Waffen für Europa, Israel und die Ukraine: deutsche Rüstungsexporte erreichen neuen Rekordwert

Deutschland befeuert den Krieg in der Ukraine und Israels Genozid im Gaza-Streifen durch Rüstungsexporte, die immer größere Ausmaße annehmen. Im vergangenen Jahr genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 12,2 Milliarden Euro – 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Waffenlieferungen sind Ausdruck der Großmachtagenda des deutschen Imperialismus und Teil einer massiven europaweiten Aufrüstungskampagne.

Deutsche Leopard 2-Kampfpanzer auf dem Weg in die Ukraine [Photo: Bundeswehr]

Aus einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums geht hervor, dass zusätzlich zu den Waffenlieferungen an das ukrainische Militär im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 12. Dezember 2023 Norwegen mit Rüstungsgütern im Wert von 1,20 Milliarden Euro beliefert wurde, gefolgt von Ungarn (1,03 Milliarden Euro), Großbritannien (654,9 Millionen Euro), den USA (545,4 Millionen Euro) und Polen (327,9 Millionen Euro). Exporte in Höhe von jeweils mehreren hundert Millionen Euro gingen auch nach Israel und Südkorea.

Der Rekordwert übertrifft das von der Ampel-Regierung im Jahr 2022 genehmigte Exportvolumen von 8,36 Milliarden Euro, das selbst der bis dahin zweithöchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik war.

Ukraine

Die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine verdoppelten sich 2023 nahezu und machten im zweiten Kriegsjahr mit 4,44 Milliarden Euro den Großteil der Exporte aus. Am 16. Dezember erweiterte das Verteidigungsministerium seine Liste von Waffenlieferungen zuletzt u.a. um 7.390 155-mm-Granaten (Panzerhaubitze), 6 Minenräumsysteme, ein Patriot-Flugabwehrraketensystem mit Raketen, 14 Drohnenabwehrsysteme und 47.040 Schuss 40-mm-Munition.

Hinzu kommen Munitionslieferungen auf europäischer Ebene. Die EU-Regierungen haben sich verpflichtet, bis Ende März 2024 eine Million Schuss Munition an die Ukraine zu liefern, vorwiegend schwere Artilleriemunition. Laut dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell haben die EU-Staaten bereits „mehr als 300.000“ Geschosse aus ihren Beständen an die Ukraine abgegeben. EU-Industriekommissar Thierry Breton erklärte im November, dass die jährliche Munitionsproduktionskapazität des Bündnisses „im Frühjahr eine Million und am Ende des Jahres 1,3 oder 1,4 Millionen überschritten haben“ werde und forderte die Waffenindustrie auf, Abnehmern aus „Europa und der Ukraine Vorrang einzuräumen“.

Am 17. Dezember kam Rheinmetall dieser Aufforderung nach und schloss mit der Ukraine einen Rahmenvertrag über die Lieferung von Artilleriegranaten, Sprengsätzen und Treibladungen im Wert von 1,2 Milliarden Euro ab. Das größte deutsche Rüstungsunternehmen bezeichnet sich selbst auf seiner Website als „essentieller, strategischer Partner der Ukraine bei der Belieferung mit 155mm-Artilleriemunition“ und als „einzige Lieferquelle für die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte mit größeren Stückzahlen neuer Mittel- und Großkalibermunition“ für Marder- und Leopard-Panzer.

„Mehrere zehntausend Schuss wurden bereits geliefert, weitere zehntausende Schuss folgen in 2024“, heißt es auf den Seiten des Unternehmens weiter. Auch für 2025 habe die Bundesregierung Rheinmetall bereits beauftragt, „mehrere zehntausend Schuss zu liefern“.

Dem Rahmenvertrag vorausgegangen war die Gründung der Rheinmetall Ukrainian Defense Industry LLC – eines Joint Ventures mit dem staatlichen ukrainischen Rüstungskonzern Ukroboronprom – im Oktober 2023, das in diesem Jahr mit der Produktion von deutschen Kampfpanzern auf ukrainischem Boden beginnen soll. Unabhängig davon liefere Rheinmetall dem ukrainischen Militär noch in diesem Jahr 25 Kampfpanzer des Typs Leopard 1A5, fünf Berge- und zwei Fahrschulpanzer, sowie 14 Kampfpanzer des Typs Leopard 2A4 im Auftrag der niederländischen und dänischen Regierung.

Im Interview mit der Wirtschaftswoche bestätigte der Vorstandsvorsitzende Armin Papperger, dass Rheinmetall schon jetzt „der größte rüstungsindustrielle Partner der Ukraine“ sei. Nach Aufträgen im Wert von rund 900 Millionen Euro im Jahr 2022 sei das Volumen 2023 auf zweieinhalb Milliarden Euro angestiegen. Für das neue Jahr sei noch „sicherlich mehr“ zu erwarten, so Papperger. In Ungarn, das im vergangenen Jahr deutsche Rüstungsgüter im Wert von 1,02 Milliarden Euro erhielt, finde mit Blick auf den Ukrainekrieg bereits eine Serienproduktion des Lynx-Panzers statt.

Norwegen

Mit Norwegen unterhält das deutsche Militär laut eigenen Angaben eine „strategische Partnerschaft“ und produziert seit September 2023 U-Boote mit verbesserter Tarnfähigkeit, um „gegnerische Über- und Unterwasserfahrzeuge wirksam zu bekämpfen“. Obwohl kein EU-Mitglied, ist Norwegen inzwischen einer der größten Truppensteller für die EU-Mission EUMAM Ukraine, in deren Rahmen bis Ende 2024 rund 30.000 ukrainische Soldaten ausgebildet werden sollen.

Die Bundeswehr betont zudem eine „sehr intensive Zusammenarbeit der deutschen und norwegischen Streitkräfte“ im Rahmen der europäischen Battlegroup in Litauen und der von Deutschland geführten „Brigade Litauen“, die in diesem Jahr aufgestellt werden soll. Bei einem Besuch in Norwegen hob Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) neben dem gemeinsamen U-Boot-Bau außerdem Truppenübungen wie Noble Jump und die Beschaffung von Kampfpanzern Leopard 2 hervor.

Anfang 2023 bereiste Wirtschaftsminister Robert Habeck Norwegen, um die „strategische Partnerschaft“ auch auf die Bereiche „Klima, erneuerbare Energien und grüne Industrie“ auszuweiten. Man werde künftig insbesondere die „Zusammenarbeit im Bereich der Rohstoffe und der damit verbundenen strategischen Wertschöpfungsketten intensivieren“, so das Wirtschaftsministerium in einer Mitteilung. Dies umfasse auch den Bereich der Mikroelektronik, sowie Maßnahmen, um „die Sicherheit der Gaspipelines zwischen Norwegen und Deutschland weiter zu verbessern“.

Israel

Seit Beginn des israelischen Genozids im Gaza-Streifen hat Deutschland seine Militärexporte nach Israel verzehnfacht. Im Jahr 2023 machten sie einen Wert von 323,2 Millionen Euro aus, der insbesondere aus Komponenten für taktisch relevante Bereiche wie „Luftabwehr“ und Kommunikation resultiert. 185 der 218 Einzelgenehmigungen im vergangenen Jahr wurden nach dem 7. Oktober erteilt.

Der deutsche Militarismus unterstützt damit nicht nur unmittelbar den Genozid der Netanjahu-Regierung im Gaza-Streifen, er profitiert auch direkt von ihm. Mit Beginn des Krieges verzeichnete die Rheinmetall-Aktie innerhalb von nur fünf Tagen einen Kursgewinn von rund 15 Prozent – der steilste Anstieg des gesamten Jahres. Mit israelischen Partnern entwickelt Rheinmetall derzeit eine 155-Millimeter-Radhaubitze, sowie Kampfdrohnen, die vorzeitig in Stellung gebracht werden und „lange auf einen Angriff warten können“.

Die Demonstration des vollautomatischen Artilleriesystems von Rheinmetall und dem israelischen Partnerunternehmen Elbit Systems fand im März auf dem Schießplatz Shivta im Süden Israels vor „hochrangigen Gästen der britischen, deutschen, niederländischen und ungarischen Streitkräfte“ statt. Deutsche und israelische Manager erklärten, man sei „stolz, das weiterentwickelte 155-Millimeter-Artilleriesystem weltweit zu präsentieren“. Elbit Systems zählt zu den drei größten Rüstungsunternehmen Israels und spielt mit Waffensystemen wie „Iron Sting“ beim Völkermord an den Palästinensern eine zentrale Rolle.

Neben dem Export und der gemeinsamen Entwicklung von Waffen importiert Deutschland darüber hinaus auch zentrale Waffensysteme aus Israel, die sich in dessen Kriegseinsätzen bewährt haben. So unterzeichneten das Beschaffungsamt der Bundeswehr und das israelische Verteidigungsministerium am 23. November den milliardenschweren Beschaffungsvertrag für Arrow 3, das gegnerische Langstreckenatomraketen bekämpfen soll.

Bereits am 18. Oktober hatte ein Staatssekretär des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage bekannt gegeben, dass das Ministerium plane, zusätzlich fünf Elbit-Mehrfachraketenwerfersysteme vom Typ PULS (Precise and Universal Launching System) zu beschaffen. Noch im 1. Quartal 2024 solle dem Bundestag eine entsprechende 25-Millionen-Euro-Vorlage vorgelegt werden, damit „bereits im Jahr 2024 ein Zulauf erster Systeme erfolgen“ könne.

Die Zustimmung des Bundestags sei zwar langsamer, „aber zweckmäßiger“, so das Militärmagazin Soldat & Technik, da „die Bundeswehr sich auf diese Weise die politische Unterstützung für die Einführung des Systems sichert“ und deutsche Verbände somit künftig „querschnittlich“ mit PULS-Systemen ausgestattet werden könnten.

Südkorea

Neben Israel und der Ukraine ist Südkorea mit einem Importvolumen von 256,4 Millionen Euro das einzige Land unter den zehn größten Abnehmern deutscher Waffen, das nicht der Nato angehört. Im Zeitraum von 2011 bis 2022 war Südkorea laut Berechnungen des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI sogar der mit Abstand größte Abnehmer deutscher Waffen. Im Dezember unterzeichneten Berlin und Seoul Abkommen zur Verbesserung ihrer geheimdienstlichen und rüstungsindustriellen Zusammenarbeit.

Ziel der von Scholz unterzeichneten Initiativen sei es, so ein Deutsche-Welle-Bericht, „die jeweiligen Verteidigungskapazitäten inmitten des Konflikts in der Ukraine und der Spannungen im indopazifischen Raum zu stärken“. In einem aktuellen Strategiepapier der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik heißt es:

Lange waren die bilateralen Beziehungen von einem Austausch über tradi­tio­nelle Kooperationsthemen geprägt, etwa den Teilungs- und Wiedervereinigungserfahrungen sowie vor allem den wirtschaftlichen Verbindungen. Jüngst weiten sie sich auch auf den sicherheitspolitischen und strategischen Bereich aus.

Die massiven deutschen Waffenexporte in nahezu alle zentralen Kriegs- und Konfliktregionen dieser Welt unterstreichen, mit welcher Aggressivität der deutsche Imperialismus wieder auftritt, um seine wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen global durchzusetzen. Die Ampel hat sich darauf verpflichtet, ihren Kriegskurs auch im neuen Jahr weiter zu eskalieren. So soll allein die Militärhilfe für die Ukraine 2024 noch einmal mehr als verdoppelt werden. Hinzu kommt der mit insgesamt über 85 Milliarden Euro höchste Militärhaushalt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

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