Taurus-Marschflugkörper für Angriffe auf Russland

Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, Kiew nun auch Mittelstreckenraketen zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um einen verzweifelten Versuch, ein vollständiges Debakel der extrem verlustreichen ukrainischen „Gegenoffensive“ abzuwenden, die Nato-Kriegsoffensive gegen Russland zu stärken und dabei die Interessen des deutschen Imperialismus durchzusetzen.

Marschflugkörper Taurus KEPD 350 unter einem Eurofighter Typhoon

„Die Gegenoffensive stockt, eine nennenswerte Luftwaffe zur Unterstützung hat die Ukraine nicht. Da bleiben nur Lenkwaffen wie Taurus-Marschflugkörper, mit denen die ukrainische Armee die von den Russen angelegten Minenfelder überwinden und Territorium zurückerobern könnte“, erklärte der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz am Wochenende im Spiegel.

Das erklärte Ziel besteht darin, Russland militärisch zu besiegen. „Wir wollen die Ukraine in die Lage versetzen, den Krieg schneller zu gewinnen. Dafür braucht sie Luft-Boden-Marschflugkörper vom Typ Taurus“, betonte Schwarz. Es gäbe auch keine technischen Gründe, die gegen eine Lieferung sprächen. „Mit einigen Umbauten können die Waffen auch von den in der Ukraine bislang eingesetzten, nicht westlichen Kampfjets abgefeuert werden.“

Die Lieferung wäre eine massive Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland und Teil einer Eskalationsspirale, die immer direkter die Gefahr eines dritten nuklearen Weltkriegs heraufbeschwört. Die von Deutschland und Schweden entwickelten Taurus-Raketen haben eine Reichweite von über 500 Kilometern und fliegen damit noch weiter als die britisch-französischen Storm Shadow/Scalp-Raketen, die bereits an Kiew geliefert werden. Sie könnten nicht nur Ziele auf der Krim, sondern tief im russischen Kernland attackieren.

Genau das ist der Plan. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die seit längerem Marschflugkörper für die Ukraine fordert, erklärte jüngst: Die Ukraine „muss auch mit unserer Unterstützung in die Lage versetzt werden, gegen militärische Ziele – auch auf russischem Boden – vorzugehen, von denen tagtäglich hunderte Raketen auf die Ukraine abgeschossen werden.“

Grüne Kriegshetzer äußern sich ähnlich. Der Aktionsradius der Waffe dürfe nicht gegen die Lieferung sprechen, mahnte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, gegenüber dem Spiegel. Deutschland und die Ukraine könnten „zum Beispiel vereinbaren, dass bestimmte Gebiete ausgenommen werden oder die Waffen ausschließlich gegen militärisch relevante Ziele eingesetzt werden, wie es das Völkerrecht der Ukraine in ihrer Selbstverteidigung zugesteht“, erklärte sie zynisch.

Das ist in doppelter Hinsicht verlogen. Brugger weiß genau, dass die Ukraine längst Ziele auf russischem Territorium – inklusive der Hauptstadt Moskau – attackiert und dabei auch zivile Ziele ins Visier nimmt. Berichten zufolge wurde erst am Sonntag die Universität Donetsk bei einem ukrainischen Angriff mit Streumunition getroffen.

Gleichzeitig geht es bei der massiven Kriegseskalation nicht um „Selbstverteidigung“. Die Nato-Mächte haben den reaktionären Einmarsch Putins in die Ukraine gezielt provoziert. Nun heizen sie den Krieg immer weiter an, um Russland in die Knie zu zwingen. Der deutsche Imperialismus, der bereits zweimal versucht hat, das rohstoffreiche Land militärisch zu unterwerfen, prescht dabei erneut aggressiv vor.

Bei einem Besuch der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall am vergangenen Donnerstag prahlte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit der deutschen Rolle. Deutschland sei führend in den Bereichen Luftverteidigung, Ausbildung und bei Pionier- und gepanzerten Fahrzeugen. „Das ist unsere vorrangigste Priorität, unsere Kernkompetenz.“

In Bezug auf die auch von Kiew geforderten Taurus-Lieferungen erklärte Pistorius: „Der Zeitpunkt für eine Entscheidung ist für uns noch nicht gekommen.“ Auch „unsere amerikanischen Verbündeten liefern diese Marschflugkörper nicht“ und die deutschen Waffen „haben eine besondere Reichweite“.

Das Prozedere folgt einem bekannten Muster. Auch die Lieferung von Kampfpanzern wurde lange hinter den Kulissen vorbereitet und mit Washington koordiniert, bevor sie öffentlich verkündet wurde. Seitdem gehört Deutschland zu den führenden Panzerlieferanten. Laut der offiziellen „Liste der militärischen Unterstützungsleistungen“ hat die Bundesregierung bereits 18 Kampfpanzer Leopard 2, 10 Kampfpanzer Leopard 1, 40 Marder-Schützenpanzer und 46 Flakpanzer Gepard an die Ukraine geliefert. Weitere 60 Marder, 100 Leopard 1 und sechs Gepard-Panzer sind „in Vorbereitung“. Medienberichten zufolge bereitet der deutsche Rüstungsriese Rheinmetall einen zusätzlichen Export von 50 Leopard-Kampfpanzern vor.

Auf die Panzer folgen die Raketen. „Ich schließe nicht aus, dass wir im Verbund mit den Amerikanern auch zusätzliche andere Systeme wie Taurus liefern werden“, erklärte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid. Vorher müsse allerdings „sichergestellt werden, dass die Ukrainer selbst die Zielprogrammierung übernehmen können und nicht Bundeswehrsoldaten das tun – das würde uns gefährlich nahe an eine direkte Kriegsbeteiligung bringen.“

Tatsächlich sind die Nato und Deutschland längst Kriegspartei. Bereits wenige Wochen nach Kriegsbeginn hatte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags festgestellt, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden völkerrechtlich einer Kriegsbeteiligung gleichkomme. „Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei beziehungsweise Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“, hieß es darin.

Mittlerweile gehört Deutschland nicht nur zu den führenden Ausbildern und Waffenlieferanten der ukrainischen Truppen, sondern diese werden ganz unverhohlen ermutigt, Angriffe auf russisches Territorium durchzuführen. Es sei „völlig normal“ in so einer militärischen Auseinandersetzung, „dass auch der Angegriffene ins gegnerische Territorium vorgeht, um beispielsweise Nachschubwege zu unterbinden“, erklärte Pistorius bereits im April. Die Taurus-Raketen hätten genau diese Funktion. Laut Wikipedia werden sie „gegen strategische Einrichtungen des Gegners wie Flugplätze, Gefechtsstände, Industrieanlagen und Häfen eingesetzt“.

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