Bundeshaushalt 2024: Rüstung über alles

Gestern beriet der Bundesrat den Haushaltsplan für 2024, der den größten deutschen Militärhaushalt seit dem Zweiten Weltkrieg und enorme Kürzungen in jedem sozialen Bereich beinhaltet. Er ist ein Totalangriff auf die Arbeiterklasse – auf Lehrer, Pflegekräfte und andere Beschäftigte des öffentlichen Diensts, auf Kinder, Kranke, Pflegebedürftige und Flüchtlinge. Es ist der krasseste Kürzungshaushalt in der bundesdeutschen Geschichte.

Doch von Regierung und Opposition wird das wahre Ausmaß der Kürzungen nicht einmal benannt. Denn die nominalen Kürzungen von 6,4 Prozent oder 30,5 Milliarden Euro, die selbst schon horrend sind, berücksichtigen nicht die Kerninflation von 6,1 Prozent. Rechnet man diese ein, kommt man auf eine Kürzung des Gesamthaushalts von 11,8%.

Bundeshaushalt 2024: Die reale Kürzung [Photo: Max Linhof/WSWS]

Diese Kürzungen dienen nicht einfach der Haushaltskonsolidierung. Mit ihnen sollen die hunderte Milliarden eingetrieben werden, die den Banken und Konzernen in den letzten Jahren in den Rachen geworfen wurden. Vor allem aber werden die Rüstungsausgaben massiv erhöht und jeder Bereich des gesellschaftlichen Lebens der Kriegspolitik untergeordnet.

Während in fast allen Ressorts rigoros gekürzt wird, steigen die Militärausgaben rasant. Mit den geplanten 51,8 Mrd. Euro nimmt der Verteidigungshaushalt knapp 20 Prozent des gesamten Bundeshaushalt für 2024 ein.

Aber das ist längst nicht alles. Zu den ausgewiesenen 51,8 Milliarden Euro kommen noch 19,2 Milliarden aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr sowie weitere Milliarden, die in anderen Etats versteckt sind, etwa den Ausgaben für UN-Einsätze, dem deutschen Anteil an diversen EU-Rüstungstöpfen oder Ausgaben wie den zugesagten Waffenlieferungen an die Ukraine, die vom 24. Januar 2022 bis zum 31. Juli 2023 allein 17,1 Milliarden Euro betrugen.

Militärhaushalt 2017-2024 [Photo: Max Linhof/WSWS]

Dabei steigen die Militärausgaben nicht erst seit dem Ukrainekrieg. So wie das Sondermögen lange vor dem russischen Überfall diskutiert worden war, wird auch der Rüstungshaushalt seit Jahren in die Höhe getrieben. Um deutsche Wirtschaftsinteressen auf der ganzen Welt mit Panzern und Bombern durchsetzen zu können, werden alle sozialen Bereiche regelrecht geplündert.

Der Gesundheitshaushalt wird nahezu vollkommen zusammengestrichen. Von 64,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 24,5 Milliarden im laufenden Jahr und schließlich auf 16,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Diese Kürzung ist das Resultat der „Profite vor Leben“-Politik: die Regierung hat die Gelder zur Überwachung und Bekämpfung von Covid 19 fast vollständig gestrichen, obwohl sich die Pandemie momentan wieder rasch in immer neuen Varianten ausbreitet. Außerdem werden kaum Ressourcen für die Erforschung und Heilung von Long Covid zur Verfügung gestellt, obwohl Hunderttausende darunter leiden.

Der massiv geschrumpfte Gesundheitshaushalt gefährdet nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung, sondern ist auch ein Schlag ins Gesicht der Pflegekräfte, die die Last der Coronapandemie getragen und monatelang für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne gestreikt haben und dann mit Reallohnkürzungen belohnt wurden. Jetzt wird die Gesundheit weiter zusammengestrichen.

Militär vs. Gesundheit (2020-2024) [Photo: Max Linhof/WSWS]

Der Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung (bisher eine Milliarde Euro) wird gestrichen und muss in Zukunft durch höhere Beiträge der Arbeitnehmer finanziert werden. Dies belastet vor allem Geringverdiener, die bereits einen erheblichen Teil ihres Einkommens für Sozialleistungen aufbringen müssen und von der Inflation am stärksten betroffen sind.

Die Kindergrundsicherung, die bedürftigen Kindern bei der Teilhabe an Bildung und Gesellschaft zumindest etwas helfen sollte, wird brutal zusammengestrichen. Ursprünglich für 2025 mit zwölf Milliarden Euro geplant, sind jetzt nur noch 2,4 Milliarden Euro vorgesehen. Das trifft die Schwächsten der Gesellschaft, die auf Unterstützung angewiesen sind, insbesondere in einem Land, in dem ein Viertel der Kinder und Jugendlichen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind.

Auch die Gelder für Arbeitsuchende und Langzeitarbeitslose werden reduziert, ebenso wie der Haushalt für Wohnen und Stadtentwicklung, trotz einer dramatischen Wohnungsnot. Der Bildungshaushalt wird ebenfalls gekürzt, was die Bildungschancen von Arbeiterkindern weiter einschränkt und die maroden Bildungssysteme in den Kollaps treiben wird.

Um die Staatsschulden zu begleichen, greift die Regierung auch auf eine Rücklage zurück, die sie seit 2015 für die Asylpolitik angelegt hatte. Während sämtliche Parteien eine üble fremdenfeindliche Hetze betreiben und über Obergrenzen für Flüchtlinge schwadronieren, wird den Kommunen systematisch das Geld entzogen, um Probleme bei der Unterbringung und Versorgung zu provozieren. Damit wird dann wieder die menschenfeindliche Politik der europäischen Abschottung begründet.

Auch im Verkehrshaushalt, und hier insbesondere bei den Investitionen in das Schienennetz und den Güterverkehr der Bahn, sind drastische Kürzungen geplant. Statt der dringend benötigten 45 Milliarden Euro wird die Bahn weniger als die Hälfte erhalten, was die Sanierung des Schienennetzes nachhaltig gefährdet. Eine Maßnahme, die mehr als deutlich macht, dass auch das Gerede von Umwelt- und Klimaschutz nichts als Makulatur ist. Geld fließt nur an die Reichen und in die Aufrüstung.

Im Vergleich: Die Ministerien Bildung (20,3), Gesundheit (16,8), Entwicklung (11,5), Wirtschaft & Klima (10,9), Wohnen (6,9), Auswärtiges (6,1) und Umwelt (2,4) erhalten zusammen mit 74,9 Mrd. Euro weniger als der Militärhaushalt. Die Kürzungen sind überall erheblich.

Kriegshaushalt 2024 [Photo: Max Linhof/WSWS]

Große Teile der Einsparungen resultieren daraus, dass die Gehälter der öffentlich Beschäftigten und die Renten nicht an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. So wurde den Beschäftigten des Bundes im Tarifabschluss vom April für dieses Jahr eine Nullrunde verordnet. Die Erhöhung, die dann 2024 kommt, gleicht mit jährlich fünf bis zehn Prozent nicht einmal ansatzweise die reale Verteuerung aus. Auf diese Weise werden die Rüstung und die Milliardengeschenke an die Reichen direkt über Kürzungen bei den Arbeitern finanziert.

Denn der Verbraucherpreisindex (VPI) ist seit Januar 2020 bis zum August 2023 um 17,5 Prozent gestiegen. Der Index misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke kaufen. Die beiden relevantesten Posten für Arbeiterhaushalte liegen weit über dem Durchschnitt. Nahrungsmittel sind im Schnitt 30,7% teurer und die Energiekosten sind sogar um 53,5% gestiegen. Auch Kraftstoffe wie Diesel und Super sind um ca. 50% teurer als 2020.

Auf diese Weise werden Milliarden von Euro von einfachen Arbeitern in den Staatshaushalt umgeleitet, der dann dazu genutzt wird, die Reichen zu bereichern und die horrende Aufrüstung ins Werk zu setzen. Die gleiche Aggressivität, mit der die Bundesregierung den Stellvertreterkrieg gegen Russland befeuert, zeigt sich in den Kürzungen des Haushalts. Deshalb muss der Kampf gegen die Sozialkürzungen und Lohnsenkungen mit dem Kampf gegen Krieg verbunden werden.

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