Wachsende Entschlossenheit der Autoarbeiter angesichts verschärfter Konfrontation mit UAW-Bürokratie und Autokonzernen

Beteiligt euch an der Onlineveranstaltung am Sonntag, 10.09.2023 um 21:00 Uhr (MESZ), um über die Strategie zu diskutieren, mit der die Arbeiter ihre Forderungen im Tarifstreit bei den Big Three durchsetzen können. Registriert euch hier als Teilnehmer.

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Autoarbeiter beim Schichtwechsel in Warren (Michigan)

Unter Autoarbeitern wachsen die Wut und der Widerstand gegen die Bestrebungen der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) und ihres Präsidenten Shawn Fain, noch vor dem Auslaufen der Tarifverträge am 14. September mit den drei großen Autokonzernen (Big Three) einen weiteren Ausverkauf auszuhandeln, um einen Streik zu verhindern.

Die Autoarbeiter äußern ihre Entschlossenheit, frühere Zugeständnisse rückgängig zu machen und neue Zugewinne bei Löhnen, Zusatzleistungen und Arbeitsbedingungen zu erzielen. Sie reagieren zunehmend mit Widerstand auf Fains Äußerungen, er wolle „einen Streik vermeiden“, und die Erwartungen der Arbeiter müssten heruntergeschraubt werden, weil „man nicht immer alles bekommt, was man fordert.“

Ein Zeitarbeiter in einem Stellantis-Werk in Detroit erklärte gegenüber der WSWS: „Die Leute wollen streiken, um ihnen zu zeigen, dass wir es ernst meinen. Wir sollten alle auf einmal streiken. Das hätte definitiv mehr Wirkung. Diese Konzerne verheizen uns buchstäblich. Sie sehen uns nicht als Menschen. Sie benutzen uns, um Profit zu machen, und das war‘s. Und solange wir uns nicht wehren, wird es immer so weitergehen.

Wir wollen Dinge wie eine angemessene Versicherung zurückhaben und keine Lohnstufen mehr. Wir wollen auch alles andere zurück, was die UAW aufgegeben hat. Viele, die nicht in der Autoindustrie tätig sind, wissen nicht, dass wir diese Dinge früher hatten. Wir kämpfen im Grunde darum, das absolute Minimum zurückzubekommen. Diese Konzerne sind Billionen-Dollar-Unternehmen, und sie können sich das mehr als leisten. Ihnen geht es nur um Profit, Profit und nochmal Profit, und alles auf unsere Kosten. Aber es gehört nicht ihnen, es gehört uns.

Wir wollen streiken, aber die Leute sind nicht bereit, dieses große Opfer zu bringen, wenn sie dann ausverkauft werden wie die Batteriearbeiter bei Clarios in Toledo. Wenn wir streiken, wollen wir gewinnen.“

Ein langjähriger Arbeiter des GM-Components-Holdings-(GMCH)-Werks im Westen von Michigan erklärte gegenüber der WSWS: „Wenn wir dafür kämpfen, dass die jungen Arbeiter Top-Löhne bekommen, kämpfen wir für uns selbst. Die Zeitarbeiter bekommen nicht die gleichen Löhne, Gewinnbeteiligungen und Zusatzleistungen wie Vollzeitarbeiter, obwohl sie zu den Profiten des Unternehmens beitragen.

Momentan bekommt das Management nicht einmal genug Arbeiter, weil man bei McDonald‘s besser bezahlt wird. Sie stellen Gruppen von 25 bis 30 Arbeitern auf einmal ein, und nach 30 Tagen sind noch fünf davon übrig.“

Andere Arbeiter äußerten in den sozialen Netzwerken ihre Opposition gegen weitere Zugeständnisse. Einer kommentierte auf der Facebook-Seite der UAW: „KEINE PAUSCHALEN. Wir sind nicht interessiert. Kurzfristige Lösung für ein dauerhaftes Problem. Wir wollen Stundenlöhne!“

Ein anderer kommentierte: „Lehnt einfach die ganzen Schwachsinns-Angebote ab. Bereitet euch auf einen Streik vor. Jetzt oder nie. Sie werden nicht ernsthaft genug werden, bevor wir nicht streiken. Und das erste Angebot, wenn wir streiken, wird wahrscheinlich trotzdem nicht ausreichen. GMCH hat vor vier Jahren mit uns zusammen gestreikt und trotzdem keine Lohnerhöhungen bekommen. Der Spitzenlohn ist immer noch 22,50 Dollar pro Stunde, WARUM?“

Ein anderer Arbeiter der Ford Michigan Assembly Plant erklärte: „Ich glaube, Shawn Fain hat gedacht, er könnte sich bei den Arbeitern beliebt machen, wenn er behauptet, für die Abschaffung der Lohnstufen, die Wiedereinführung der Lebenshaltungskosten-Angleichung und Lohnerhöhungen zu kämpfen. Er behauptete, er wäre für die Arbeiter. Für mich wirkte es, als hätte er gesagt: ,Ich führe euch bis zum Ende dieses Kampfs.‘ Aber in Wirklichkeit marschieren wir alle auf die Klippe zu, er fällt zurück und wir stehen am Rand der Klippe, aber wir springen nicht. Wir werden kämpfen.

Fain hat mit seinen ganzen Stunts hohe Erwartungen bei uns geschürt – Angebote von Tarifverträgen in den Müll werfen, den Vorstandschefs den Handschlag verweigern... Alles nur Stunts!

Das Hauptproblem ist, dass die Arbeiter korrekte Informationen brauchen. Warum diese Geheimniskrämerei? Was haben sie zu verbergen? Es ist genau wie bei den Romeo-Arbeitern, als das Werk geschlossen wurde. Die haben es als Letzte erfahren. Ich kann nur sagen, dass das ein Kampf ums Überleben ist und dass die Arbeiter die Wahrheit erfahren müssen.“

Die Wut der Autoarbeiter wird durch die jahrzehntelangen Angriffe auf ihren Lebensstandard und ihre Arbeitsbedingungen geschürt, die ihnen von GM, Ford und Stellantis (ehemals Fiat-Chrysler) mit Unterstützung der UAW-Bürokratie aufgezwungen wurden und die mit der staatlichen Rettung von Chrysler 1979 begannen.

Bloomberg berichtete am Donnerstag: „Der durchschnittliche Stundenlohn für Autoarbeiter am Band ist seit 2003 um 30 Prozent gesunken.“ Als einen der Gründe für den Rückgang der Durchschnittslöhne der Autoarbeiter nennt Bloomberg die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Autoproduktion in den USA auf nicht gewerkschaftlich organisierte ausländische Autobauer und Tesla Inc. entfällt.

In dem Bloomberg-Bericht heißt es jedoch weiter, dass eine Ursache für den Rückgang der Reallöhne das „Zwei-Stufen-Lohnsystem ist, dem die UAW erstmals im Jahr 2007 zugestimmt hat“, und dass die Gewerkschaft im Jahr 2009 im Rahmen der Rettung der Autoindustrie, die von der Obama-Regierung organisiert wurde, auch die automatische Angleichung der Lebenshaltungskosten „aufgegeben“ hat. Dieses Zugeständnis ist „während der hohen Inflation der letzten zwei Jahre zu einem großen Opfer geworden“, wie es in dem Artikel hieß.

Der Rückgang der Reallöhne der Autoarbeiter wäre noch deutlicher ausgefallen, wenn auch die Zeitarbeiter einbezogen würden, die mit Stundenlöhnen von fünfzehn bis sechzehn Dollar anfangen und nach vier Jahren maximal zwanzig Dollar verdienen. Diese Arbeiter zahlen zwar Beiträge an die UAW, haben aber praktisch keine vertraglichen Rechte.

Fain und die UAW-Bürokratie verstärken ihre Bemühungen, Streiks bei den Big Three und Lear zu verhindern

Fain und der Rest der UAW-Funktionäre sind sich der explosiven Stimmung und der Kampfbereitschaft der Autoarbeiter durchaus bewusst und haben bereits frühzeitig eine Rhetorik entwickelt, die die Arbeiter in Schach halten und zu gegebener Zeit einen Massenkampf gegen die Autokonzerne verhindern soll.

Die UAW-Bürokratie hat hinter den Kulissen daran gearbeitet, einen Tarifvertrag auszuhandeln, der massive Angriffe auf die Arbeiter beinhaltet, vor allem mit der Drohung, im Zusammenhang mit der Umstellung auf Elektrofahrzeuge zehn- oder hunderttausende Arbeitsplätze abzubauen. Weniger als eine Woche vor dem Auslaufen der Tarifverträge rückt Fain von seinen früheren Äußerungen über einen Streik ab und erklärt, die UAW sei bereit, die Forderungen der Arbeiter aufzugeben, um eine Einigung auszuhandeln.

Der wahre Charakter der UAW zeigt sich in dem sich anbahnenden Kampf der Autoarbeiter gegen den Sitzpolsterhersteller Lear Corporation in Hammond (Indiana). Dort hatten 94 Prozent der Arbeiter für einen Streik gestimmt und zweimal einen Ausverkaufsvertrag abgelehnt, der eine Erhöhung der Einstiegslöhne von 15,50 auf nur 17 Dollar pro Stunde und deutliche Erhöhungen der wöchentlichen Krankenversicherungsprämien beinhaltet hätte.

Jetzt verlangt die UAW zum dritten Mal von den 1.000 Arbeitern bei Lear, dass sie im Grunde den gleichen Tarifvertrag akzeptieren, den sie zweimal abgelehnt haben. Ein Arbeiter des Werks in Hammond erklärte gegenüber der WSWS: „Das Lear-Werk in Hammond (Ortsverband 2335) wird gezwungen, vor Ort über einen Tarifvertrag abzustimmen, den 100 Prozent der anwesenden Arbeiter bereits am 2. September bei einem Sondertreffen per Handzeichen abgelehnt haben. Der Tarifausschuss ignoriert die Arbeiter weiterhin.“

Der Modus Operandi der UAW-Bürokratie besteht darin, kein „Nein“ als Antwort gelten zu lassen und die Arbeiter immer wieder über den gleichen faulen Deal abstimmen zu lassen, bis sie „richtig“ abstimmen. Das Gleiche ist bei den Batteriearbeitern von Clarios in Holland (Ohio) passiert, die erfolgreich einen Ausstand erzwungen und zweimal den Ausverkauf abgelehnt hatten, den ihnen die UAW vorlegte. Die Arbeiter wurden von der Gewerkschaftsbürokratie ausgehungert und zur Unterwerfung gezwungen, ihr 40-tägiger Streik wurde isoliert und sabotiert, und schließlich wurde ihnen ein Tarifvertrag aufgezwungen, der Lohnerhöhungen unter der Inflationsrate und einen zwölfstündigen Arbeitstag ohne Überstundenzuschlag nach acht Stunden beinhaltet.

Diese Erfahrungen müssen als Warnung verstanden werden und zeigen, warum die Autoarbeiter der UAW-Bürokratie die Führung des Tarifkonflikts mit GM, Ford und Stellantis aus der Hand nehmen müssen.

Da nicht mehr viel Zeit bis zum Auslaufen der Tarifverträge bleibt, ruft das Autoworkers Rank-and-File Committee Network die Autoarbeiter auf, jetzt die Initiative zu ergreifen und für ihre Forderung nach einem offenen Streik gegen die Big Three zu kämpfen.

Der Mack-Trucks-Arbeiter und sozialistische Kandidat für die UAW-Präsidentschaft im letzten Jahr, Will Lehman, veröffentlichte am Donnerstag ein Video mit einem Aktionsaufruf an die Autoarbeiter, in dem er erklärte:

Kollegen, uns steht ein ernster Kampf bevor. Die Konzerne werden den Arbeitern freiwillig um keinen Millimeter nachgeben. Fain und die UAW-Bürokraten legen keine Strategie vor, aber die Arbeiter müssen es tun, um die Kontrolle über den Kampf zu übernehmen.

Lehman forderte die Arbeiter auf, Aktionskomitees in ihren Betrieben zu gründen und für folgende Maßnahmen zu kämpfen:

  • Erhöhung des Streikgelds auf 750 Dollar pro Woche
  • Volle Kontrolle der Arbeiter über die Tarifverhandlungen
  • Veröffentlichung einer Liste aller Werke, die geschlossen werden sollen, und aller Dokumente, die zwischen der UAW, dem Management und Biden in den Tarifverhandlungen ausgetauscht wurden
  • Vorbereitung auf einen offenen landesweiten Streik am 14. September
  • Beginnt eine international koordinierte Gegenoffensive

Aus den Medienberichten über die Treffen zwischen der UAW und den Autokonzernen wird klar, dass die Arbeitgeber unnachgiebig sind und den Autoarbeitern erklären, ihre Forderungen seien nicht bezahlbar.

Laut Fain sieht der Gegenvorschlag von GM vor, das verhasste Zwei-Stufen-System zu behalten, den Höchstlohn erst nach sechs Jahren zu zahlen, vom Unternehmen finanzierte Renten und Gesundheitsleistungen für Rentner nicht an Arbeiter der zweiten Stufe zu zahlen und die Hungerlöhne für Lagerarbeiter bei GMCH und CCA (Customer Care and Aftersales) beizubehalten. GM schlug nur eine beleidigende zehnprozentige Lohnerhöhung über vier Jahre vor und lehnt die Wiedereinführung der Lebenshaltungskosten-Angleichung ab.

Fain erklärte, das Unternehmen habe alle Vorschläge der UAW zur „Arbeitsplatzsicherheit“ abgelehnt, erwähnte aber nichts über die Pläne des Unternehmens, Werke zu schließen, Tausende von Arbeitsplätzen zu vernichten und Armutslöhne in den neuen Elektroauto-Batteriewerken beizubehalten.

Trotz seiner Behauptungen über „Transparenz“ hat Fain keine neuen Angaben darüber gemacht, was die UAW in ihrem Gegenvorschlag an Ford Anfang letzter Woche zugestanden hat. Der Grund dafür ist, dass die Bürokratie eine offene Revolte befürchtet, wenn die Arbeiter die Wahrheit erfahren würden. Die Washington Post berichtete am Donnerstag, Fain habe sich „laut einer mit den Verhandlungen vertrauten Person persönlich stärker in die Verhandlungen mit Ford eingeschaltet, um eine Einigung zu erzielen.“

Fain und andere UAW-Funktionäre haben täglich mit der Biden-Regierung verhandelt, die letztes Jahr den Eisenbahnerstreik verboten und vor kurzem bei UPS und den Hafenarbeitern Tarifverträge mit Zugeständnissen durchgesetzt hat. Bei den Diskussionen ging es darum, wie sich der explosive Widerstand der Autoarbeiter eindämmen lässt – entweder indem in letzter Minute eine Vereinbarung durchgesetzt wird, um einen Streik zu verhindern, oder durch einen teilweisen Streik in einigen Werken vor einem derartigen Ausverkauf.

Um diese Bestrebungen zu vereiteln und die Forderungen der Arbeiter durchzusetzen, müssen die Arbeiter die Initiative ergreifen und das Autoworkers Rank-and-File Committee Network als neues Zentrum der Macht und Entscheidungsfindung in den Betrieben ausbauen.

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