Weißes Haus bestätigt: Keine „Roten Linien“ für israelische Kriegsverbrechen

Israelischer Soldat auf einem Panzer an der Grenze zum Gazastreifen, im Süden Israels, 10. März 2024 [AP Photo/Ariel Schalit]

Die US-Regierung bekräftigte am Montag, dass es vonseiten der Vereinigten Staaten keine „Roten Linien“ bezüglich der Kriegsverbrechen gibt, die Israel mit amerikanischen Waffen begehen darf. Gleichzeitig wächst der weltweite Widerstand gegen Israels Völkermord und das vorsätzliche Aushungern der Bevölkerung im Gazastreifen.[

„Ich glaube nicht, dass es produktiv ist, ein sehr komplexes Politikfeld mit der Terminologie der ‚Roten Linie‘ zu versehen“, formulierte die Pressesprecherin des Weißen Hauses Olivia Dalton bei einem Briefing an Bord der Air Force One am Montag.

Diese Äußerung bekräftigt die Aussage Bidens vom Sonntag in einem Interview mit MSNBC. Er hatte erklärt: „Die Verteidigung Israels ist immer noch entscheidend. Es gibt also keine Rote Linie, wo ich alle Waffen verweigere, so dass Ihnen auch [das Abwehrsystem] Iron Dome nicht zum Schutz reicht.“

Biden unterstrich die Position der USA, Israel bedingungslos zu unterstützen, auch wenn er gleichzeitig die Pläne des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu kritisierte, in Rafah einzumarschieren. Biden sagte: „Es kann nicht sein, dass 30.000 weitere Palästinenser sterben.“

Daraufhin bekräftigte Netanjahu, mit der Invasion in Rafah fortzufahren, und erklärte: „Wir werden dorthin gehen.“

In einem anderen Interview versicherte Netanjahu: „Ich sage Ihnen, dass wir nicht vom Gas gehen.“ Und weiter: „Ich sage Ihnen, dass wir uns um die Sicherheit Israels und unsere Zukunft kümmern müssen, und das erfordert die Beseitigung der Terroristenarmee. Das ist eine Voraussetzung für den Sieg.“

Anfang des Monats hatte Biden spekuliert, dass ein Waffenstillstandsabkommen bis zum Beginn des Ramadan, zustande kommen könnte.

Doch der Fastenmonat begann am vergangenen Montag mit einer Fortsetzung der israelischen Bombardements und der Hungerstrategie. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Gaza wurden am Wochenende 234 Menschen getötet.

Am ersten Tag des Ramadan starben im nördlichen Gazastreifen zwei Babys an Unterernährung und mangelnder medizinischer Versorgung, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Damit steigt die Zahl der Todesfälle durch Unterernährung und Dehydrierung im Gazastreifen, die durch die israelische Belagerung verursacht werden, auf 27.

In einer Erklärung gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu warnte der palästinensische Kinderarzt Dr. Samer Lubbad, dass die israelische Blockade von Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern „zum Tod vieler Kinder aufgrund von Unterernährung führen wird“.

„Die beiden Säuglinge starben, da die israelische Besatzungsarmee sich weigert, Lebensmittel und medizinische Hilfsgüter in den nördlichen Gazastreifen zu lassen“, sagte er. Lubbad fügte hinzu, dass Unterernährung „eine Folge des Mangels an Nahrungsmitteln für Kinder ist, so fehlt z. B. Basismilch für Frühgeborene und Säuglinge“.

In einer Erklärung der Organisation Defense for Children International (DCI) heißt es: „Es ist zu befürchten, dass die tatsächliche Zahl der Hungertoten weitaus höher liegt. Viele Palästinenser, insbesondere im nördlichen Gazastreifen, leiden Hunger und sind fast vollständig von der begrenzten humanitären Hilfe abgeschnitten, die über den südlichen Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen gelangt.“

Ayed Abu Eqtaish, Leiter der palästinensischen Sektion des DCI wird zitiert mit den Worten: „Der vorsätzlich erzeugte Hunger bei Kindern ist ein Kennzeichen von Völkermord und eine bewusste politische Entscheidung Israels, die von der Regierung Biden unterstützt wird.“

In einer Erklärung des Gesundheitsministeriums von Gaza heißt es, dass 2.000 Fachkräfte im Gesundheitsdienst im nördlichen Gazastreifen Lebensmittel benötigen und zusammen mit der Bevölkerung von einer Hungersnot betroffen sind. Das Gesundheitsministerium erklärt, die Mitarbeitenden im Gesundheitssektor hätten am ersten Tag des Ramadan nichts gehabt, womit sie ihr Fasten hätten brechen konnten. Weiter heißt es in der Erklärung: „Wir rufen die internationalen Organisationen und Hilfsorganisationen auf, die Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen schnell mit Lebensmitteln zu versorgen.“

UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte: „Obwohl der Ramadan begonnen hat, gehen das Töten, die Bombardements und das Blutvergießen im Gazastreifen weiter.“ Er betonte, dass der „drohende israelische Angriff auf Rafah die Menschen im Gazastreifen in einen noch tieferen Kreis der Hölle stürzen könnte“.

Al Jazeera berichtet, dass die Bombardements im gesamten Gazastreifen am Montag stark zugenommen haben. Bei einer Reihe von Angriffen auf Wohnhäuser in Rafah, Khan Younis und Gaza-Stadt wurden 19 Menschen getötet.

Die Zahl der Todesopfer steigt weiter: Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden seit dem 7. Oktober 31.112 Menschen im Gazastreifen durch israelische Angriffe getötet und weitere 72.760 verwundet.

Am Montag warnte der Euro-Med Human Rights Monitor vor der hohen und steigenden Todesrate unter älteren Menschen. Nach Angaben von Euro-Med verzeichnet das Team vor Ort fast täglich Todesfälle unter älteren Menschen, die auf Israels systematische und allgegenwärtige Verbrechen des Aushungerns und des Behandlungsentzugs im Gazastreifen zurückzuführen sind, insbesondere in Gaza-Stadt und den nördlichen Regionen des Küstenstreifens.

Weiter heißt es in der Presseerklärung: „Die meisten dieser Fälle erreichen nicht die Krankenhäuser, die im nördlichen Gazastreifen nur teilweise funktionsfähig sind, da der Zugang angesichts der anhaltenden israelischen Militärangriffe schwierig ist. Daher werden ältere Menschen, die zu Hause gestorben sind, entweder in der Nähe ihres Wohnorts oder in provisorischen Gräbern im ganzen Gazastreifen begraben. Derzeit gibt es mehr als 140 solcher Friedhöfe.“

Letzte Woche veröffentlichte Euro-Med einen Bericht, wonach „palästinensische Gefangene und Häftlinge aus dem Gazastreifen, die von der israelischen Armee festgehalten werden, vorsätzlichen Tötungen und willkürlichen Hinrichtungen ausgesetzt sind, abseits von Gesetz und der Justiz.“

So werde immer wieder von vorsätzlichen Tötungen palästinensischer Gefangener und Häftlinge berichtet. Im Lager Sde Teman und anderen israelischen Haftanstalten und Militäreinrichtungen werde offenbar zu Tode gefoltert.

Inmitten des anhaltenden Völkermords und vorsätzlich erzeugtem Massenhunger im Gazastreifen weitet sich der Krieg geografisch immer weiter aus. Am Montag schlug Israel tief im Libanon zu und traf dabei die Stadt Baalbek, die etwa 100 km von der Grenze entfernt liegt. Am selben Tag führten die USA und das Vereinigte Königreich eine neue Runde von Angriffen auf den Jemen durch, bei denen mindestens 11 Menschen ihr Leben verloren.

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