Perspektive

US-Wahlen 2024: Der Generalangriff der Demokraten auf dritte Parteien und unabhängige Kandidaten

Präsident Joe Biden mit Vizepräsidentin Kamala Harris nach seiner Rede auf dem Wintertreffen des Demokratischen Nationalkomitees am Freitag, 3. Februar 2023, in Philadelphia [AP Photo/Patrick Semansky]

Die Demokratische Partei verfolgt eine umfassende Kampagne, um sicherzustellen, dass Arbeiter und Jugendliche bei den US-Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr keine andere Wahl haben werden als zwischen Joe Biden, der für den Völkermord in Gaza verantwortlich ist, und Donald Trump, der das Ziel verfolgt, sich zum Diktator aufzuschwingen. Zu diesem Zweck geben die Demokraten Millionen von Dollar für Anwälte, Funktionäre und Propaganda aus.

In den letzten zwei Wochen haben die US-Medien in umfangreichen Artikeln den Plan der Demokratischen Partei dargelegt, soweit wie möglich zu verhindern, dass Kandidaten von Drittparteien oder Unabhängige im November auf den Wahlzetteln erscheinen. Dies betrifft auch die Wahlkampagne von Joseph Kishore und Jerry White, die für die Socialist Equality Party, die amerikanische Schwesterpartei der Sozialistischen Gleichheitspartei, kandidieren.

Die Medienberichte bedienen sich dabei der Sprache einer militärischen Offensive. Es ist von einem „umfassenden Krieg“ die Rede, den die Partei vorbereite, von einer „Armee von Anwälten“, die die Partei mobilisiere, und von einem „Plan zur Aufstandsbekämpfung in einem Bundesstaat nach dem anderen“, den die Demokraten in die Tat umsetzen.

Die Wortwahl ist bezeichnend. Die Demokratische Partei und die herrschende Klasse als Ganze führen tatsächlich einen „Krieg“ gegen die demokratischen und sozialen Rechte der Arbeiterklasse. In einem Land mit 330 Millionen Einwohnern verlangt die Finanzoligarchie, dass die Wahlkandidatur auf Parteien beschränkt bleibt, die ihren wirtschaftlichen Interessen dienen.

Die extreme Verachtung für demokratische Grundprinzipien sticht ins Auge. Die New York Times schreibt etwa, dass es in der Demokratischen Partei eine „Besorgnis darüber [gibt], dass ein Mehr an Wahlmöglichkeiten für Biden eher schädlich wäre“. Solche Argumente sind in einer Diktatur zuhause. Die Times zitiert Robert Lenhard, einen externen Anwalt der Demokraten. Ihm zufolge ist der Versuch, den Zugang zu den Wahlzetteln zu begrenzen, dazu gedacht, „dass sichergestellt ist, dass die Personen, die auf den Wahlzetteln stehen, hinsichtlich ihrer Unterstützung eine legitime Basis haben“. Gemeint ist die Unterstützung durch die Finanzoligarchie.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research aus dem Jahr 2022 ist die Verachtung für die Demokraten und Republikaner so ausgeprägt wie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr. Unter diesen Bedingungen muss verhindert werden, dass die Wähler „ein Mehr an Wahlmöglichkeiten“ haben, also Kandidaten ihre Stimme geben können, die sie auch wirklich unterstützen.

Es ist nicht jedermann bekannt, auch vielen Arbeitern in den Vereinigten Staaten nicht, wie zutiefst undemokratisch das amerikanische Wahlsystem wirklich ist.

Die erforderliche Zahl von Unterschriften, die dritte Parteien in einigen Staaten sammeln müssen, ist gewaltig: 219.403 in Kalifornien, 145.040 in Florida, 113.151 in Texas, 82.452 in North Carolina, 45.000 in New York, 43.000 in Arizona, 36.944 in Indiana, 25.000 in Illinois, 23.737 in Oregon und mindestens 10.000 in Massachusetts, Missouri, Maryland, Michigan, Nevada, South Carolina und Colorado. Insgesamt müssten unabhängige Kandidaten und dritte Parteien über 900.000 Unterschriften sammeln, um in jedem Bundesstaat und Washington D.C. auf den Wahlzettel zu kommen.

Um sich außerdem dagegen abzusichern, dass Demokraten und Republikaner die Legitimität der gesammelten Unterschriften mit Erfolg anfechten können, müssten dritte Parteien mindestens 50 Prozent mehr Unterschriften sammeln, als offiziell gefordert werden – landesweit also rund 1,5 Millionen. Im Gegensatz dazu müssen in Russland, das von den amerikanischen Medien ständig als das autoritärste und undemokratischste Land der Welt angeprangert wird, 100.000 Unterschriften gesammelt werden, um landesweit auf den Stimmzettel zu kommen.

Diese Maßnahmen wurden von beiden Parteien mit dem konkreten Ziel eingeführt, eine linke Opposition gegen ihre Vorherrschaft zu verhindern. Laut dem Wahlexperten Richard Winger wurden viele der strengsten Vorschriften nach den 1930er Jahren, während der Großen Depression und danach, erlassen, um die Kommunistische Partei und andere linke Parteien daran zu hindern, Kandidaten auf die Wahlzettel zu bringen.

In seinem Aufsatz „How Ballot Access Laws Affect the U.S. Party System“ („Die Auswirkungen der Gesetze zur Wahlzulassung auf das Parteiensystem der USA“) stellt Winger fest, dass in 10 US-Bundesstaaten die Wahlrechtsbeschränkungen zwischen 1929 und 1960 „drastisch“ verschärft wurden. Nur drei Staaten lockerten die Beschränkungen. Zwischen 1961 und 1983 beschleunigte sich dieser Prozess und 25 Bundesstaaten schränkten den Zugang zur Kandidatur ein.

Obwohl dritte Parteien immer wieder kostspieligen Gerichtsprozesse geführt haben, bestätigten die Gerichte der Bundesstaaten und der Oberste Gerichtshof mit ihren Entscheidungen häufig die antidemokratischen Wahlrechtsgesetze oder fassten den Geltungsbereich ihrer Urteile so eng, dass den Parlamenten der Bundesstaaten die Möglichkeit erhalten blieb, Gesetze so umzuschreiben, dass sie dieselbe Wirkung erzielten. Bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 klagten die Kandidaten der Socialist Equality Party gegen die enormen Anforderungen in Bezug auf die Menge der Unterschriften und argumentierten, dass diese Hürden unter den Bedingungen einer globalen Pandemie gegen die Verfassung verstoßen. Sowohl die Gerichte in Michigan als auch in Kalifornien wiesen die Klagen ab.

Abgesehen vom Wahlrecht selbst verfolgen Staat und Medien das Ziel, die institutionelle Kontrolle der Demokraten und der Republikaner aufrechtzuerhalten. Diesem Zweck dienen auch andere antidemokratische Maßnahmen, wie die immer schärfere Kampagne zur Zensur des Internets, bei der die World Socialist Web Site von Google und sämtlichen sozialen Medien, die alle von milliardenschweren Oligarchen kontrolliert werden, gezielt ins Visier genommen wird.

Die gegenwärtigen Bemühungen der Demokraten, die Wahlkampagnen dritter Parteien und unabhängiger Kandidaten zu behindern, stellen eine enorme Beschleunigung dieser Entwicklung dar.

Die Demokraten behaupten natürlich, dass ihre Verschwörungen gegen die Demokratie notwendig seien, um Trump und die Republikaner zu stoppen. Doch das ist ein zynischer Betrug.

Als erstes muss betont werden, dass die Reaktion der Demokraten und der Regierung Biden auf den faschistischen Putsch vom 6. Januar 2021 darin bestand, dass sie auf der Notwendigkeit einer „starken“ Republikanischen Partei beharrten. Nun erklärt Biden gelegentlich, dass im November „die Demokratie auf dem Spiel“ stehe. Gleichzeitig hat er wiederholt angeboten, praktisch die gesamte Agenda seiner republikanischen „Freunde“ gegen Einwanderer zu akzeptieren – als Gegenleistung für eine überparteiliche Zustimmung zur Finanzierung des Kriegs der USA und der Nato gegen Russland in der Ukraine.

Dass außerdem Trump in der Position ist, sich soziale Probleme zunutze machen zu können, ist eng mit der Tatsache verbunden, dass die Demokraten jeden unverfälschten Ausdruck der sozialen Interessen der Arbeiterklasse systematisch aus dem politischen System heraushalten.

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In einer am Freitag auf Twitter/X veröffentlichten Erklärung verurteilte der Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party (SEP), Joseph Kishore, den Generalangriff der Demokraten gegen Drittparteien und unabhängige Kandidaten. Er erklärte weiter:

Die SEP steht für das Recht aller unabhängigen und Drittpartei-Kandidaten, auf dem Wahlzettel zu erscheinen, einschließlich der Kandidaten der SEP sowie von Jill Stein [von der Green Party], Cornel West und anderen.

Kishore fügte hinzu:

Es ist nicht möglich, die demokratischen Rechte zu verteidigen, ohne sich der Ursache für Diktatur zuzuwenden: die enorme Konzentration des Reichtums in den Händen der kapitalistischen Oligarchie. Die Vermögen der Milliardäre müssen enteignet und die riesigen Konzerne in öffentlich kontrollierte Dienstleister verwandelt werden, die im Sinne der gesellschaftlichen Bedürfnisse, nicht für den privaten Profit, betrieben werden.

Der Krieg der Demokraten gegen dritte Parteien und unabhängige Kandidaten ist in Wirklichkeit ein Krieg gegen das fundamentalste demokratische Recht – das Wahlrecht. Er ist Teil eines umfassenderen Angriffs auf demokratische Rechte und der Hinwendung der herrschenden Klasse zu autoritärer Herrschaft und Faschismus. Diese Rechte können nur durch eine politische Offensive verteidigt werden, die sich sowohl gegen die Demokraten als auch gegen die Republikaner und das kapitalistische System richtet, für das beide Parteien stehen. Die Verteidigung der demokratischen Rechte ist daher untrennbar mit dem Kampf für Sozialismus verbunden.

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