Perspektive

„Marsch für Israel“ in Washington: Demokraten und Republikaner gemeinsam für Völkermord

Von links: Der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson (Republikaner), der Führer der Minderheitsfraktion Hakeem Jeffries (Demokraten), der Führer der Mehrheitsfraktion im Senat Chuck Schumer (Demokraten) und Senatorin Joni Ernst (Republikaner) Hand im Hand beim Marsch für Israel am Dienstag, 14 November 2023 in Washington [AP Photo/Mark Schiefelbein]

Am Dienstag fand in Washington D.C. ein schmutziges Spektakel statt. Der „Marsch für Israel“ wird als Kundgebung für ethnische Säuberung und Völkermord in die Geschichte eingehen.

Führende Vertreter der Demokratischen und der Republikanischen Partei erklärten ihre Unterstützung für den Krieg Israels gegen die Bevölkerung des Gazastreifens, in dem bereits mindestens 11.000 Menschen, darunter mehr als 4.000 Kinder, getötet wurden. Nur wenige Stunden später griffen israelische Panzer und Bulldozer, offenbar zeitlich abgestimmt auf die Kundgebung, das Al-Shifa-Krankenhaus an – ein weiteres offenkundiges Kriegsverbrechen.

Vor diesem Hintergrund erschallte auf der Kundgebung bevorzugt der Ruf: „Kein Waffenstillstand!“, im Klartext: „Mehr Völkermord!“

Die Kundgebung war ein verzweifelter Versuch der herrschenden Klasse, in der Bevölkerung Unterstützung für ihre Aktionen zu erzeugen. Denn diese Unterstützung gibt es nicht. Die Veranstaltung wurde vom gesamten politischen Establishment unterstützt. Führende Politiker der Demokraten und Republikaner im US-Senat und im Repräsentantenhaus traten als Hauptredner auf. Die Regierung Biden entsandte ihre „Sonderbeauftragte für die Beobachtung und Bekämpfung des Antisemitismus“, Deborah Lipstadt.

Beträchtliche Mittel wurden aufgewendet, um die Teilnehmer aus dem ganzen Land einzufliegen und ihre Anreise zu finanzieren. Trotzdem nahmen auf dem Höhepunkt der Kundgebung kaum 10.000 Menschen teil, ein winziger Bruchteil der 300.000, die vor zehn Tagen zu der Massendemonstration gegen den Krieg nach Washington gekommen waren.

In den Medien wurde die Kundgebung, wie nicht anders zu erwarten, als ein Zeichen massiver Unterstützung für Israel gewertet. Die New York Times, die Washington Post und andere Zeitungen brachten Artikel an prominenter Stelle, und die Nachrichtensender berichteten live – dieselben Medien, die sich über weitaus größere Demonstrationen gegen den Völkermord ausgeschwiegen haben. Nun wurden die Teilnehmerzahlen um mehr als Zehnfache übertrieben und vorwiegend Bildausschnitte mit Nahaufnahmen veröffentlicht.

Während die Redner die Kundgebung als die Stimme des jüdischen Volkes darstellten, haben sich weitaus mehr Menschen jüdischer Herkunft an Demonstrationen gegen Israels Verbrechen teilgenommen, als am Dienstag nach Washington gereist waren. Erst am Vortag hatten Hunderte Demonstranten unter der Führung von „Jewish Voice for Peace“ das Federal Building im kalifornischen Oakland besetzt. Viele von ihnen waren verhaftet worden.

Demokraten und Republikaner reichten sich im wahrsten Sinne des Wortes die Hände, um ihre absolute und bedingungslose Unterstützung für das Netanjahu-Regime in Israel zu verkünden.

Der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, Charles Schumer, gab die Parolen aus: „Wir stehen an der Seite Israels!“ Er versprach, dass der Kongress nicht ruhen werde, bis die israelische Regierung die militärische Unterstützung habe, „die sie braucht“. Die Vereinigten Staaten, rief er, hätten immer an der Seite Israels gestanden und würden alles dafür tun, dass sich das niemals ändert. Anschließend stimmte er die Menge auf Sprechchöre ein: „USA! USA!“

Der neu gewählte republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Michael Johnson, ein christlicher Faschist, wiederholte die Rechtfertigungen Netanjahus und anderer israelischer Minister für den Völkermord. „Dies ist ein Kampf zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Zivilisation und Barbarei. Die Forderungen nach einem Waffenstillstand sind ungeheuerlich!“

Abschließend drohte Johnson denjenigen in den Vereinigten Staaten, die sich Israels Vorgehensweise widersetzen. „Ich hoffe“, sagte er, „dass diese Versammlung heute der ganzen Welt, aber auch denen innerhalb unserer eigenen Grenzen, erneut vor Augen führt, dass die Vereinigten Staaten mit Stolz an der Seite Israels stehen.“ (Hervorhebung hinzugefügt)

Der Führer der demokratischen Minderheitsfraktion im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, erklärte: „Ich unterstütze Bidens überparteilichen Finanzierungsantrag für die Ukraine und Israel“. Er verwies auf die „besonderen Beziehungen“ zwischen den USA und Israel, die „auf gemeinsamen Werten und gemeinsamen strategischen Interessen beruhen“.

Joni Ernst, die in der Rangfolge der republikanischen Senatoren Platz 4 einnimmt, krönte die Reden der führenden Kongresspolitiker mit einer kriegshetzerischen Tirade: „Die Monster der Hamas verdienen nichts anderes als die vollständige und totale Vernichtung!“

Grundlage für die Behauptungen der vier Kongressabgeordneten und aller übrigen Redner war die Darstellung, die Welt sei von einer Welle des Antisemitismus überrollt worden. Die Redner prangerten die Antikriegsdemonstrationen an und forderten, dass Hochschulleitungen härter gegen protestierende College-Studenten vorgehen und sie stärker zensieren müssten. Sie beschworen den Massenmord der Nazis an den Juden, um ihre eigene Unterstützung für völkermörderische Taten zu rechtfertigen.

Der mit den Demokraten verbandelte CNN-Talkmaster Van Jones, dessen frommer Wunsch nach einem Ende von Gewalt und Diskriminierung mit Buhrufen und „Kein Waffenstillstand!“-Rufen quittiert wurde, bezog sich auf einen Bericht der Anti-Defamation League, wonach antisemitische Vorfälle in den USA seit dem 7. Oktober um 400 Prozent zugenommen hätten.

Die Anti-Defamation League behauptet nach Angaben von Alan McCleod in MintPress News, dass 153 Kundgebungen und Demonstrationen, die seit dem 7. Oktober zur Unterstützung Palästinas abgehalten wurden, in Wirklichkeit „den Terror unterstützt“ und „sich explizit oder stark implizit auf die Seite der Hamas gestellt“ hätten.

Wenn es etwas gibt, das den Antisemitismus anheizt, dann die von allen Rednern in Washington verbreitete Lüge, dass die Netanjahu-Regierung mit ihren kriminellen Handlungen im Interesse aller Juden handeln würde.

Besonders absurd ist der Vorwurf des Antisemitismus angesichts der Tatsache, dass an der Kundgebung am Dienstag in Washington zahlreiche rechtsextreme christliche Fundamentalisten und Antisemiten teilnahmen. Zu den Rednern gehörte auch der weiße Rassist und antisemitische Leiter der Organisation Christians United For Israel (CUFI), der evangelikale Pastor John Hagee.

Neben zahlreichen weiteren antisemitischen Äußerungen behauptet Hagee in seinem Buch Jerusalem Countdown: Eine Warnung an die Welt, dass Hitler ein „Mischlingsjude“ gewesen sei, der von Gott als „Jäger“ gesandt wurde, um die europäischen Juden in „die einzige Heimat, die Gott jemals für die Juden vorgesehen hat – Israel“ zu vertreiben.

Hagee stellte die ethnischen Säuberungen, die Israel in Gaza betreibt, praktisch als göttliche Mission dar: „Israel ist nicht nur ein Staat, Israel ist der Augapfel Gottes.“ Schranken für israelische Kriegsverbrechen sah er nicht, sondern erklärte: „Ihr, die Führer Israels, solltet entscheiden, wie dieser Krieg geführt wird, ihr und niemand sonst!“

Es ist kein Geheimnis, dass christliche Faschisten wie Hagee (und der Sprecher des Repräsentantenhauses Johnson) die Auffassung vertreten, dass alle Juden nach Israel zurückkehren müssten, um die biblische Prophezeiung zu erfüllen, dass vor dem Ende aller Zeiten alle, auch die Juden, entweder zum Christentum konvertieren oder ausgerottet werden müssten.

Es gibt jedoch einen handfesteren Grund dafür, dass sich das gesamte politische Establishment und der Staat am Dienstag zur Kundgebung in Washington zusammenfanden: das gemeinsame Bekenntnis zu den strategischen Interessen der Finanzoligarchie, denen der Völkermord in Gaza als Teil des umfassenderen Kriegs des amerikanischen Imperialismus dient. Der erbärmliche und schmutzige Charakter der Veranstaltung zeigte, wie isoliert diese Kräfte sind.

Gleichzeitig wurde deutlich, dass die amerikanische herrschende Klasse entschlossen ist, ihre sozialen Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen, sowohl im Ausland als auch im eigenen Land. Der Kampf gegen Völkermord und Krieg muss daher als Kampf der Arbeiterklasse gegen das verrottete und bluttriefende politische Establishment und die von allen kapitalistischen Parteien vertretene Gesellschaftsordnung geführt werden.

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