Die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem hat in einem erschütternden Bericht enthüllt, dass die Regierung seit dem 7. Oktober 2023 ein System der Misshandlung und Folterung von tausenden inhaftierten Palästinensern aufgebaut hat.
Der Bericht mit dem Titel „Welcome to Hell: The Israeli Prison System as a Network of Torture Camps“ (Willkommen in der Hölle: das israelische Gefängnissystem als Netzwerk von Folterlagern) beruht auf den Aussagen von 55 Palästinensern, die in den letzten Monaten aus israelischen Gefängnissen und Haftzentren entlassen wurden, fast alle ohne Anklage. 30 von ihnen stammten aus dem Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, 21 aus dem Gazastreifen und vier aus Israel.
Derzeit befinden sich 9.881 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, vor dem 7. Oktober waren es 5.200. 3.432 davon sind in Administrativhaft ohne Anklage oder Prozess. Zudem werden 1.584 als rechtswidrige Kombattanten festgehalten; Grundlage hierfür ist eine Gesetzesänderung zu Beginn des Völkermords im Gazastreifen. Aufgrund dieser Gesetzesänderung wurde mehr als ein Dutzend von zivilen und Militärgefängnissen zur Unterbringung von Hamas-Mitgliedern vorgesehen. Auch die Teilnehmer an dem Angriff vom 7. Oktober werden dort inhaftiert.
Die Freilassung palästinensischer Gefangener, darunter des bekanntesten, Marwan Barghouti, war eine zentrale Forderung bei der Operation „Al-Aqsa-Flut“ am 7. Oktober. Seit 1967 wurden schätzungsweise 800.000 Palästinenser aus dem Westjordanland, Ost-Jerusalem und dem Gazastreifen eingesperrt, d.h. aus fast jeder palästinensischen Familie im Westjordanland und Ost-Jerusalem saß ein Familienmitglied in einem israelischen Gefängnis. Ihr einziges Verbrechen war Widerstand gegen eine illegale Besetzung, die durch brutale Unterdrückung aufrechterhalten wurde.
Die internationalen Mainstreammedien haben den Bericht von B’Tselem größtenteils ignoriert, weil Israel die Unterstützung aller imperialistischen Mächten genießt, die selbst demokratische Rechte schleifen und die Meinungsfreiheit einschränken, um Widerstand gegen ihre Außen- und Innenpolitik zu unterdrücken.
Laut B’Tselem sind die grauenhaften Details, die über die Misshandlung von Häftlingen im Militärgefängnis Sde Teiman bekannt wurden, nur die Spitze des Eisbergs.
Letzten Monat waren ein rechtsextremer Mob und mehrere Abgeordnete in die Militärbasen Sde Teiman und Beit Lid eingedrungen und hatten gewaltsam gegen die Verhaftung von neun Soldaten protestiert, die einen Häftling in Sde Teiman vergewaltigt hatten. Die Likud-Abgeordnete Tally Gotliv, die für ihre provokante Rhetorik bekannt ist, erklärte vor den Demonstranten, israelische Soldaten hätten vollständige Immunität verdient, ganz gleich, was sie getan hätten.
B’Tselem erklärt:
Tausende von Palästinensern werden unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten und unablässig misshandelt. Einige wissen nicht, warum sie verhaftet wurden; viele werden ohne Prozess wieder freigelassen. Genau so wird der Begriff Folterlager definiert: eine Einrichtung, in die man eingewiesen wird und schwere, vorsätzliche und unablässige Schmerzen erleidet, egal wer man ist oder warum man verhaftet wurde.
Die Aussagen zeigen, dass alle Palästinenser, die derzeit in israelischen Gefängnissen einsitzen, Opfer brutaler willkürlicher Gewalt werden. Hierzu gehören sexuelle Übergriffe, Demütigung und Erniedrigung, vorsätzlicher Nahrungsentzug, erzwungener Mangel an Hygiene, Schlafentzug, Einschränkung und Bestrafung von Religionsausübung, Beschlagnahme allen gemeinsamen und persönlichen Eigentums und Verweigerung von angemessener medizinischer Versorgung. Die Aussagen beschreiben diese Behandlung „mit furchtbarer Genauigkeit und mit erschütternden Ähnlichkeiten“.
Sie deuten auf systematischen und institutionellen Missbrauch und Folter unter der Leitung des faschistischen Ministers für nationale Sicherheit und Chefs der Partei Jüdische Stärke Itamar Ben Gvir hin. Dabei wird bewusst und auf Befehl gegen internationales Recht verstoßen. Die Handlungen stellen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.
Laut dem Bericht sind seit Beginn des Krieges mindestens 60 palästinensische Gefangene getötet worden – was vermutlich viel zu niedrig geschätzt ist. Darunter befanden sich 48 Gefangene aus dem Gazastreifen, die in Hafteinrichtungen des Militär starben, zwölf weitere kamen in staatlichen Gefängnissen ums Leben. Einige der Todesfälle scheinen auf Misshandlung oder den Entzug von medizinischer Behandlung zurückzugehen, was nicht nur die Brutalität ihrer Behandlung verdeutlicht, sondern auch die völlige Entwürdigung und moralische Verkommenheit des zionistischen Staates und seiner Institutionen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Einer der Gefangenen namens Fouad Hassan (45) aus Qusrah, Distrikt Nablus im besetzten Westjordanland, erklärte: „Wir wurden nach Megiddo gebracht. Als wir aus dem Bus stiegen, sagte ein Soldat zu uns: ‚Willkommen in der Hölle.‘“
Die ehemaligen Häftlinge schilderten folgende bewusst herbeigeführte Zustände:
- Überfüllung und Enge in den Zellen
- Kein Sonnenlicht und keine frische Luft
- Mehrfach pro Tag brutale Appelle und Zellendurchsuchungen
- Kein Kontakt zu Gerichten, Hilfsorganisationen und Rechtsbeistand
- Beschlagnahme von persönlichem Eigentum
- Unablässige seelische und körperliche Misshandlung, u.a. durch Pfefferspray, Blendgranaten, hölzerne und metallene Knüppel, Gewehrkolben und Gewehrmündungen, Schlagringe, Elektroschockpistolen, Kampfhunde, Schläge und Tritte
- Schlafentzug
- Sexuelle Gewalt, demütigende und entwürdigende Leibesvisitationen, Gruppenvergewaltigungen und Vorfälle von versuchter analer Vergewaltigung
- Vorenthaltung von medizinischer Behandlung, die für einige Gefangene das Todesurteil bedeutet oder zu dauerhaften Behinderungen führen kann
- Unzureichendes und verdorbenes Essen und Hunger
- Einstellung der Wasserversorgung und der Toiletten
- Sie berichteten von einem Leben in ständiger Angst und Panik vor Wachen, die Wut und Rachsucht verbreiteten.
Der Guardian befragte acht Häftlinge, von denen die Mehrheit ohne Anklage verhaftet und ohne Prozess freigelassen wurde. Ihre Aussagen decken sich mit den Tatsachen, die von B’Tselem dokumentiert wurden. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte veröffentlichte letzte Woche einen 23-seitigen Bericht über den „eskalierenden Einsatz von Folter“ palästinensischer Gefangener durch Israel seit dem 7. Oktober 2023.
Ben-Gvir, der als Minister für nationale Sicherheit auch für die Gefängnisse und die Polizei verantwortlich ist, hat sich damit gerühmt, das Gefängnissystem in ein Netzwerk von Folterlagern verwandelt zu haben. Vor kurzem erklärte er in der Knesset: „Im Gefängnis Ketziot sagen sie, ich wäre verrückt, und darauf bin ich stolz. Ich bin stolz, dass wir all die Bedingungen geändert haben.“ Ketziot ist das Gefängnis, in dem Wärter ein Schild aufgestellt haben, auf dem in Arabisch und Hebräisch steht: „Willkommen in der Hölle.“
In einem späteren Brief an den Obersten Gerichtshof bestätigte er, dass der Nahrungsentzug von oben angeordnet wurde: „Es gibt keinen Hunger, aber meine Politik sieht eine Verschlechterung der Bedingungen vor, darunter die Reduzierung von Nahrungsmitteln und Kalorien.“
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