Die Linke attackiert ihren Jugendverband wegen Gaza-Resolution: Warum junge Menschen eine wirkliche sozialistische Alternative brauchen

Anfang November verabschiedete die Linksjugend [’solid], der Jugendverband der Linkspartei, auf ihrem Bundeskongress einen Antrag unter dem Titel „Nie wieder zu einem Völkermord schweigen“. Erstmals seit Beginn des israelischen Vernichtungskriegs gegen Gaza bezeichnet sie darin den Massenmord am palästinensischen Volk ausdrücklich als Völkermord, kritisiert die „koloniale und rassistische Struktur“ des israelischen Staatsprojekts und bezeichnet Israel als Apartheidstaat.

Diese Formulierungen beschreiben die Realität. Sie entsprechen der Situation in Gaza, wo Israel seit Oktober 2023 Zehntausende Zivilisten massakriert hat, und der Einschätzung zahlreicher internationaler Menschenrechtsorganisationen.

Heidi Reichinnek und Jan van Aken, Führungsmitglieder der Linkspartei [Photo by Martin Heinlein / CC BY 2.0]

Mit dem Beschluss rückt die Linksjugend nicht nach „links“, sie reagiert lediglich auf die gewaltige politische Opposition in der Bevölkerung – vor allem von jungen Menschen, die sich radikalisieren und dafür von allen Bundestagsparteien und den Medien angegriffen werden.

Kaum war der Antrag verabschiedet, entfachten nahezu alle großen Medien – von Bild über Spiegel bis taz – einen hysterischen Feldzug gegen den Jugendverband. Der Beschluss wurde als „antisemitisch“ diffamiert und der Kongress wurde als Hort extremistischer Umtriebe dargestellt auf dem pro-israelische Delegierte unverhohlen bedroht worden seien.

Doch an der Spitze dieser rechten Kampagne stand nicht die Springer-Presse, sondern die Linkspartei selbst. Statt ihren eigenen Jugendverband zu verteidigen, attackierte sie ihn scharf – und stellte klar, dass die Unterstützung für Israels Kriegskurs nicht verhandelbar sei.

Die Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken ließen verlauten, im Parteivorstand herrsche „sehr breite Einigkeit“, dass der Antrag der Linksjugend „nicht mit der Beschlusslage der Partei vereinbar“ sei. Diese Beschlusslage schreibt vor, dass jede Kritik an Israel streng begrenzt bleiben muss und „niemals die Existenz Israels delegitimieren“ darf – ein Formelkompromiss, der seit Jahren genutzt wird, um jede substantielle Kritik an israelischen Kriegsverbrechen zu ersticken.

17 führende Bundestagsabgeordnete – darunter Gregor Gysi, Dietmar Bartsch, Caren Lay, Bodo Ramelow und andere – legten in einem offenen Brief nach: Mit dem Beschluss sei „etwas ins Rutschen gekommen“, und dies dürfe keinesfalls toleriert werden.

Die Botschaft ist eindeutig: Die Linkspartei duldet keine Kritik an Israel – und schon gar nicht die Benennung des Völkermords. In den Tagen nach dem Kongress griff die Partei zu aggressiven Zensurmaßnahmen:

  • In Sachsen verweigerte die Linksfraktion ihrem eigenen Abgeordneten Nam Duy Nguyen Räume, um gegen Waffenlieferungen an Israel zu mobilisieren.
  • In Hamburg verteidigte sie offen die Zensur eines Vortrags der Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten über die Geschichte des palästinensischen Befreiungskampfs.
  • In Berlin entzog sie ihrer französischen Schwesterpartei La France Insoumise in letzter Minute einen Raum für eine Palästina-Konferenz.

Es handelt sich um eine systematische Säuberung der Partei von jeder Israelkritik. Die Linkspartei zeigt damit, dass sie – trotz gelegentlicher kosmetischer Kritik an der Regierung – den außenpolitischen Kurs des deutschen Imperialismus vollständig mitträgt.

Die World Socialist Web Site hat systematisch aufgezeigt, dass Die Linke ein integraler Bestandteil des Staats- und Sicherheitsapparats ist und die weltweiten Operationen des deutschen Militarismus unterstützt – ob in der Ukraine gegen Russland, am Horn von Afrika, im Indo-Pazifik oder im Nahen Osten.

Das gilt auch für die Linksjugend. Sie verfolgt mit der Verabschiedung ihrer Resolution zwei Ziele: Zum einen versucht sie – wie auch die pseudolinken Organisationen in ihrem Umfeld – verzweifelt die Illusion aufrechtzuerhalten, Die Linke könne von innen heraus nach „links“ gedrängt werden. Zum anderen will sie ihre eigenen Spuren verwischen und sich einen antiimperialistischen Deckmantel verleihen, um die wachsende Opposition unter Jugendlichen einzufangen und eine sozialistische Entwicklung zu blockieren und zu unterdrücken.

Die tatsächliche Bilanz der Linksjugend lässt daran keinen Zweifel. Sie hat den Afghanistankrieg und den Regimewechsel-Krieg der USA und der NATO in Syrien unterstützt. Sie hat vorbehaltlos die Propaganda des deutschen Imperialismus gegen China übernommen. Zum zweiten Jahrestag des Ukrainekriegs hat sie offen zu Spenden für faschistische Bataillone der ukrainischen Armee aufgerufen. Und auch in Bezug auf Israel hat sie die völkermörderische imperialistische Offensive verteidigt und noch im Oktober Trumps sogenannten „Friedensplan“ unterstützt, der die permanente Kolonisierung und Zerstörung des Gazastreifens vorsieht.

Junge Arbeiter und Studierende, die gegen Faschismus, Militarismus und Sozialkahlschlag kämpfen wollen, stehen vor grundlegenden politischen Fragen und Aufgaben. Sie müssen die Rolle der Linkspartei und ihrer Jugendorganisation klar verstehen. Sie vertreten nicht ihre Interessen und Ziele, sondern spielen bei der Durchsetzung der arbeiterfeindlichen Regierungspolitik eine Schlüsselrolle.

Es ist bezeichnend, dass sich Die Linke kürzlich bei der Abstimmung über das Rentenpaket der Stimme enthalten und der Merz-Regierung damit in einer kritischen Situation erneut den Rücken gestärkt hat. Bereits zuvor hatte sie im Bundesrat den Kriegskrediten der Regierung zugestimmt und im Bundestag Merz zügige Wahl zum Kanzler ermöglicht.

Der Grund für die pro-kapitalistische und pro-imperialistische Haltung beider Organisationen liegt nicht in Fehlentscheidungen einzelner Funktionäre, sondern in ihrem sozialen und politischen Klassencharakter.

Die Linke ist eine bürgerliche Partei der wohlhabenden Mittelschichten, tief verankert im Staats-, Parlaments- und Gewerkschaftsapparat. Ihre Existenz basiert darauf, oppositionelle Stimmungen in systemkonformen Bahnen zu halten. Dasselbe gilt für die Linksjugend, die seit ihrer Gründung die Aufgabe hat, den politischen Nachwuchs für eine staatstragende Partei heranzuziehen. So war etwa die aktuelle Bundestagsfraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek, von 2017 bis 2019 Landessprecherin und Schatzmeisterin der Linksjugend [’solid].

Als Die Linke bei der letzten Bundestagswahl deutlich zulegte, schrieb die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) in ihrer ersten Stellungnahme zum Wahlergebnis:

Es gibt eine riesige Diskrepanz zwischen den Hoffnungen, die Jugendliche mit der Linkspartei verbinden, und dem, was sie tatsächlich ist. Erstere wollen den Faschisten entgegentreten, lehnen die Flüchtlingshetze ab und wollen vernünftige Einkommen und bezahlbare Mieten. … Aber Die Linke hat kein Programm, dem Rechtsruck der Herrschenden entgegenzutreten. Sie verbreitet die Illusion, man könne diese durch eine Verbindung von parlamentarischer Opposition und Druck von der Straße zu einem Kurswechsel bewegen.

Und weiter:

Die Linke will den Kapitalismus reformieren und nicht abschaffen. Doch das ist eine gefährliche Illusion. Die Rechtswendung der Herrschenden ist nicht einfach das Produkt einer falschen Politik, die durch etwas Druck korrigiert werden könnte. Die herrschende Klasse setzt überall auf Diktatur und Krieg, weil sie mit der tiefen Krise ihres Gesellschaftssystems konfrontiert ist. Wie im 20. Jahrhundert führt der Kapitalismus wieder zu Faschismus und Krieg.

Die Rechtsentwicklung der Linkspartei ist selbst Teil dieses Prozesses.

Arbeiter und Jugendliche müssen daraus die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen. Der Kampf gegen Genozid, Krieg und Kapitalismus kann nicht innerhalb dieser Partei geführt werden. Er erfordert den bewussten Bruch mit der Linkspartei und all ihren Anhängseln, die Orientierung an der internationalen Arbeiterklasse und den Aufbau einer unabhängigen, sozialistischen Bewegung gegen das kapitalistische System – die Quelle von Krieg, Unterdrückung und sozialer Ungleichheit.

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und ihre Jugendorganisation, die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), kämpfen als einzige politische Kraft konsequent gegen alle Formen des Imperialismus und Militarismus – ob in Gaza, in der Ukraine oder im Indopazifik. Wir treten ein für:

  • den sofortigen Stopp des Genozids in Gaza und aller Waffenlieferungen,
  • den internationalen Zusammenschluss der Arbeiterklasse gegen Krieg,
  • den Sturz des kapitalistischen Systems, das diese Verbrechen hervorbringt,
  • den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft, die auf Gleichheit, Freiheit und internationaler Solidarität basiert.

Für junge Menschen, die eine ehrliche, konsequente marxistische Antwort auf Krieg, Genozid und soziale Ungerechtigkeit suchen, führt kein Weg durch die Linkspartei oder die Linksjugend, sondern nur durch den bewussten Aufbau einer revolutionären Bewegung unter der Führung der SGP und der IYSSE.

Loading