Vier junge pro-palästinensische Aktivisten, die sich in einem britischen Gefängnis seit fast zwei Monaten im Hungerstreik befinden, schweben in akuter Lebensgefahr. Die Labour-Regierung unter Keir Starmer hat deutlich gemacht, dass sie nicht gewillt ist, ihren Tod zu verhindern.
Bei den vier Hungerstreikenden handelt es sich um Kamran Ahmed, Heba Muraisi, Teuta Hoxha und Lewie Chiaramello. Drei weitere politische Häftlinge – Amu Gib (49 Tage), Qesser Zuhrah (48 Tage) und Jon Cink (38 Tage) – haben ihren Hungerstreik am 23. Dezember unterbrochen. Umer Khalid, der letzte der acht ursprünglichen Teilnehmer, beendete seinen Hungerstreik nach 13 Tagen.
Am 25. Dezember hatte Heba Muraisi 53 Tage ohne Nahrung hinter sich, Teuta Hoxha 47 Tage, Kamran Ahmed 46 Tage und Lewie Chiaramello 32 Tage. Der Tod tritt in der Regel nach 60 bis 70 Tagen ohne Nahrung ein, je nach Gesundheitszustand und Umständen auch früher.
Am vergangenen Freitag schaltete sich eine Gruppe von Experten der Vereinten Nationen ein, darunter Gina Romero, die UN-Sonderberichterstatterin zu Versammlungs- und Organisationsfreiheit, und Francesca Albanese, die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete. Sie verurteilten die Behandlung der Hungerstreikenden: „Die Berichte lassen ernsthafte Zweifel an der Wahrung der internationalen Menschenrechte und Standards aufkommen, einschließlich der Verpflichtung, Leben zu schützen und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu verhindern.“ Weiter hieß es: „Vermeidbare Todesfälle in Haft sind unter keinen Umständen hinnehmbar. Der Staat trägt die volle Verantwortung für das Leben und das Wohlergehen derjenigen, die er inhaftiert ... Es sind umgehend dringende Maßnahmen erforderlich.“
Wie zahlreiche imperialistische Regierungen weltweit überzieht die Labour-Regierung Menschen, die sich gegen den Völkermord in Gaza wenden, mit einer Welle staatlicher Repression.
Keiner der acht Hungerstreikenden, die sich in Untersuchungshaft befinden, wurde bisher für schuldig befunden. Ihre Rechte wurden missachtet und ihre Kommunikation mit der Außenwelt eingeschränkt, weil das Gericht zu Unrecht behauptet, dass Personen, die sich an Protesten der Gruppe Palestine Action (PA) beteiligten, einen „terroristischen Hintergrund“ hätten.
Von Rechts wegen ist die Dauer der Untersuchungshaft auf sechs Monate beschränkt. Doch die Betroffenen sitzen seit über einem Jahr ein – Qesser Zuhrah sogar schon seit 16 Monaten. Entsprechend fordern sie ihre sofortige Haftentlassung gegen Kaution, ein faires Verfahren, die Beendigung der Zensur ihrer Kommunikation, die Aufhebung des Verbots von Palestine Action und die Schließung aller britischen Standorte von Elbit, dem größten israelischen Waffenhersteller.
Justizminister David Lammy verweigert den Anwälten und Familienangehörigen der Gruppe jedes Treffen. Die Acht gehören zu den 24 inhaftierten Aktivisten, denen die Beteiligung an einer Protestaktion zur Last gelegt, die Palestine Action im August 2024 in Filton (nahe Bristol) gegen Elbit organisiert hat. Einige werden auch beschuldigt, im Juni 2025 an einer Protestaktion auf dem Luftwaffenstützpunkt Brize Norton beteiligt gewesen zu sein, bei der zwei Militärtransportflugzeuge mit roter Farbe beschmiert wurden.
In den letzten 26 Monaten hat die Kriminalisierung des Widerstands gegen den Völkermord in Gaza zugenommen. Gleichzeitig haben die großen imperialistischen Mächte Israel freie Hand gelassen, einige der schlimmsten Kriegsverbrechen dieses Jahrhunderts zu begehen.
Innerhalb von nur vier Monaten wurden in Großbritannien über 2.700 Menschen unter dem „Terrorism Act“ (dem Gesetz zur Terrorismusbekämpfung aus dem Jahr 2000) verhaftet, weil sie friedlich gegen das Verbot von Palestine Action protestiert hatten. Proteste gegen den Völkermord wurden strengen Auflagen unterworfen und als „Hassmärsche“ denunziert.
Ähnliche Maßnahmen wiederholen sich in einem Land nach dem anderen. Auch an den Hochschulen kommt es weltweit zu Razzien und Verhaftungen von Studierenden, beispielsweise in den USA.
Im Oktober gab die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) eine Studie zu Großbritannien, den USA, Frankreich und Deutschland heraus. Darin werden die Proteste in diesen Ländern als „starkes Anzeichen“ dafür bezeichnet, „dass weltweit das Bewusstsein für den anhaltenden Völkermord und die systematischen Verstöße gegen das Völkerrecht zunimmt und den Bürgerinnen und Bürgern klar wird, dass sie dringend aktiv werden müssen, wenn Regierungen weiterhin mitschuldig oder untätig bleiben”.
Die FIDH fügte hinzu: „Wie dieser Bericht jedoch zeigt, werden solche Solidaritätsbekundungen nicht nur unter autoritären Regimes, sondern auch in liberalen Demokratien, die seit langem behaupten, die Menschenrechte zu achten, mit weitreichender Unterdrückung beantwortet.“ Alle vier Länder hätten Anti-Terror-Gesetze „als Waffe eingesetzt“, um gegen legitime Proteste vorzugehen, die sich gegen Israels Angriff auf Gaza und das besetzte Westjordanland richteten.
Die brutale Behandlung der Hungerstreikenden ist ein entscheidender Schritt in Richtung Autoritarismus und Diktatur. Die Labour-Regierung machte sofort klar, dass sie auf keine der demokratischen Forderungen der politischen Gefangenen eingehen werde. Premier Starmer, Justizminister Lammy und Gesundheitsminister Wes Streeting rühren keinen Finger, um den Tod der Hungerstreikenden zu verhindern.
Bereits am 10. Dezember haben die Anwälte mehrerer Hungerstreikender in einem Brief an Lammy unmissverständlich gewarnt: „Sollte diese Situation ohne Lösung fortdauern, besteht die reale und zunehmend wahrscheinliche Gefahr, dass junge britische Staatsbürger im Gefängnis sterben, ohne jemals wegen einer Straftat verurteilt worden zu sein.“
Aber selbst die wiederholte Einweisung der Hungerstreikenden ins Krankenhaus und die Drohung der Anwälte vom 22. Dezember, Klage vor dem Obersten Gerichtshof einzureichen, weil Lammy ein Treffen mit ihren Vertretern verweigert, haben die Regierung nicht zum Einlenken bewegt.
Die Minister und Abgeordneten verabschiedeten sich stattdessen am 18. Dezember in die Weihnachtspause des Parlaments, die erst am 5. Januar endet. Unterdessen verliert einer der verbleibenden Hungerstreikenden, Kamran Ahmed, laut Angaben seiner Schwester täglich bis zu ein halbes Kilogramm an Körpergewicht.
Der Hungerstreikende Qesser erklärte, man habe es mit einer Regierung zu tun, „die es für angemessen hält, ‚Weihnachtsferien zu machen‘, während acht ihrer Bürger in ihren Zellen verhungern und Gaza hungert … alles wegen des fortdauernden und widerwärtigen Engagements der britischen Regierung für das ungerechte zionistische Projekt“.
Starmer verhält sich ebenso barbarisch wie die konservative Regierung unter Margaret Thatcher, die 1981 zuließ, dass zehn Hungerstreikende der irischen Republikaner – bekannt war vor allem Bobby Sands – im Gefängnis Maze (Long Kesh) starben. Die damaligen Hungerstreikenden wehrten sich gegen die Aufhebung ihres Sonderstatus als politische Gefangene. Sands’ Hungertod wurde in Kauf genommen, obwohl er zusammen mit zwei weiteren inhaftierten Gesinnungsgenossen (einer davon ebenfalls Hungerstreikender) ins Unterhaus gewählt worden war.
Innerhalb der Labour Party oder im Parlament gibt es kaum Widerstand gegen dieses historische Verbrechen. Nur 62 Abgeordnete, weniger als ein Zehntel der 650 Abgeordneten im Parlament, haben einen Unterstützungsantrag (Early Day Motion) unterzeichnet, in dem Justizminister Lammy aufgefordert wird, „dringend einzugreifen, um sicherzustellen, dass sie [die Hungerstreikenden] human behandelt und ihre Menschenrechte gewahrt werden“. Nur 31 (7 Prozent) der 404 Labour-Abgeordneten haben diesen Antrag unterzeichnet.
Nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit müssen sich Arbeiter und Jugendliche zur Wehr setzen, um demokratische Rechte zu verteidigen und diesen Angriff zurückzuschlagen, der mit ungeheurer Härte geführt wird. Die Grundlage für einen solchen Kampf wurde in einer Analyse des nationalen Vorsitzenden der Socialist Equality Party (UK), Chris Marsden, bereits im Juli dieses Jahres dargelegt. Die Labour Party, die einst aus dem Kampf für das demokratische Recht der Arbeiter hervorgegangen ist, sich zu vereinigen und zu streiken, stellt sich heute an die Spitze des aggressivsten Angriffs auf diese Rechte in der britischen Geschichte. Zu den Ursachen und Konsequenzen erklärte Marsden:
Eine derart grundlegende Verwandlung kann nicht bloß auf ein paar schlechte Parteiführer zurückgeführt werden. Vielmehr sind Starmer, ein ehemaliger Menschenrechtsanwalt, der zum rechten Eiferer geworden ist, und seine Regierung das Endergebnis einer fundamentalen Veränderung im Bereich der Grundlagen des Weltkapitalismus.
Der Kapitalismus wird durch seine inneren Widersprüche in eine existenzielle Krise getrieben – insbesondere durch den Widerspruch zwischen einem global vernetzten Produktionssystem und der Aufspaltung der Welt in konkurrierende Nationalstaaten, die auf der Aufrechterhaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln basieren. Um ihre Herrschaft und ihre immensen Privilegien zu erhalten, muss die Bourgeoisie in jedem imperialistischen Land Kriege und Handelskriege gegen das Ausland und Klassenkrieg im eigenen Land führen, um die nationale Wettbewerbsfähigkeit gegen ihre Rivalen sicherzustellen.
Diese Politik lässt sich nicht mit demokratischen Rechte vereinbaren, und die Zerschlagung dieser Rechte beginnt mit dem Angriff auf Proteste gegen Völkermord und auf Migranten.
Die Labour-Regierung unter Starmer ist der Beweis dafür, dass Trumps Diktaturbestrebungen in den USA keine Ausnahme sind, sondern der klarste Ausdruck des Kurses auf rechtsextremen Autoritarismus, den die herrschende Klasse weltweit eingeschlagen hat.
Arbeiter und junge Menschen in Großbritannien und international müssen fordern, dass die Hungerstreikenden und alle wegen friedlicher Proteste Inhaftierten sofort freigelassen und das Verbot von Palestine Action aufgehoben wird.
Allerdings zeigen bittere Erfahrungen auf der ganzen Welt, dass es nicht ausreicht, Druck auf imperialistische Regierungen auszuüben, die sich weiterhin an allen Verbrechen des faschistischen Netanjahu-Regimes mitschuldig machen. Es ist notwendig, eine neue Antikriegsbewegung aufzubauen, die sich auf sozialistische, internationalistische Grundlagen und auf die Arbeiterklasse stützt – die große revolutionäre Kraft in der Gesellschaft –, um unabhängig von allen Fraktionen der herrschenden Elite zu handeln.
