Netflix-Serie House of Cards bezahlt hat. Nachdem sie ihn im November 2017 überstürzt entlassen hatten, verklagten die Produzenten Spacey mit der Begründung, die letzte Staffel der Serie sei wegen seines angeblichen sexuellen Fehlverhalten von 13 auf acht Folgen gekürzt worden, und sie hätten deshalb Anspruch auf Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe!

Spacey erklärte letzte Woche vor Gericht in Bezug auf den Beginn des Skandals Ende 2017: „Meine Welt explodierte... [Es gab] schnelle Verurteilungen, und noch bevor die erste Frage gestellt oder beantwortet wurde, verlor ich meinen Job, ich verlor meinen Ruf, ich verlor alles innerhalb weniger Tage.“

Weiter erklärte er: „Mit wenigen Ausnahmen konnte ich in den letzten fünf bis sechs Jahren nicht arbeiten. Es kam kein Geld herein, und ich hatte eine Menge Anwalts- und Gerichtskosten und Dinge, gegen die ich kämpfen musste, und ich habe nicht alles abbezahlt. Also habe ich immer noch Schulden.“

Tatsächlich beendete Netflix Ende 2017 „innerhalb weniger Tage“ seine Zusammenarbeit mit Spacey, die International Academy of Television Arts & Sciences widerrief öffentlich ihre Pläne, ihn mit dem International Emmy Founders Award zu ehren. Und das Old Vic, wo er von 2004 bis 2015 als künstlerischer Leiter tätig war, warf ihn den Wölfen zum Fraß vor. Ridley Scott setzte kurze Zeit später noch eins drauf und strich ihn aus seinem fertigen Film Alles Geld der Welt. Er drehte 22 Szenen neu und Christopher Plummer nahm Spaceys Platz ein.

Kevin Spacey wurde zum Paria und nur noch als „diskreditierter Schauspieler“ bezeichnet. Hier handelt es sich offensichtlich um eine ernste persönliche Tragödie.

Wird Spacey wieder Arbeit in Hollywood finden, dieser ethischen und intellektuellen Jauchegrube, die sich mit ihren hohen moralischen Werten rühmt, während sie jedes Jahr Millionen Dollar von den Berufsmördern der CIA und des Pentagon einnimmt, aber Woody Allen, Roman Polanski und Spacey auf die schwarze Liste setzt?

Das ist schwer zu sagen. Laut der Klatsch-Website Page Six muss sich Spacey „möglicherweise auf Arbeiten in Europa beschränken, da Hollywood laut mehreren Insider-Quellen nicht bereit ist, zu vergeben oder zu vergessen [!]“ Die Website zitierte Spaceys Äußerungen gegenüber einem deutschen Magazin Anfang Juli, dem er erklärte: „Ich weiß, dass momentan viele Leute bereit sind, mich zu engagieren, sobald ich in London von diesen Vorwürfen freigesprochen werde... Sobald das passiert, sind sie bereit, weiterzumachen.“ Auf die Frage nach der Zukunft von Spaceys Karriere erklärte jedoch „eine gut aufgestellte Hollywood-Quelle gegenüber Page Six: ,Schauen Sie sich all diese Männer an, denen Sexualstraftaten vorgeworfen werden – von Woody Allen bis zu Roman Polanski. Sie arbeiten alle in Europa.“ Was für eine monströse Heuchelei.

Die #MeToo-Kampagne dauert nun seit fast sechs Jahren an. Ihre Befürworter haben alles in ihrer Macht Stehende getan, um neben Spaceys Karriere und Leben auch diejenigen von James Levine, Charles Dutoit, Geoffrey Rush, Jeffrey Tambor, Louis C.K., Placido Domingo, Garrison Keillor, Craig McLachlan, Frank Langella, Bill Murray, Blake Riley, Ryan Adams, Aziz Ansari, Casey Affleck, James Franco, Johnny Depp und vielen weiteren zu zerstören. Keiner dieser Männer wurde je wegen eines einzigen Verbrechens verurteilt.

Kevin Spacey in House of Cards

Spaceys 40 Jahre umspannende Film- und Theaterkarriere wurde durch eine einzige Behauptung über einen Vorfall zerstört, der sich angeblich Jahrzehnte zuvor ereignet hatte. Die WSWS schrieb damals, Spacey zeichne sich „im klassischen und populären Genre durch beträchtliche Intelligenz und Tiefe aus, die er oft mit Ironie und Schläue kombiniert... Gibt es irgendeinen Zweifel, dass Film, Fernsehen und Theater ohne seine Präsenz im letzten Vierteljahrhundert deutlich ärmer gewesen wären?

Die derzeitige öffentliche Auspeitschung von Spacey ist so beschämend wie abstoßend... Der allgemeine Druck, die scheinheiligen Kommentare und heuchlerischen Tweets... sind schwer zu ertragen. Was die Medien angeht, so gibt es nicht viel Auswahl zwischen der faschistischen Seite Breitbart News, die sich in Vorwürfen gegen das schwule, liberale und oft jüdische Hollywood ergeht, und den anzüglichen und degenerierten Redakteuren der New York Times.

Sexskandale waren stets die Domäne der extremen Rechten... Nichts auch nur ansatzweise Progressives wird dabei herauskommen... Es ist wieder einmal ,Zeit der Schurken‘. Die Filmbranche, das ist jetzt klar, hat nichts aus der McCarthy-Ära gelernt. Hier kommt im Grunde der gleiche Modus Operandi zum Einsatz: die Nennung von Namen, Sippenhaft, Zeugen, die nicht befragt werden können, die Intervention rechter Kräfte, die Studios, welche die Beschuldigten sofort auf eine schwarze Liste setzen.

Wir machen keinen Hehl aus unserer Sympathie für Kevin Spacey und unserer Verachtung für diejenigen, die zu Denunziationen aufrufen und die hysterische Hexenjagd fördern.“

Die WSWS erklärte im Jahr 2017 in ihrem Artikel „Puritanismus im Dienste finsterer Reaktion“: „Die ,Me-Too‘-Kampagne ist reaktionär bis ins Mark. Sie hat keinerlei progressiven Inhalt. Sexuelle Belästigung kann ganz unterschiedliche Formen annehmen, sie reicht von unangenehmem bis hin zu rechtlich fragwürdigem oder klar kriminellem Verhalten. Doch nun wird eine Vielzahl von Verhaltensweisen, die oftmals die Mehrdeutigkeit und Komplexität menschlicher Beziehungen widerspiegeln, generell als bösartig und sogar verbrecherisch eingestuft.“

Die treibende Kraft hinter diesen Bestrebungen war eine wohlhabende Schicht des oberen Kleinbürgertums, deren Instinkte und Methoden rachsüchtig, undemokratisch und autoritär sind.

Das kürzlich erfolgte Urteil zu Gunsten von Johnny Depp und nun der vollständige Freispruch von Spacey sind zu begrüßende Entwicklungen. Wie bereits erwähnt, herrscht ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber der #MeToo-Kampagne und den egozentrischen Hollywood-Typen, die zu ihren wichtigsten Propagandisten gehören. Dass die Filme She Said und Women Talking beim Publikum kläglich durchfielen, ist ein weiterer Beweis dafür. Doch die sexuelle Hexenjagd wird von starken gesellschaftlichen Strömungen angetrieben. Die verschiedenen feindseligen Reaktionen auf den Ausgang des Spacey-Prozesses machen deutlich, dass diese Kräfte nicht verstummen werden.

The Cut, eine Rubrik des New York-Magazins, veröffentlichte daraufhin in reißerischer Ausführlichkeit alle Vorwürfe gegen Spacey, von denen die meisten widerlegt oder vom Gericht verworfen wurden. Kat Tenbarge, eine Technik- und Kulturreporterin von NBC News, twitterte: „Vier Männer haben ausgesagt, dass Kevin Spacey sie sexuell belästigt hat. Eine mehrheitlich aus Männern bestehende Jury stellte sich hinter keinen von ihnen, sondern sprach Spacey in allen Anklagepunkten frei. Daran sieht man einmal mehr, wie Männer auch andere Männer behandeln, wenn sie sexuelle Übergriffe anzeigen.“ Margo Lindauer, die Direktorin des Instituts für häusliche Gewalt an der School of Law der Northeastern University, erklärte gegenüber den Medien: „Fälle wie dieser, in denen bekannte Missbrauchstäter immer wieder nicht zur Verantwortung gezogen werden, erzeugen Gänsehaut“ usw.

Die WSWS hat in ihrer Analyse des #MeToo-Phänomens folgende grundlegenden sozialen und politischen Motive für die Förderung der sexuellen Hexenjagd identifiziert:

1. Die Aufmerksamkeit soll vor allem von der Zunahme sozialer Ungleichheit abgelenkt werden. Das Ziel ist, Klassenhass und -bewusstsein abzubauen und abzustumpfen, Männer und Frauen zu spalten und eine unabhängige politische und soziale Aktivität der Arbeiterklasse so weit und so lang wie möglich zu demobilisieren.

2. Der soziale Widerstand soll im Rahmen der bürgerlichen Politik gehalten werden. #MeToo entstand als Mittel, die Kontrolle der Demokraten über Teile des wohlhabenden Kleinbürgertums zu festigen, die von Gender-Politik besessen sind, und um den Widerstand gegen Donald Trump in rechte Kanäle zu lenken.

3. Die sozialen Interessen von Teilen der professionellen Mittelschicht sollen gefördert werden, die sich erbitterte interne Konflikte um Positionen und Privilegien in verschiedenen Bereichen liefern, u.a. in den Universitäten, Medien, der Unterhaltungsbranche und den Gewerkschaften.

4. Grundlegende demokratische Rechte sollen unterlaufen und zerstört werden. Die anhaltenden Angriffe auf das Recht auf ordentliches Verfahren und die Unschuldsvermutung kamen vonseiten der „Linken“, dieser undemokratischen privilegierten Mittelschicht. Sie haben Lynchmob-Methoden ähnlich der McCarthy-Ära Vorschub geleistet.

5. Es sollen die rückständigsten Gesellschaftsschichten auf der Grundlage von Antisemitismus und homophober Bigotterie aufgehetzt werden. Die Wahl der bekanntesten Opfer war nicht unschuldig oder zufällig.

6. Die Forderung nach weltweiten Militärinterventionen im Namen von „Frauenrechten“ soll unterstützt, ausgeweitet und gerechtfertigt werden. Hierbei handelt es sich um die „Hillary-Doktrin“, eine Form des „Menschenrechtsimperialismus.“

Spaceys Freispruch ist eine willkommene Entwicklung, doch die politischen Kräfte, die hier am Werk sind, insbesondere die Pseudolinken in den Medien, Universitäten und anderen Bereichen, müssen systematisch entlarvt und diskreditiert werden.

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