Ab dem 1. Oktober werden die monatlichen Tilgungsraten für Studienkredite bei Federal Student Aid wieder fällig. Diese Stelle, die beim US-Bildungsministerium angesiedelt ist, stellt die Mehrheit der Studienkredite in den USA bereit. Betroffen sind insgesamt 43 Millionen Jugendliche und Arbeiter. Die Wiederaufnahme der Tilgungszahlungen für Studiendarlehen in Höhe von insgesamt 1,7 Billionen Dollar sowie das Wiedereinsetzen der Zinszahlungen ab diesem September werden für Millionen von Menschen verheerende soziale Folgen haben.
Im Rahmen seiner Präsidentschaftskampagne 2020 hatte der Demokrat Joe Biden versprochen, Kreditnehmern mit einem Jahreseinkommen von weniger als 125.000 Dollar die Rückzahlung an Student Aid zu erlassen. Wie so viele Wahlversprechen der Demokraten hat sich auch dieses als wertlos erwiesen. Trotz Bidens Demagogie ist der amerikanische Kapitalismus nicht in der Lage, dieses oder irgendein anderes wichtiges soziales Problem anzugehen.
Die Rückzahlung von Studienkrediten war im März 2020 als Reaktion auf die durch die Corona-Pandemie verursachten massiven wirtschaftlichen Verwerfungen ausgesetzt worden. Damals hatten Millionen von Menschen vor dem Hintergrund der gesellschaftlich notwendigen Lockdown- und Quarantänemaßnahmen, die zur Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie ergriffen wurden, Arbeit und Lohn verloren. Neben dem Abbau jeglicher Maßnahmen zur Verfolgung des Virus oder zur Verhinderung der anhaltenden und tödlichen Ausbreitung von Covid-19 erzwingt das politische Establishment nun Rückzahlungen, um die Forderungen der Wall Street nach Beendigung der 42-monatigen Pause zu erfüllen.
Seit der ursprünglichen Aussetzung der Rückzahlung hat sich die soziale Krise weiter verschärft. In den letzten drei Jahren sind die Lebenshaltungskosten um 20 Prozent gestiegen, während die Durchschnittslöhne gesunken sind.
Das Ausmaß der Schuldenkrise bei Studierenden ist enorm. Nach Angaben der US-Notenbank beliefen sich die Gesamtschulden für Studiendarlehen im März 2023 auf 1,774 Billionen Dollar. Damit waren sie höher als die Kreditkartenschulden von 1,03 Billionen Dollar oder die Autokreditschulden von 1,56 Billionen Dollar. Das Volumen der Verschuldung aufgrund von Studiendarlehen ist seit 2006, als es 480 Milliarden Dollar betrug, um mehr als das Dreieinhalbfache gestiegen. Heute schuldet etwa jeder fünfte erwachsene US-Bürger Geld für Studienkredite.
Die Wiederaufnahme der Rückzahlungen wird für die Studierenden und ihre Familien erdrückende finanzielle Auswirkungen haben. All dies geschieht inmitten steigender Zinssätze für alle Arten von Krediten und zu einem Zeitpunkt, an dem die Zahlungsrückstände bei Kreditkartenschulden und Autokrediten laut Moody's Analytics so hoch sind wie seit zehn Jahren nicht mehr.
Mark Zandi, Chefvolkswirt bei Moody's Analytics, sagte der Washington Post: „Der Anstieg der Zahlungsrückstände und -ausfälle ist symptomatisch für die schwierigen Entscheidungen, die diese Haushalte jetzt treffen müssen – ob sie ihre Kreditkartenrechnungen, ihre Miete oder ihre Lebensmittel bezahlen sollen.“
Seit 2006 hat sich die durchschnittliche Verschuldung bei Studiendarlehen vervierfacht und ist von 9.366 Dollar auf 37.338 Dollar gestiegen. Nach Angaben des US-Bildungsministeriums entfallen fast zwei Drittel – mehr als eine Billion Dollar – aller Darlehensschulden auf rund 27 Millionen Menschen im Alter zwischen 25 und 49 Jahren.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass diese Kreditnehmer gezwungen waren, Zweitjobs anzunehmen und Lebensentscheidungen, wie die Gründung einer Familie, den Kauf eines Hauses oder Urlaubsreisen, wegen der Rückzahlung von Studienkrediten zu verschieben.
Darüber hinaus haben sich Eltern verschuldet, um ihren Kindern eine College-Ausbildung zu ermöglichen. Es gibt 3,7 Millionen direkte Darlehensnehmer im Programm „Direct Parent Plus“, die mit durchschnittlich 30.000 Dollar verschuldet sind. Einige haben sogar Schulden in Höhe von 200.000 Dollar.
Viele dieser Eltern werden diese Schulden mit in den Ruhestand nehmen. Weil außerdem (auf Geheiß der Banken) Gesetze erlassen wurden, die verhindern, dass diese Darlehen durch Privatinsolvenz erlassen werden können, werden die Zahlungen von ihrer monatlichen Sozialhilfe gepfändet, sobald sie nicht zahlen können und in Verzug geraten.
Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA vom 30. Juni 2023, den Plan der Biden-Regierung für einen äußerst begrenzten Erlass von Studentenkrediten zurückzuweisen, hat die herrschende Klasse deutlich gemacht, dass sie nichts zulassen wird, was die Geschäfte der Wall Street mit Studienkrediten eindämmt.
In dem Bewusstsein, dass die Wiederaufnahme der Zins- und Tilgungszahlungen verheerende Folgen für Millionen von Kreditnehmern haben wird und bereits jetzt auf Empörung in der Bevölkerung stößt, hat die Regierung Biden einige beschwichtigende Maßnahmen vorgeschlagen, die sie als große Wohltat für die Opfer des Studienkreditbetrugs darstellt.
Dazu gehört eine zeitlich befristete „Anlaufphase“: Kreditnehmer, die im ersten Jahr der Wiederaufnahme ihre Zahlungen nicht leisten können, werden keinen negativen Krediteintrag erhalten und es werden keine Schulden bei Ihnen eingezogen. Allerdings fallen weiterhin Zinsen an, und die unbezahlten Schulden werden nach Ablauf der tilgungsfreien Zeit umso größer sein.
Darüber hinaus erlässt Bidens SAVE-Plan (Save on Valuable Education) die Schulden von etwa 800.000 Kreditnehmern, die seit mehr als 20 Jahren Zahlungen leisten müssen, sowie von solchen, die weniger als 12.000 Dollar aufgenommen und seit mehr als zehn Jahren zurückgezahlt haben. Das sind insgesamt etwa zwei Prozent der Schuldner von Studiendarlehen.
Andere Programme, die die Schulden nicht beseitigen, beinhalten einkommensabhängige Rückzahlungsoptionen, die die monatlichen Zahlungen für eine gewisse Zeit auf null Dollar reduzieren können, aber die Laufzeit des Darlehens auf 20 oder 25 Jahre verlängern, während die Zinsen weiter anfallen. Infolgedessen steigt die Gesamtverschuldung exponentiell an.
Eine Goldgrube für die Wall Street
Eine wenig bekannte Tatsache des staatlich geförderten Systems ist, dass die Gesamtheit der privaten Darlehen in Höhe von 130 Milliarden Dollar und ein erheblicher Teil der öffentlichen Darlehen in Form von „Student Loan Asset-Backed Securities“ (SLABS) verbrieft worden sind.
Diese werden von den großen Finanzinstituten wie Wells Fargo, JPMorgan Chase und Goldman Sachs gehandelt. Die Banken, Hedge-Fonds, Investmentgesellschaften und andere Wall-Street-Parasiten scheffeln Milliarden von Dollar an Profiten aus der Verelendung von zig Millionen Kreditnehmern von Studienkrediten sowie deren Familien – insgesamt vielleicht ein Drittel der gesamten US-Bevölkerung.
Wie im Fall des Schneeballsystems bei den Subprime-Hypotheken, das den Immobilienmarkt zum Einsturz brachte und das gesamte kapitalistische Finanzsystem 2008 an den Rand des Zusammenbruchs trieb, gewähren die privaten Kreditgeber und die Regierung Kredite an Kreditnehmer, von denen bekannt ist, dass sie kaum oder gar nicht in der Lage sein werden, sie jemals zurückzuzahlen. In den finanziellen Ruinen, die der Zusammenbruch des Subprime-Geschäfts hinterließ, verloren Millionen von Arbeitern ihre Arbeitsplätze, ihre Häuser und ihre Ersparnisse. Die räuberischen Banker und Spekulanten wurden jedoch von den Regierungen Bush und Obama, der Federal Reserve und den beiden großen Parteien mit Billionen von Dollar gerettet.
So gingen sie von der Profitmacherei im Hausbau zur Ausplünderung der Bevölkerung durch die steigenden Kosten der Hochschulbildung über.
Die Absprachen zwischen der Regierung, der Finanzbranche und den Bildungseinrichtungen wurden über Jahrzehnte hinweg getroffen, um die Öffentlichkeit mit dem falschen Versprechen zu schröpfen, dass eine Hochschulausbildung einen gut bezahlten Job und einen hohen Lebensstandard garantiert.
Der Autor Josh Mitchell erklärte in seinem kürzlich erschienenen Buch „The Debt Trap: How Student Loans Became a National Catastrophe“ (Die Schuldenfalle: Wie Studienkredite zu einer nationalen Katastrophe wurden):
Das Studiendarlehensprogramm ist die Quintessenz des vetternwirtschaftlichen Kapitalismus. Es privatisiert die Gewinne und sozialisiert die Verluste. In Anlehnung an die Immobilienblase wurden alle Risiken auf die Studierenden und ihre Familien abgewälzt, denen immer wieder gesagt wurde, dass das College und die Graduiertenschule sichere und notwendige Investitionen seien.
Zu den am stärksten verschuldeten Studierenden gehören diejenigen, die ein Aufbaustudium anstreben, vergleichbar einem Master-Abschluss in Europa. Die durchschnittliche Verschuldung von Hochschulabsolventen liegt bei 71.000 US-Dollar, und bei denjenigen, die ein Jura-, Medizin- oder Zahnmedizinstudium absolvieren, beträgt die durchschnittliche Verschuldung 130.000 Dollar, 203.000 Dollar bzw. 301.000 Dollar. Viele dieser Studierenden sind gezwungen, als Lehrassistenten zu arbeiten, und werden zum Mindestlohn bezahlt.
Penny, eine Studentin an der Universität von West Virginia, sagte der World Socialist Web Site:
Ich habe vor kurzem einen einkommensabhängigen Rückzahlungsplan berechnet, bei dem ich meine Kredite zehn Jahre lang abbezahlen könnte, und ich würde am Ende dieser zehn Jahre mehr schulden, als ich zu Beginn hatte, obwohl ich etwa 75.000 Dollar gezahlt hätte.
Die ausufernde Verschuldung der Studierenden ist nicht nur ein Mittel zur Verschärfung der wirtschaftlichen Ausbeutung der Arbeiterklasse, sie ist auch Teil eines systematischen Angriffs auf das Recht auf Bildung.
Die New York Times berichtete kürzlich, dass sich der Preis für den vierjährigen Besuch privater Colleges seit 1992 fast verdoppelt hat, während sich der Preis für den vierjährigen Besuch öffentlicher Colleges selbst inflationsbereinigt mehr als verdoppelt hat. Die durchschnittlichen Kosten für den Besuch eines privaten Colleges, einschließlich der Lebenshaltungskosten, belaufen sich heute auf etwa 58.000 Dollar pro Jahr. Prestigeträchtige öffentliche Einrichtungen wie die University of Michigan können mehr als 80.000 Dollar im Jahr kosten.
Der Besuch einer Hochschule ist für Familien aus der Arbeiterklasse und der unteren Mittelschicht zu einer fast untragbaren finanziellen Belastung geworden. Seit 2008/2009 ist die Zahl der College-Besucher stetig zurückgegangen, von 21 Millionen im Jahr 2010 auf achtzehn Millionen im Jahr 2021, und nur noch ein Drittel der Amerikaner sagt, dass sie großes Vertrauen in die Hochschulbildung haben, die einst als wichtigster Hebel für soziale Mobilität galt.
Infolgedessen ist die Hochschulbildung, insbesondere an einer Spitzenuniversität, zunehmend zum Vorrecht der besonders Wohlhabenden geworden. Nur etwa zehn Prozent der Studierenden sind an zulassungsbeschränkten Colleges eingeschrieben, und die selektivsten von ihnen – oft auch die teuersten – werden größtenteils von den Kindern der oberen zehn Prozent und sogar des obersten einen Prozent der Einkommensbezieher besucht.
Während der Öffentlichkeit erzählt wird, dass keine staatlichen Gelder für die Bildung zur Verfügung stehen, werden Billionen von Dollar für Kriege und massive Bankenrettungen ausgegeben. Die USA haben bisher mehr als 60 Milliarden Dollar für den Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine ausgegeben, darunter 43 Milliarden Dollar an direkter Militärhilfe, etwa für Waffen und Ausrüstung. Für das Jahr 2024 hat die Regierung Biden ein Militärbudget von einer Billion Dollar beantragt, um sich auf einen weltweiten Konflikt, auch gegen China, vorzubereiten.
Und als die Silicon Valley Bank und mehrere andere Banken im letzten Frühjahr zusammenbrachen, griff die Biden-Regierung ein und stellte mehr als 150 Milliarden Dollar zum Schutz reicher Investoren bereit.
Wie der russische Revolutionär Wladimir Lenin betonte, bedeutet Imperialismus „Reaktion auf der ganzen Linie“. Alle sozialen Bedürfnisse der Gesellschaft werden den finanziellen und geopolitischen Interessen der Finanzoligarchie untergeordnet. Das Geld, das für den Krieg und die Zerstörung von Menschenleben im Ausland ausgegeben wird, wird der Arbeiterklasse im Inland durch Angriffe auf ihren Lebensstandard und ihre demokratischen Rechte, einschließlich des Rechts auf öffentliche Bildung, geraubt. Die Profitmacherei der Finanzelite mit Hochschulkrediten ist Teil eines umfassenderen Angriffs auf die Bildung, einschließlich der Schließung öffentlicher Schulen und ihrer staatlich unterstützten Übernahme durch private Unternehmen, der Kürzung der öffentlichen Schulbudgets und der Angriffe auf die Löhne und Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte.
Das extreme Schmarotzertum des Studienkreditgeschäfts ist ein Ausdruck der Zersetzung des kapitalistischen Systems und des unstillbaren Drangs der Finanzelite, alles und jeden in der Gesellschaft der Anhäufung von persönlichem Reichtum unterzuordnen.
Der Zugang zu einer kostenlosen Ausbildung, ohne ein Leben lang Schulden anhäufen zu müssen, ist ein Grundrecht für alle Studierenden. Die World Socialist Web Site, die Socialist Equality Party und die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) stellen die folgenden sozialistischen Forderungen für Studierende und Arbeiterfamilien auf, um für dieses Recht zu kämpfen:
- Erlass aller Studienschulden! Kostenlose und hochwertige Bildung für alle!
- Stoppt den Krieg in der Ukraine! Kein Geld mehr für Krieg oder Rettungsaktionen für die Reichen! Stattdessen Milliarden für öffentliche Bildung und öffentliche Gesundheit!
- Enteignet die Banken! Stellt das Finanzsystem unter öffentliches Eigentum und die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse!