UAW weist die große Mehrheit der Autoarbeiter bei den Big Three an, trotz ausgelaufenem Tarifvertrag weiterzuarbeiten

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Autoarbeiter beim Schichtwechsel bei Warren Truck

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag liefen um Mitternacht (Ortszeit) die Tarifverträge von fast 150.000 Arbeitern bei GM, Ford und Stellantis (Big Three) in den USA aus. Sie wollen jetzt unbedingt in den Streik treten, für den sie mit einer Mehrheit von 97 Prozent gestimmt haben. Dennoch hat die Bürokratie der United Auto Workers (UAW) die große Mehrheit der Arbeiter angewiesen, weiterhin Fahrzeuge für die Konzerne zu produzieren. Sie tat dies, obwohl die drei großen Automobilhersteller deutlich gemacht haben, dass sie einen Krieg gegen die Autoarbeiter führen. Sie haben alle Forderungen nach Lohnerhöhungen oberhalb der Inflation, die Abschaffung der Stufenlöhne und ein Ende der Werksschließungen und Entlassungen abgelehnt.

UAW-Präsident Shawn Fain erklärte nur wenige Stunden vor dem Auslaufen der Tarifverträge, dass selbst wenn bis Mitternacht keine Einigung erzielt wird, nur drei Werke bestreikt werden, und dass alle anderen Arbeiter weiterarbeiten sollen.

Während die Bürokratie die Belegschaft im GM-Fertigungswerk Wentzville (Missouri), dem Stellantis-Fertigungswerk in Toledo (Ohio) und der Endfertigungs- und Lackierabteilung des Ford-Fertigungswerks in Warren (Michigan) zum Streik aufruft, wies sie die restlichen 99 Prozent der aktiven Mitglieder an, „unter einem abgelaufenen Tarifvertrag weiterzuarbeiten“.

Egal wie Fain es zu drehen versucht: Die Entscheidung, die Arbeiter weiter für die Konzerne arbeiten zu lassen, ist ein massiver Verrat am Willen der Belegschaft. Die Arbeiter sollen isoliert und zermürbt werden, während die UAW-Bürokratie in enger Abstimmung mit der Biden-Regierung einen Ausverkauf vorbereitet und durchzusetzen versucht.

Fains Plan spaltet die Arbeiter und spielt sie gegeneinander aus, indem die Streikenden fast ohne Einkommen im Stich gelassen werden, während diejenigen, die weiterarbeiten, im Grunde zu Streikbrechern werden. Zudem hat die UAW in wichtigen Motoren- und Getriebewerken ihren Teilstreik nicht ausgerufen, was Analysten zufolge den größten Teil der nordamerikanischen Autoindustrie schnell zum Erliegen gebracht hätte.

Wenn die Arbeiter dann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr arbeiten können, weil die UAW ein Motoren- oder Getriebewerk bestreikt, hätten sie kein Streikgeld und in vielen Fällen keine Arbeitslosenhilfe, sodass sie unter enormen Druck geraten, den Forderungen des Managements nachzugeben. Das ist das Ziel von Fains „Strategie“, um den Arbeitern eine Niederlage beizubringen und die Bedingungen der Konzerne durchzusetzen.

Die UAW hat die Arbeiter angewiesen, keine Solidaritätsaktionen in nicht streikenden Werken durchzuführen. Sie verteilte Flyer, auf denen sie den Arbeitern erklärte, sie dürften keinen Widerstand gegen höheres Arbeitstempo und erzwungene Überstunden leisten, weil sie nach dem Ablaufen der Tarifverträge nicht dagegen geschützt sind, wenn das Unternehmen sie wegen der Teilnahme an einem „Teilstreik“ entlässt. In einem der Flyer der UAW hieß es: „Es ist euch untersagt, die Arbeit besonders langsam zu erledigen oder nur einen Teil eurer Pflichten zu erfüllen. Ein Beispiel für die Teilnahme an einem Teilstreik ist die Verweigerung von verbindlichen Überstunden.“

Will Lehman, ein Arbeiter bei Mack Trucks und sozialistischer Kandidat für das Amt des UAW-Präsidenten im Jahr 2022, rief die Arbeiter am Donnerstag auf, mit ihren Kollegen über den Aufbau alternativer Strukturen zu diskutieren, die den Anordnungen von Fain entgegenwirken können. Lehman rief die Arbeiter auf, aktiv zu werden und den Verrätern aus der Bürokratie die Macht zu entreißen und sie den Arbeitern in den Betrieben zu übergeben:

Die UAW-Bürokratie hat deutlich gemacht, auf welcher Seite sie steht. Das bedeutet, dass wir, die Arbeiter, uns selbst organisieren müssen. Veranstaltet heute Abend und morgen Dringlichkeitsversammlungen in euren Fabriken und Lagerhäusern, um demokratisch zu diskutieren und zu planen, wie man diesem Verrat entgegentreten kann und welche gemeinsamen Aktionen notwendig sind. Hört nicht auf die Bürokraten, hört auf eure Kollegen. Wählt Führer aus der Belegschaft und bringt eure ganze Schicht hinter euch. Diskutiert am Band, in den Pausen, beim Mittagessen und auf den Parkplätzen darüber, was wir, die Belegschaft, tun wollen. Wenn bis Donnerstag um Mitternacht kein Tarifvertrag vorliegt, können wir nicht gespalten werden, wie es Fain will. Wir müssen alle zusammenhalten – im Streik!

Im ganzen Land reagierten Arbeiter empört auf Fains Entscheidung, sie nach dem Auslaufen des Tarifvertrags weiterarbeiten zu lassen. Zudem hatte Stellantis am gleichen Tag eine weitere Dividendenzahlung von 500 Millionen Dollar an seine reichen Aktionäre angekündigt.

Eine GM-Arbeiterin aus Wentzville erklärte gegenüber der WSWS, viele Arbeiter in dem Werk seien wütend auf Fain und wollten ihn absetzen. Fain war in einer betrügerischen Wahl mit den Stimmen von nur drei Prozent der Arbeiter gewählt worden. Will Lehman verklagt derzeit die Biden-Regierung und fordert, dass die Wahl wiederholt wird, wobei jeder Arbeiter darüber informiert werden muss, dass eine Wahl stattfindet.

Sie erklärte: „Die Leute sind wütend und besorgt, dass wir wegen diesem Kerl das verlieren, was wir bereits haben, was das absolute Minimum ist.“ Die Arbeiter in Wentzville „fragen sich, wie sie ihn loswerden können. Die meisten finden, dass er uns ausverkauft. Wir werden ohne Streikgeld und ohne Abfindung auf der Straße sitzen, während er weiter sein Gehalt kassiert.“ (Fain verdient etwa 300.000 Dollar pro Jahr, die aus Mitgliedsbeiträgen finanziert werden.)

Ein Arbeiter des Ortsverbands 598 des GM-Lastwagenwerks in Flint (Michigan) wies auf der Seite des Ortsverbands darauf hin, dass 97 Prozent für den Streik gestimmt hatten, und schrieb: „Warum machen wir eine Urabstimmung, wenn sie das bereits geplant haben? Und wenn wir ohne Tarifvertrag zur Arbeit kommen, warum bezahlen wir dann Mitgliedsbeiträge, wenn unsere Bedürfnisse nicht vertreten werden. Ohne Tarifvertrag zu arbeiten, kommt mir verrückt vor!“

Bei Treffen des Autoworkers Rank-and-File Comittees Network am Mittwoch bestätigten die Arbeiter, dass in ihren Werken die Stimmung für einen Ausstand bei allen drei Konzernen war. Die Versammlungen, an denen Arbeiter aus den USA, Mexiko und Kanada teilnahmen, waren ein mächtiger Ausdruck des zunehmenden Verlangens nach einem echten Kampf gegen die Konzerne.

Ein GM-Arbeiter aus Lansing (Michigan) erklärte: „Wir haben das Gefühl, dass Shawn Fain uns alle aufgestachelt und bereit gemacht hat, zu streiken und etwas zu bewirken. Aber jetzt sieht es für mich und die Leute, mit denen ich spreche, so aus, als würde er zurückrudern und einen Rückzieher machen. Nach Fains Live-Übertragung waren wir alle sehr aufgebracht. Das ist unsere Zeit. Alle glauben, sie sollten streiken, solange das Eisen heiß ist. Aber plötzlich sagt Fain, dass wir in Wartestellung sind? Das ist ein Haufen sinnloses Gerede. In meinem Gebiet sind wir bereit zum Kampf, bereit, die Arbeit niederzulegen und wir sind bereit loszugehen.“

Ein Arbeiter von Warren Truck in einem Vorort von Detroit fügte hinzu:

„Wir sind zum Streik bereit. Wir rechnen damit. Wir zeigen unsere Einheit. Es wird einfach verheerend werden, wenn wir in diesem Tarifvertrag nicht bekommen, was wir fordern, weil bei so vielen buchstäblich das Leben davon abhängt.

Ich weiß, dass die UAW nicht für uns ist. Das hat sie deutlich gemacht. Es ist sehr frustrierend, wenn man weiß, dass wir Mitgliedsbeiträge zahlen. Das ist nur eine Form, wie uns das Unternehmen noch mehr Geld abknöpft, das wir nicht haben. Ich hoffe wirklich, dass die Leute merken, was abläuft, und dass wir unseren eigenen Streik beginnen, weil das meiner Meinung nach mittlerweile die einzige Möglichkeit ist, halbwegs das zu bekommen, was wir fordern. Wir müssen uns gegenseitig informieren und standhaft bleiben.“

Im wirtschaftlichen und politischen Establishment wächst die Besorgnis, dass die UAW-Bürokratie nicht in der Lage sein wird, die Arbeiter von einem gemeinsamen Kampf in allen Werken, und nicht nur bei den Big Three, abzuhalten. Arbeiter des Zulieferers Dana Inc. erklärten der World Socialist Web Site, das Unternehmen habe ihnen am Mittwoch eine SMS geschickt, in der sie aufgefordert werden, zur Arbeit zu erscheinen – obwohl die Arbeiter bei Dana unter einem anderen Tarifvertrag arbeiten als die Big Three.

Darin hieß es: „Während die UAW ihre Verhandlungen fortsetzt, werden wir – unabhängig vom Ergebnis beim Auslaufen des Tarifvertrags – weiterhin in der morgigen Nachtschicht arbeiten.“

Der Kampf der US-Autoarbeiter ist Teil einer wachsenden Bewegung in den USA und auf der ganzen Welt. Arbeiter in Kanada, wo am 18. September ein Tarifvertrag für 18.000 Autoarbeiter ausläuft, berichten, sie hätten nichts von der Bürokratie der Gewerkschaft Unifor gehört. Der Tarifvertrag für 30.000 Autoarbeiter in Südkorea ist vor kurzem ausgelaufen, auch droht den Arbeitern ein massiver Stellenabbau bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Diesen Monat läuft das Tarifabkommen für 150.000 Auto- und Metallarbeiter in der Türkei aus.

Bei Blue Cross Shield in Michigan streiken derzeit 1.400 UAW-Mitglieder, hunderte weitere bei Dometic in Pottstown (Pennsylvania). Der Zeitpunkt für einen vereinten Kampf ist günstig, da alleine in den USA in den kommenden Wochen die Tarifverträge von Zehntausenden von UAW-Mitgliedern auslaufen, darunter:

  • beim Zuliefererbetrieb Yangfeng läuft der die Tarifvertrag am 15. September aus,
  • bei Kendrick Plastics in Grand Rapids (Michigan) am 15. September,
  • der Tarifvertrag der Casinobeschäftigten in Las Vegas lief am 3. September aus,
  • beim Teilelieferanten Flex-N-Gate in Grande Prairie (Texas) am 1. Oktober,
  • bei Mack Trucks am 1. Oktober,
  • beim Zuliefererbetrieb Ohio Mayco am 1. Oktober,
  • bei General Dynamics am 22. Oktober,
  • beim Getriebewerk Allison in Indianapolis (Indiana) läuft der Tarifvertrag am 14. November aus.

Um die Stärke der Arbeiter zu mobilisieren, ist es notwendig, sich Fains Anweisung zu widersetzen, dass 99 Prozent der Mitglieder weiterarbeiten sollen und nur zwei vollständige Werke bestreikt werden. Die Arbeiter müssen in der Fabrik und in den sozialen Netzwerken miteinander sprechen und Ad-Hoc-Komitees mit ihren Kollegen bilden, um gemeinsame Aktionen zu planen.

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