Linksjugend unterstützt deutsche Kriegspolitik

Spätestens seit der Unterstützung der Linkspartei für den jüngsten Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist klar, dass sie die deutsche Kriegspolitik genauso unterstützt wie alle anderen Bundestagsparteien. Tritt sie der nächsten Bundesregierung bei, wird sie für jeden Kriegseinsatz der Bundeswehr stimmen.

Anlässlich der Vorstellung ihres Sofortprogramms am 6. September verteidigten die Spitzenkandidaten Dietmar Bartsch und Janine Wissler den Einsatz und stellten sich hinter Bundeswehr und Nato. Bereits zuvor hatten führende Vertreter der Linkspartei wiederholt klar gemacht, dass eine mögliche rot-rot-grüne Bundesregierung nicht an der Frage der Außenpolitik scheitern wird.

Eine Organisation der Linkspartei, die besonders aggressiv für die Kriegspolitik trommelt, ist der parteinahe Jugendverband Linksjugend [‘solid]. Führende Linksjugend-Mitglieder stellen sich in Interviews und Statements regelmäßig hinter die Auslandseinsätze der Bundeswehr und echauffieren sich über Parteimitglieder, die den Kriegskurs nicht aggressiv genug unterstützen.

Am 25. August retweetete die Bundessprecherin Carla Büttner ein Statement des Bundestagsabgeordneten Matthias Höhn (Linke), in dem dieser erklärt, warum er für den Bundeswehr-Einsatz zur Evakuierung der Ortskräfte stimmt. Büttner kommentiert: „Es gibt zum Glück auch stabile linke Bundestagsabgeordnete. Dieser zwanghafte Pazifismus in der Partei kotzt mich an.“

Höhn steht wie kaum ein zweiter in der Linkspartei für die militaristische Offensive der Linken. Anfang des Jahres hatte der sicherheitspolitische Sprecher der Linksfraktion ein Papier mit dem Titel „Linke Sicherheitspolitik“ veröffentlicht. Darin verteidigt er die Nato, unterstützt die massive Aufrüstung der Bundeswehr sowie den Aufbau einer europäischen Armee und trommelt für mehr „humanitäre“ Einsätze.

Linksjugend-Bundessprecher Michael Neuhaus (MDeutschLE, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

In der Führung der Linksjugend erhält Höhn für seinen Kriegskurs breite Unterstützung. Bundessprecher Michael Neuhaus reagierte auf Höhns Afghanistan-Statement mit den Worten: „Vielen Dank Matthias! Gerade jetzt wo sich die Berichte über Massenhinrichtungen mehren, gilt es klar an der Seite der Menschen zu stehen, deren Leben von den Taliban bedroht werden.“

Bereits am 15. August, unmittelbar nach dem Abzug der Bundeswehrtruppen, hatte Neuhaus in einem mittlerweile gelöschten Tweet erklärt: „Der Abzug war ein fataler Fehler“.

Der langjährige Sprecher der Linksjugend in Sachsen-Anhalt, Michael Waßmann, schrieb am 18. August auf Twitter: „Es gibt die Forderung, alle gefährdeten Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Ich halte es für richtig, sie zu schützen. Aber wenn man das ernst meint, wäre es sinnvoller gewesen, den Afghanistaneinsatz fortzusetzen, statt alle afghanischen Frauen+Mädchen ausfliegen zu wollen.“

Mit derartigen Statements stellt sich die Linksjugend offen hinter den 20-jährigen Militäreinsatz in Afghanistan, der Hunderttausenden das Leben kostete und auf die imperialistische Unterwerfung und Ausbeutung der rohstoffreichen und geostrategisch wichtigen Region zielte. Die imperialistischen Mächte haben in Afghanistan keine „Massenhinrichtungen“ verhindert und keine „Frauenrechte“ durchgesetzt, sondern selbst schreckliche Verbrechen an der Zivilbevölkerung verübt – darunter das „Massaker von Kundus“ am 4. September 2009.

Die Versuche, brutale imperialistische Kriege und Besatzungen mit Menschenrechtspropaganda zu rechtfertigen, ziehen sich wie ein roter Faden durch Statements der Linksjugend und ihrer Sprecher. Anfang Juni stellte sich Neuhaus in einem Interview mit der rechts-konservativen Tageszeitung Die Welt hinter die Bundeswehreinsätze in Afghanistan und im Nahen Osten.

Auf die Frage, ob er wolle, „dass die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen abzieht“, antwortete er: „Ich bin gegen Kriegseinsätze und Einsätze, um ökonomische Interessen durchzusetzen.“ Die Linke müsse „klar für Menschenrechte einstehen. Die Menschenrechte vieler Menschen in Afghanistan wurden aber eben auch durch die Bundeswehr vor den Taliban geschützt.“

In Bezug auf den Einsatz der Bundeswehr in Syrien und im Irak fügte er hinzu: „Auch der Einsatz gegen den IS war wichtig.“ Er sei „für Frieden, aber kein Pazifist“. Die Nazis hätten „sich auch nicht von allein besiegt“.

Das ist die bekannte Propagandamasche des deutschen Imperialismus. Um neue Kriegseinsätze zu legitimieren, werden die schrecklichen Verbrechen des Dritten Reichs angeführt. Bereits 1999 hatte der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer den ersten deutschen Kampfeinsatz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Kosovo mit der Parole „Nie wieder Auschwitz“ gerechtfertigt.

Diese Argumentation ist genauso abstoßend wie irreführend – und zwar in zweifacher Hinsicht. Erstens stehen die Einsätze der Bundeswehr in der Kontinuität des deutschen Imperialismus. Wie im Kaiserreich oder unter den Nazis geht es auch heute nicht um Frieden und Menschenrechte, sondern um die Verfolgung geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen.

Und zweitens wurde der Faschismus auch nicht durch das Eingreifen anderer imperialistischer Mächte besiegt, die ihn lange gefördert hatten und erst eingriffen, als er ihre eigenen imperialistischen Interessen bedrohte. Die Hauptlast beim Sieg über die Nazis trugen die Soldaten der Roten Armee, die das Erbe der Oktoberrevolution verteidigten. Der Kampf gegen Faschismus erfordert genauso wie der Kampf gegen Krieg und Militarismus die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms.

Diese Perspektive lehnt die Linksjugend vehement ab. Wie ihre Mutterpartei agiert sie als Werkzeug des deutschen Imperialismus und hat in den letzten Jahren im Namen von „Menschenrechten“ und „Demokratie“ nahezu jede außenpolitische Kampagne der Bundesregierung unterstützt.

Im Nahen Osten forderte die Linksjugend wiederholt die Bewaffnung der kurdisch-nationalistischen Milizen YPG und YPJ, die als imperialistische Stellvertretergruppen agieren und regelmäßig von den USA Waffenlieferungen und Luftunterstützung erhalten haben. „Die linksjugend [‘solid] fordert konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG und YPJ, sowie der Zivilbevölkerung vor Ort. Dazu zählen: Waffen- und Munitionslieferungen an YPG und YPJ,“ heißt es einer Resolution, die der 12. Bundeskongress der Linksjugend 2019 verabschiedete.

Besonders aggressiv unterstützt die Linksjugend die Kriegspolitik Israels gegen die Palästinenser und denunziert jeden Protest dagegen als antisemitisch. Als die israelische Luftwaffe Anfang Mai den Gazastreifen bombardierte, posteten zahlreiche Landesverbände und Ortsgruppen Bilder von Israel-Flaggen und israelischen Kampfflugzeugen und erklärten sich mit der mörderischen Kampagne solidarisch.

Der bundesweite Linksjugend-Account verurteilte in einem Tweet „den andauernden Beschuss ziviler Gebiete und Einrichtungen in Israel durch die terroristische Hamas aufs Schärfste“ und unterstützte die „israelischen Gegenangriffe“, die hunderten Zivilisten – darunter vielen Frauen und Kindern – das Leben kosteten. Neuhaus erklärte auf Twitter, Israel gelte es „ohne Wenn und Aber zu verteidigen“.

Die Unterstützung der Linksjugend für den Imperialismus beschränkt sich nicht auf Afghanistan und den Nahen und Mittleren Osten. Auch die Aggression gegen die Atommächte Russland und China, die zunehmend die Gefahr eines dritten Weltkriegs heraufbeschwört, wird von der Organisation unterstützt. Ihre führenden Vertreter hetzen oft genauso aggressiv gegen Moskau und Peking wie die Kriegstreiber in den bürgerlichen Regierungen und Medien.

In einem Interview mit der Berliner Zeitung im vergangenen Oktober forderte Neuhaus laut Aussage des Blatts „sich mit den Opfern des russischen Regimes zu solidarisieren und den Kuschelkurs mit Russland zu beenden“. Zur angeblichen Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny erklärte er: „Schon von vornherein abzulehnen, dass Putin für den Giftanschlag verantwortlich sein könnte, halte ich für fatal.“

Tatsächlich wurde der Fall Nawalny von den bürgerlichen Medien instrumentalisiert und von Vertretern aller Parteien genutzt, um ein härteres Vorgehen gegen Russland zu fordern. Neuhaus Solidarisierung mit Nawalny spricht Bände über den Charakter der Linksjugend. Nawalny ist ein rechter Nationalist, der Migranten aus dem Kaukasus als „Kakerlaken“ beschimpft und in Videos zu deren Erschießung aufruft. Er vertritt einen Flügel der russischen Oligarchie, der sich für eine direktere Zusammenarbeit mit den imperialistischen Mächten ausspricht.

Nicht weniger aggressiv tritt die Linksjugend gegenüber China auf. Im Februar letzten Jahres stellte sie sich in einem Statement hinter die Propaganda, China begehe einen Völkermord an den Uiguren. Dabei bediente sie sich Ausdrücke wie „Gulags für Muslime“ oder „Never Again“, die darauf abzielen, die Unterdrückung der Uiguren in China in eine Reihe mit dem stalinistischen Terror in der Sowjetunion und den Verbrechen des Nationalsozialismus zu stellen.

Diese horrende Geschichtsklitterung und die Propaganda vom „Völkermord“ an den Uiguren zielt darauf ab, die öffentliche Meinung hinter den Konfrontationskurs gegen Peking zu bringen. „Schluss mit den Lagern, Schluss mit der Diskriminierung und Freiheitsberaubung der Muslim*as in China, Schluss mit der Folter! Keine Deals mit einem Staat, der Menschen interniert, foltert und ermordet“, heißt es im Statement der Linksjugend. Und: „China tritt Menschenrechte mit Füßen und muss nicht mit Konsequenzen rechnen. Das muss ein Ende haben.“

Wie bedrohlich diese „Konsequenzen“ sind, zeigen die aktuellen Kriegsvorbereitungen gegen China. Vergangene Woche gründeten die USA, Großbritannien und Australien das Militärbündnis AUKUS, das sich direkt gegen China richtet. Auch Deutschland beteiligt sich trotz enger wirtschaftlicher Verbindungen zu Peking am Säbelrasseln und schickt ein Kriegsschiff in den Indopazifik – angeblich, um dort die Freiheit der Schifffahrt zu sichern.

Tatsächlich geht es der herrschenden Klasse wie im Ersten und Zweiten Weltkrieg um die Verfolgung wirtschaftlicher und geostrategischer Interessen mit kriegerischen Mitteln. Die Linksjugend kann das nicht aussprechen, da sie selbst Teil dieser Politik ist. Wie ihre Mutterpartei ist sie trotz ihrer gelegentlichen anti-kapitalistischen Phrasen weder links noch sozialistisch, sondern steht vollständig im Lager des deutschen Imperialismus.

Bezeichnenderweise signalisierte die Linksjugend auf ihrem letzten Bundeskongress ihre Unterstützung für ein Regierungsbündnis mit den Hartz-IV- und Kriegsparteien SPD und Grüne auch auf Bundesebene. „Sollte nach der Bundestagswahl Rot-Rot-Grün möglich sein, wollen wir kritisch mitdiskutieren und uns dafür einsetzen, dass die Entscheidungen an Inhalten festgemacht werden,“ heißt es in einem Beschluss.

Worin diese „Inhalte“ bestehen, ist offenkundig. In der Innenpolitik würde ein solches rot-rot-grünes Bündnis – wie die bereits bestehenden in Thüringen, Bremen und Berlin – die Politik des Sozialabbaus, der inneren Aufrüstung und der Corona-Durchseuchung vorantreiben und in der Außenpolitik die Rückkehr des deutschen Militarismus forcieren.

Der Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, prahlt im Wahlkampf regelmäßig damit, dass der Verteidigungsetat unter seiner Führung als Finanzminister auf über 50 Milliarden Euro angewachsen ist, und verkündet, diesen Trend fortzusetzen. Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen, tritt sogar noch forscher auf und verlangt den Aufbau einer europäischen Armee, die Stärkung der Nato und ein aggressiveres Vorgehen gegen Russland und China.

Junge Arbeiter, Schüler und Studierende, die gegen Militarismus und Krieg, soziale Ungleichheit und die wachsende rechte Gefahr kämpfen wollen, müssen mit der Linksjugend und dem gesamten rot-rot-grünen Milieu politisch abrechnen. Sie müssen sich einer internationalen sozialistischen Perspektive zuwenden, wie sie nur von den Trotzkisten der Sozialistischen Gleichheitspartei und ihrer Jugendorganisation, den International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), vertreten wird.

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