Perspektive

Trump droht mit Diktatur, doch „Genocide Joe“ ist keine Alternative

Rede des ehemaligen Präsidenten Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Claremont (New Hampshire), 11. November 2023 [AP Photo/Reba Saldanha]

Ex-Präsident Donald Trump hat am Dienstag öffentlich erklärt, er werde wie ein „Diktator“ handeln, wenn er bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr wieder ins Weiße Haus einziehen sollte.

Trump sprach vor einem handverlesenen Publikum seiner Anhänger in einem auf Fox News ausgestrahlten Town-Hall-Meeting. Von seinem Gastgeber Sean Hannity wurde er aufgefordert, die in dieser Woche in den Medien verbreiteten Behauptungen zu widerlegen, er würde mit diktatorischen Methoden regieren, sollte er an die Macht zurückkehren.

„Sie versprechen Amerika heute Abend, dass Sie niemals Macht als Vergeltung gegen jemanden missbrauchen werden?“, fragte Hannity. Trump sagte, er werde nicht wie ein Diktator handeln, „außer am ersten Tag“, an dem er die Grenze zwischen den USA und Mexiko schließen und alle Beschränkungen für die fossile Brennstoffindustrie aufheben würde.

Diese Bemerkung enthält eine ernsthafte Bedrohung. Trump ist sich bewusst, dass er, falls er wiedergewählt wird, nur deshalb an die Macht kommen wird, weil er innerhalb des kapitalistischen Staats, insbesondere beim Militär und bei Behörden wie der Border Patrol, erhebliche Unterstützung findet, um eine Diktatur aufzubauen, die die unweigerlich aufflammende Massenopposition gegen seine Regierung rücksichtslos unterdrücken wird.

Bidens Kampagnenteam griff Trumps Äußerungen über die Diktatur auf und verschickte innerhalb weniger Minuten nach der Fox-News-Sendung Spenden-E-Mails und -SMS, von denen eine die Überschrift trug: „Donald Trump: Diktator am ersten Tag“. Eine Schlagzeile in The Hill lautete: „Trumps ,Diktator'-Bemerkung bringt die Kampagne 2024 genau dorthin, wo Biden sie haben will.“

Biden selbst sagte bei einem Fundraising-Dinner in Boston, dass er „gegen einen Wahlverweigerer im Amt“ antrete, der „entschlossen ist, die amerikanische Demokratie zu zerstören.“ Zusammen mit den Kommentaren seiner Unterstützer in den bürgerlichen Medien zielen Bidens Äußerungen darauf ab, die öffentliche Opposition gegen Trump wieder in die Kanäle der Demokratischen Partei zu lenken.

Solche Appelle haben nichts mit der Verteidigung der demokratischen Rechte zu tun. Dies zeigt sich in der Hexenjagd gegen Studentenproteste gegen den Völkermord im Gazastreifen, die von den Demokraten im Kongress und dem Weißen Haus als „antisemitisch“ diffamiert werden. Das in der Verfassung verankerte Recht auf friedlichen Protest soll abgeschafft werden, wenn sich diese Proteste gegen israelische Kriegsverbrechen richten, die von der US-Regierung unterstützt und ermöglicht werden.

Wie ist es möglich, dass ein Ex-Präsident, der am 6. Januar 2021 unter Verletzung der Verfassung versucht hat, sich mit Gewalt an der Macht zu halten – nachdem er die Wahl 2020 mit sieben Millionen Stimmen Unterschied verloren hat –, jetzt in den Umfragen gegen Biden führt?

Das liegt daran, dass die Demokratische Partei das Wiedererstarken der Republikanischen Partei und insbesondere von Trump unterstützt hat, indem sie die sozialen Probleme der arbeitenden Bevölkerung ignoriert hat, die bei Bidens Amtsantritt vorherrschten. Stattdessen haben sich diese Probleme unter dem Einfluss der Inflation, des anhaltenden Massensterbens durch Corona (die überwiegende Mehrheit der Opfer der Pandemie ist unter Biden gestorben, nicht unter Trump) und der Zerstörung von Arbeitsplätzen, Löhnen und Arbeitsbedingungen durch die Unternehmen noch verschlimmert.

Biden ließ seine Wahlkampfversprechen fallen, die wirtschaftliche Unterstützung für die Opfer der Pandemie aufrechtzuerhalten, die Anhebung des Lebensstandards für die Arbeiter sicherzustellen, die Polizeigewalt gegen Arbeiter einzudämmen und die zunehmend untragbare Schuldenlast für Studenten und Hochschulabsolventen zu verringern.Anstatt sich mit diesen sozialen Bedürfnissen zu befassen, hat sich die Regierung Biden einseitig auf Krieg und Militarismus konzentriert, indem sie den Krieg in der Ukraine gegen Russland erst provoziert und dann dort interveniert hat und nun den israelischen Völkermord in Gaza gutheißt und ermöglicht. In der Zwischenzeit wird in der asiatisch-pazifischen Region ständig das Militär aufgerüstet, um einen noch schrecklicheren Krieg vorzubereiten, diesmal gegen China, das wie Russland eine Atommacht ist.

Seine schamlose Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen der arbeitenden Bevölkerung hat dazu geführt, dass die politische Unterstützung für Biden zusammengebrochen ist, selbst in der passiven Form, die durch Meinungsumfragen registriert wird. Bidens Zustimmungsrate liegt jetzt unter 40 Prozent, und er liegt in allen wichtigen umkämpften Bundesstaaten, die die Demokraten 2020 knapp gewonnen haben, mit deutlichem Abstand hinter Trump.

Der jüngste Niedergang von Bidens politischem Ansehen ist das direkte Ergebnis seiner Unterstützung des Völkermords in Gaza, die junge Menschen und Studenten verprellt hat – eine der gesellschaftlichen Schichten, die Trump am stärksten ablehnen. Die Regierung Biden hat sich geweigert, auch nur das geringste Zugeständnis an die Massenproteste zu machen, die Hunderttausende gegen die Kriegsverbrechen des Staates Israel unter Einsatz von Bomben, Raketen und Kampfflugzeugen, geliefert von den USA, mobilisiert haben.

Biden ist nicht in der Lage, einen echten Appell an die Arbeiterklasse und die Jugend zu richten. Stattdessen wendet er sich an privilegierte Teile der oberen Mittelschicht, einschließlich der Gewerkschaftsbürokratie. Er hat sich mit ihnen zusammengetan, um den Arbeitern Ausverkaufsverträge aufzuzwingen und Streiks zu verbieten, wie die der Eisenbahner vor einem Jahr, als ein offener Konflikt mit den Unternehmen der Kontrolle der Gewerkschaften zu entgleiten drohte.

Die Republikaner profitieren von der Entfremdung der Massen von der Regierung Biden. Doch ihr Programm mit chauvinistischen Angriffen auf Migranten, Kürzungen von Sozialleistungen und der Förderung von religiösem Fanatismus auf Kosten demokratischer Rechte ist zutiefst reaktionär und arbeiterfeindlich.

Trump ist der überwältigende Favorit für die Nominierung zum Präsidenten innerhalb der Republikanischen Partei. Das hat eine objektive Bedeutung an sich, denn es bestätigt die Umwandlung der Republikaner in ein regelrechtes Instrument autoritärer Herrschaft, eine faschistische Partei, mit Ausnahme ihres Namens. Dies ist ein Ausdruck der extremen Schwäche und der Krise des kapitalistischen Systems in Amerika.

Bis heute weigern sich die Demokraten jedoch, diesen Wandel innerhalb der Republikaner anzuerkennen. Biden und die führenden Vertreter der Demokraten im Kongress setzen ihre jahrelangen Bemühungen fort, sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik überparteiliche Vereinbarungen zu treffen. Ihr Hauptkonflikt mit den Republikanern besteht darin, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus die Verabschiedung weiterer sechzig Milliarden Dollar an US-Waffen für die rechte Regierung in der Ukraine blockieren, deren Sommeroffensive gegen Russland zu einem Debakel geworden ist.

Trump mag die Gefahr autoritärer Herrschaft verkörpern, aber es gibt einen tieferen Prozess, der die kapitalistische Politik als Ganzes in Richtung Faschismus treibt. Die Demokraten üben ein wenig Kritik an Trump, aber sie sind verbündet mit neonazistischen Kräften in der Ukraine und verbrecherischen Zionisten im Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser in Gaza.

Dieser Trend hat zudem internationalen Charakter. In einem Land nach dem anderen wendet sich die Kapitalistenklasse diktatorischen Herrschaftsformen zu und bringt faschistische Parteien an die Macht – Italien, die Niederlande, Finnland, Schweden und Argentinien sind die jüngsten Beispiele, aber auch in Deutschland, Frankreich, Spanien und ganz Osteuropa wächst die Gefahr.

Die Bourgeoisie hat Angst vor dem Aufbegehren der internationalen Arbeiterklasse in Form von Streiks, die ganze Branchen und Länder erfasst haben, und in politischen Massenprotesten gegen Sparmaßnahmen und Angriffe auf demokratische Rechte.

Diese Eskalation des Klassenkampfs ist eine Reaktion auf die zunehmenden Angriffe auf Lebensstandard, Arbeitsplätze und Sozialleistungen. Doch die herrschende Klasse hat auf diese Bewegung keine andere Antwort als Repression und Krieg.

In den Vereinigten Staaten werden die Wahlen im Jahr 2024 in einer Atmosphäre wachsender sozialer und politischer Spannungen stattfinden. Biden ist im Vergleich zu Trump nicht das geringere Übel. Der Versuch, zu berechnen, welches das größere Übel ist, ist politisch sinnlos. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner vertreten die herrschende kapitalistische Elite und verteidigen die globale Vorherrschaft des amerikanischen Imperialismus. Ihre Differenzen sind rein taktischer Natur: welche Methoden sollen im eigenen Land zur Unterdrückung der Arbeiterklasse angewandt werden und welche Länder in Übersee sollen zuerst mit militärischer Gewalt angegriffen werden?

Die Bewegung der Arbeiterklasse, die für die Verteidigung von Arbeitsplätzen, des Lebensstandards und der demokratischen und sozialen Rechte kämpft, steht in diametralem Gegensatz zur Politik der beiden kapitalistischen Parteien. Es ist notwendig, einen Kampf zu führen, um diese Bewegung mit einem politischen Verständnis und einem Programm auszustatten, die dieser objektiven Realität des erbitterten Klassenkampfs entsprechen. Das bedeutet, eine sozialistische und revolutionäre Perspektive in die Arbeiterbewegung zu tragen und in diesem Kampf die Socialist Equality Party aufzubauen.

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