Niederlande und Dänemark liefern F-16-Kampfjets an Kiew

Am vergangenen Wochenende kündigten die ersten europäischen Staaten die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine an. Berichten zufolge wollen die Niederlande 42 und Dänemark 19 F-16-Kampfjets bereitstellen. Weitere Zusagen, auch von anderen Nato-Mitgliedern, sollen folgen. Der sogenannten Kampfjet-Koalition, die sich bereits im Mai gebildet hat, gehören offiziell auch Belgien und Großbritannien an.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, zweiter von rechts, und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, Mitte, inspizieren F-16-Kampfjets in Eindhoven am 20. August 2023 [AP Photo/Peter Dejong]

Bei den Lieferungen handelt sich um eine konzertierte Aktion der führenden imperialistischen Mächte – allen voran der USA –, die gewillt sind, die Konfrontation mit der Atommacht Russland weiter zu eskalieren. Der dänisch-niederländische Vorstoß, nuklearwaffenfähige Kampfjets an Kiew zu liefern, wurde lange hinter den Kulissen vorbereitet und eng mit der Biden-Regierung in Washington abgestimmt.

„Der Präsident hat grünes Licht gegeben, und wir werden es zulassen, erlauben, unterstützen, erleichtern und in der Tat die notwendigen Mittel bereitstellen, damit die Ukrainer an F-16-Kampfflugzeugen ausgebildet werden können, sobald die Europäer darauf vorbereitet sind“, sagte der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan am Sonntag in der CNN-Sendung „State of the Union“.

Seitdem jagt eine Ankündigung die nächste. Am Montag bot Griechenland Kiew an, ukrainische Piloten für F-16-Kampfjets auszubilden. Bei seinem Besuch in Athen bedankte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für das Angebot, das er „gerne“ annehme. „Wir brauchen die Unterstützung Griechenlands bei der Vorbereitung unserer Piloten für die Flieger F-16“, erklärte er nach einem Treffen mit dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis.

Selenskyj bezeichnete die F-16-Zusagen als „historisch“. Die Jets würden „den Kämpfern und den einfachen Bürgern frisches Vertrauen und Motivation bringen“, schrieb er am Montag auf Twitter. Bereits am Sonntag hatte er sich im Rahmen seines Besuchs in Dänemark siegestrunken für die F-16-Zusagen bedankt. „Ich danke Dänemark dafür, der Ukraine zu helfen, unbesiegbar zu werden“, erklärte er in einer Rede vor dem dänischen Parlament. Man sei jetzt „zuversichtlich, dass Russland diesen Krieg verlieren wird“.

Tatsächlich ist die derzeitige ukrainische „Gegenoffensive“ ein militärisches Debakel. Berichten zufolge haben allein in den letzten drei Monaten zehntausende ukrainische Soldaten ihr Leben verloren. Nennenswerte Gebietsgewinne gab es keine. Angesichts dieser Rückschläge weiten die führenden Nato-Mächte ihre direkte Beteiligung am Krieg erneut massiv aus und riskieren damit die Gefahr einer nuklearen Eskalation.

„Die Tatsache, dass Dänemark nun beschlossen hat, der Ukraine 19 F-16-Flugzeuge zu schenken, führt zu einer Eskalation des Konflikts“, erklärte der russische Botschafter Wladimir Barbin in einer Erklärung. „Indem es sich hinter der Prämisse versteckt, dass die Ukraine selbst die Bedingungen für den Frieden bestimmen muss, versucht Dänemark mit seinen Handlungen und Worten, der Ukraine keine andere Wahl zu lassen, als die militärische Konfrontation mit Russland fortzusetzen.“

Bereits Mitte Juli hatte der russische Außenminister Sergei Lawrow gewarnt, dass die Lieferung von F-16-Kampfjets als „nukleare Bedrohung“ gewertet werden würde. „Russland kann die Fähigkeit dieser Flugzeuge, Atomwaffen zu tragen, nicht ignorieren. Da helfen keine noch so großen Zusicherungen“, zitierte ihn das russische Außenministerium. „Im Verlauf der Kampfhandlungen“ könne die russische Armee „nicht herausfinden, ob jedes einzelne Flugzeug dieses Typs für den Einsatz von Atomwaffen ausgerüstet ist oder nicht“. Man werde „allein die Tatsache, dass die ukrainischen Streitkräfte über solche Systeme verfügen, als eine Bedrohung durch den Westen im nuklearen Bereich betrachten“.

Die Ukraine und ihrer Unterstützer beteuern zwar ständig, die F-16-Kampfjets und andere westliche Waffensysteme würden nicht direkt auf russischem Territorium eingesetzt. Doch das ist in jeder Hinsicht verlogen.

Zum einen bejubeln die Vertreter der imperialistischen Mächte bereits jetzt die ständigen Angriffe Kiews auf Russland. Am Dienstag bezeichnete die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock die ukrainischen Drohnenangriffe auf die russische Hauptstadt Moskau als legitim. „Die Ukraine verteidigt sich im Rahmen des internationalen Rechts“, behauptete Baerbock auf einer Pressekonferenz mit ihrem estnischen Kollegen Margus Tsahkna in Berlin.

Und zum anderen wäre der Einsatz von F-16-Kampfjets gegen die von Russland besetzten und annektierten Gebiete im Osten der Ukraine nicht weniger verheerend. Vom Standpunkt der russischen Führung handelt es sich um „russisches Territorium“. Vor allem einen umfassenden Angriff auf die Krim betrachtet der Kreml als „rote Linie“.

Anfang Februar warnte der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats und frühere russische Präsident Dmitri Medwedew in einem Interview, ein Versuch der Ukraine, die Halbinsel zurückzuerobern, hätte verheerende Folgen. „In diesem Fall wird es keine Verhandlungen geben, sondern nur Vergeltungsschläge“, so Medwedew. Die russische Führung sei bereit, „in Übereinstimmung mit unseren doktrinären Dokumenten, einschließlich der Grundlagen der nuklearen Abschreckung … alle Arten von Waffen“ einzusetzen. Die Antwort werde „schnell, hart und überzeugend sein“.

All diesen Drohungen zum Trotz zielen die westlichen Waffenlieferungen genau darauf ab – auf die Rückeroberung der Krim. „Wichtigstes Ziel der ukrainischen Sommeroffensive“ sei es, „die Landbrücke abzuschneiden, die Russland mit der besetzen Halbinsel Krim verbindet, und somit die Nachschubwege und den Aufmarschraum der russischen Truppen im Süden zu kappen“, heißt es in einem Kommentar der Süddeutschen Zeitung.

Um dies zu erreichen, lieferten Großbritannien und Frankreich „bereits Marschflugkörper, die bis weit auf die Krim reichen. Deutschland sollte alsbald nachziehen, auch die F-16 wären hier wertvoll, wie auch für die Luftraumverteidigung.“ Nur im „Zusammenwirken weitreichender Waffen gegen die Logistik und die Truppen an der Front“ könne „die Ukraine Erfolg haben, ohne Zigtausende ihrer Soldaten zu opfern“.

Ein Kommentar in der Zeit unter dem Titel „Kein Frieden ohne die Krim“ wird noch deutlicher. „Die Strategie des ukrainischen Militärs“ könnte darin bestehen, „aus der Halbinsel durch Angriffe auf die Infrastruktur eine Art Insel für Russland zu machen“. Sollte die Ukraine „im Laufe der aktuellen Gegenoffensive im Süden bis zur administrativen Grenze zur Krim vorstoßen und die schon zweimal erfolgreich angegriffene Brücke über die Straße von Kertsch endgültig zerstören“, wäre „das gesamte Gebiet der Krim … in Reichweite jener Waffensysteme, die die Ukraine schon jetzt einsetzt.“

Der Artikel zitiert ukrainische Militärs, die offen für eine Flächenbombardement der Krim eintreten, auch um die Opposition der lokalen, mehrheitlich russischsprachigen Bevölkerung zu brechen. „Rational betrachtet, müssen Kämpfe direkt auf der Krim vermieden werden. Sie wären gerade in bergigen Gegenden im Süden der Halbinsel sehr blutig – und man müsste realistischerweise auch mit einem gewissen Widerstand der lokalen Bevölkerung rechnen“, zitiert die Zeit Oleksij Melnyk, Oberstleutnant a.D. der ukrainischen Armee, der für den Kiewer Thinktank Zentr Rasumkowa im Bereich internationale Sicherheit tätig ist.

Es ist klar, dass auf die Ankündigung der F-16-Kampfjets auch die Lieferung von Mittelstreckenraketen mit noch größerer Reichweite folgen wird. Militärexperten seien sich „weitgehend einig“, schreibt der Spiegel: „Die F-16 würde den Ukrainern Vorteile im Luftkampf verschaffen. Allerdings kommt es auf die mitgelieferte Bewaffnung an.“ Berlin sei nun „gefragt“.

Über F-16 verfüge die Bundesrepublik „zwar nicht, aber sie könnte Raketen liefern“. Ein sinnvoller Beitrag wäre es, „die niederländischen und dänischen F-16 für die Ukraine mit Taurus-Marschflugkörpern auszustatten“.

Nachdem seit Wochen führende Politiker und Medien für die Taurus-Lieferungen trommeln, gilt die offizielle Ankündigung nur als eine Frage der Zeit. Auf die Frage, ob sie nun eine schnelle Entscheidung über eine solche Lieferung forcieren werde, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag: „Dass es auf jeden Tag ankommt, das haben wir, glaube ich, in den letzten anderthalb Jahren nicht nur eindrücklich, sondern auf brutale Art und Weise erleben müssen.“

Während sich ausgerechnet die herrschende Klasse in Deutschland, die bereits im 20. Jahrhundert zwei mörderische Kriege gegen Russland geführt hat, an die Spitze der Kriegsoffensive stellt, wächst in der Bevölkerung der Widerstand. Laut einer aktuellen Erhebung des ARD-Deutschlandtrends sind 52 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland gegen eine Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern an die Ukraine, nur 36 Prozent sind dafür. Die Lieferung deutscher Kampfflugzeuge lehnen sogar 64 Prozent ab.

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